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Wie die Zeit vergeht

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18.06.2001
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Wie die Zeit vergeht

Wie die Zeit vergeht. Eines Morgens wachst du auf und merkst, dass du alt und krank und müde bist. Dass dich das glühende Feuer des Lebens verzerrt hat. Wo sind all die langen Stunden geblieben, in denen du mit deinen Freunden über Gott und die Welt philosophiert hast? Wo sind all die Jahre geblieben, in denen du dich um dich selbst gedreht hast, gefangen im goldenen Käfig deiner eigenen bescheidenen Welt?! Wo sind all diese magischen Momente geblieben, in denen du davon geträumt hast, die Welt zu verändert, berühmt zu werden, zum Mond zu fliegen, die Sterne zu erreichen? Eines Morgens wachst du auf und merkst, dass du alt und krank und müde bist. Und dann weisst du, dass die Zeit auch gegen dich laufen kann.
Das alles ging ihm durch den Kopf, als er an einem verregneten Abend durch die trüben Gassen der Altstadt ging. Eigentlich war es mehr ein schleichen, wie er da mit tief in die Taschen vergrabenen Händen und hochgeschlagenem Jackenkragen über die kleinen schwarzen Mosaiksteine der gepflasterten Strasse tigerte. Der leichte Sprühregen fing sich an den undurchsichtigen Fensterscheiben der Häuser und rieselte an ihnen hinunter. Öde Wasserlinien malend, denen nichts Schönes und schon gar nichts Interessantes abzugewinnen war. Der Himmel war grau, genauso wie die Wände der Häuser, wie die Mäntel der vereinzelt über das Pflaster der Gasse huschenden Menschen, bei denen er ein „guten Abend“ murmelte, wenn sie an ihm vorüber gingen. Und meist murmelten die Gestalten einen Gruss zurück, der sich aber in der kühlen Abendluft verlor und im leeren Raum hängen blieb, ohne bei ihm anzukommen.
Ja, es musste lange her sein, als er noch mit seinen Freunden in einer verrauchten Kneipe gesessen hatte und sie über halbleeren Gläser bitteren Bieres philosophiert hatten. Über Gott und die Welt, über Hoffnungsvolles und Trauriges, über Liebe und Hass hatten sie damals gesprochen. Meist hatte ein ironisches Lächeln um ihre Mundwinkel gespielt, als sie ihre Gedanken gekonnt in Worte gefasst hatten. Und als sie dann jeweils tief in der Nacht mit ihren Betrachtungen des irdischen Daseins an ein Ende gekommen waren, war das Lächeln sentimental geworden und schlussendlich ganz verschwunden. Zu trostlos war das Leben, wenn man es genauer betrachtet, wenn man es unter die Lupe der Gedanken nimmt und es versucht zu verstehen. Manchmal hatten sie nach einem lächerlichen Strohhalm gegriffen und gemeint, man müsse das Leben eben nicht verstehen, sondern geniessen, aber es war ein zu billiger Genuss, den ihnen dieses unverständliche Leben bot.
Etwas nachdenklich blieb er vor der geschlossenen Türe eines verwitterten Altstadtlokales stehen. Eigentlich dachte er nicht, er erinnerte sich nur zurück an jene Gesprächsrunden, jene Philosophiestunden, an jenes ironische Lächeln seiner Freunde, an jene aufkeimende Sentimentalität. Sie hatte sich in ihm festgesetzt, unverrückbar und selbstverständlich, sie war ein Teil von ihm geworden, diese Sentimentalität, eine Brille, durch die man alles betrachten konnte und durch die alles etwas grau erschien. Es war ja auch grau. Es regnete, es wehte ein schaler Geruch von Staub und Stein durch die Gassen. Er hätte in diesem Augenblick die Hände in den Taschen vergraben und den Jackenkragen hochgeschlagen, wenn er das alles nicht schon getan hätte. Die alte Kirchenuhr schlug. Fade klangen die Glocken in der ausklingenden Abenddämmerung. Er senkte den Kopf und sah auf dem schwarzen nassen Mosaikpflaster die soeben angegangenen Strassenlaternen sich spiegeln. Ihr gelbliches Licht floss trübe über die Wände der Altstadthäuser und zeichnete dunkle Schatten in verwinkelte Gassen. Der Abend war zur Nacht geworden, das grau zu schwarz. Wie die Zeit vergeht

 

Hallo Foxtown!
Mir gefällt deine kleine Geschichte eigentlich ganz gut. Ich glaube, jedem ist schon mal aufgefallen, wie schnell die Zeit manchmal vergeht. Aber manchmal erweckt es den Eindruck, dass die Zeit überhaupt nicht voranschreitet. Und wenn sie es dann wieder tut, wirkt es wie ein großer Satz vorwärts.
Dein Prot. erinnert sich an die Zeiten, in denen er mit den Freunden unterwegs war. Vielleicht ist das ja noch gar nicht so langer her, vielleicht kommt es dem Prot. nur so vor. Er erinnert sich daran, wie die Abende verliefen, wenn sie wieder philosophiert haben.

