Wettlauf
Vier Füße bewegen sich nebeneinander, zwei Beinpaare im Gleichschritt. Noch ist ihr Rhythmus ruhig und gleichmäßig, schlägt mit dem Takt derer, die sich Zeit für etwas lassen.
Der Mann rechts neben mir macht keine Anstalten sich schneller zu bewegen, ich blicke linkisch über meine Schulter. Gelassenheit liegt in seinen Augen und Bewegungen und ich beschließe mich ebenso gelassen zu bewegen, um meine Energie für spätere Momente aufzuheben.
Dann mit einem Mal erscheint das Zeichen. Ihn trifft es zuerst, trifft es wie ein Blitz in der Morgendämmerung. Er spurtet los – und ich hinterher; versuche mit ihm Schritt zu halten, hänge mich im Windschatten an seine Hacken.
Die donnernden Tritte unserer Schuhsohlen treffen auf harten Asphalt. Unregelmäßiger Offbeat statt Einklang.
In meinem Kopf höre ich das Rauschen, fühle ich das Strömen des Blutes. Ich merke wie ich langsamer werde und zurückfalle. Angst ergreift mich, Angst ich könnte es nicht mehr schaffen. Ein heißer Schwall geht durch meinen Körper. Jetzt nur nicht aufgeben - durchhalten und Alles geben.
Meine Beinbewegungen zwinge ich zu einer höheren Frequenz. Langsam aber merkbar rücke ich näher und näher an meinen Vordermann, dann dauert es nicht mehr lange und wir laufen auf gleicher Höhe. Ich kann sein heiseres Keuchen hören, seinen heißen Atem spüren. Auch ich keuche, huste und zwinge mich, noch schneller zu laufen.
Die Geräusche peinigender Anstrengung entziehen sich meiner Wahrnehmung, ich ziehe links an ihm vorbei. Nur sein schwerer Atem bleibt in meinem Nacken kleben. Nur noch wenige Meter sind es bis zur Ziellinie, es ist so gut wie geschafft. In einem heißen Luftzug übertrete ich sie, bremse ab, lasse meine umgewandelte Energie in ein paar langen, erschöpften Atemzügen ausklingen. Mein Mitstreiter, der es mittlerweile auch geschafft hat, tut es mir gleich.
Komprimiertes Zischen geht durch meine Gehörgänge. Ich fühle mich wie ein Gewinner.
Der Bus fährt los.