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Wie ich Schriftsteller wurde oder auch nicht!

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04.06.2018
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Wie ich Schriftsteller wurde oder auch nicht!

Ein Hauch von Nichts. Ein Nichts in einem Volkswagen Passat Kombi, das auf dem hintersten Parkplatz eines Discounters weit weg von der üblichen Kundschaft parkt und durch die mit Fliegendreck verschmutzte Frontscheibe glotzt, als würde es gleich seine .57er aus dem Handschuhfach nehmen und sie gegen sich selber richten. Das Nichts bin ich und lasse eine fettverschmierte Tüte auf meiner Anzughose ruhen, die ursprünglich ein Käse-Schinken-Croissant in sich trug. Die Tüte. Auf meinem weißen Hemd befinden sich mittlerweile etliche Krümel und selbst die leuchtend blaue Krawatte liegt ohne jeden Zweifel regungslos auf meiner Brust, als würde sie auf den Gnadenstoß warten. Ich drehe den Rückspiegel, damit ich mir selber in die Augen sehen kann. In diesem Moment komme ich nicht umhin mir einzugestehen, dass der Glanz aus meinen Pupillen längst entwichen ist. Ich erinnere mich an einen Film aus den späten Neunzigern. Einen in dem Michael Douglas in der ersten Szene in seinem Wagen im Stau sitzt und schwitzt. Die Fahrzeuge um ihn herum hupen und kreischen und ein Schweißtropfen rinnt ihm von der Stirn. Eine Fliege raubt ihm den letzten Nerv und bringt das Fass zum Überlaufen. Er steigt aus, lässt seine Scheißkarre, die längst nicht abbezahlt ist, einfach stehen, und sucht einen Weg seine Wut zu bändigen.
So ähnlich fühlte ich mich auf dem Parkplatz. Nur fetter als Michael Douglas und mit wesentlich mehr Falten im Hemd und der Visage. Mein Leben ist eine Farce. Wäre ich eine Off-Stimme, dann wäre ich sicherlich die von Edward Norton in Fight Club, als er über Ikea herzieht und die Insassen eines Flugzeuges mit Hindu-Kühen vergleicht. Soweit ist es bereits gekommen. Meine innere Stimme sucht nach einer Stimme mit der sie sich vergleichen kann. Sounds a bit like… madness. Scheiße nochmal, ich leg die Karten mal auf den Tisch: Ich bin Staubsaugervertreter! JA! Ich habe eine Berufsausbildung! JA! Ich habe einen akademischen Grad! JA! Ich bin halbwegs ansehnlich und besitze gute Manieren! Das feit mich nur leider nicht davor, ein unglücklicher Sack mit einem seltsamen Job zu sein, was ich zweifelsohne bin. Nach meinem mehr als glücklich bestandenen Studium hatte sich kein Arbeitgeber die Mühe gemacht mir monatlich eine horrende Summe zu zahlen, dafür, dass ich keinen Finger rühre. Unfassbar. Wurde mir doch genau das vorher versprochen. Glücklicherweise hatte ich noch nie etwas auf Versprechen gegeben und war schon immer mein eigener Schmied.