Den Schluss finde ich persönlich ziemlich gut gelungen. Du kriegst du Kurve. Indem du schreibst, dass der Abend zur Nacht wurde. Wieder scheint die Zeit vorangehastet zu sein. Auch dass der erste und der letzte Satz identisch sind, finde ich gut.

Eigentlich war es mehr ein schleichen, wie er da mit tief in die Taschen vergrabenen Händen und hochgeschlagenem Jackenkragen über die kleinen schwarzen Mosaiksteine der gepflasterten Straße tigerte.

Der leichte Sprühregen fing sich an den undurchsichtigen Fensterscheiben der Häuser und rieselte an ihnen hinunter.
undurchsichtige Fenster? Hmmm... ich finde dieses „rieseln“ passt für Regen, insbesondere für Sprühregen, unpassend. Wie wärs mit „laufen“? hm, auch nicht besonders gut. „rieseln“ gefällt mir zwar nicht, aber mir fällt jetzt so auch nichts besseres ein.
Der Himmel war grau, genauso wie die Wände der Häuser, wie die Mäntel der vereinzelt über das Pflaster der Gasse huschenden Menschen, bei denen er ein „guten Abend“ murmelte, wenn sie an ihm vorüber gingen. Und meist murmelten die Gestalten einen Gruss zurück, der sich aber in der kühlen Abendluft verlor und im leeren Raum hängen blieb, ohne bei ihm anzukommen.
Hier hast du zweimal murmeln. Ich denke, da die Leute wohl nicht freudig zurückgrüßen könntest du vielleicht an der zweiten Stelle anstatt „murmeln“ „nuscheln“ schreiben. Etwas besseres fällt mir jetzt nicht ein.

Ja, es musste lange her sein, als er noch mit seinen Freunden in einer verrauchten Kneipe gesessen hatte und sie über halbleeren Gläser bitteren Bieres philosophiert hatten.
Zweimal hatte. Wobei du das erste „hatte“ einfach weglassen kannst.
Und dann anstatt „sie“ „mit ihnen“ schreiben kannst.

Manchmal hatten sie nach einem lächerlichen Strohhalm gegriffen und gemeint, man müsse das Leben eben nicht verstehen, sondern genießen, aber es war ein zu billiger Genuss, den ihnen dieses unverständliche Leben bot.

Das wars dann auch.

bye und tschö

 

Hi Moonshadow

Besten Dank für die gute Kritik an meinem Beitrag. Du hast dir echt Mühe gegeben, in dem du auch Fehler aus meiner Geschichte zitiert hast. Du hast da wirklich recht und ich werde die "Fehler" noch korrigieren in der Orginalfassung der Geschichte. Danke dass du dir Zeit genommen hast, eine Antwort zu schreiben auf meinen Beitrag.

Gruss

Fox

 

Hallo Fox
Ich muss Moonshadow zustimmen: die Geschichte hat mir gut gefallen, weil wirklich jeder schon mal über die verflogene Zeit nachdenkt. Die Rechtschreibfehler.. nun gut, die kann man übersehen.
Ansonsten macht einen die Geschichte schon ein wenig nachdenklich.
Der letzte Absatz hat mir besonders gut gefallen. Er beschreibt die Situation sehr malerisch, das gefällt mir (fällt mir nämlich oft schwer!).
Noch eine Frage: was ist ein Prot.?

Baphometha

 

Hi Baphometha

Danke für deine gute Kritik. Es freut mich, dass dir die malerische Sprache gefallen hat, denn es war auch mein Ziel, mit Worten ein Bild zu malen...
Ein Prot. ist die Abkürzung für "Protagonist". Und als Protagonist bezeichnet man die Hauptperson/den Hauptcharackter in einer Geschichte. That's it.

Fox

 

Ui, danke...

Dann mach ich mich jetzt auch mal wieder dran, mir einen neuen Prot. und einen neuen Plot auszudenken... :-)
Viel Spaß noch beim Lesen und Schreiben!
Baphometha

 

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