What is Rock 'n' Roll?
24. Mai 2002, oder so. Keine Ahnung. Ist auch nicht ganz so wichtig. Vieles ist hauptsächlich Vergangenheit. Manches noch greifbar, wenn man nur nicht zu faul und ständig betrunken wäre. Schlimm ist nur, dass es immer weiter gehen muss. Die glorreiche Jugend ist ein seidener Traum der nicht nur mich, sondern auch einige andere Menschen in den Schlaf lullt. Man sagt irgendwann hat man gefunden, was glücklich macht, was man will. Nur wer sagt mir, wann alles vorbei ist. Wann man still steht?
Niemand wird mir je sagen, vorschreiben, wann ich das tun habe. Die von allen Menschen begehrte Freiheit. Macht sie mir Angst? Die Erinnerung, die Zukunft, das poröse Gebilde, was ich Leben nenne? Klar, ein Jugendlicher auf dem Weg zur Antwort auf die Frage ‚Warum?’ Nur leider bin ich schon etwas älter und alles kotzt mich an. An Platz eins stehe ich wohl selbst, der sich aus Zukunft, Erinnerung zu einem porösen Gebilde zusammensetzt. Viel ist das nicht, ich weiß, aber woran, worin finde ich Halt? Sicherlich sind andere vor mir durch dieses Tal gewandert, fast alle kamen wieder raus, wurden gute Bürger des Gutbürgertums; aber manche? Was ist mit denen? Verlierer die einen, Genies die anderen. Sie stehen nie still. Und manche sind schon tot.
Hemingway: Ein kranker Säufer, der sich nach schwerer Krankheit aktive Sterbehilfe geleistet hat. Was macht ihn so besonders, das Schulen dazu treibt, seine Bücher immer noch lesen zu lassen? Sich gar einige Schüler für diese schnöden Geschichten voller Metaphern begeistern? Warum hat er so oft geheiratet und sich scheiden lassen? Ist es irgendwann still um ihn geworden? Um seinen Mythos wird es das bestimmt lange nicht sein.
Noel Gallagher: Der große Bruder eines Sängers einer britischen Band. Nebenbei Songwriter und Gitarrist. Was fasziniert an einem Menschen, der beim Spielen seines Instrumentes apathischer als eine Leiche guckt und den man beim Interview nicht versteht? Weder seine Sprache, noch seine Arroganz. Warum können so viele Menschen seine Songs mitsingen und fühlen sich verstanden? Liegt es wirklich nur in der Einfachheit der Texte und Melodien? Klar ist nur, das es ohne Liam vielleicht noch heute um ihn still sein würde. Auch wenn er sich mittlerweile selbst traut zu singen.
Aber was, wenn es diese Menschen nicht geschafft hätten, so berühmt zu werden, was dann? In einer durch Profit gelenkte Welt wären beide wohl untergegangen, wenn sie nicht so viel Talent besäßen (hätten). Vielleicht hören solche Menschen immer wieder Musik in ihren Ohren, die ihnen das Gefühl vermittelt richtig zu liegen mit dem was sie tun, was sie träumen. Eine Melodie, die sie weitertreibt, die sie bestärkt alles zu machen, das ihnen wichtig ist. Werden solche Menschen vielleicht einfach nicht satt? Und sei es nur von ihrer eigenen Genialität...
Goethe: Ein alter Mann, der die Sturm- und Drangzeit mit seinem Namen definierte. Machte die Restauration mit, schrieb für zu viele verschiedene Frauen das schönste Liebesgedicht der Welt und starb vollgefressen in einer Kleinstadt namens Weimar, das demokratischen Hoffnungen 1919 seinen Namen geben sollte. Lag er wohl still in seinem Grab, als er das als verwesende Leiche hörte?
John Lennon: Erschossen 1980 in New York von einem fanatischen Beatlefan. Ehemann von Yoko Ono. Diese Definition seiner selbst soll ihm sein Leben gekostet haben, denn Paul McCartney und Yoko mochten sich wohl nicht, weshalb die Beatles aufgelöst wurden. McCartney / Lennon ist das häufigste Namendoppel hinter der Phrase: ‚Written By’ im Index eines Beatlessongs. Erklärtes Vorbild von Noel Gallagher. Lennon ist die wohl größte Legende der modernen Musik. Hätte er wohl jemals seine Feder still gehalten und irgendwann keine neuen Lieder mehr geschrieben?
War der eine wirklich nur alt geworden und der andere wirklich niemals fertig mit seinen Gedanken? Wer hatte von den beiden nun alles erreicht? War es vorgesehen, dass sich beide so in der Kulturgeschichte platzieren durften? Trieben Goethe nur seine Weibergeschichten und Lennon seine Liebe zur Musik in den genialen Wahnsinn?
Fragen zu stellen ist eine Sache, bis man sie dann beantwortet haben will, selbst beantworten muss. Diese Melodie, die es vielleicht gibt; wann werde ich sie hören? Wahrscheinlich nie oder schon die ganze Zeit. Vielleicht heißt sie seit den späten 50igern Rock ’n Roll und wir können sie alle hören. Die Frage ist nur, was wir daraus machen. Geniestreiche, verlieren oder Gutbürgertum.
So, what is Rock ‘n Roll anyway?