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Wie der kleine Pinguin die Sterne erschuf
Tief in der Antarktis gab es einmal eine Höhle. Sie war tief unter meterdicken Eisschichten versteckt und begraben und dort unten lag Eislingen.
In Eislingen lebten nur Pinguine, unter anderem auch Lola und Rik, die gemeinsam in einem der unzähligen Iglus lebten und die vor kurzem ein kleines Pinguinbaby bekommen hatten.
Aber es war anders als die übrigen Kinder, zum einen war es nur halb so groß wie es hätte sein sollen und zum anderen benahm es sich immer so seltsam. Schon als Babypinguin war es viel lauter und wilder als es ein braves und vor allem normales Baby hätte sein sollen. Wurde es von Lola nur kurz irgendwohin gelegt, so war es im nächsten Moment schon wieder davon gekrabbelt.
Dieser kleine Pinguin weckte in in Eislingens Bewohnern ein Gefühl, was sie vorher nicht gekannt hatten: Scham. In Eislingen waren alle gleich warum also sollte man sich für irgendetwas, das man tat schämen? Doch es waren nicht alle gleich, einer war anders und das war Lolas Sohn. Doch obwohl er anders war, liebten Lola und Rick ihren kleinen Sohn über alles. Schließlich kam auch sein großer Tag, der Tag an dem sich der kleine Pinguin für einen Namen entscheiden sollte, denn schließlich brachte auch so ein kleiner Sonderling wie er einen Namen. Und Namen waren in Eislingen ebenfalls etwas ganz besonderes, da sie nicht wie normalerweise einfach von den Eltern vergeben wurden, sondern jeder Pinguin durfte sich seinen Namen an seinem dritten Geburtstag selbst aussuchen und keine zwei Pinguin hatten denselben Namen.
Ganz Eislingen wartete gespannt für welchen Namen sich der Kleine entscheiden würde. Würde er sich schließlich doch in die Gemeinde eingliedern oder wäre er als einziger von ganz Eislingen anders, anders als die übrigen Pinguine, anders als die normalen Pinguine. Doch als er sich endlich für seinen Namen entschieden hatte war ganz Eislingen in Aufruhr. Er hatte es nicht gewagt, er hatte sich tatsächlich Alaio genannt, ALAIO das kann doch einfach nicht wahr sein.
Ihr müsst wissen, dass es überall in den Legenden, die von der Entdeckung Eislingens handeln, heißt, dass ein gewisser Alaio die Höhle entdeckt und somit Eislingen gegründet hätte. Allerdings wusste niemand so genau was danach mit ihm passiert war, ob er gestorben war oder eben nicht, man wusste nur, dass er schon kurz nachdem er Eislingen entdeckt hatte wieder von dort verschwunden war und niemals zurückgekehrt ist.
Die Pinguine waren sehr böse, dass es dieser kleine Sonderling gewagt hatte den Namen anzunehmen den vor ihm nur ein einziger getragen hatte. Doch selbst danach liebten Rik und Lola ihren Sohn immer noch und nahmen ihn vor den übrigen Pinguinen in Schutz. Über dies alles war Alaio sehr traurig, denn er wollte niemanden auf sich böse machen er wollte einfach nur anders sein, da er es sehr langweilig fand wie sehr sich doch alles und jeder in Eislingen ähnelte.
Da sich niemand mit ihm abgeben wollte verbrachte Alaio die meiste Zeit des Tages allein und dachte an den anderen Alaio den ersten Träger dieses Namens, ob er wohl noch lebte und wenn ja wo war er?
Eines Tages aber an dem Alaio gerade ein wenig abseits den drei Pinguinen Pit, Pat und Mara beim Ball spielen zuschaute, kam ein Fremder nach Eislingen. Es war, ein schon sehr alter Pinguin, und als man ihn freundlich aufnahm und ihn fragte wer er sei, da fing er an die Sonderbarsten Geschichten zu erzählen. Er behauptete, dass er der „echte“ Alaio wäre, derjenige der damals Eislingen gegründet hatte. Er erzählte den jüngeren Pinguinen viele seltsame Geschichte über weit entfernte Ort und Dinge, die er gesehen und getan hatte und die noch kein Pinguin vor ihm jemals gesehen hätte.
