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Wie DEUTSCHLAND gerettet wurde!

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26.08.2002
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Wie DEUTSCHLAND gerettet wurde!

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Berlin, im Mai 2045. Die irgendwann mal freie deutsche Journalistin und Schriftstellerin Ulrike Glas erinnert sich in ihrem Aufsatz „Vom Clou zum Schuh“ an die Rettung Deutschlands im Jahr 2006.
Hautnah dabei war Ulrike Glas oft, wenn es darum ging, über brandaktuelle gesellschaftliche Themen zu berichten. 2006 war sie eine der wenigen, die über einen geheimen Modellversuch der deutschen Regierung zur Rettung Deutschlands informiert wurde. Die heute 83-jährige verrät uns ein wenig, wie es damals war:

„Damals... wusste die Öffentlichkeit so gut wie nichts. Deutschland war schon seit Anfang 2003 gelähmt. Regierung und Opposition sprachen von Zusammenarbeit, aber sie hätten es nur mit Not geschafft, gemeinsam eine Knorr-Hühnersuppe aus der Packung zuzubereiten. Die Arbeitslosigkeit stieg in fröhlichem Einklang mit der Staatsverschuldung, die Kassen waren leer und es gab eine große Wirtschafts- und Steuerflucht ins Ausland. Ebenfalls ins Ausland geflohen (und untergetaucht) waren dann im Mai 2005 auf einen Schlag alle Mitglieder der damaligen Koalitionsregierung aus SPD und den GRÜNEN.
Auf Neuwahlen wurde verzichtet, weil sich die SPD und die GRÜNEN ersatzlos auflösten, was wenigstens konsequent war, und es bildete sich eine Regierung aus CDU/CSU und der F.D.P., die als erste Amtshandlung den Bundestag abschaffte, der ohne Opposition keine Funktion mehr hatte.

Im Januar 2006 erhielt ich dann eine Einladung der deutschen Bundeskanzlerin Angelika Eisenbock nach Bayern. Es ging um die Präsentation eines Modellversuchs zur Rettung Deutschlands mit dem Namen ‚Neuer Standort Deutschland Plan’. Auf dem Programm standen zuerst eine Expertenanhörung und tags darauf die Besichtigung einer Schuhfabrik in Weilheim. Außerdem sollte ich mich auf einen längeren Aufenthalt einstellen. Meine Person und andere herausragende Journalisten sollten mit Angestellten der Schuhfabrik zusammentreffen und diskutieren, um uns ein Bild vom ‚Neuen Standort Deutschland Plan’ zu machen.

In der Anhörung trafen wir Journalisten auf eine Reihe hochrangiger Wirtschaftsexperten wie den Arbeitgeberpräsidenten Dieter Köter und den hessischen Ministerpräsidenten Roland Cock.
Die Öffentlichkeit war ausgeschlossen. Fortschrittsfeindliche Organisationen wie Gewerkschaften, Kirchen und soziale Gruppierungen sollten anfangs an der Diskussion gehindert werden, um eine negative Voreingenommenheit in der Bevölkerung zu vermeiden. Eine positive Stimmung war wichtig. Ich war stolz, dabei zu sein.

Wir erhielten ein bahnbrechendes Thesenpapier. Es müsse darum gehen, so war zu lesen, die Deutschen aus der Depression zu führen. In einer zunehmend von materialistischem Denken dominierten kapitalistischen Gesellschaft war der Blick verbaut auf die grundlegenden emotionalen Bedürfnisse der Menschen.
War es nur Geld, das glücklich machte? War Freiheit eine Garantie für ein erfülltes Leben? Gab es nicht gesellschaftliche Modelle statischer Ordnung, in denen Menschen zufriedener waren als heute? Suchten nicht Menschen aller Epochen nach ihrem festen Platz in der Welt?

Wir erfuhren, man habe die Stadt Weilheim zu einer separaten Zone gemacht, in der seit kurzem ein innovatives wirtschaftliches System gelte, inklusive separater Steuergesetze und separatem Bürger- und Staatsrecht. Weilheim war abgeriegelt, es galt Telefon- und Handyverbot - es gab keinerlei Möglichkeiten, Informationen aus Weilheim nach draußen zu bringen. Panzerwagen bewachten die Zufahrtsstraßen. Es war wahnsinnig aufregend!

