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Wie geht es Dir?

Seniors
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30.08.2001
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Wie geht es Dir?

Der Mann hastet durch die weihnachtliche Einkaufsstraße. Er muß wohl um die 40 Jahre alt sein, dem Äußeren nach zu urteilen. Der Mann schwitzt und keucht; früher war er besser in Form gewesen. In der linken Hand trägt er einen Aktenkoffer, in der rechten zwei riesige Einkaufstaschen. Darin befinden sich allerlei Geschenke, denn heute abend ist DER Abend: Heiligabend. Plötzlich steht da dieses kleine Mädchen im Wege; die beiden stoßen zusammen und stürzen zu Boden.
„Mensch, paß doch auf, kleines Ding!“ herrscht er das Mädchen an, während er sich aufrappelt.
„Was hab ich denn getan?“ fragte das Mädchen mit zittriger Stimme. Sie ist ungefähr 8 Jahre alt.
„Warum schaust Du nicht, wohin Du gehst?“
„Aber Du hast mich doch umgerannt.“ Sie fängt an zu weinen.
Dem Mann tut es leid.
„He, Kleine, war ja nicht so gemeint. Ich bin nur ziemlich im Streß. Habe es eilig.“ Nervös blickt er auf seine Uhr.
„Aber deswegen mußt Du doch nicht so böse sein.“ Das Mädchen wischt sich mit den Händen die Augen trocken.
„He, es tut mir leid, Kleine. Komm, ich spendier was Süßes. Als Entschuldigung.“ Eigentlich hat er ja keine Zeit, muß noch die restlichen Geschenke einkaufen. Aber gut, fünf Minuten.
Die Augen des Mädchens strahlen. „Danke, das ist lieb von Dir.“
Der Mann betrachtet die kleine Gestalt vor sich. Sie wirkt sehr ärmlich angezogen, aber sie strahlt auch etwas seltsam Reifes aus. Ihr Gesicht ist ungewöhnlich ernst, aber es erscheint auch sehr friedlich. Die langen, dunklen Haare stehen in starkem Kontrast zu ihren wunderschönen, strahlendblauen Augen.

Der Mann kauft eine Tüte Süßigkeiten, dann setzen sich beide auf eine Bank in der Einkaufszone.
„Hast Du es immer so eilig?“ fragt das Mädchen.
„Ja, meistens. Und heute besonders, es ist ja Heiligabend. Ich muß doch noch Geschenke kaufen.“
„Aber Du hast doch schon so viele, oder nicht?“ fragt das Mädchen mit einem Blick auf die beiden Einkaufstaschen.
„Ja, da hast Du recht. Man soll es auch nicht übertreiben.“
Die Augen des Mädchens richten sich auf sein Gesicht. Sie hat unglaubliche Augen; fast ist es dem Mann, als würde sich ihr Blick in seine Seele bohren und dort nach etwas suchen.
„Warum rennen die Erwachsenen immer so?“ fragt das Mädchen.
„Weil sie es eilig haben, Kleine. Es gibt viel zu tun, viel zu erledigen. Wir haben nicht soviel Zeit wie Kinder.“
„Was meinst Du?“
„Na, genieße lieber die Zeit, in der Du hier noch spielen kannst. Wird nicht mehr lange währen.“ Im gleichen Moment, in dem er diese verbitterte (neiderfüllte?) Antwort gegeben hat, ärgert er sich darüber, dies einem Kind gegenüber getan zu haben.
„Werde ich als Erwachsener nicht mehr spielen können?“ will das Mädchen wissen.
„Doch, wenn Du Zeit dazu hast“, antwortet der Mann, um sie zu beruhigen.
„Aber ich spiele doch jetzt auch nur, wenn ich Zeit dazu habe.“
„Ja, nur wirst Du später kaum noch Zeit dazu haben.“
Das Mädchen blickt einen Moment zu Boden. „Spielst Du noch manchmal?“
Der Mann schaut das Mädchen verwundert an. „Nein, ich spiele nicht mehr.“
„Warum nicht?“
„Das ist, glaube ich, immer so, wenn man erwachsen wird. Man spielt dann nicht mehr.“
„Ist es denn dann verboten?“
„Nein, Kleine, natürlich nicht.“
„Hast Du denn nicht gerne gespielt?“
„Doch, ich habe sogar sehr gerne gespielt.“
„Aber wenn es nicht verboten ist, und wenn es Dir Spaß macht, warum spielst Du dann nicht mehr?“