Natürlich hatte auch der kleine Alaio die Ankunft seines Namengebers mitbekommen, aber anders als erwartet ging er nicht wie die übrigen Pinguine zu ihm hin, um mit ihm zu reden, ihn kennen zu lernen oder ihn sich einfach mal anzuschauen. Denn er hatte Angst. Wahnsinnige Angst, was dieser wohl von ihm denken würde. Er wäre bestimmt unglaublich wütend, wenn er erfahren würde, dass er es wirklich gewagt hatte, sich seinen Namen auszusuchen und würde ihn aus Eislingen fort jagen und so schwer das Leben für ihn in Eislingen auch manchmal war, so war es doch das einzige Leben, was er hatte.
Aber natürlich erfuhr der alte Alaio von seinem jungen Namensverwandten, denn nicht alle Pinguine kamen zu ihm, um seine Geschichten anzuhören, sondern sie erzählten ihm auch, was es in Eislingen so vor sich ging und natürlich somit auch von dem einzigen, was nicht oder besser wer nicht nach Eislingen passte.
Doch ganz im Gegensatz zu den übrigen Bewohnern Eislingens, die alle einen gewissen Sicherheitsabstand zu dem kleinen Alaio einzuhalten schienen, wollte er ihn treffen und kennen lernen, um selber zu sehen, was an ihm so anders war und vor allem wollte er wissen, warum er sich von allen möglichen Namen ausgerechnet seinen ausgesucht hatte.
„Warum läufst du vor mir weg?“, fragte der alte Alaio den kleinen Alaio, der überrascht zusammenzuckte und sich umdrehte.
„Bin ich gar nicht!“
„Natürlich bist du das! Du bist von allen Pinguinen hier der einzige, der noch nicht bei mir vorbeigeschaut hat, oder mit mir reden wollte oder sich einfach vergewissern wollte, ob es stimmt was man so erzählt.“
Verlegen scharrte der kleine Pinguin mit seiner Flosse auf dem Bodern herum.
„Und was wenn es mir egal ist, ob es stimmt was sie erzählen? Weil sie erzählen immer und viel und immer ist es mir egal. Warum solltest du so wichtig sein, dass ich auf einmal mach, was alle anderen machen?“
„Wenn ich nicht wichtig bin, warum heißt du dann wie ich?“
„Vielleicht finde ich den Namen ganz einfach schön!“
„Vielleicht solltest du mal aufhören mich anzulügen und vielleicht könntest du mich endlich mal anschauen.“
Der kleine Pinguinkopf hob sich schüchtern und zum ersten Mal wagte er es, den alten Pinguin mal richtig anzuschauen.
„So ist es doch gleich viel besser…also warum heißt du so wie ich?“
„Weil…ich anders sein wollte und besser! So wie du. Ich will auch irgendwas großes schaffen, was die anderen nicht geschafft haben! Ich will nicht einfach nur ein weiterer Pinguin hier sein, sondern ich will besonders sein, und dass sich die anderen Pinguine später an mich erinnern werden und an mich denken werden auch wenn ich nicht mehr da bin. Und ich dachte wenn ich deinen Namen habe, dann erinnert der mich immer an das, was ich noch schaffen will, sodass ich es nie vergessen kann.“
„Das ist dumm. Ein Name ist etwas eigenes, etwas Schönes, was zu dir passen sollte. Dein Name ist das, was die Pinguine an dich erinnert, das was dich beschreibt und definiert. Ein Name sollte keine bloße Erinnerung sein, damit du etwas nicht vergisst. Wenn es das ist, was du wirklich willst, sollte es nicht nötig sein dich daran zu erinnern, weil du es nie vergessen würdest und ich glaub es wäre besser gewesen, wenn du dir einen Namen gesucht hättest, der zu dir gepasst hätte. Wenn es wirklich dein Name wäre.“
Traurig senkte der kleine Pinguin seinen Blick wieder auf den Boden. Genau das war es, wovor er Angst gehabt hatte, deshalb hatte er sich versteckt und ihn nicht treffen wollen.
Aber da wurden sie recht unhöflich unterbrochen, denn da sich ganz Eislingen immer noch unschlüssig war, was sie nun mit ihm anfangen sollten, hatte sie eine große Versammlung für ganz Eislingen einberufen und natürlich sollte zumindest der alte Alaio auf jeden Fall daran teilnehmen.
Nachdem sie endlich zu dem Schluss gekommen waren, dass es sich wohl wirklich um den echten Alaio handelte, verlangten sie von ihm zu wissen, warum er wieder aus Eislingen fort gegangen wäre.