Am zweiten Tag gab es den berühmten Besuch der Weilheimer Schuhfabrik, den ‚Knobelbecher-Gang’ (wie er später in den Geschichtsbüchern genannt wurde), wo wir Journalisten Gelegenheit bekamen, mit Weilheimer ‚Arbeitnehmern’ (wie es damals noch hieß) zu sprechen.
Als Erstes hörten wir die Rede des Weilheimer Bürgermeisters Rudolph Riebel. Er informierte uns, dass Weilheim auf Grund des neuen Modells die Arbeitslosenquote auf null Prozent gedrückt habe: Vollbeschäftigung. Da fielen uns natürlich die Plomben aus den Zähnen.

Der Vorarbeiter der Schuhfabrikhalle, ein dicker Mann namens Bernhard Bündig in einem blaufarbenen Flanellhemd, betrat das Podium und erzählte mit breitem Gesicht und einer Miene, als hätte er kurz vorher draußen das Christkind getroffen, dass er endlich wieder ruhig schlafen könne: „Das Schlimmste für uns Schuhfabrikarbeiter war die Angst vor der Kündigung, dass wir kein Dach mehr über dem Kopf haben und unsere Kinder nicht mehr ernähren können“, sagte er. „Und ich sogar, obwohl ich gar keine Kinder habe.“ Aber das sei jetzt glücklicherweise vorbei, weil Deutschland sei jetzt zumindest in Weilheim wieder international wetterwerbsmäßig, sagte er und schaute zum Bürgermeister, als er fertig war.
„Er meint wettbewerbsfähig“, sagte der Bürgermeister. „Das Entscheidende für diese Menschen hier ist, dass sie Sicherheit haben und dass sie... dazu gehören. Das Schlimmste für einen Arbeitslosen oder auch Rentner ist doch das Psychologische... das Gefühl, überflüssig zu sein, nicht mehr gebraucht zu werden. Es ist menschliche Bindung, die zählt.“

Mich hielt es jetzt nicht mehr auf dem Sitz, ich sprang auf, ergriff das Wort und fragte Bernhard Bündig, ob er glaube, sich seines Arbeitsplatzes jetzt bis zur Rente sicher zu sein. Bündig schaute zum Bürgermeister. Blickte in die Runde der Journalisten und Kollegen und Politiker und sagte dann in eine gespannte Stille, die vollkommener nur in den Tiefen des Universums zu finden ist: Er wisse jetzt nicht so recht, was ich mit Rente jetzt genau meinte? Ich rief: „Na, eben Rente!“ Und als Herr Bündig nichts mehr sagte, sondern nur wieder zu seinem Bürgermeister schaute, erhob sich Bundeskanzlerin Eisenbock und ergriff ihrerseits das Wort in der Schuhfabrik, dem Geburtsort des Neuen Standort Deutschlands, - wie uns später für immer klar wurde.

Frau Eisenbock erklärte, dass endlich verstanden worden wäre, dass es die Politik - also der Staat - war, der Deutschland jahrelang gelähmt hatte - Regulation, Gesetze, pure Strangulation jedes Unternehmergeistes.
Da unterbrach ich: „Wie kann es in Weilheim Vollbeschäftigung geben, während deutschlandweit die Arbeitslosenquote bei 16 Prozent liegt?“ Ich war aufgeregt und wandte mich noch mal an den Vorarbeiter Bernhard Bündig, mit der Frage, wie viel er denn jetzt verdiene, aber statt zu antworten schaute er zum Bürgermeister, hob die Arme und ließ sie wieder sinken. Er sah aus, als hätte ich ihn gefragt, warum man nachts keinen Sonnenbrand bekommen kann. Dann fragte er mich, wie ich das jetzt genau meinte mit dem Verdienen?
Und ich rief: „Verdienen eben, Gage, Lohn, Gehalt!“ Aber die letzte Silbe meines Ausrufs zitterte noch in der Luft, als bei mir ganz langsam der Groschen fiel - wie wenn eine schwere, teure, chinesische Blumenvase aus einer Dynastie des 14. Jahrhunderts unerreichbar weit weg in Zeitlupe von der Kommode kippt.

„Kein Lohn - keine Lohnnebenkosten“, grinste Bundeskanzlerin Eisenbock. „Aber dafür Dazugehören. Wir müssen neue Wege gehen. Wir haben es geschafft in Weilheim, und wir werden es bundesweit schaffen. Kein Lohn - keine Streiks, keine Beschränkung der Arbeitszeiten, kein Altersruhestand und keine Rentenkassenproblematik mehr - nur noch die erfüllende Einheit von Betrieb und Mitarbeitern: Es ist das Wir-Gefühl, das zählt.“

Und sie stellte den politischen Plan vor: Den Unternehmen und Konzernen war ab sofort erlaubt, einfach zu machen, was sie wollten, und zwar uneingeschränkt.
Warum war denn die Beschäftigung von Maschinen und Computern so billig im Vergleich zu Menschen? Weil man für sie keine Steuern oder Lohnnebenkosten zu zahlen hatte und weil sie... Eigentum der Unternehmen waren!
Und genau das war der Clou beim aktuellen System, unübersehbar wie ein Rudel Flusspferde auf der Landstraße: Man hatte in Weilheim die Arbeitnehmer privatisiert und dem Unternehmenskapital hinzugefügt. Nach einem ausgeklügelten Schlüssel waren sie an die Unternehmen und Konzerne verteilt worden.