Alles begann mit einem Fluch. Einige Monate zuvor hatte ich mir den Teufel ins Haus geholt. Und mit Haus meine ich eine 28 qm Wohnung. Ich ließ den Menschheitsdefinierenden „Ts“ freien Lauf und hatte mir dank Trieb und Trog eine Frau in mein Leben gelassen, die mich nach Strich und Faden aussog, wie einen Caipirinha an einem heißen Sommertag. Schnell bemerkte ich damals, dass ich dieser Art von Herausforderung nicht gewachsen war, denn alsbald fühlte ich die Krankheit namens Klaustrophobie in mir aufkochen, die von ihrer Anwesenheit geschürt wurde. Ich hatte kaum drei Minuten allein in meinen vier Wänden, da schneite sie entweder unverhofft herein, oder sollte sie noch ihrer Tätigkeit als Friseurin nachgegangen sein, penetrierte sie mich mit ihren Anrufen und unzähligen Nachrichten auf meinem gottverdammten Handy. Schon bald schrumpfte der Käfig in dem ich mich bewegte auf Erbsengröße an und setzte mir die Schraubzwingen an den Testikeln an. Es reichte nicht, dass einem das Leben schon genügend Grenzen und Gitterstäbe vor die Nase setzte, es musste der Teufel höchstpersönlich sein, der den Schlüssel umdrehte.
Anfangs lief alles perfekt. Hier und da mal ein Ausflug. Hier und da mal ein Nümmerchen im Kofferraum. Alles wie es sich gehört. Doch dann wuchsen stetig die Hörner aus dem Schädel Satans und ein feuerrotes Licht entflammte in ihren Augen, sobald sie mich sah. In einem Zustand geistiger Umnachtung hatte ich sie bei mir einziehen lassen, was dazu führte, dass ich mich permanent mit einem nicht enden wollenden Teppich aus losen Haaren auf den Badfliesen und künstlichen Fingernägeln auf meinem Schreibtisch konfrontiert sah. Als wäre das nicht genug, musste ich feststellen, dass es dazu auch noch eine Art Bräunungsgerät für diese künstlichen Dinger gibt. Quasi ein Fingersolarium. Welch Geldverschwendung. Was haben diese Weiber denn eigentlich immer mit ihren verdammten Fingernägeln? Ich wüsste die Unmengen an Kohle, die dieses sinnlose Hobby verschlingt, besser anzulegen in Schnaps und Klopapier.
Jedenfalls wollte ich zumindest die Wochenenden so gestalten wie ich sie für richtig hielt. In meinem Falle hieß das etliche Liter Bier in mich hinein zu schütten und mich in einen blauen Dunst aus Zigarettennebel zu hüllen, der mich für die restliche Population dieses dahin scheidenden Planeten unsichtbar machte. Ich kam dem zwar nach, jedoch fühlte ich den lauernden Dreizack zwischen meinen Beinen. Satans Braut schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, jeden Furz zu kontrollieren und auf Beteiligung femininer Seite hin zu untersuchen. Und so ließ es nicht lange auf sich warten, bis sie begann den digitalen Kommunikationsweg zu kontrollieren. Sobald ich auf dem Klo hockte oder in der Badewanne lag, grabschte sie mit ihren artifiziellen Fingern an meinem Endgerät herum und wusste mich durch gezielte Fragestellungen zur Rede zur Stellen. Und mit Endgerät meine ich mein Handy.
„AHA! Und wer ist das?“ sie riss die Badezimmertür auf und schnaubte. „Die schreibt, dass sie sich freut dich wiederzusehen! Wann hast du die denn gesehen?“
„Was zur Hölle…? Ich hocke gerade auf dem gottverdammten Klo!“
„Interessiert mich einen feuchten Dreck! Also, wer ist die Schlampe?“
„??? Verdammt nochmal, ich kämpf gerade mit dem Chinafraß!“
„Und wenn du gerade eine Elefantenkuh gebärst… Wer ist die Nutte?“
„Das gibt’s doch nicht!!! Das ist meine gottverdammte Cousine! Jetzt raus aus dem Scheiß Bad!“
„Ja genau, so siehst du aus…“
Raus war sie. Zumindest für den Augenblick. Ich knipste mir ein paar Lagen Klopapier von der Rolle als die Tür erneut krachend aufflog.
„UND WER IST DAS DU ARSCHLOCH?“ schrie sie und hielt mir ein Nacktbild einer verflossenen ins Gesicht.
„Heilige Scheiße, nicht einmal den Hintern kann man sich hier in Ruhe wischen.“
Als ich peinlich berührt die Beine zusammen kniff, damit sie nicht sehen konnte, womit ich nachts im Bad angeln gehe, drehte sie den Fluch in Form meines Smartphones zu mir hin, damit ich sehen konnte, was darauf abgebildet war.
„WESSEN MUSCHI IST DAS WIEDER?“