Der Mann blickt nervös drein. Erinnerungen werden wach. Erinnerungen an diese großen Blumengewächse, die hinten im Garten des Hauses der Großeltern standen, und deren farbenprächtige Blüten so himmlisch dufteten. Beinahe ist es ihm, als läge dieser Wohlgeruch in der Luft, als könne er diese Blumen wieder riechen, jetzt, nach all der langen Zeit. Warum kommt ihm bei Erinnerungen an seine Kindheit immer wieder dieses Bild in den Sinn, wie er gemeinsam mit seinem Großvater vor diesen Blumen steht? Mitten im Sommer. Warum immer dieses Bild?

Ein Zupfen an seinem Mantel reißt ihn aus seinen Gedanken.
„Träumst Du?“ fragt das Mädchen.
„Nein, nein. Entschuldigung.“
„Warum also spielst Du nicht mehr?“
„Weil ich keine Zeit mehr dazu habe. Ich muß viel arbeiten.“
„Macht Dir denn die Arbeit Spaß?“
„Ehrlich gesagt, nicht mehr richtig. Sie hat mir mal sehr viel Spaß gemacht, aber jetzt nicht mehr.“
„Warum gehst Du dann noch dahin?“
„Weil ich Geld verdienen muß.“
„Wofür?“
„Ich habe eine Frau und einen kleinen Jungen. Ich muß das Essen und die Wohnung bezahlen.“
„Magst Du Deine Frau und Deinen Jungen?“
„Ja, natürlich mag ich sie. Ich mag sie sogar sehr.“
„Und sie mögen Dich auch?“
„Natürlich!“ erwidert der Mann in fast schon barschem Ton.

Aber er weiß, daß es nicht so ist. Es ist nicht selbstverständlich, es ist nicht keiner Frage wert. Wie oft sieht er seine Frau und seinen Sohn? Wann nimmt er die beiden bewußt wahr? Während der Woche unzählige Überstunden, Dienstreisen, Geschäftsessen. Am Wochenende endlich Zeit für seine Hobbies...

„Bist Du jetzt böse mit mir?“
„Nein, Kleine, sicher nicht. Tut mir leid.“
„Ist doch nicht schlimm.“
„Weißt Du, manchmal hasse ich mein Leben, so, wie es ist. Das gehört wohl auch oft zum Erwachsensein dazu.“
„Was heißt das?“ Mit großen Augen schaut das Mädchen den Mann an.
„Was genau meinst Du?“ fragt der Mann nach.
„Du hast gesagt ‘manchmal hasse ich mein Leben‘. Was heißt das? Ich kenne das nicht.“
„Das ist schwierig zu erklären. Und vielleicht auch nicht das Richtige für Dich.“
„Ich möchte es aber wissen!“ Die Augen des Mädchens blitzen. „Immer sagen die Erwachsenen, das wäre noch nichts für mich, ich würde es noch nicht verstehen.“
„Gut, ich will´s versuchen. Hast Du schon einmal richtig Angst gehabt?“
„Ja, schon sehr oft.“
„Siehst Du, wenn Du richtig Angst hast und glaubst, jemand anders trägt daran die Schuld oder könnte etwas dagegen tun, dann bekommst Du so ein Gefühl wie Haß.“
„Also, wenn ich Angst habe und mir keiner hilft, dann hasse ich?“
„Hm, nein, so einfach auch wieder nicht. Es muß mehr sein.“
„Was meinst Du mit ‘es muß mehr sein‘?“
„Warte, ich versuch es anders. Stell Dir vor, Du wünscht Dir etwas von ganzem Herzen, und Du bekommst es nicht. Es gibt jemanden, der könnte es Dir erfüllen, aber er tut es nicht. Dann bekommst Du so ein Gefühl wie Haß.“
„Also hasse ich, wenn ich mir etwas von jemandem wünsche und es nicht bekomme?“
„Nein, das wäre auch zu einfach. Es muß mehr sein!“
„Was meinst Du dann mit ‘es muß mehr sein‘!“
„Ich weiß nicht, wie ich es Dir erklären soll. Haß ist ein ganz böses Gefühl, ein ganz böser Gedanke. Er macht Dich blind, er macht Dich böse, er macht Dir ein trauriges Gesicht. Du fühlst Dich dann manchmal richtig matt, ganz so, als wärest Du krank. Es ist schwierig, das zu beschreiben. Aber Haß hat auch immer etwas mit Sehnsucht zu tun.“
„Sehnsucht!“ strahlt das Mädchen, weil es ein Wort aus der „Erwachsenen-Welt“ kennt. „Das kenne ich. Ich weiß, was das ist.“
„Du weißt, was Sehnsucht ist?“ fragt der Mann verwundert.
„Ja, ich weiß das.“
„Erklär es mir“, sagt der Mann neugierig.
„Sehnsucht ist, wenn Du Dir jemanden wünscht, der Dich lieb hat; jemanden, der Dich in den Arm nimmt, einfach nur so; jemanden, der Dich ins Bett bringt und Deine Hand hält, bist Du eingeschlafen bist; jemanden, der Dir morgens das Butterbrot schmiert und Dir heißen Kakao in eine große Tasse gießt. Wenn Du Dir sojemanden wünscht, aber keiner da ist, dann ist das Sehnsucht.“
„Aber Kleine, machen denn das Deine Eltern nicht für Dich?“
Das Mädchen sieht traurig zu Boden. „Ich habe keine Eltern mehr; sie sind tot.“
„Aber wo wohnst Du denn jetzt?“
„Ich wohne mit meinem Onkel zusammen.“
„Kleine, das tut mir sehr leid, das mit Deinen Eltern, wirklich.“
„Es braucht Dir nicht leid zu tun; Du kannst doch nichts dafür.“ Immer noch hält das Mädchen den Kopf gesenkt, aber der Mann kann die Träne, die die Wange des Mädchens herunterkullert, sehen. Unfähig, sie in den Arm zu nehmen oder anderweitig zu trösten, reicht er ihr ein Taschentuch.

