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Werbung, Baby!
Werbung, Baby!
Samstag, 13. Mai
Bin gerade wieder heftig am Nachdenken und komme zu dem Schluss, dass sich der deutsche Mensch immer mehr zum Schwein entwickelt, weil er alles in sich rein frisst, was ihm die Werbung vorwirft.
„Hast du gesehen Liebling, da gibt’s jetzt dieses neue Verdauungsregulierungsmittel, ich glaub’ das werd’ ich mir holen, damit meine Verdauung mal wieder so richtig durchreguliert wird.“
„Sag doch gleich, dass du nicht richtig kacken kannst…und außerdem störst du mich gerade beim mentalen philosophieren.“
„Also du immer mit deinen Fremdwörtern…“
Ich glaub es einfach nicht. Da kommt einmal was in der Werbung, und sie rennt gleich los, um sich das Zeug zu kaufen. Und immer ausgerechnet beim Essen kommt solch beknackte Werbung, wo gut aussehende Frauen gezeigt werden, bei denen man sich als erstes die Klamotten vom Leib wünscht, um dann mit brachialer Gewalt die sich aufbauende sexuelle Erregung durch Gefasel über problematischen Stuhlgang zu Nichte gemacht zu bekommen. Ich hasse Werbung.
Sonntag, 21. Mai
Auf dem Klo riecht es immer noch reichlich übel. Offensichtlich taugt dieses Produkt nix.
„Du gehst jetzt gefälligst zum Arzt!“
„Aber es wurde doch in der Werbung gesagt, dass die Wirkung nicht sofort einsetzt. Du könntest ruhig etwas mehr Geduld haben. Schließlich ist Rom auch nicht an einem Tag erbaut worden.“
„Was du nicht sagst! Gib mir Bescheid, wenn’s wieder anständig flutscht!“
„Du bist so was von unsensibel. Schließlich hast du ja im Fernsehen gesehen, dass es viele Frauen gibt, die darunter leiden!“
Den Rest des Tages versuche ich noch ein bisschen was Philosophisches zu schreiben. Kein Erfolg! Mir schwirrt immer noch der Geruch unregulierter Verdauung durch die Nase. Ich mach erstmal ein Bier auf.
Montag, 22.Mai
Das Abendessen wurde heute etwas nach hinten verschoben. Die Werbung zeigt wieder ein junges, dynamisches Rasseweib, welches einem die Hose ausbeult, welches sich aber dann doch, getrieben von flüssigem Stuhlgang, entscheidet, lieber zu Hause zu bleiben.
„Siehst du, so geht’s mir auch. Vielleicht sollte ich das mal probieren? Was meinst du?“
Ohne eine Antwort zu geben verabschiede ich mich ins Arbeitszimmer und vergrabe ich mich in meine Bücher. Sie versucht, den Abendbrotfauxpas etwas abzumildern.
„Schatz, ich habe heute vielleicht nicht so schmackhaft gekocht wie sonst, aber sie mal, wie ich daliege!“
Die anfängliche Erregung weicht wieder bei dem Gedanken an unregulierte Verdauung.
In der folgenden Woche versuche ich verzweifelt, sie dazu zu bewegen, mal zum Arzt zu gehen. Sie hat aber nur bei irgendwelchen Ärzten angerufen und sich gemäß des Aufrufes der Werbeexperten, sich bei Fragen zu Risiken und Nebenwirkungen an den Arzt oder Apotheker zu wenden, über Zeug aus der Werbung informiert. Aller alarmierenden Aufrufe der Ärzte zum Trotz, leert sich unser Konto und füllt sich der Medikamentenschrank mit sauteuren Verdauungsregulierungsprodukten jeder erdenklicher Art und Menge. Da, wo früher mein Bier im Kühlschrank stand, stehen jetzt die Medikamente, die kühl gelagert werden müssen.
„Brauchst dich ja nich zu beschweren. So kaltes Bier ist sowieso nicht gut!“
„Hab ich einen Flatterschiss oder du?“
Montag, 29. Mai
Einige Werbefirmen haben mir mit Unterlassungsklagen gedroht, falls ich nicht aufhöre, sie mit Briefen zu bombardieren. Ich habe nur verlangt, dass Werbung für Arzneimittel den Satz enthalten sollte „Gehen Sie zum Arzt, wenn sie krank sind!“
Donnerstag, 1. Juni
Ich wurde heute zum Vorsitzenden der Selbsthilfegruppe „Ehemänner von reklamegeschädigten Frauen“ ernannt. Ein bedeutsames Amt, denn es gibt viel zu tun. Packen wir’s an!