„Was heißt hier wieder?“
Regel Nummer eins: gelernt von Charlie Harper, jede Frage mit einer Gegenfrage beantworten.
„FÜR WEN SPREIZT DIE DENN DA DIE BEINE BITTESCHÖN?“
„Hmm, wenn ich raten müsste, würde ich sagen für die Kamera. Oder den der sie gehalten hat. In dem Falle ich.“
„WAAAAS?“ ihre Halsschlagader pulsierte plötzlich so heftig, als stünde sie kurz vor der Detonation.
„Sorry, dass ich ein Leben vor dir hatte!“
Ich putzte mir den Hintern und verstaute auch den Rest in meiner Unterhose, während ein verbaler Hassregen durch mich hindurch drang, wie Röntgenstrahlen in einem sterilen Krankenhauszimmer. Mittlerweile hatte sie den Lautstärkepegel eines Jumbojets oder der Acid-verseuchten Diskothek um vier Uhr Sonntags in Berlin Neukölln erreicht. In Zeitlupe und mit einem Lächeln auf den Lippen schlich ich vorbei. Durch das Wohnzimmer, welches gleichzeitig das Schlafzimmer war. Hinein in die Küche. Die Ziellinie war erreicht. Die Kühlschranktür flog auf und ein goldener Schimmer umgab mein Antlitz. Meine Pupillen weiteten sich, wie jene Frodos als er DEN Ring erblickte. Zwei Sekunden später ploppte der Deckel einer Heinekenflasche durch die Küche. Ah! Da war sie also. Die Erlösung. Das Heiland. Die Arche Noah. Die zehn Gebote. BIER! Das erste floss in einem Rinnsal meine Kehle hinunter und ließ alles „nichtig und klein“ erscheinen, so wie ich es im Musikunterricht gelernt hatte, als wir den Song von Reinhard May behandelt hatten. Dies war die Lösung. Alkohol.
Von da an ließ ich es gediegener angehen. Jedes Mal wenn ich das Gefühl hatte, dass die Teufelin mal wieder etwas in Petto hatte, füllte ich vorher den Kühlschrank mit ausreichend Alkoholika. Ein kleiner Tipp: Um schneller betrunken zu werden, empfehle ich die Kombination mehrerer verschiedener Spirituosen, oder Bier mit Wein. Hauptsache es knallt voll in die Birne. Schnell entwickelt man diverse Überlebensstrategien, sogar für diesen perversen Fall. Alsbald gewöhnte ich mir an, im Voraus zu kalkulieren, wie viel Alkohol ich im Haus haben musste, um die Ausgeburt Satans ertragen zu können. Die erste Frage, die ich mir stellte war: Wann kommt sie nach Hause? Lag die entsprechende Antwort vor meiner Ankunft, musste ich immens zusehen, dass ich bereits einen im Trichter hatte, wenn ich die Höllenpforten beschritt. Ergo schon total besoffen war, bevor ich sie sah. Lag jedoch meine Ankunft vor ihrer, und das war der häufigere Fall, musste ich bis dahin einen rigorosen Einkauf im naheliegenden Supermarkt getätigt haben, um auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren zu können.
„Na du Strolch! Meine Kollegin hat mir heute erzählt, dass sie dich im Neons mit einer Schlampe gesehen hat.“
Nach ein paar Drinks erschienen mir die Konfrontationen nun immer durchaus unterhaltsam. Also ging ich aufs Ganze:
„Scheiße, waren wir beide da nicht gestern Abend?“
„IST DAS DEIN VERDAMMTER ERNST, DUWICHSER?“
„Eine Sekunde, muss mir kurz nachschenken! ÄHM, ja!“
KLATSCH! Für den Bruchteil einer Sekunde spielte ich mit dem Gedanken ihr ebenfalls eine zu scheuern. Nur leider ist es nicht unbedingt gesellschaftlich anerkannt seiner Freundin eine zu verpassen und ich sah sie bereits mental mit dem Zwei-Meter-Hünen mit Händen wie Bratpfannen telefonieren, den sie Vater schimpfte. Soviel zum Thema Gleichberechtigung.
Das war jedenfalls das erste und allerletzte Mal, dass ich von einer Frau eine gewischt gekriegt hatte. Abgesehen von dem einen Mal, als mir meine Mutter eine geklebt hatte, weil ich sturzbetrunken nachts von einer Party gekommen war, und den gnadenlos dämlichen Fehler begangen hatte mir die Hand auf den Mund zu pressen, als ich mir die knapp ein Dutzend Alkopops nochmal durch den Kopf gehen ließ. Resultat war ein Fernseher, der von Jackson Pollock hätte entworfen sein können.