„Danke!“ sagt das Mädchen. Sie trocknet sich die Augen und schaut ihn an. „Weißt Du was?“
„Nein, sag´s mir.“
„Ich möchte nicht erwachsen werden. Wenn ich erwachsen bin, dann kann ich nicht mehr spielen, ich werde traurig sein, ich werde hassen.“
„Nein, nein, so ist das nicht, Kleine. Erwachsensein ist auch schön. Du wirst auch viel Freude haben.“
„Du siehst nicht fröhlich aus. Du lachst nicht. Warum lachen Erwachsene so wenig? Ich möchte nicht erwachsen werden.“
Der Mann möchte noch etwas erwidern, aber das Mädchen kommt ihm zuvor. „Ich muß jetzt heim, es ist schon spät und nachher ist ja noch Bescherung.“ Sie lächelt wieder.
„Natürlich. Ich fahr Dich heim, okay?“
„Ach, das brauchst Du nicht. Ich wohne nicht weit von hier, gleich neben dem Bahnhof.“
„Nein, ich bringe Dich heim. Es ist kalt, und außerdem fängt es an zu schneien.“

Sie fahren mit seinem Wagen durch die Stadt, Richtung Bahnhof. Das Mädchen weist ihm den Weg, bis sie dann schließlich vor ihrem Zuhause anhalten. Es ist das Obdachlosenheim.
„Hier wohnst Du?“ fragt der Mann erschrocken.
„Ja“, lächelt das Mädchen, „hier wohne ich.“
Dann fängt sie an zu lachen. „Warum schauen mich alle immer so merkwürdig an, wenn sie erfahren, wo ich wohne? Ich muß doch irgendwo schlafen. Und ich muß jetzt auch los, sonst bekomme ich Ärger. Darf ich Dich noch etwas fragen?“
„Natürlich, Kleine.“
„Du hast gesagt, Du hast nie Zeit zum Spielen. Auch nicht mit Deinem Jungen?“
„Doch, natürlich.“ Aber er lügt, und er weiß das.
„Dann ist ja gut. Mach´s gut, es war schön, mit Dir zu sprechen.“
Das Mädchen öffnet die Tür, steigt aus und winkt noch einmal. Der Mann winkt zurück.