Neun Monate später installierte man dann das neue System in ganz Deutschland.
Mit einem Schlag waren alle Arbeitslosen untergebracht. So wie das Vieh auf einem Bauernhof musste ab sofort keiner mehr Angst haben, seinen ‚Job’ zu verlieren. Wie die Milchkühe im Stall und auf der Weide auch hatte jeder freie Kost und Logis.
Gleichzeitig konnte die ‚Regierung’ die Rentenkasse abschaffen, denn man arbeitete ab sofort bis zum Lebensende - solange man ‚Milch gab’ - eine Idee des Arbeitgeberpräsidenten Dieter Köter. Der Nachwuchs indes hatte seinen festen, gottgegebenen Platz in der Gesellschaft, indem er mit der Geburt in den Besitz des Eigentümers der Eltern überging. Wer gerade tatsächlich nicht zu gebrauchen war, konnte woanders hin verliehen werden. Die wirklich komplett Nutzlosen, darunter viele ehemalige Politiker der F.D.P., wurden ins Ausland transferiert, zum Beispiel in die USA verkauft oder in schwerwiegenden Fällen von Nutzlosigkeit (wie bei Guido Wellenwester) nach Afrika verschenkt (um in den Dürregebieten Spaß und Optimismus zu verbreiten).

Durch das neue Modell konnten selbst extreme Billiglohnländer nur noch schwer mit Deutschland konkurrieren: Massenhaft kehrten die Arbeitgeber ins Standortparadies Deutschland zurück und ‚schafften Arbeitsplätze’. Enorme Kostensenkungen ergaben sich zusätzlich durch die Auflösung der demokratischen Parteien und Organe zu Gunsten einer kompetenten Führungscrew aus Vertretern der Wirtschaft: Deutschland war gerettet! - Und jeder war direkt daran beteiligt, hatte seinen Platz und seine spezielle Verantwortung für die Gemeinschaft.
Ich zum Beispiel wurde verantwortlich dafür, dass die Weilheimer Schuhe Schnürsenkel haben. Man hat mich damals in der Schuhfabrik nämlich gleich da behalten. Es war für die Gesellschaft wichtiger, dass ich Schnürsenkel in Schuhe einfädle, statt Journalistin zu bleiben. Ich war schon lange unglücklich mit dem Schreiben, was ich aber all die Jahre einfach nicht gemerkt hatte. Erst die Weilheimer Arbeit hat mich wirklich frei gemacht. Und das bin ich jetzt: wirklich frei, obwohl es natürlich verboten ist, das Schuhfabrikgelände zu verlassen. Nun - ein wenig zittrig bin ich schon beim Schnürsenkelfädeln - wie es halt so ist, wenn man bald vierundachtzig wird.“

 
Zuletzt bearbeitet:

Nun, jetzt wirds allmählich eine politische Diskussion....


Meiner Meinung nach sollten Politiker mehr bekommen. Ok, die Renten von denen sind zu hoch, die kann man zusammensreichen, aber das normale Gehalt sollte viel hörer angesetzt werden.
Dann hätte man auch fähige Politiker und nicht so viele Nullen.

Ich kenne dieses Argument, orte das Problem aber woanders. Ich glaube inzwischen nicht, das Problem sind unfähige Politiker, sondern machtlose Politiker. Internationale Wirtschaftsstrukturen machen nationale Institutionen und Instrumente gegeneinander ausspielbar und erpressbar. Kurz geschrieben: Demokratien sind Spielbälle größerer Kräfte, damit Wahlen und deren Politiker-Mandate zunehmend Makulatur. Wir kehren zur guten alten Oligarchie zurück.


(Gerade dein Nick deutet ja auf gewisse theoretische Fundamente hin: den Staatsvertrag auf Hobbes Theorie)

 

Was ein schwachsinn, diese satire, völlig witzlos und geschmacklos. Humor und Satire nicht vorhanden. Und viel zu utopisch, denn wer glaubt schon, dass in deutschland Sklaven geben wird? Niemand!