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte ich folglich auch das Szenario hingenommen. Nur blöd, dass es zur Gewohnheit wurde. Ich erinnere mich noch ziemlich gut an den Tag, als wir einmal einen Ausflug zum See machten. Es war Sonntag und ich hatte den unbändigen Wunsch den Tag mit Bier und einem Konsolenspiel in meinen vier Wänden zu verbringen, bevor ich wieder der berühmten Karotte am Stock nachjagen würde. Nur leider hatte ich damals das Durchsetzungsvermögen eines Crash-Test-Dummies und fand mich am Steuer meines Wagens wieder, neben mir Vampirella. Während sie genüsslich an ihrer Zigarette saugte und den Filter mit ihrem Lippenstift benetzte, starb ich hundert Tode und legte den ersten Gang ein. An dem Tag hatte es etwa dreißig Grad. Das weiß ich deshalb noch so genau, weil ich bereits Schweißringe unter den Armen hatte, nachdem sie mich die erste Runde durch die Wohnung gejagt hatte.
Jedenfalls war nicht nur mein Ego knapp bekleidet, sondern auch die sich räkelnden Frauen am Straßenrand. Und so trug es sich zu, dass sie mit dem Spürsinn eines Rottweilers meinen Blick gewittert haben musste, den ich just in diesem Moment auf dem Arsch einer zwanzig-jährigen platziert hatte. Ein Arsch, nur mit einem Fetzen Jeansstoff verhüllt. Eher Pfirsich als Birne. Es war weder ein Unfall noch ein offener Bruch, aber dennoch konnte ich nicht widerstehen und musste meinen Augäpfeln freien Lauf lassen und sie aus meiner Stirnhöhle treten lassen und glotzen. Wäre ich in diesem Moment nicht mit dem Wagen in einer Kurve gelegen, wäre die ganze Situation die folgte wahrscheinlich nur halb so schlimm gewesen. Ich hätte genauso gut mit dem Finger drauf zeigen und „Scheiße ist das geil!“ brüllen können. Laut meinen nachträglichen Messungen benötigte der Drachen auf dem Beifahrersitz etwa eine Sekunde, um vom Erkennungsmodus in den Rage-Modus zu wechseln und eine Hasstirade zu starten, bei der selbst ein Salafistenprediger ehrfürchtig auf die Knie gegangen wäre. Von der Seite übermannte mich eine Druckwelle in Form einer Wasserstoffbombe und ließ mich das Lenkrad verreißen, so dass ich uns beinahe in den entgegen kommenden Verkehr manövriert hätte. Wenige Minuten später hielt ich auf einem abgelegenen Parkplatz und ließ es über mich ergehen. Sie spie Galle und ich hatte Mühe mir diese zeitnah aus dem Gesicht zu wischen, bevor sie mich verätzte. Sie fluchte und schrie als wäre sie am Tourette-Syndrom erkrankt und gleichzeitig auf einem Drogentrip hängen geblieben. Im nächsten Moment bog ein Typ im Lieferwagen auf dem Parkplatz ein und parkte schräg gegenüber. Selbst ihm war die Situation nicht entgangen und so fuhr er nach ein paar mitleidigen Blicken mit Vollgas wieder davon. Während ihre hasserfüllten Worte auf mich niederregneten wie ein Hagelsturm, dachte ich ernsthaft darüber nach schwul zu werden. Die waren zwar um einiges perverser, und der ein oder andere wollte es sicher ins Nasenloch haben, aber die gaben zumindest immer Ruhe sobald man eine Tanzshow in der Glotze anstellte.
Nichts desto trotz musste ich sie los werden. Um. Jeden. Preis. Mein Nervenkostüm glich mittlerweile einem Hauch von Nichts und die Adern in meinen Augen hätte man leicht mit geröteten Vogelbeinchen verwechseln können. Mittlerweile durfte ich mich sogar täglich für die Werbung rechtfertigen, die ohne mein Zutun auf meinem verdammten Smartphone erschien.
Irgendwann erhielt ich einen Anruf von einer Personalvermittlung, die händeringend nach fähigem Personal, also in dem Falle natürlich mich, suchten. Da bis dahin meine tägliche Beschäftigung darin bestand, bei Frührentnern und Hausfrauen die Flusen aus dem Perser zu saugen und ihnen mittels eines weißen Tuches glaubhaft zu verklickern, dass sie mit dem Staub entfernenden Gerät, dass ich dabei hatte den Kauf ihres Lebens tätigen würden, musste ich nicht allzu lange überlegen und sagte zu.