Als das Mädchen schon die wenigen Stufen zum Eingang des Heims hochgelaufen ist, hält es noch einmal inne, dreht sich um und kommt zurück. Sie öffnet die Fahrertür, umarmt den Mann und gibt ihm einen Kuß auf die Wange.
„Fröhliche Weihnachten Dir und Deiner Familie.“ Dabei strahlt sie über das ganze Gesicht, bis sie seine Tränen sieht. „Warum weinst Du?“
„Ach, es ist nichts“, lügt er. „Ich weine immer zu Weihnachten. Mach´s gut, Kleine. Und auch Dir ein Frohes Fest.“

Als der Mann dann heimkommt, läßt er die Einkaufstaschen mit den Geschenken im Wagen. Seine Frau sieht in verwundert an.
„Wo warst Du denn so lange? Ich habe mir Sorgen gemacht.“
„Ach, ich habe unterwegs noch einen Bekannten getroffen. Wir haben uns verquatscht. Tut mir leid.“
„Und die Geschenke? Hast Du die Geschenke für den Kleinen?“
„Warte es ab!“

Als dann die Bescherung eingeläutet wird, da liegen unter dem Tannenbaum nur ihre Geschenke. Nichts von ihm. Sie sieht irritiert aus. Er aber sagt nichts. Sie geben sich einen Kuß, wünschen sich „Frohe Weihnacht“. Dann geht er nach oben ins Kinderzimmer und kommt mit einem Kinderbuch zurück. Er nimmt den Kleinen in den Arm, läßt ihn das Buch durchblättern, erklärt ihm die bunten Bilder darin und liest ihm Geschichten daraus vor. Diesmal gibt es keine Photos, auf denen das ultra-neue Hardcore-Spielzeug für Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren abgelichtet wird. Keine Photos, auf denen der Junge - möglichst mit einem begeisterten Gesichtsausdruck - das sündhaft teure nächste Paket auspackt. Diesmal gibt es das alles nicht. Nur Geschichten. Irgendwann schläft der Junge dann ein.

Als sie den Kleinen zu Bett gebracht haben, überreicht die Frau ihrem Mann ihre Geschenke. Er packt sie wortlos aus; ein Buch, eine Armbanduhr und eine CD, die er sich schon lange kaufen wollte.
„Danke, vielen Dank“, sagt der Mann.
„Also gefallen Dir die Geschenke? Das freut mich.“
„Ja, Deine Geschenke gefallen mir. Aber das meinte ich nicht.“
„Was denn dann?“ fragt die Frau sichtlich irritiert.
Der Mann geht auf seine Frau zu und nimmt ihre Hände in die seinen. Er hält sie an den Händen, und diesmal nicht einfach so, nicht wie schon so oft; er hält sie an den Händen mit einem bewußten Gefühl des Haltens. Mit einem Gefühl voller Liebe. So wie damals. Gott, wie lange ist das schon her? Wie konnte ihre Liebe nur so selbstverständlich werden?
Der Mann blickt zu Boden.
„Ich möchte Dir danken. Ich möchte Dir dafür danken, daß Du meine Frau bist. Ich möchte Dir für all das, was Du die Jahre über für mich getan hast, danken. Ich möchte Dir dafür danken, daß Du mich liebst. Ich möchte Dir dafür danken, daß Du für mich da warst, wenn ich Dich brauchte. Und ich möchte Dir aus dem tiefsten Inneren meines Herzens dafür danken, daß es Dich gibt.“
Er führt seine Frau zu dem runden Holztisch, und während sie sich setzt, zündet er eine Kerze an und stellt sie in die Mitte des Tisches. Er setzt sich ihr gegenüber; dann fassen sich beide an den Händen, so daß sie das leise flackernde Licht der Kerze umarmen. Er sieht in ihre Augen, in denen sich das Kerzenlicht widerspiegelt. Was hat sie nur für schöne, strahlendblaue Augen! Er hatte es beinahe vergessen.
Dann fragt er sie:
„Wie geht es Dir?“
Und beide weinen.

 

Diese Diskrepanz zwischen einem Erwachsenen und einem Kind sind wundervoll und mitfühlend beschrieben. Und es wirft letztlich die Frage auf, ob nicht doch Kinder die besseren Philosophen sind, weil ihnen die Dinge nicht als selbstverständlich erscheinen.