 

Hallo FlicFlac,

nachdem Gagamehl ein wenig ungehobelt zur eigentlichen Textkritik zurück geführt hat, möchte ich noch nachträglich mitteilen, dass zwar hier eine Menge offtopic geschrieben wurde, ich aber exakt bei dieser Satire es für angemessen hielt,weshalb hier auch kein Satiremod eingegriffen hat.

Deine Geschichte weist, und du weißt, ich bin hier auf dem Satireboard ja nicht grad vewöhnt, die Merkmale einer Geschichte und einer klassischen Satire auf, womit ich meine, dass im Prinzip genau das Gegenteil von dem geschrieben wird, was gemeint ist und somit mit dem Merkmal der Verfremdung hervorragend gearbeitet wurde.

Das von dir gewählte Thema lässt auch an Brisanz kaum etwas zu wünschen übrig, was sich deutlichst in der sich daran anschließenden Diskussion zeigte. Und im Grunde genommen ist damit diese Satire wiederum ein Paradebeispiel dafür, wofür eine Satire gut sein soll. Sie soll zum Nachdenken, Diskutieren, zur Auseinandersetzung anregen und das tut deine Geschichte nun in vollendeter Form. Selbstredend würde mir aber auch eine Satire reichen,die bereits in der Lage ist, gut zu unterhalten.

Jedoch geht es mir wie Hagen. Er hat in seinem allerersten Kritikstatement, auf welches ich verweise, um nicht laufende Wiederholungen zu schreiben, darauf hingewiesen, dass ihn beim Lesen Logikprobleme plagten und so erging es auch mir.
Die Geschichte ist in ihren Lösungsansätzen (also den satirisch verfremdeten) durchaus passabel, aber unrund zuende gedacht. Mir hat schlicht die Erläuterung gefehlt, ob sich das wirklich so rechnet oder wenn es sich nicht rechnet, mit dieser "innovativen" Wirtschaftsform, an welcher Stelle welche zusätzlichen Nebelbomben geworfen werden, um das zu vertuschen.
Mir fehlte die innere satirische Logik, wenn ichs mal so benennen darf, die es mir möglich machte, es als süffisanten Coup zu sehen, wie man noch gründlicher alles in den Abgrund reitet.
Ich hoffe, FlicFlac, du vermagst zu verstehen, was mir bei deiner Geschichte fehlte.

Und dann ist mir noch aufgefallen, dass die Journalistin eigentlich doch gar keinen Grund hatte aus Weilheim nicht mehr heraus zu kommen, weil nach dem Pilotprojekt in Weilheim wars doch dann eh überall in der BRD so gelaufen oder mach ich jetzt da einen Gedankenfehler?


Dennoch, ich halte diese Satire durchaus nicht für eine der Schlechtesten. ;)

Lieben Gruß
lakita

 

Hi Lakita,


danke für die Kritik (da musste ich lange warten!, wo ich doch deine Kritiken MAG!)


Ich glaube nicht, dass der Satire Logik fehlt, aber es stimmt, dass die Sache nicht "zuende gedacht" ist; ehrlich gesagt wollte ich dies auch nicht, und bin höchstwahrscheinlich auch zu blöd dafür. Habe weder Wirtschaft noch BWL oder derartiges studiert. Ich musste es daher bei einem HINWEIS belassen, einem Denkanstoß - und versuchte, die Richtung zu skizzieren, in die sich die Sache - meiner Beobachtung nach - bewegt. Mit welchen Ausprägungen oder wie weit - das kann ich nicht prognostizieren, aber ich hoffte, durch mein kleines Szenario ein bisschen Pfeffer ins Gehirn gestreut zu haben.

Warum sollte Frau Glas die Schuhfabrik verlassen wollen?
Nun, weil Leute glauben, es wäre gut, wenn sie einen ungeliebten Ort verlassen - die Hoffnung stirbt zuletzt- ich frage mich seit geraumer Zeit, wohin ich könnte, sobald die gesamte westliche Welt aus den Vereinigten Staaten von Amerika besteht.


(Falls du noch einen Gedanken dazu hast, was ich konkret nennen müsste - gerne!)


Danke für die Mühe,
Flic

 

Hallo FlicFlac!

Angesichts leerer Rentenkassen erscheint die unbefristete Lebensarbeitszeit als gute politische Lösung. :D
Existenzielle Erpressbarkeit nimmt ständig zu und treibt immer seltsamere Blüten. Schon heute sind Arbeitnehmer gezwungen, Zugeständnisse bez. Arbeitszeit und -umstände zu machen, an die vor Jahren niemand dachte. Und: es wird noch schlimmer werden. *prophezei*

Sehr treffende Satire!


