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Wie Sand

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01.12.2003
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Wie Sand

Jan stand in den Dünen. Der Wind blies ihm angenehm frisch ins Gesicht und wehte seine Haare nach hinten. Über ihm zogen Wolken her und er blickte den weiten, leeren Strand hinunter. Das Meer breitete sich bis zum Horizont vor ihm aus und warf ununterlassen schäumende Wellen gegen den Strand.
Jan schaute auf den trockenen Sand auf dem er stand. Er bückte sich und nahm eine Hand voll auf. Der feine Sand rieselte durch seine Fingerritzen und wurde gleich vom Wind verweht. Er wusste, er konnte seine Finger so fest zusammendrücken wie er wollte, der Sand würde weiterrieseln. Unaufhörlich. Er konnte ihn nicht aufhalten, nur zusehen. Nach einer Weile blieb nur noch ein kleiner Rest in seinem Handteller übrieg. Tausendmal schon hatte er dies gemacht und es endete immer gleich. Jan kippte seine Hand und auch der kleine Rest zerstob.

Das letzte mal, dass er an diesem Ort gewesen war lag Jahre zurück. Damals hatte die Studienfahrt, kurz vor dem Abitur, sie hierher geführt. Er erinnerte sich an durchzechte Nächte, seine erste große Liebe, Freunde. Es war eine lustige Zeit gewesen. Noch einmal losgelöst von allen Plichten hatten sie die Tage gefeiert, die sie gemeinsam verbrachten, bevor die Prüfungen losgingen mit denen "der Ernst des Lebens" endgültig beginnen sollte.
An einem Abend hatte Jan mit seinem besten Freund Phillip in den Dünen gesessen. Jeder bewaffnet mit einer Flasche Bier, hatten sie sich eine Weile über die lange, gemeinsam verbrachte Schulzeit und ihren gemeinsamen Freundeskreis unterhalten. Damals hatte Phillip, genau wie Jan jetzt, eine Hand voll Sand genommen und durch seine Finger rieseln lassen. Eine Zeitlang hatte keiner von beiden etwas gesagt, bis Phillip zu sprechen angefangen hatte. Jan sah noch heute alles genau vor seinem geistigen Auge:
"Mit der Freundschaft verhält es sich wie mit einer Hand voll Sand: Wenn du sie nicht immer wieder erneuerst, Gemeinsamkeiten pflegst und deine Freunde nicht mehr siehst, rieselt sie langsam aber unaufhaltsam zwischen deinen Fingern hindurch. Du kannst nur ohnmächtig zugucken und am Ende feststellen, dass sie nicht mehr existiert. - Man kennt sich nicht mehr, man ist höchstens noch miteinander bekannt."
Jan hatte gelacht. "Der Mann mit den großen Weisheiten." Dieses Gerede hatte er schon oft gehört und nur weil es anderen so ging, mussten sie es ja nicht nachmachen. Jeder hat sein Leben selbst in der Hand. Da hatten sie beide lachen müssen und gemeinsam auf die Freundschaft angestoßen.

Sogar jetzt wo Jan am Strand stand musste er noch bei dem Gedanken an diesen Abend grinsen.
Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass man sich so einiges für sein Leben vornimmt; was man unbedingt machen möchte und was nicht und dass man bestimmte Ideale und Vorstellungen vom Leben hat und am Ende dann doch alles anders kommt.

Natürlich sind ihre Wege auseinandergegangen. Sie studierten in verschiedenen Städten. Neue Arbeit und Beziehungen nahmen viel Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch. Jan ging in seinem Beruf auf, traf sich mit neuen Kollegen. Die Dinge über die man sich unterhält sind meistens das Tagesgeschäft: Menschen mit denen man zu tun hat und die Dinge die einen interessieren. Jan bemühte sich die Freundschaft aufrecht zu halten. Durch Telefonate, Besuche.. Doch die gemeinsamen Interessen und Freunde wurden weniger und sie sahen sich immer seltener. Der Kontakt war langsam und fließend abgebrochen und irgendwann verband sie nur noch die Vergangenheit. So war eben der Lauf der Dinge.
Aber eigentlich vermisste er nichts. An die Stelle der alten Freunde waren neue getreten und sein Leben gefiel ihm. Es war gut so wie es war und er war glücklich.
Trotzdem beschlich ihn jetzt Wehmut bei den Gedanken an die Vergangenheit und die Menschen die ihm einmal sehr nahe gestanden hatten.