Die Bedeutung der Frage "Wie geht es dir?" scheint man im Alter immer mehr zu vergessen, vielleicht weil man als Erwachsener meint, zu wissen was Leben bedeutet und dadurch der Zauber der Kindheit (Erinnerung an die Blumen) immer mehr in Vergessenheit gerät. Dieses Mädchen macht ihm all das wieder bewusst, worauf es ankommt und worin die Besonderheit steckt, die er doch die ganze Zeit so hektsich sucht.

An der Sicherheit seiner Aussagen zweifelt er im Gespräch selbst, ich denke genau das ist der Punkt wo er nachdenklich wird. Wesentlich in dieser Geschichte ist auch, dass er sich dazu entschlossen hat ein wenig seiner (kostbaren) Zeit mit ihr zu verbringen. Erst dann beginnt die gegenseitige Verständnissuche.

Und wo er sich für sein Verhalten gegenüber dem Mädchen schämt, da lügt er sogar, denn er merkt, dass sich bei seinen Aussagen das Mädchen vor dem Erwachsenwerden zu fürchten beginnt.

Was hat sie nur für schöne, strahlendblaue Augen!
Ich nehme mal an das wird kein Zufall sein, denn das Mädchen wird ihn an seine Frau erinnert haben und wie er sie die letzten Jahre übersehen hatte.

Wirklich sehr lesenswert, denn es steckt hinter einer schönen Geschichte auch eine zum Nachdenken anregende Aussage. <IMG SRC="smilies/thumbs.gif" border="0">

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Zaza: Für mich sind Autoren Denker und nicht Aus-Dem-Bauch-Heraus-Brabbelnde.
Unter einem Denker verstehe ich nicht jeden Denkenden.

 

Mir gefällt die Schlichtheit der Geschichte, besonders die immer wiederkehrenden ganz einfachen Fragen des Mädchens, für das jene einfachen Dinge im Leben (wie die Frage "Wie geht es dir") noch nicht zu inhaltlosen Floskeln und Selbstverständlichkeiten geworden sind.
Da denkt man schon darüber nach, wie man selber die Dinge als Kind gesehen hat und was letztendlich daraus geworden ist...

Die großen Leute sind schon entschieden merkwürdig.
(frei nach dem "Kleinen Prinzen")

 

Hallo,

vielen Dank für euer positives Feedback zu meiner Story.Ich wollte mit meiner Geschichte einfach nur mal meine Gedanken darüber zum Ausdruck bringen, wie ignorant und gleichgültig man manchmal mit den Dingen im Leben umgeht, die als selbstverständlich gelten. Man verliert den Bezug zu der Besonderheit dieser „Selbstverständlichkeiten“, und oftmals erkennt man deren wahren Wert erst dann, wenn sie verloren gehen.

Und ja, die Sache mit den Augen ist kein Zufall. Wobei ich damit auch zum Ausdruck bringen wollte, daß man fremden Menschen/Dingen/Situationen gegenüber oft viel mehr interessierte Aufmerksamkeit entgegenbringt als dem „Gewohnten“. Der Mann nimmt diese besonders schönen Augen des Mädchens auf Anhieb war; daß seine Frau ebensolche Augen hat, war ihm schon lange nicht mehr bewußt, eben weil seine Beziehung/Ehe zu selbstverständlich geworden war.

Nun ja, ich möchte jetzt hier nicht all meine Gedankengänge zu dieser Geschichte haarklein darlegen. Denke mal, sie ist offen genug gehalten, daß jeder eigene Überlegungen anstellen kann. Alles andere wäre mir zu sehr „mit dem erhobenen Zeigefinger“ drohen.

Liebe Grüße,
Somebody

 

Hallo. Also, auch ich möchte dir zu dieser Geschichte gratulieren, siei st große Klasse. Während des Lesens hat sie mich sehr berührt und noch immer habe ich dieses Gefühl, das ist wirklich schön, zugleich es mich etwas traurig macht. Denn so schön sie auch ist, sie handelt von der Realität (Was sich meistens gar nicht verträgt) und genau das finde ich so traurig. Ich habe auch schon festgestellt, dass zwischen den Menschen eine immer größere Gleichgültigkeit herna wächst und das finde ich sehr traurig. Aber gut, das ist das eiserne Zeitalter, es wird sich ändern, irgendwann.
Ich bin auf dem Weg des Erwachsenwerdens und ich habe mir vorgenommen, nicht so werden zu wollen, denn dann bin ich auch bald so weit, diese ganze Welt zu hassen, was dann auch beinhaltet, dass ich mich im Unbewussten hasse, denn ich bin ein Teil von ihr. Tolle Geschichte, wirklich gut. Gib mir bescheid, wenn du etwas Neues hast, bitte.