Als ich am nächsten Tag mein frisch gebügeltes Hemd anzog und die Krawatte schnürte, um meinen letzten Arbeitstag als Außendienstmitarbeiter zu leisten, umgab mich seit langer Zeit mal wieder ein Hauch von Optimismus. Ich stieg in meinen Wagen und drehte das Radio auf, während ich mir eine Zigarette anzündete. Als ich American Woman hörte, musste ich an Kevin Spacey denken, wie er in dem Film American Beauty, ebenfalls im Auto sitzend bei diesem Song abgeht und auf das Lenkrad hämmert. Ich betrat das Büro meines kettenrauchenden Chefs und musste zweimal hinein rufen, da mir eine undurchdringlich süßliche Wolke den Weg versperrte. Das jahrzehntelange Kettenrauchen hatte seine Stimme mittlerweile in ein ächzendes Reibeisen verwandelt und aus seinem Mund erschallten lediglich krächzende Laute, als würde man eine antike Holztür langsam öffnen. Meine Kündigung nahm er beiläufig zur Kenntnis, während er versuchte, den Smog mit einer Machete zu teilen.
„Hast du noch Termine?“ fragte er mich.
„Ja! Einen um 11 Uhr.“
„Kannst du den noch machen?“
„Jep!“
„Alles klar. Dann sehen wir uns danach und ich bereite solange deine Papiere vor.“
An diesem Tag musste ich einen außerordentlichen Glückspilz gefrühstückt haben, denn ich machte bei diesem letzten Termin einen mordsmäßigen Umsatz. Die ganzen Monate, die ich versucht hatte luftansaugende Vehikel aus Plastik an dem Mann zu bringen, und mit viel Glück ein oder zwei pro Woche verkaufte, waren in diesem Moment verpufft. Was hatte ich nicht alles über mich ergehen lassen. Polen mit Selbstgebranntem, die mir nur ein Gerät abkauften, wenn ich mit ihnen morgens um 10 einen weg kippte. Einsame Frührentnerinnen, die mit einem Augenzwinkern darauf hinwiesen, dass ihr Mann schon lange gestorben sei.
Ich konnte nicht ahnen, dass mich dieser Termin in eine zweitausend Quadratmeter große Villa führen würde und die Inhaber lieber für jedes größere Zimmer ein eigenes Gerät kauften, statt sich eines für das gesamte Haus zuzulegen. Freudentränen liefen mir über das Gesicht und ich wurde im Büro bei meiner Rückkehr mit Fanfaren und Applaus empfangen. Zumindest hätte es in meiner Fantasie so ausgesehen. Zumindest die Empfangsdame bekam noch ein anerkennendes Wort heraus.
Danke für Nichts und auf Wiedersehen!
Ein paar Tage später fing ich als Seminarleiter in einem Trainingszentrum für Zugführer und sonstigem Personal einer großen Beförderungsgesellschaft an. Nach drei Tagen Einarbeitung war meine Kollegin plötzlich krank (sie erwartete einen Balg) und ich musste zusehen, wie ich dort klar kam. Irgendwie bekam ich alles auf die Reihe. So sehr, dass ich den Freitag herbeisehnte, an dem ich mich am Abend dermaßen volllaufen lassen konnte, dass es kein Morgen mehr gab und doch noch zwei Tage Zeit hatte, um wieder halbwegs nüchtern zu werden. Zu blöd, dass SIE Freitags auch immer zu Hause war. Und so begann es. Um ihr aus dem Weg zu gehen, bzw. damit ich der Situation entrinnen konnte, begann ich, mich jeden Freitagabend vor den Computer zu schwingen, mir ein paar übertrieben laute Rockplatten auf die Ohren zu setzen und mich in eine Welt zu begeben, die ich selber erschaffen konnte. Anfangs sehr zäh, machte ich schnell die Erfahrung, dass ein paar Flaschen Heineken und Destillate jeglicher Sorte die ein oder andere mentale Barrikade durchbrachen und es häuften sich die guten Ideen, welche ich fortan notierte. Meine erste längere Story handelte von einem Typen, der sich nach Schottland geflüchtet hatte und sich dort nach Ruhe und Einsamkeit sehnte und dort einen alten Mann traf, der ihm nach einer Barschlägerei das Fischen beibrachte. Irgendwann schaffte ich es, selbst zur Hauptfigur dieser Geschichte zu werden und meiner eigenen Realität zu entfliehen. In diesem Moment war ich es, der blutend in einer Lache im strömenden Regen der Highlands lag. In diesem Moment war ich es, der mit dem Alten Whiskey trank und die Netze auf rauer See einholte und dabei fast kenterte. Ich verliebte mich in den Gedanken, sich seine Welt so aufregend konstruieren zu können, wie es der eigene Verstand zuließ.
Ich schrieb nun immer öfter und mit der Zeit wurden die Szenen immer detailreicher und klarer. Dies war auch die Zeit, wo SIE immer häufiger die Wohnung verließ und ich für mich sein konnte. Schnell beschlich mich die Ahnung, dass sie mittlerweile ein Doppelleben führte und sich bereits mit anderen Typen traf. Normalerweise hätte mich das schockiert, in diesem Fall jedoch war ich froh darum, da das hieß, dass sie bald ausziehen würde.