Eine Möwe schwebte bewegungslos, mit ausgebreiteten Flügeln, über Jan. Ihr machte die frische Briese nichts aus.
Bald hatte Phillip Geburtstag. Sie hatten sich bestimmt seid zwei Jahren nicht mehr gesehen, aber dieses Datum hatte sich in seinen Kopf eingebrannt. Was er wohl gerade machte? Vielleicht sollte er ihn mal wieder besuchen.
Jan überlegte kurz: Sein Auto hatte er nicht sehr weit entfernt geparkt. Er könnte es schaffen.
Noch einmal sah er über das Meer und den Strand. Dann bückte er sich, nahm mit beiden Händen einen kleinen Haufen Sand auf und rannte los.

 
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Hallo Reiskorn und herzlich Willkommen auf KG.de!

Deine Geschichte, dass Freundschaft, wie innig sie auch sein mag, vergehen kann und wieder aufgefrischt werden kann, hast du sehr gut rübergebracht. Schön, das du dir darüber Gedanken gemacht hast und es in eine schöne Geschichte verpackt hast.
Hat mich auf jeden Fall zum Nachdenken angeregt (wo mir einfällt, dass ich eine alte Freundin mal wieder anrufen muss:) )

Ein paar Kleinigkeiten sind mir aufgefallen:


Der Wind blies ihm angenehm frisch ins Gesicht und drückte seine Haare nach hinten.
(drückte hört sich komisch an...wie wäre es mit "wehte")

Über ihm zogen Wolken her. Jan blickte den weiten, leeren Strand hinunter.
(meiner Meinung nach, zu kurze Sätze die du in einen Satz verpacken könntest. liest sich so abgehackt. Z.B. "Über ihm zogen Wolken dahin und er blickte den weiten, leeren Strand hinunter")

Das Meer breitete sich bis zum Horizont vor ihm aus und warf ununterlassen schäumende Wellen gegen den Strand.
(mhh gegen den Strand? Das Wasser fließt doch über den Strand...?)

Das letzte mal, dass er an diesem Ort gewesen war liegt Jahre zurück.
(lag)


Damals hatte sie kurz vor dem Abitur ihre Stufenfahrt hier hergeführt.
(klingt vielleicht so besser?:" damals hatte die Studienfahrt, kurz vor dem Abitur, sie hierher geführt.")

bevor die Prüfungen losginngen mit denen "der Ernst des Lebens" endgültig beginnen sollte.
(losgingen)

Du kannst nur unmächtig zugucken und am Ende feststellen, dass sie nicht mehr existiert.
(ohnmächtig)

Eine Möwe schwebete bewegungslos, mit ausgebreiteten Flügeln, über Jan.
(schwebte)

Was er wohl grad machte? Vielleicht sollte er ihn mal wieder besuchen.
(gerade) (warum "mal wieder besuchen"? Er fährt doch gleich los oder?)

So das wars erstmal. Ich habe Deine Geschichte gerne gelesen und hoffe, Du nimmst es nicht persönlich das ich ein paar Anmerkungen geschrieben habe. Das sind nur Vorschläge.

Hoffe noch weitere Geschichten von dir zu lesen. :)

LG Joker

 
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Hi Joker,
es freut mich, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Ich habe die Fehler gleich verbessert und deine Vorschläge übernommen. (Unglaublich, was man für Fehler macht.)
Nur das Meer wirft immer noch seine Wellen gegen den Strand. Ich finde, bei unruhiger See wirken die Elemente eher gegeneinander. Das wollte ich hervorheben.

Zum Ende:
Jan ist nicht mit der Intention zum Strand gefahren, seinen alten Freund zu besuchen. Diese Idee bekommt er erst wärend er über die Vergangenheit nachdenkt. Es ist auch nicht klar, ob er sofort zu Phillip fährt. Er will vorallem erst mal eine Hand voll Sand zum rettenden Auto bringen. -Symbolisch sozusagen. Kommt das nicht so im Text heraus?

Reiskorn

 

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