 

Hallo!!

Denn so schön sie auch ist, sie handelt von der Realität
Nein, das denke ich nicht. Gut, es geht hier um das Erwachsenwerden, aber die Art, wie du das "verpackst" ist meiner Meinung nach total unrealistisch. Das ist wie im Film, eine Wandlung tritt immer nach einem kurzen, einschneidenden Erlebnis auf. Dieses plötzliche "Aufwachen", das gibt es richtig selten, so etwas geht nicht so schnell. Weißt du, ich finde, wenn ein Autor eine solche Weisheit in dieser "Nach-diesem-erlebnis-war-alles-anders"- Geschichte erzählen will, fehlt ihm einfach nur die Geduld oder die Fähigkeit, ausgereifte Charaktere zu entwickeln und diese richtig zum LEben zu erwecken.

Vielleicht soll es hier nur um Symbolik gehen, aber dieses Thema vom großen, harten Erwachsenen, der sich nach dem Gespräch mit einem kleinen, unschuldigen Kind um 180Grad dreht, das ist so... alt, plump, zu fantastisch.

Tut mir leid, vielleicht bin ich auch einfach schon erwachsen. Wahrscheinlich ist es bei mir schon zu spät.

kc

 

Hi! O mann, ich hasse das Gefühl, als würde ich an allen vorbei reden!
Also, ich meinte das eher so, dass Erwachsene wirklich oft in diese Richtung gehen, was ihr Verhalten angeht. Ich denke auch, das die Begegnung eher unrealistisch ist. Weiterhin bezweifle ich echt, dass es solche Kinder gibt, die einfach zu einem fremden Mann ins Auto steigen und die es ganz normal finden, soziale Probleme zu haben. Von daher ...
Ich denke, ich muss meinen ersten Eintrag hier verändern. Es ist so, dass ich denke, dass man ab und zu eine unrealistische Geschichte braucht, die sich schön anhört, die einfach gut ist. Denn das hier ist kurzgeschichten.de und nicht tatsachenberichte.de (gibts das?). Außerdem geht es mir so, dass ich Geschichten lese und schreibe um vor der Realität auszubrechen, sie mal für eine Weile wegzuschieben und nicht, um mich noch zusätzlich damit auseinander zu setzen. Ich weiß, das klingt feige, aber noch bin ich nicht erwachsen!

 

Hallo credosupernova,

entweder habe ich es nicht deutlich genug in der Geschichte gemacht oder Du hast sie nicht genau gelesen. Von einer urplötzlichen Gedankenwende um 180 Grad durch das kleine Mädchen kann nicht die Rede sein. Der Mann ist mit seiner Arbeit unzufrieden, ihm ist bewußt, daß er seine Familie vernachlässigt... Er ist nicht der große, harte Erwachsene, sondern eher jemand, der sich nach unbeschwerten Zeiten sehnt. Sorry, wenn das nicht deutlich wird.

Insofern ist das Resultat aus dem Gespräch auch nicht das „plötzliche Aufwachen“, sondern vielmehr der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt. Daß die Geschichte nicht unbedingt alltägliche Realität darstellt, ist mir bewußt. Aber es ist, wie Lyrik sagt, eben eine Kurzgeschichte. Und bei dieser Story war mir die Aussage wichtig, nicht die Beschreibung der Entwicklung eines Charakters; hat also zumindest nichts mit fehlender Geduld zu tun. Und soooo unrealistisch finde ich es nun auch wieder nicht, denn ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, daß Kinder eine sehr gute Beobachtungsgabe haben und viele Dinge ungeschminkt und ehrlich hinterfragen. Es hört nur oft niemand hin.

Trotzdem vielen Dank für Deine Kritik (ich geh jetzt erstmal zum Schmollen in den Keller). :rolleyes:

Gruß,
Somebody

 

Eine echt schöne Geschichte, hat mir richtig gut gefallen...

