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Wie die meisten meiner kleinen Geschichten hat auch diese ihren Ursprung in einer realen Situation: Die Kollegin wies mich tatsächlich darauf hin und ja, ich habe im Internet gegoogelt, weil ich sie für überkandidelt hielt.
Wespenmörder
Wespenmörder - eine kleine, gemeine Geschichte
Es ist wieder so weit. Unzählige, extrem aufgebrachte Wespen verleiden uns jedes Eis im Freien, jeden Grillnachmittag, jedes Bratwürstl am Stand.
Sie kommen nicht einfach nur an und holen sich ihren Anteil, nein, sie zappeln regelrecht in der Luft umher, verfangen sich in Haaren und Kleidern, machen das Kind nervös und den Kerl aggressiv mit ihrer aufdringlichen Art und Weise.
Wehrt man sich, wird man womöglich gestochen.
Die Lösung: Totschlagen. Oder Wespenfanggefäße aufstellen, in denen sie dann kläglich ertrinken. Ein süßer, aber dennoch qualvoller Tod. Egal, Hauptsache, man ist die Biester los. Wen stört es schon, wenn beim genussvollen Verzehr eines herzhaften Steaks nebenan ein Massengrab entsteht?
Heute hat mich meine Kollegin anlässlich eines Wespenbesuches im Büro belehrt, dass man die armen Tierchen keinesfalls töten dürfe. Wie bitte? Bevor ich den Psychatrischen Dienst anrufe, schaue ich erst mal im Internet nach. Und da stoße ich auf folgende Information:
„§ 39 I Ziffer 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG): Es ist verboten, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten.“ … Das Bußgeld für das Töten einer Wespe beträgt je nach Bundesland bis zu 20.000,- Euro. Wenn, ja wenn sie nicht zu den besonderen Wespenarten gehört. Dann können bis zu 50.000,- Euro fällig werden.
Wie gehe ich nun damit um? Verjährt das irgendwann?
Es stellt sich natürlich auch die Frage, wie man so eine Mordanklage denn nun eigentlich beweisen will. Nehmen wir mal an, ich zeige meinen Nachbarn an, weil ich ihn dabei beobachtet habe, wie er so ein niedliches Tierchen erschlagen hat. Dieser miese Geselle! Ich hab schon immer geahnt, dass der was auf dem Kerbholz hat!
Ich gehe also sofort zur nächsten Polizeiwache: „Herr Schmitt (so heißt unser Ortspolizist), ich erstatte Anzeige wegen Wespenmordes.“
Es wird ein Protokoll aufgenommen. Aber ohne Leiche kein Mord. Also müssen sie die Leiche finden. Kommt also eine Hundertschaft Polizisten nach Kleindummeldorf, kämmt den Ort nach Wespenleichen durch und – wird fündig. Aber wie stellen sie nun die Identität der Wespe fest? Ist es überhaupt die, deren Mord angezeigt wurde? Oder sind noch mehr Verbrecher unterwegs? Nehmen wir an, als Indiz wird anerkannt, dass die Leiche auf dem Grundstück des angezeigten Nachbarn gefunden wurde, tückisch verborgen unter einem Häufchen Laub.
Der Nachbar streitet alles ab. Er habe in seinem ganzen Leben noch nicht einmal einer handzahmen Stubenfliege ein Leid angetan, geschweige denn einer Wespe. Die Spurensuche beginnt. Der Fundort wird weiträumig abgesperrt, eine Hausdurchsuchung fördert diverse mögliche Mordinstrumente zutage. Allerdings nicht die von mir beobachtete Fliegenklatsche. Wo hat er die entsorgt? Letztlich wird in den Mülltonnen eine gefunden. Aber stammt sie von dem Verdächtigen? Und: Passen die Rippen der Fliegenklatsche in das auf der Wespe gefundene Schlagmuster? Derzeit sitzt der Mann in Untersuchungshaft und ich, die ich doch lediglich für Recht und Ordnung sorgen wollte, werde nun von seiner Familie angefeindet.
Wobei ich es nun wirklich vollkommen übertrieben finde, mir als Rache angegammelte Früchte vor die Türen und Fenster zu schmieren. Die Wespen tummeln sich nun vergnügt bei mir am Haus. Zu HUNDERTEN!
Wo zum Teufel ist das Ungezieferspray?