Ciao
Antonia

 

Hi Antonia,


zumal wir ja dann Eigentum wären.
"Human ressources" neben Maschinen und Lastwagen überall wo man uns braucht ;-).

Allmählich wird ja die Binnennachfrage zum Problem, und da dürfen wir gespannt sein was unsere hellen Schrödermerkelleuchtbirnen sich einfallen lassen - Pflichtkonsum? zusätzliche Mindestlohnabgabe?

Cu,
Flic

 

Hi

Wenn du (oder die Mods) nichts dagegen haben, würde ich gerne weiterdiskutieren.
Ich halte diesen Treat eigentlich für einen angemessenen Raum dafür, da sich ein neuer Tread extra dafür wohl nicht lohnen würde.

Ich kenne dieses Argument, orte das Problem aber woanders. Ich glaube inzwischen nicht, das Problem sind unfähige Politiker, sondern machtlose Politiker. Internationale Wirtschaftsstrukturen machen nationale Institutionen und Instrumente gegeneinander ausspielbar und erpressbar. Kurz geschrieben: Demokratien sind Spielbälle größerer Kräfte, damit Wahlen und deren Politiker-Mandate zunehmend Makulatur. Wir kehren zur guten alten Oligarchie zurück.

In Deutschland würde ich noch nicht so weit gehen. In Amerika ist das wohl eine andere Sache. Da steckt die Ölindustrie ja ganz gehörig in der Politik mit drin.
Wenn allerdings die Zustände hier so wären, dann sähe die Gesetzgebung nicht so unternehmensfeindlich aus. Wegen des Steuersystems ist es deutschen Unternehmen quasi nicht möglich, Eigenkapital zu bilden. Die fatalen Auswirkungen zeigen sich in den Pleitwellen bei den mittelständischen Unternehmen.
Natürlich haben große Konzerne Vorteile und auch ganz gut Druckmittel, aber dabei wird übersehen, dass der Großteil der Wirtschaft aus kleinen Betrieben besteht.
Mit der Einstellung könnte ich hier etwas alleine stehen, da ein Forum, dass aus Schreiberlingen besteht naturgemäß eher ziemlich links eingestellt ist. Wobei das nicht heißen soll, dass ich mich rechts einordne...

Aber man muss einfach sehen: Jemand, der seine Existenz riskiert und ein Unternehmen aufbaut, dabei wochenlang auch mal gut das doppelte eines normalen Arbeitern an Stunden durchhaut und sich einfach nicht leisten kann, krank zu werden, der soll durchaus auch mehr verdienen dürfen.
Das wohl gemerkt ohne sechs Wochen Jahresurlaub.
Dadurch werden ja auch erst Arbeitsplätze geschaffen.

Ich wollte so einen Job nicht tun.

Natürlich bin ich für die Rechte, die Arbeitnehmer hier in Deutschland haben und bin gegen derren Abbau, allerdings darf man die andere Seite nicht vergessen. Ohne die funktioniert das alles nicht.


Ich seh die Situation nicht so dramatisch. Klar sind die Rentenkassen leer. Ich werde wohl nix mehr bekommen. Dass ist allerdings ein Problem, dass uns die letzte Generation vererbt hat.
Wie jedes andere Problem kann es mehr oder weniger gut gelöst werden. Allerdings nur die bitterböse Industrie verantwortlich machen, dass hilft keinen.
Oder andersherum: Die Industrie kann doch nur ein Interesse darin haben, dass es allen gut geht. Sonst könnte doch keiner mehr ihre Waren kaufen.

Gruß
Leviathan

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn allerdings die Zustände hier so wären, dann sähe die Gesetzgebung nicht so unternehmensfeindlich aus. Wegen des Steuersystems ist es deutschen Unternehmen quasi nicht möglich, Eigenkapital zu bilden. Die fatalen Auswirkungen zeigen sich in den Pleitwellen bei den mittelständischen Unternehmen.

Gut, dann diskutiere ich noch mal mit ;-)).

Man kann nicht mehr von der Wirtschaft sprechen. Mittelständische Unternehmen sind klar die Leidtragenden, von denen noch geholt wird was geht.

