Wie es ist
Miriam und Anne sind seit Jahren beste Freundinnen.
Miriam: Ich liege auf Nasras Bett. Wir küssen uns. Wie so oft in der letzten Woche. Endlich habe ich mich getraut ihr zu sagen, was ich fühle- und war mit einem Schlag all meine Sorgen los, ob auch sie Gefühle für mich hat.
Völlig versunken liegen wir da. Glücklich.
Anne: Nasras Tür ist nur angelehnt. Miriam ist mal wieder bei meiner Zwillingsschwester. Was die beiden wohl dauernd zu bequatschen haben?
Ich sage Miriam mal eben Hallo, vielleicht bekomme ich ja etwas mit.
"Miriam! Nasra! Was?" Ich drehe mich auf dem Absatz um und bin weg.
Raus. Hauptsache laufen.
Dieses Bild vergessen.
Nasras Mund auf Miriams.
Miriam, wie sie Nasra küsst.
Küsst!
Widerlich!
Miriam: Oh Gott. Anne. Ihr angeekeltes Gesicht.
Nasra schaut mich an: " Ich wusste nicht, dass sie da ist. Wusste nicht, dass sie so ist... So... reagiert"
Ich auch nicht. Meine liebe Freundin. Dass sie sich vor mir, vor ihrer Zwillingsschwester ekelt. Nie hätte ich das erwartet!
"Ich rufe sie an! Wir müssen mit ihr reden, Miriam!"
Nasra zückt ihr Handy, ruft ihre Schwester an. Erwartungsvoll blicke ich in ihr Gesicht. "Weggedrückt", schluchzt sie.
Ich versuche, Anne zu erreichen. Nichts.
"Nasra, was sollen wir denn jetzt machen? Es deinen Eltern sagen? Meinen?"
"Spinnst du?! Was, wenn die auch so reagieren? Wenn die uns rausschmeißen?"
Anne: Mein Handy vibriert. Nasra. Reden? Mit meiner Zwillingsschwester, die mich so verraten hat?
Ich drücke sie weg. Schalte mein Handy aus.
Laufe weiter.
Mitten in Beuel stehe ich, als ich anhalte.
Wie soll ich die Beiden jemals wieder anschauen? Da kotze ich doch! Das ist doch nicht normal, was die da machen?
Mädchen mit Mädchen! So war das nicht geplant!
Miriam: Es kann nicht wahr sein! Das ist alles nur ein böser Traum!
Nasras Augen füllen sich mit Tränen. Ich nehme sie in den Arm. Meine süße Nasra, die Anne so ähnlich sieht. Diese grünbraunen Augen...
"Warum jetzt Miriam? Warum jetzt, wo wir endlich glücklich sind? Warum muss sie uns alles kaputt machen? Warum freut sie sich nicht, dass wir glücklich sind? Wir, die zwei Menschen, die ihr doch am meisten bedeuten." Mein T-Shirt wird nass.
Ich streichle ihr übers Haar. Die kurzen Haare, das Einzige, was die beiden unterscheidet.
"Warum ich, Miriam? Warum nicht sie?"
Ja, warum eigentlich Nasra und nicht Anne, die ich besser kenne als mich selbst?
"Ich weiß es nicht. Ist eben so. DU machst mich so unfassbar glücklich. Nicht sie."
Anne: Lesben. Dreckige Lesben sind sie.
Warum unterdrücken sie das nicht? Warum entscheiden sie sich nicht einfach für Jungs?
Ich mache mein Handy wieder an. Rufe Nasra an.
Die Verräterin geht natürlich nicht an ihr Handy.
"Ich hasse dich. Warum, Nasra? Warum? Weißt du eigentlich, was du mir damit antust? Ich werde das Gespött der Leute sein! Wegen dir. Der Lesbe!
Und was ich von deiner Ekelhaften Miriam halte, kannst du ihr gleich ausrichten! Ekelhaft seid ihr! Unnormal! Krank!"
Nasra: Spätabends.
Miriam ist bei ihren Eltern. Will mit ihnen reden.
Anne ist bei einer Freundin. Will mich nicht sehen.
Mein Handy blinkt. Neue Nachricht auf dem AB. Anne.
Ich höre es ab.
Fange an zu heulen.
Springe aus dem Fenster.
Muss alleine sein.
Mich bewegen.
Als ich anhalte, stehe ich am Rhein.
Miriam: Am frühen Morgen schaue ich auf mein Handy. Eine neue Nachricht. Nasra hat geschrieben. Hoffentlich geht es ihr besser.
Meine Eltern haben es super aufgenommen, stehen voll hinter mir. Anne wird sich auch wieder einkriegen. Wir schaffen das schon!
Mein Handy vibriert. Anne: "Du bist schuld!" Hä?
Ich öffne Nasras SMS:
"Ich kann nicht mehr. Ich liebe dich. Vergiss es nie. Du bist stärker als ich, du wirst das schaffen. Ich kann nicht mehr"