Claudius Wak

 

Hi Somebody!
Also, leider muss ich credosupernova recht geben, auch,wenn ich der gleichen Auffassung bin, wie du es geschrieben hast; aus deiner Geschichte geht nicht 100% ig hervor, dass der Mann schon seit längerem unzufrieden ist. Das solltest du vielleicht am Anfang etwas beleuchten. Wie auch immer... credosupernova ist sowieso eine Person (den Eindruck habe ich), die gern diskutiert und Dinge ausdiskutiert und bis zum letzten Fussel auf der Zunge klärt. Das tut sie immer, also lass dich nicht auf die Palme bringen!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Somebody,

das kommt zwar jetzt lässige zwei Jahre zu spät, aber da ich Deine Geschichte außerordentlich schön finde, will ich auch darauf antworten.

Meiner Meinung nach geht aus der Geschichte sehr wohl hervor, dass seit längerem was nicht stimmt im Leben des Mannes:

" ... in dem er diese verbitterte (neiderfüllte?) Antwort gegeben hat ..."

die Antwort ist verbittert, also ist er unzufrieden mit seinem Leben.

Dann:

"„Macht Dir denn die Arbeit Spaß?“
„Ehrlich gesagt, nicht mehr richtig ..."

"„Und sie mögen Dich auch?“
„Natürlich!“ erwidert der Mann in fast schon barschem Ton.

Aber er weiß, daß es nicht so ist. "

usw.


Du hast meiner Ansicht nach wirklich präzise beschrieben, wie so eine Begegnung ablaufen könnte, z.B. dass der Mann zuerst dem Kind die Schuld gibt, das Kind dann weint, weil es sich angegriffen und ungerecht behandelt fühlt, er dann Süßes kaufen will ... oder die Fragen des Mädchens und die Antworten des Mannes.

Ich finde es in diesem Fall egal, ob die Szene so tatsächlich stattfinden könnte, es geht ja um was anderes.
Deine Beschreibungen bezüglich der Angst und Hass finde ich auch sehr treffend, wobei Du mit "Es muß mehr sein!" recht hast.

Möglicherweise könnte man sagen, dass der Text sehr anrührig ist, also kleines Mädchen ohne Eltern aus dem Obdachlosenheim trifft Weihnachten auf einen unwirschen, aber gütigen Mann, der dadurch zum Umdenken bewegt wird ... Aber es gibt diese Schicksale, und es gibt solche Erlebnisse, die bewirken, dass man die Welt wieder anders wahrnehmen kann.
Jedenfalls ist die Geschichte mir ans Herz gegangen.

vio


Kleiner Nachtrag: Diese Sache mit den eilig besorgten Weihnachtsgeschenken scheint Dich ja öfters zu beschäftigen. Noch ist Zeit ;) ...

 

Hallo vio,

sorry, daß ich erst jetzt antworte, aber die E-Mail-Benachrichtigung funktionierte wohl nicht. Fast hätte ich dein Posting übersehen.

Danke, daß du die Geschichte ausgegraben, gelesen und kommentiert hast. Es war mein drittes Werk hier – damals, irgendwann in der Eiszeit :)

Ich bin auch der Meinung, daß man aus der Geschichte herauslesen kann, daß mit dem Leben des Mannes einiges nicht in Ordnung ist – eben durch die von dir zitierten Stellen.

Ich finde es in diesem Fall egal, ob die Szene so tatsächlich stattfinden könnte, es geht ja um was anderes.
So habe ich es damals beim Schreiben auch gesehen. Inwieweit diese Begegnung realistisch ist, war für mich von nachgelagerter Bedeutung, wenn ich auch darauf geachtet habe, daß sie nicht völlig an den Haaren herbeigezogen ist. Mir ging es vor allem um dieses Gespräch zwischen dem Mann und dem Mädchen, und das wollte ich bei aller gebotenen Kürze so gut und treffend wie möglich abbilden.

Aber es gibt diese Schicksale, und es gibt solche Erlebnisse, die bewirken, dass man die Welt wieder anders wahrnehmen kann.
Volle Zustimmung!

Jedenfalls ist die Geschichte mir ans Herz gegangen.
Das ist ein verdammt großes Lob. Danke dir! :)

Und mit den Weihnachtsgeschenken hast du recht: noch ist Zeit, und damit die Zeit nicht zu knapp wird, stiefel ich am Wochenende gleich los – mal sehen, wird wohl wieder Parfum und Bücher unter dem Weihnachtsbaum geben :D

THX
Somebody

 

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