Daneben gibt es die riesigen internationalen Konglomerate, die sich jeder Kontrolle entziehen (im Gegenteil: selbst kontrollieren) und jedwede lokale Wirtschaft kaputttreten.
Geh mal über die Zeil in Frankfurt... da gibt es keinen einzigen Einzelhandelsladen mehr; ein "Verbrechergeschäft" neben dem anderen: Vodafone, Deichmann, usw. Im Prinzip findest du denselben Abschnitt in jeder Stadt, von persönlichem Unternehmertum keine Spur mehr - weil auch niemand konkurrieren kann mit einem Verbrecher wie Deichmann, der seine Schuhe laut Schwarzbuch in Asien nähen lässt zu Dumpingpreisen, mit Kinderarbeit, und mit unerträglichen Gesundheitsstandards - aber dann noch die Stirn hat, "Spenden für Jugendliche" zu wohltätigen Zwecken zu sammeln. Und die Deutschen mit wenig Geld in der Tasche laufen dann in sein Schuhgeschäft, unterminieren damit lokal ansässige Unternehmen (die hier Steuern zahlen - und somit das Gemeinwesen stützen), die unter normalen Bedingungen produzieren, normale Gehälter zahlen ::: das nenne ich: am eigenen Ast sägen; an jeder Ecke lauern wie Pickelherde Schleckermärkte und Billigstores mit Müll aus Asien . Das ist ein Teufelskreis.

Gegen Unternehmer habe ich gar nichts; aber es breitet sich eine Kapitalhalterpest überall aus, ein gigantischer unmenschlicher Pool aus Molochen, dem Ziel Optimierung verpflichtet ohne Sinn oder Zweck und vor allem: ohne gesellschaftliche Verantwortung.

ich verlinke gern nochmal
Die Firma

 

Hallo,

auch diesen Text von Dir habe ich gern gelesen! Man müsste sich die mögliche Verteilung von Arbeit, Konsumgütern und Produktionsmitteln mal genau überlegen - wie es der alte Marx gemacht hat. Dein Text ist von den Ansätzen her beinahe so gut wie ein halber Laufmeter in der Bibliothek. ;)

Das Problem mit den Folgen der Globalisierung liegt in der Nachfrage: Wenn du dein Zeug überall verkaufen kannst, ist die Binnennachfrage in deinem eigenen Land nicht mehr so wichtig. Löhne sind heutzutage hauptsächlich Kostenfaktoren, weil die meisten Chancen im Export liegen. Leider kapieren die Politiker und Konzernchefs unserer Tage nicht, dass überall die Nachfrage einbricht, wenn alle so denken. Wie läuft das in Deiner Sklavengesellschaft mit der Nachfrage? :)

Man könnte sich auch fragen, ob der ganze Schrott, der produziert würde, wenn die Leute mehr Geld hätten, uns glücklicher machen würde. Aber das wäre Kapitulation und Selbstauslieferung an Leute, die nicht wissen was sie tun - wie wir am immer gleichen Gefasel von Zukunft und Arbeitsplätzen sehen können.

Eigentlich ist die Vorstellung, dass der Wert eines Menschen sich aus seiner Arbeit ergibt, krank. Wenn Arbeitslosigkeit nicht so ein Schreckgespenst wäre, würden die Leute viel weniger Zeit verschwenden, und die meisten Organisationen wären effizienter.

meint ein ums Überleben *schluchz* kämpfender Kleinstunternehmer namens

Fritz

 

Ok, FlicFlac, dann sind wir gar nicht so verschiedener Meinung. Ich hab dich eventuell ein wenig falsch verstanden. Mir stößt es nur übel auf, wenn allgemein gegen Arbeitgeber gewettert wird.

Das Gehabe der großen Konzerne hab ich auch satt. Ich bekomme schon Hautausschlag, wenn ich das Wort "Sparen" in der Werbung sehe.

Allerdings weiß ich nicht, ob diese ganzen Billigketten und Pseudo-Günstiger-Läden wie MediaMarkt nur die Sparneurosender Bevölkerung bedienen oder diese durch Werbung erst hervorgerufen haben.

Trotzalledem geht es uns in Deutschland recht gut. Das Sozialsystem gehört mit zu den Umfassensten auf der ganzen Welt. Das Wirtschaftwachstum geht einfach nicht unaufhörlich weiter und dann muss man Abstriche machen.
Da kann man nicht so viel dran tun. Man kann nur aufpassen, dass einem bei der Verschlanckung keine großen Umsetzungfehler passieren wie z.B. bei Hartz IV.