„Ich hatte mehrere Gründe, warum ich weggegangen bin. Irgendwann wurde es mir schlicht und einfach langweilig, den ganzen Tag herum zu sitzen und nichts wirklich zu tun. Ich hatte zwar Eislingen oder besser gesagt diese Höhle hier entdeckt, aber das war nicht alles, was ich in meinem Leben machen wollte, da waren noch so viel mehr Orte, die ich entdecken wollte und Sachen, die ich finden wollte. Aber vor allem wollte ich die Funkeldunkelsteine finden.“ Die Erwähnung der Funkeldunkelsteine rief im ganzen Saal Verwirrung hervor, denn niemand hatte jemals von so etwas gehört.
Da seufzte Alaio und holte etwas aus seiner Tasche. Es war ein Blumenknospe oder sah zumindest so aus. Die Knospe hatte einen Durchmesser von ungefähr drei Zentimetern und war von einem dunklen braun, doch sie wirkte nicht vertrocknet oder abgestorben, nein sie wirkte eher wie eine Blütenknospe im Winter.
Außen von einem dunklen braun, doch drinnen im Inneren voller Leben, welches nur darauf wartet aus ihr herauszubrechen. Der Stiel der an dem sie immer noch hing war von demselben Braun.
„Das hier ist ein Funkeldunkelstein oder besser gesagt hier drinnen ist ein Funkeldunkelstein. Es ist eine Art Wunschstein. Er kann euch trösten, Eisberge schmelzen lassen, Dinge verwandeln oder einfach aus dem nichts hervorzaubern, er kann euch beschützen oder kann euer Licht in der Nacht sein.“ Fasziniert hörten sie ihm zu und beobachteten die Knospe mit wachsendem Interesse. „Aber all dies wird er nur dann tun, wenn es sich sein Besitzer aus tiefsten Herzen wünscht und wenn er es auch wirklich braucht. Außerdem ist es unmöglich mit einem Funkeldunkelstein etwas Böses zu tun oder Sachen die einem anderen Schaden könnten.“
Die Pinguinen begannen unruhig zu werden und ein ständiges Murmeln ergriff das ganze Iglu, denn niemand war sich so recht sicher, ob diesem alten Pinguin auch glauben sollte.
Plötzlich war es wieder ganz still und alle Pinguine schauten wie gebannt nach vorne, dort wo der alte Alaio stand. Denn irgendwas hatte zu leuchten angefangen und ließ das ganze Iglu in allen Regenbogenfarben leuchten. Verängstigt und Verwirrt rückten die Pinguine näher zusammen und kuschelten sich unsicher aneinander, doch immer noch war es totenstill und alle betrachteten das bunte glitzern und funkeln von Schnee und Eis um sie herum.
Nur die wenigen, die ganz dicht bei Alaio standen, sahen wirklich einen Funkeldunkelstein, die anderen, sahen nur, wie auf einmal alles glänzte und funkelte und auf einmal wieder aufhörte. Enttäuschung machte sich unter den Pinguinen breit und auch die seltsam bedächtige Stille, die sie alle ergriffen hatte, war vorbei. Die Pinguine waren nicht mehr zu halten. Sie alle stürmten zu Alaio und wollten mehr. Sie wollten mehr von dem Funkeldunkelstein sehen, sie wollten seine Macht spüren und sie wollten ihn haben. Denn der alte Pinguin hatte in ihnen ein Gefühl geweckt, was ihnen vorher nicht bekannt war: Gier.
Nur der kleine Alaio wollte nicht wie all die anderen noch einmal dieses Glitzern sehen, wollte nicht wissen, wo genau die Blumen mit den Funkeldunkelsteinen wuchsen, sondern der kleine Pinguin schlüpfte bei der ersten sich bietenden Gelegenheit aus dem Iglu. Natürlich war er auch beeindruckt gewesen, von dem was der alte Alaio ihnen gesagt und gezeigt hatte und natürlich interessierten ihn die Funkeldunkelsteine auch wahnsinnig, aber vor allem hatte er Angst. Denn seit er die Reaktion der anderen Pinguine auf den Funkeldunkelstein gesehen hatte, gingen ihm die Gedanken, was man alles schlechtes mit den Funkeldunkelsteinen anstellen könnte und die unglaubliche Macht die man mit ihnen hätte, nicht mehr aus dem Kopf. Sie vertrieben sogar seine Ängste und Zweifel über das, was der alte Alaio gesagt hatte und das was er nun schlussendlich von ihm hielt.