 

Sehr bildlich geschrieben. Hat mir gut gefallen.

 

Sehr bildlich geschrieben. Hat mir gut gefallen.
Hallo, IDee1,

So leicht kommst du hier nicht davon ?
Was genau hat dir denn gut gefallen?
So DaumenHoch-Kommentar bringen den Autor nicht weiter.
Schau doch mal, wie ausführlich die Kommentare unter deinen eigenen Geschichten sind, welche Mühe sich die Leser gemacht haben. Nebenbei hast du da ein paar Kommentare unter deinen drei Storys noch gar nicht beantwortet ...

Gruß, GoMusic

 
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Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Sehr bildlich geschrieben. Hat mir gut gefallen.
Danke für Deinen Kommentar :-)
LG


Hallo Maria,

danke für Deinen Kommentar und dass Du dir die Zeit genommen hast! Schade, dass Dir die Geschichte nicht gefallen hat... Ich habe Deine Anmerkungen aufmerksam gelesen... Vielleicht schaffe ich es ja mit einer späteren Veröffentlichung Dich zu überzeugen :-)

LG

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey,

ich bin nicht Jaxxon, vermute aber, dass es sich hierbei um das Model 57 von Smith & Wesson handelt.

Eventuell besser wäre zu schreiben "... seinen .57er Revolver..." ? Damit hätte definitiv jeder ein Bild im Kopf.