Ich denke, das eingentliche Problem ist die Mentalität.
Die Vorderungen nach mehr sozialen Aufwendungen zeugt von einem allgemeinen Bedürfnis nach Sicherheit: Egal was passiert, mir darf es nicht schlechter gehen. Das ist für den Einzelnen nur zu verständlich und auch legitim, unterbindet aber jede Erneuerung. (Nur um den abgenutzten Begriff Innovation zu vermeinden).
Jemand mit einer solchen Einstellung gründet kein Unternehmen und schafft keine Arbeitsplätze.
Wir haben quasi das Gegenteil der Aufbruchstimmung. Aber wenn an nicht aufbricht, dann geht es auch nicht vorran. (ist ja in Ordnung, ich bezahl schon fünf Euro in die Schlechte-Wortspiel-Kasse :cool: ...)

Aber dies ist nur meine Meinung dazu. Und ich hab gut reden, denn ich bin von der Rente noch weit entfernt :Pfeif:

Gruß
Leviathan

P.S. @ Fritz: Was hast du denn für ein Unternehmen?

 
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Geiz ist doch geil, oder? Oder nicht?

Arbeitgeber ist doch inzwischen ein positives Wort, - wenn es einen Arbeitgeber bezeichnet.

Aber die ganz großen Superkönner meinen ja, zu ArbeitinsbilligAuslandschaffer mutieren zu müssen und denken nicht um die nächste Hausecke - nämlich dass sie dann hier ähnliche Zustände erzeugen wie in den Billiglohnländern; denn wenn das jeder tut, bricht die Kaufkraft zusammen.
Aber von langfristigem Denken haben sich unsere Quartalskapitalhelden schon lange verabschiedet - und die Frage, in welchem Land sie leben wollen, spielt bei unternehmerischer Gestaltung keine Rolle mehr.
Sie ziehen aus der Badewanne unserer gut funktionierenden Gesellschaft den Stöpsel raus und werden sich wundern, wenn sie auf dem Trockenen sitzen. LEIDER haben die meisten dieser 1000-Watt-Leuchten dann genug Kohle ins Ausland geschafft, um die Ergebnisse ihres Zerstörungswerks von den Bahamas aus betrachten zu können. (Vielleicht sollten wir ihnen diese Option rauben - "Ausreiseverbot für Vorstandsdeppen")

 

Hi

nämlich dass sie dann hier ähnliche Zustände erzeugen wie in den Billiglohnländern

Das ist für einen internationalen Konzern kein Problem. Hier bricht die Kaufkraft ein, aber in dem Billiglohnland steigen die Löhne und damit auch der Konsum. Kein produktionsorientiertes Unternehmen geht mehr nach Polen, wie es bis vor einiger Zeit noch üblich war, weil sich der Lebensstandart dort immer mehr verbessert. Da geht man lieber eine Grenze weiter in den Osten.


Waren werden ja nicht nur ein Deutschland verkauft. Für uns ist das schlecht, aber schau dir das mal aus Sicht eines Polen an...


Oder schauen wir uns mal China an. Im Moment leben viele normalen Arbeiter dort unter sklavenartigen Verhältnissen, was dieses Land zu einem guten Ziel für Produktionsverlagerungen macht. Schuhe von Kindern für Kinder, du weißt schon.

Ich bin mir aber sicher, dass das nicht so bleiben wird. Das Wirtschaftwachstum, wenn es denn so anhält, wird auch den Lebensstandart der Bevölkerung heben. Dann steigt auch der Anspruch an ein Sozialsystem, an einer demokratischeren Regierungsform.
Die Chinesen würden sich freuen. Wir würden uns dann über die hohe Arbeitslosigkeit ärgern, weil China uns dann überholt hat und wir das Versagerland sind.


Ich bin mit der Politik vieler Konzerne alles andere als einverstanden, aber man kann von einem Manager nicht erwarten, dass er aus reinem Patriotismus ausschließlich das deutsche Wirtschaftwachstum ankurbelt.
Ok, man kann es vielleicht erwarten, nur bringen wird es nicht so viel.


Gruß
Leviathan

 

Ich bin mit der Politik vieler Konzerne alles andere als einverstanden, aber man kann von einem Manager nicht erwarten, dass er aus reinem Patriotismus ausschließlich das deutsche Wirtschaftwachstum ankurbelt.

Finde ich auch! Schließlich ist ein Unternehmen keine Wohltätigkeit sondern gegründet um Gewinn zumachen, und nicht für die sozialen Aspekte, für die die Menschen selbst verantwortlich sein müssen, aus eigener Kraft.

Im Grunde gehen die Unternehmer doch die Arbeitslosen gar nichts an!

 
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Hoppla!


Diese geistreiche Replik blieb mir tatsächlich verborgen - ?
Besonders schön deine Abgrenzung - hier die Unternehmen, - dort die Menschen.
Fragt sich, wer nun wirklich dahinter steckt.... Aliens? Robots? Lavaschleim aus den Tiefen der Hölle?