Von nun an flehten die Pinguine Tag und Nacht den alten Alaio an er möge ihnen den Standort der Blumen mit den Funkeldunkelsteinen verraten. Doch dieser bereute es bereits den Pinguinen jemals von den Funkeldunkelsteinen erzählt zu haben. Auch die Angst des kleinen Alaio stieg, als er sah, wie die Unzufriedenheit der anderen Pinguine, ja sogar die seiner Eltern wuchs und als er sah, wie sehr sie den alten Alaio belagerten, begann er sich für sie und ihr Verhalten zu schämen, denn bei dem alten Alaio, war es ihm ausnahmsweise einmal nicht egal, was er von ihm hielt.
„Ich weiß, dass du mich dumm findest, weil ich keinen eigenen Namen habe, sondern deinen und dass du denkst, dass ich nur ein kleiner Pinguin bin, der keine Ahnung hat und vielleicht stimmt das ja aber ich bin nicht so, wie sie.“
Diesmal war es der alte Alaio, der sich überrascht zu dem kleinen Pinguin hinter sich umdrehte, der mit seiner linken Flosse auf einen Haufen Pinguine deutete, die vergeblich vor seinem Iglu saßen und um Einlass bettelten.
„So wie sie?“
„Ich will die Funkeldunkelsteine nicht haben. Sie machen mir Angst und die anderen machen mir Angst. Sie haben sich alle so verändert und die meisten sind mir auch egal, aber es sind nicht nur ein paar, sondern es sind alle, es sind auch meine Eltern und die sind mir nicht egal. Und das macht mir Angst, aber es ist mir auch peinlich, so wie sie sind und was sie zu dir sagen und deshalb wollte ich dir nur sagen, dass ich nicht so bin und auch nicht so sein will.“
„Das ist gut und mir machen sie auch Angst. Außerdem glaube ich nicht, dass du nur ein kleiner dummer Pinguin bist, ich glaube du bist anders und das ist gut und es ist auch gut, dass es dir egal ist, was sie sagen. Ich denke nur, dass es immer noch am besten ist, einen eigenen Namen zu haben, egal wie gut die Absichten waren, mit denen man sich diesen Namen ausgesucht hat.“
„Aber jetzt ist es mein Name. Ich hätte nie gedacht, dass ich dich jemals treffen würde und jetzt ist dein Name auch mein Name, auch wenn ich noch nichts Großartiges getan habe und auch wenn der Name nicht nötig ist um mich daran zu erinnern. Jetzt ist es auch mein Name, weil ich ihn mir ausgesucht habe.“ Um seinen Worten Ausdruck zu verleihen, stampfte der kleine Alaio auch noch trotzig mit seiner Flosse auf den Schnee.
„Ein Name ist nichts, was man sich verdienen muss, du musst nichts Besonderes getan haben, nur damit du deinen Namen behalten darfst. Ich habe dir gesagt, was ich denke, aber von mir aus, kannst du auch gerne meinen Namen behalten, wenn er dir gefällt.“ Ein triumphierendes Lächeln glitt über das Gesicht des kleinen Pinguins.
Schon einige Tage nach dem Gespräch der beiden, geschah das Unfassbare.
Eines Nachts schlichen sich einige der anderen Pinguin zum Iglu des alten Alaio und als er sich weigerte ihnen die Tür zu öffnen, brachen sie die Tür einfach auf. Sie verwüsteten sein ganzes Iglu und drohten ihm, ihn einzusperren und ihn hungern zu lassen, wenn er sich weiterhin weigern würde, den Standort der Funkeldunkelsteine zu verraten. Er hatte keine Lust und Kraft mehr sich zu weigern und er wusste, dass sie ihre Strafe bekommen würden, also gab er endlich nach und verriet ihnen den Weg. Er blieb allein in Eislingen zurück und beschloss, auf ihre Rückkehr zu warten, falls es eine geben würde.
Der kleine Alaio war mit ihnen gekommen und versuchte immer noch vergeblich sie umzustimmen. Aber niemand wollte ihm zuhören, nicht einmal seine Eltern verstanden ihn, sondern nachdem sie immer für ihn mit all seinen Eigenheiten da gewesen war, ließen sie ihn jetzt allein. Nachdem sie einige Tage lang durch Schnee und Eis gewandert waren, kam ein Berg in Sichtweite. Er war so hoch, dass sein Gipfel schon zwischen den Wolken verschwunden war, und sie konnten ihn schon aus weiter Ferne erahnen. Umso näher sie dem Berg kamen, umso schneller liefen die Pinguine ihm entgegen, sodass sie schließlich auf ihn zu rannten und sich sogleich daran machten ihn hoch zu klettern, was bei seiner glatten Flächer gar nicht so leicht war. Die meisten Pinguine rutschen zunächst vergeblich wieder hinunter und alle waren so sehr mit sich selbst beschäftigt und gefangen, dass niemand daran dachte einem anderen zu helfen.