Da ich in 5 Minuten zur Arbeit muss, fehlt mir die Zeit groß über den Text zu lesen, was mir aber sofort auffällt ist die Verwendung von "Nichts". Also der Anfang mit "Ein Hauch von Nichts. Ein Nichts ..." und später wieder "Das Nichts bin ich ..." ... ist für mich ein absolutes Klischee. Nicht, dass es per-se schlecht klingt, ich finde den Vergleich nur sehr, uhm, abgedroschen. Da hab ich persönlich (im Charakter als eine Person die ganz zufällig die Geschichte irgendwo ließt) schon Schwierigkeiten, mich freiwillig im Text weiter zu bewegen.

 

Hey,

ich bin nicht Jaxxon, vermute aber, dass es sich hierbei um das Model 57 von Smith & Wesson handelt.

Eventuell besser wäre zu schreiben "... seinen .57er Revolver..." ? Damit hätte definitiv jeder ein Bild im Kopf.
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Wohl kaum. Wenn wir von einer 22er, 38er oder 45er reden, meinen wir Waffen mit Kalibern (Munitionstypen) in den Maßen 0,22 Zoll, 0,38 Zoll oder 0,45 Zoll. Demnach wäre das von Dir genannte Model eine 41er Magnum.

Außerdem bezweifle ich, dass der Begriff ».57er Revolver« irgendjemandem etwas sagt. Im deutschen Waffenforum habe ich dazu keinen Eintrag gefunden. Aber ich kenne natürlich nicht alle Waffen und warte mal, was Jaxxon sagt.

Gruß Achillus

 

Yo, Kaliber bedeutet aber kein Munitionstyp, das wäre ja eher so was wie Teilmantel, Vollmantel, Deformation etc. Kaliber bezeichnet nur den Außendurchmesser des Projektils und definiert somit auch den Innendurchmesser des Waffenlaufs. Zum Beispiel: .22 Kaliber, da gibt es 22 lfb, 22 kurz, 22 WMR, 22 Hornady, 22 WRF, alle noch mit verschiedener Laborierung bzw Graingewicht, alle das gleiche Kaliber, aber unterschiedlich rasant und auch völlig andere Wirkweise. Mit einer 22 Hornady bleibt vom Balg des Winterfuchs wahrscheinlich nicht mehr ganz so viel übrig.

Ich würde als Waffe in einem fiktiven Text auch nie etwas Seltenes nehmen, außer es hat einen Zweck, wie das durch genau die Seltenheit der Täter überführt wird etc. Stinknormale MR 73 oder CZ tut es doch auch. Ist ja auch immer die Frage, wie komme ich an so ein Ding ran.

 

Hey Jimmy, stimmt schon, aber der Munitionstyp wird bei Angaben wie 22er und 45er immer auch indirekt mitgesagt, denn es ist klar, dass aus einer 22er keine 45er Mun verschossen wird und auch, dass eine 45er mehr Wumms hat. Klar kann man dann innerhalb der jeweiligen Kaliber noch verschiedenartige Munition unterscheiden.

Genau wie Du schreibst ist das Nennen einer seltenen Waffe fragwürdig, wobei ich in diesem Fall nicht mal glaube, dass es die genannte Waffe überhaupt gibt, aber ich lass mich überraschen.

Gruß Achillus

 

Hallo zusammen,
schön, dass mein Text zum Kommentieren anstößt, auch wenn es nur eine Diskussion um den Waffentyp ist :-)
Mit 57er ist einfach eine Handfeuerwaffe mit Kaliber 57 gemeint. Der Ausdruck ist relativ gängig und in vielen Krimis/Thriller so verwendet.

LG

 

In welchen Krimis wird das denn so verwendet? Ein Kaliber .57 wäre mir jedenfalls neu. Es gibt ein ähnliches Kaliber (knapp 58, in der EU wird das auch angegeben als .577) bei der Enfield 1853, aber das ist ein muzzle loader, ein Vorderlader.

