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Wie jeden Morgen

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19.06.2001
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Wie jeden Morgen

Wie jeden Morgen

Sie saß im Bus und gähnte. Wie jeden Morgen hatte sie die Linie 8b Richtung Guterstraße genommen. Wie jeden Morgen war der Bus 2 ½ Minuten zu spät gekommen; wie jeden Morgen war sie von den gleichen gesichtslosen, grauen Massen an Menschen umgeben, die genau wie sie zur Arbeit fuhren. Sie sah sich um. An der nächsten Haltestelle würde ein Mann aussteigen und eine Frau mit einem kleinen Mädchen an der Hand. Das gleiche Spiel wie jeden Morgen. Sie kannte die Haltestellen schon seit Jahren auswendig. Und sie wusste immer schon vorher, wie es ablaufen würde: Von-Galen-Straße: 2 Männer, 1 Frau, Bahnhof Nord: 5 Schulkinder und eine alte Dame mit Pudel, Tiergarten: 3 Frauen, 2 Schulkinder und 1 Mann. Nur selten änderte sich etwas daran.
Der Bus hielt an und der Mann und die Frau mit dem Kind stiegen aus. Wie jeden Morgen, ja. Schweigend schaute sie aus dem Fenster. Sie sah die dahinhastenden Menschen, die hupenden Autos, den kleinen Laden an der Ecke, die Cafeteria, die noch nicht geöffnet hatte.
Plötzlich schreckte sie auf. Irgend etwas war – anders. Sie wusste nicht, was. Um sie herum die schweigende, gesichtslose Masse der Menschen, die Autos, die Geschäfte. Wie jeden Morgen. Dennoch spürte sie, dass etwas nicht in Ordnung war. Irgend etwas störte. Und dann wusste sie es. Sie spürte seine Blicke im Rücken. Langsam wandte sie sich um, drehte sich weg von hupenden Autos, Geschäften und dahinhastenden Menschen. Hinter ihr saß ein Junge. Er war vielleicht 11 Jahre alt. Er starrte sie unentwegt an. Er fragte. Was? Das wusste sie nicht. Sein Blick schien etwas in ihr aufzubrechen, ein mühsam gebändigtes Wesen frei zu lassen.
Dann sah sie die Gesichter. Sie sah die Menschen um sich herum. Sie sah schläfrige Mienen, besorgte Gesichter, zufriedene.
Schnell schloß sie die Augen und preßte die Lider aufeinander. Der Bus hielt, fuhr wieder an. Als sie sich das nächste Mal umwandte, war der Junge weg. Verwundert über sich selbst schüttelte sie den Kopf. Ihre Lippen verzogen sich zu einem belustigten Lächeln. Seltsam. Mit dem Jungen schien auch dieser Zauber des vergangenen Augenblicks verschwunden zu sein.. Die Menschen waren wieder zu einer grauen Masse geworden. Das Wesen in ihr war wieder gebändigt.
Sie drückte den Halteknopf. Noch immer ein wenig nachdenklich erhob sie sich, nahm ihre Tasche und stieg aus. Langsam machte sie sich auf den Weg ins Büro. Kurz davor hielt sie inne und nahm einen anderen Weg.

 

Hi Sara,
hab mal ein bisschen herumgestöbert und bin dabei auf deine Geschichte gestoßen.

Von-Galen-Straße: 2 Männer, 1 Frau, Bahnhof Nord: 5 Schulkinder und eine alte Dame mit Pudel, Tiergarten: 3 Frauen, 2 Schulkinder und 1 Mann.

Obwohl es wahrscheinlich so beabsichtigt war, kam mir diese Stelle zu abgehackt und holprig vor. Ich hätte es, wenn schon sachlich, dann aber flüssiger geschrieben.

An der Stelle, wo das einzige mal wörtliche Rede benutzt wird, wäre es besser, wenn du es auch kenntlich machen würdest.

Aber ansonsten bin ich hellauf begeistert. Die Geschichte macht echt stutzig und lässt viele Interpretationansätze zu. :)

Gruß,
Drumsmasher

 

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