Alaio kletterte hinter seinen Eltern her und versuchte ein letztes Mal vergeblich sie von ihrer Idee abzubringen. Er rief und schrie ihnen hinterher und versuchte sie an ihren Flossen zu packen und wieder nach unten zu ziehen, aber sie schenkten ihm keine Beachtung, sondern kletterten und kletterten immer weiter. Und Alaio war immer direkt hinter ihnen. Er schrie so laut, dass sein Hals und Schnabel wehtaten und die eisige Luft ihm bei jedem Atemzug schmerzhaft brannte. Irgendwann erreichten sie den Gipfel und Tränen begannen aus seinen schwarzen Knopfaugen zu strömen. Dort standen sie. Unzählige braune, wie vertrocknet aussehende Knospen, die alle einen Funkeldunkelstein enthielten.
Die Pinguine, die den Gipfel ebenfalls erreicht hatten, ließen sich keine Zeit zum Verschnaufen, sondern sie stürmen los. Alaio sah seine Eltern losrennen und er versuchte ein allerletztes Mal ihnen etwas hinterher zu rufen, aber aus seiner Kehle kam nur ein leises, raues Krächzen und als er versuchte hinter ihnen her zu watscheln, konnten seine Flossen ihn nicht mehr tragen und er fiel in den Schnee.
In diesem Moment erreichte seine Mutter einer der Knospen. Ihre Flosse schloss sich um den Stängel der Knospe um sie auszureißen und sie erstarrte. Den anderen Pinguinen erging es ebenso. Überall versuchten Pinguine die Knospen zu berühren, doch in dem Moment, das sie eine Knospe berührten, erstarrten sie zu Eis.
Die anderen Pinguine stürmten ungeachtet des schrecklichen Schicksals ihrer Verwandten und Freunde einfach weiter und stießen sogar deren Eisfiguren aus dem weg um an die Funkeldunkelsteine zu kommen.
Irgendwann glich die Bergkuppe einem Friedhof, überall standen die Eisfiguren, sie waren die Grabsteine.
Nur ein kleiner Pinguin irrte allein zwischen den Statuen seiner Eltern, Gleichaltrigen und Bekannten umher und versuchte vergeblich die Eisfigur seiner Mutter wiederzufinden, den mittlerweile war es dunkel geworden, die Nacht hatte sie über sie gesenkt und man konnte nichts mehr erkennen. Alles um ihn herum war schwarz und immer wieder stolperte er über die Statuen.
Er weinte, schrie und trauerte um sie alle, nicht nur um seine Eltern. Nein, obwohl seine Eltern die einzigen waren, die ihn akzeptiert hatten, trauerte er nicht nur um sie, sondern um alle, um ganz Eislingen.
Als er schließlich glaubte einfach keine Tränen mehr in sich zu haben, sah er aus dem Augenwinkel ein Licht erglühen und dann sah er genauer hin, eine der Knospen hatte sich geöffnet und das was daraus hervorkam, verschlug ihm den Atem.
Es war ein Eiskristall, nein kein Eiskristall, besann er sich. Es war ein Funkeldunkelstein er war wunderschön und glitzerte und funkelte in allen Regenbogenfarben. Und es sah genauso aus wie das wundersame Licht, des alten Alaios, was das ganze Iglu hatte leuchten lassen.
Der Funkeldunkelstein schwebte einige Zentimeter über seiner Knospe und es sah so aus, als wartete er auf etwas. Alaio sah sich um, sah, wie all die Statuen im Licht des Funkeldunkelsteins glänzten und wie schön sie auf einmal aussahen. Schön und schrecklich gleichzeitig. Jetzt, im Licht des Funkeldunkelsteins sah er auch endlich die Statue seiner Mutter wieder. Schnell watschelte er zu ihr hin und berührte sie sachte mit der Flosse. Wieder schossen neue Tränen aus seinen Augen und sie fielen auf die erstarrte Flosse seiner Mama. Das Licht des Funkeldunkelsteins blendete ihn zunehmend und er wurde wütend.