 

Hallo zusammen, schön, dass mein Text zum Kommentieren anstößt, auch wenn es nur eine Diskussion um den Waffentyp ist :-) Mit 57er ist einfach eine Handfeuerwaffe mit Kaliber 57 gemeint. Der Ausdruck ist relativ gängig und in vielen Krimis/Thriller so verwendet. LG

Ja. Das ist Quatsch. Wenn Jimmy und ich da Zweifel anmelden, darfst Du das ernst nehmen, denn wir kennen uns einigermaßen mit dem Thema aus. Ich trainiere seit vielen Jahren mit Schusswaffen aller Art, und mir ist nie eine Handfeuerwaffe mit Kaliber 57 untergekommen. Ich habe auch noch nie jemanden davon sprechen gehört. Schau mal hier: Frankonia Das ist ein Link zu einem Waffengeschäft, und die gängigen Kaliber sind da alle aufgeführt. Keine Kaliber 57- Waffe dabei.

Möglicherweise meintest Du das Kaliber .357 Magnum?

Aber Du hast recht, die fehlerhafte Waffenbezeichnung ist nur ein Nebenschauplatz. Deshalb ein paar Anmerkungen zur Geschichte selbst:

Das ist kein guter Text. Er ist sogar richtig schlecht. Klingt hart, aber das ist kein Grund zum Verzweifeln, denn das Problem ist nicht Dein Umgang mit Sprache. Sprachlich ist es über Strecken durchaus okay. Die Schwäche der Geschichte liegt im Konzept des Textes.

Das Charakteristikum, mit dem der Text beim Leser punkten will, besteht in der Art und Weise, wie der Ich-Erzähler seine aktuelle Lebenssituation reflektiert. Das ist eine Reihe von Anekdoten, provokanten Formulierungen, Anzüglichkeiten. Da spricht eine gewisse Lässigkeit, Rotzigkeit, ein Narzissmus, aber auch satirische Elemente sind vorhanden, Humor und Spott. Im Grunde ist der Text eine Art Glosse.

Das Problem ist nun, dass der Erzählton beim Leser ein unangenehmes Gefühl auslöst, das wir immer dann spüren, wenn wir Zeuge werden, wie sich ein dummer Mensch, der sich für klug hält, zum Nappel macht. Fremdschämen nennt man das neudeutsch. Der durchschnittlich intelligente Leser wird von diesem Text peinlich berührt.

Wenn es Dein Ziel ist, die Sichtweise des Ich-Erzählers in Form einer Satire darzustellen, musst Du mehr Kontraste schaffen. Das geht, indem man vernünftige, intelligente Anschauungen und Beobachtungen mit intellektuellem Blödsinn mischt. Jemand, der wie dieser Ich-Erzähler nur Plattheiten von sich gibt, und sich dabei offenkundig witzig und smart vorkommt, erzeugt beim Leser eher Kopfschütteln als Heiterkeit. Vor allem, weil die Witze des Erzählers häufig einen zynischen Unterton haben und die Fehler immer bei den anderen oder in der Welt an sich suchen, nie aber bei sich selbst.

Na klar lachen die meisten von uns gern mal über Schwachsinn. Nichts dagegen einzuwenden. Wenn das dann aber so massiert und dumpf aneinander geklatscht wird, vergeht wohl den meisten der Spaß.

Ich denke außerdem, dass komische Texte in gewisser Hinsicht schwieriger zu schreiben sind, als ernste.

Vom rein Sprachlichen her empfinde Deine Geschichte über weite Strecken als abwechslungsreich. Das liest sich auf dieser Ebene gar nicht schlecht. Ich denke, Du hast auf jeden Fall das Potenzial zum Geschichtenschreiben. Vielleicht versuchst Du es einfach mal mit einem völligen Verzicht auf Zynismus. Nicht aus moralischen Gründen, sondern einfach aus Stilgründen. Bin gespannt, was dann passiert.

Gruß Achillus

 

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