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Wie ein Engel

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03.11.2017
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Wie ein Engel

Heute war es so weit. Er zog sich seine besten Sachen an, trug das Parfüm, welches sie an ihm so sehr liebte. Auf dem Weg zu ihr besorgte er noch einen Strauß weiße Rosen, ihre Lieblingsblumern. Als er in ihre Straße einbog, fing sein Herz an schneller zu schlagen. Er freute sich so unbeschreiblich sehr sie wiederzusehen.

Wenige Schritte trennten ihn noch von ihrer Haustür. Dann klingelte er. Stille.

Ein weiteres Mal drückte er auf den kleinen vergoldeten Knopf, doch wieder regte sich nichts.

Er griff nach dem Ersatzschlüssel und erinnerte sich an ihre Worte:"Sicher ist sicher. Wer weiß, vielleicht brauchst du ihn noch.". Er öffnete die Tür und trat in ihr Haus ein. Alles war ruhig. Er rief sie, jedoch erhielt er keine Antwort. Er schaute sich überall um und folgte schließlich der langen Treppe in die obere Etage.

Er öffnete ihre Schlafzimmertür und sah sie. Direkt vor ihm. Sie starrte ihn an. Ihr Blick war leer.

Er schaute an ihr herunter. Sie befand sich über dem Boden. Sie schwebte in der Luft, als würde sie gleich davonfliegen. Doch das tat sie nicht. Sie blieb an ein und derselben Stelle. Sie flog nicht davon, weil sie festgehalten wurde.

Von dem Strick, der um ihren Hals hing.

 
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alena1510

Ja, Suizid. Ist immer so eine Sache, ich finde ja, dass sich dieses Thema eigentlich kaum ohne fast schon kitschigen Pathos verarbeiten lässt. Ganz heißes Eisen, das geht selten gut. Ich hatte dieses Jahr selber damit direkt zu tun und bin daher vielleicht auch etwas voreingenommen. Nur so viel: Es trifft Dich vor allem, weil es eine Überraschung ist, weil Du es nicht erwartest. Das ist dann wie im Film und man kann es auch nach Wochen nicht glauben. Diese emotionale Bombe lässt sich nur schwer literarisch darstellen. Meine beschiedene Meinung.

Gut gefällt mir indes der Kontrast zwischen der freudigen Erregung zu Beginn und dem Ende; dennoch fragt man sich, warum die Dame denn nun aus dem Leben geschieden ist (oder wurde sie ermordet?).

Sprachlich schreibst Du sehr sicher, das ist schon mal ein Plus. Auch die Kürze finde ich nicht problematisch, aber es fehlt mir als Leser dann doch noch ein wenig. In welchem Verhältnis stehen die beiden zueinander? Ist der gewollte Tod vorher abzusehen? So ist das eine eher allgemein gehaltene Skizze, bei der Tiefe und Spannung noch etwas fehlen. ;-)

T.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo alena1510,
großes tragisches Thema, kurzer Text, konventionelle Sprache. Diese Kombination funktioniert meiner Meinung nach nicht in Deinem Text.
Aber: Entschuldige! Erstmal Willkommen auf der Wortkriegerseite!
Also: In der Kürze eine Nähe zu einer Person aufzubauen über die ganz normale Erzählsprache geht nicht. Deshalb geht auch der Betroffenheitsmodus nicht. Dazu müsste ich mit Deinen Figuren erst mal durch dick und dünn, dann würde ich mit trauernd vor der Erhängten stehen. Es ist der Effekt, dass mich ein Erschossener in Amerika schockt, aber nicht persönlich betriff, das gleiche Schicksal bei einem Bekannten oder Freund hingegen schon.
Was gehen würde: Eine völlig andere Variante der Sprache, die aus der Sprachführung heraus eine Atmosphäre erschafft, die durch ihren Klang die traurige Besonderheit der Situation evoziert, kreiert, was auch immer. Das würde vielleicht eine gewisse Radikalität voraussetzen, zumindest aber ein kreativ-unkonventionelles Spiel mit dem Sprachlichen, das an den Rand dessen führt, was ein Erzähltext kann. Das könnten Bilder sein, kaleidoskopartig vorgeführt, Bruchstücke, oder ein ganz langer, nicht enden wollender Satz, der das Unerträgliche bis zum Ende hinauszögert, weil er das Eigentliche nicht sagen will, weil er sich lieber in seinen Windungen und Schleifen dreht und verstrickt, um nicht hinschauen zu müssen auf das, was so weh tut. Oder eine klinische kalte Sprache, die erstrarrt angesichts einer Katastrophe, der man nur ins Auge blicken kann, weil man sich mit aller Macht der Kühle gegen sie stemmt.
Ich hoffe, Du kannst was damit angfangen und grüße sehr herzlich
rieger

 

Hallo Alena,

ein schweres Thema, das viel Raum braucht um sich entfalten zu können. Das schafft dein Text nicht. Es lässt einen leider sehr kalt. Jedoch meine ich eine Absicht hinter dem Text zu spüren und dass du auch weißt, warum sich die Frau das Leben genommen hat.
Ich persönlich würde dich ermutigen, die Geschichte weiter auszubauen :-) Du baust ab der Mitte des Textes trotz der Kürze auf jeden Fall eine gewisse Spannung auf.

Liebster Gruß

 

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