„Hau ab! Ich will dich und dein dummes Licht nicht! Nur du bist Schuld an allem! Nur du! Los geh weg und nie wieder!“, schrie er den Funkeldunkelstein an. Aber dieser bewegte oder veränderte sich kein bisschen. Da erinnerte er sich wieder an die Worte des alten Alaio, und das man mit einem Funkeldunkelstein nur gutes machen konnte, oder Dinge, die man wirklich brauchte. Alaio dachte nach und sein Blick schweifte den pechschwarzen Himmel. Da hatte er eine Idee, schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren.
Als er sie wieder öffnete, konnte er gerade noch sehen, wie sein Funkeldunkelstein hinauf in den Himmel flog, um die schwarze Nacht wenigstens ein bisschen heller und schöner zu machen.
Plötzlich öffneten sich alle Knospen und ein glitzern und funkeln erfasste den ganzen Gipfel. Es lies die Eisfiguren in Regenbogenfarben strahlen und die Luft um ihn herum schien auf einmal zu vibrieren. Es wurde so hell, dass der Pinguin seine Augen schließen musste, aus Angst geblendet zu werden. Doch selbst hinter geschlossenen Lidern konnte er das Licht und die Farben noch erkennen.
Vorsichtig versuchte er sie zu öffnen und sah, wie sich das Licht in unzähligen kleinen Tröpfchen sammelte und nach oben stieg. Die Tröpfchen verteilten sich über den ganzen Himmel und Alaio war sich sicher, dass jeder Lichttropfen für einen von Eislingens Pinguinen stand.
Wieder betrachtete er die Statue seiner Mutter und auf einmal zwinkerte sie ihm zu. Erschrocken wich Alaio zurück und fiel nach hinten. Dann rappelte er sich wieder auf und untersuchte die anderen Statuen, aber er hatte sich nicht getäuscht, sie alle schauten ihn an.
Also waren sie gar nicht verloren, vielleicht konnte er sie doch noch retten. Nur wie? Alle Funkeldunkelsteine waren zum Himmel aufgestiegen. Alle? Alle bis auf einen! Denn es musste ja noch den Funkeldunkelstein des alten Alaio geben!
Aufgeregt machte er sich daran, denn Berg wieder herunter zu steigen, doch unten erwartete ihn eine weitere Überraschung.
„Aber…ich dachte du bist in Eislingen geblieben?!“
„Denkst du wirklich, ich hätte nicht gewusst, was passieren würde? Aber ich wollte ihnen nicht helfen, ich durfte ihnen nicht helfen. Denn ich gehöre nicht zu Eislingen dazu. Das ist nicht meine Sache.“
„Aber…hilfst du mir trotzdem?“, fragte der kleine Pinguin vollkommen aufgelöst.
„Ich kann dir meinen Funkeldunkelstein geben, wenn du das meinst. Aber mehr mache ich nicht.“
Er drückte dem kleinen Pinguin die Knospe in seine Flosse und dieser machte sich sofort wieder an den Aufstieg.
Schließlich stand er wieder zwischen den unzähligen Eisfiguren. Er zögerte kurz, dann umklammerte er den Stil fester und versuchte sich zu konzentrieren. Die Knospe öffnete sich und der Funkeldunkelstein schwebte nach oben, bis er einige Meter über dem Gipfel in der Luft stehen blieb.
Plötzlich zuckten farbige Blitze aus ihm heraus. Jeder Blitz hatte eine andere Farbe und jeder Blitz war für eine bestimmte Statue vorgesehen. Wessen Statue von einem Blitz getroffen wurde, leuchtete zunächst hell und in allen Regenbogenfarben auf, dann begann das Eis zu schmelzen.
Es dauerte nicht lange, bis alle Pinguine von ihrer Eishülle befreit waren. Zuerst torkelten sie noch etwas unbeholfen umher, doch dann umringten sie den kleinen Alaio und auf einmal war auch der alte Alaio auf dem Gipfel und lächelte ihm stolz zu.
Sie alle kamen um sich bei dem kleinen Alaio zu bedanken, denn schließlich hatte er sie gerettet.
Nachdem sich der Trubel einigermaßen gelegt hatte, stand ganz Eislingen auf dem Hügel und schaute staunend in den Himmel, der nun Nacht für Nacht von den Sternen erhellt sein würde und die sie immer an die Lektion erinnern würden, die die Funkeldunkelsteine sie gelehrt hatten.
So erschuf der kleine Pinguin Alaio die Sterne, die einst Funkeldunkelsteine waren…