Und die Arbeitslosen gehen doch schließlich niemanden was an; vielleicht sollten wir sie einfach in den ehemaligen Ostblock ausweisen. Oder Kolonien auf der Venus gründen lassen? Oder als Landminensucher einsetzen?

 

Hallo,

aktuell zur Wahl 2005 - dein Text!

In der Tendenz/Richtung geht die Politik, vor allem von rechter Seite Seite aus, tatsächlich dahin: Faschismus. Man kann es erkennen am Menschenbild, am Predigen von Sozialdarwinismus. Unser Guido will nun auch die Arbeitsagentur abschaffen; danach noch die Rentenkasse? Eine Gesellschaft der Starken, die die Schwachen nicht mehr integriert - hat die Tendenz zu Faschismus. Menschen werden nur noch nach "Wert für den Arbeitsprozess" (human ressources) und Verfügbarkeit beurteilt. Die vorhautverengte Sicht auf pure Wirtschaftlichkeit lässt "Menschlichkeit" verdunsten.

Die reale Politik ist bereits zynisch. Vermutlich liegt das daran, dass Merkel & Co die Erfüllungsgehilfen der Konzerne sind.

Guter Text, der eine Tendenz benennt. Wenn die CDU/FDP regiert, werden wir in den nächsten Jahren sehen, wie weit es die von dir skizzierte Richtung gehen wird. DASS es in diese Richtung gehen wird, ist klar.

 

Mahlzeit!

Auch hier noch kurz mein Eindruck - viel ist ja schon gesagt und diskutiert worden. Inhaltlich habe ich ähnliche kleine Probleme mit der Logik, aber was mich am meisten stört: Schön zu lesen fand ich das nun wirklich nicht. Ich finde die Erzählperspektive und auch den Stil unglücklich gewählt und irgendwie sehr dröge, das ist weniger Erzählung den Faktenaufzählung - auch wenn es hin und wieder ein paar nette Stellen gibt, musste ich mich doch so ein bisschen durchquälen durch diesen "Meinungs-Dump" bzw. diesen Text, der sich für mich eher wie die Nacherzählung der eigentlichen Geschichte liest. Dein gedanklicher Ansatz in allen Ehren (ich stimme deinen Ansichten ja absolut zu), aber unterhaltsame Lektüre fand ich das leider nicht, sorry.

 

Hallo Horni,

danke für die Gnade der späten Antwort....


...du fandst es nicht schön zu lesen, hm - Geschmäcker sind verschieden, aber in diesem Fall weiß ich schon deutlich, was du meinst. Um ehrlich zu sein, ich mag den Text selbst nicht so richtig, ich hab ihn mir aus der Feder gekämpft, schon das Schreiben war keine Leichtigkeit - es war, als würde ich ihn loswerden wollen - und zwar aufgrund des Inhalts, der mir unter den Nägeln brannte. Hier stand also deutlich ein Mitteilungsbedürfnis im Vordergrund und nicht ein spielerisches Vorgehen.

Immerhin hat es eine inhaltliche Diskussion gegeben, und diese ist mir nach wie vor wichtiger, was diesen Text betrifft, als stilistische "Lorbeeren". Für die Aussage selbst schien mir die vorliegende "reportierende" Form allerdings angemessen, dabei bleibe ich... heißt: Es ist in Ordnung, wenn er dröge, vielleicht belastend klingt, ich möchte mit diesem Ding nicht nett unterhalten. Vermutlich würde es mich sogar stören, wenn jemand schriebe, er habe sich nett damit unterhalten. Du verstehst?

 

Sorry, aber das Argument finde ich irgendwie ... naja, will ich so ungern stehen lassen. Gerade die Aussagen, die einem wichtig sind, sollte man mE so spannend und ansprechend verpacken wie möglich. "Belastend" wird sowas uU erst, wenn einem z.B. beim Lesen das Lachen im Hals stecken bleibt o.ä. Das hier wirkt auf mich leider eher trocken und mühselig zu lesen - insofern bleibe ich dabei, dass die dröge Präsentation dem Thema einen Bärendienst erweist. ;)

(Ich denke übrigens, dass viele wichtige Gedanken uU an mangelhafter Präsentation scheitern ... was zum Henker spricht gegen Spannung und Humor in einer Geschichte mit wichtiger Aussage? Ich "fresse" sowas noch viel besser, wenn ich dabei zumindest als Leser angesprochen werde - "Unterhaltung" im weitesten Sinne heisst doch nicht automatisch "oberflächlich". :susp: )

 

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