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Wer einmal lügt

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23.02.2002
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Wer einmal lügt

dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht; ein schöner Satz.
Wer zweimal lügt, den mag man nicht; und wer dauernd lügt, den liebt man. Aber nur wenn er die Steuern senkt.

Lügen werden nur mehr im privaten Bereich ernst genommen, sobald sie aber mehrere Menschen betreffen, vergißt man sie schnell. Ein Freund z. B; der uns schon viele Jahre Geld schuldet und wieder welches schnorren will, hat wahrscheinlich wenig Aussichten auf Erfolg, während das Haarwuchsmittel, das uns ebensolange auf die versprochene Kopfbedeckung warten läßt, auch weiterhin gekauft wird, es kann ja nur noch besser werden. Dasselbe gilt auch für das Aftershave, das Scharen hübscher Mädchen an die behaarte Männerbrust ziehen soll, jahrelang ersehnt man sich nun schon eine Wirkung, aber das Singledasein läßt sich anscheinend nicht durch eine Duftbehandlung entfernen, ebensowenig der Fleck im Lieblingshemd durch das angepriesene Waschmittel.

Es ist ganz klar, die Werbung nimmt einen ganz besonderen Platz in unserem Leben ein, keiner weiß, warum wir ihr, trotz der vielen Enttäuschungen, noch immer vertrauen. Meine Meinung ist, daß es nicht Vertrauen ist, das wir der Werbung schenken, sondern Hoffnung; jeder hofft, der erste Mensch auf Erden zu sein, der das bekommt, was ihm versprochen wurde.
Vielleicht ist sie aber auch einfach nur bunter als unser Leben.

Aber die Werbemacher sind äußerst schlaue Füchse, denn wenn man es genau nimmt, entsteht die Lüge, die sie für den Verkauf ihres Produktes benötigen, nicht in ihren, sondern erst in unseren Köpfen, das Fernsehen ist zur Überbringung dieser zumeist schön verpackten Unwahrheiten am besten geeignet. Man sieht einen jungen, gutausehenden Kerl, der sich von oben bis unten mit einem gewissen Mittel einsprüht und auf die Straße geht. Dort angekommen, verbreitet er nebst Charme auch den angepriesenen Duft und marschiert los, während immer mehr unglaublich attraktive Frauen seine Witterung und somit auch die Verfolgung aufnehmen.
Irgendwann, wegen der begrenzten Dauer eines Werbefilms meist nach wenigen Sekunden, wird der Mann von einem Rudel geballter Weiblichkeit gejagt und versucht unverständlicherweise zu entfliehen. Dann wird noch ein kurzes 'The Axe-Effect' eingeblendet und der Film ist zu Ende.

Nun ist wirklich niemand so blöd zu glauben, daß der Axe-Duft schöne Frauen so liebestoll macht, daß wir auf offener Straße von ihnen verfolgt werden.
Männer sind allerdings noch dumm genug, es zu hoffen.
Ich will AXE.

Wie gesagt, die Lüge entsteht erst in unserer Phantasie, denn das einzige, das diese Werbung zeigt, ist, daß ein junger, fescher Typ unvorsichtigerweise in der Laufrichtung einer Frauenherde stand. Was der 'Axe-Effect' wirklich ist, geht aus der Werbung gar nicht hervor, nur macht man den Fehler, das Erhoffte -nämlich geruchstechnisch herbeigeführten Koitus- mit dem Gesehenen zu verbinden.

Dies trifft im verstärkten Maße auf die Waschmittelwerbung zu, mit dem Unterschied, dass man hier nicht unsere Gedanken schmutzig sind, sondern die Wäsche. Man erkennt kiloweise blütenweiße Wäsche, die in der Sonne leuchtet und zuvor noch von Grasflecken übersäät war. Auch ein mit Schokoladeeis bekleckerter Wollpullover wird in Sekundenbruchteilen wieder wie neu.(Auf die Frage, wer beim Eisessen -ein zumeist sommerlicher Vorgang- einen Wollpullover anzieht, hat wohl keiner eine Antwort) Dann kommt eine Aussage wie 'Nichts wäscht so wie Ariel'.

Diese Werbung ist besonders klug aufgebaut, denn diese und ähnliche Meldungen treffen sowieso immer zu. Nichts wäscht so wie Ariel. Wie es nun wirklich wäscht, enthält man uns vor.

So gut? So weiß? So schlecht? Jeder kann sich das aussuchen, was ihm am besten gefällt. Man kann das Wort 'Ariel' durch jedes andere Wort ersetzen, die Aussage verliert nichts an Kraft, ja, sie entspricht sogar immer der Wahrheit. Nichts wäscht so wie meine Mutter. Vollkommen richtig. Nichts wäscht so wie eine kaputte Waschmaschine. Stimmt auch. Ein tolles System, nicht wahr?

Persil, da weiß man, was man hat. Wirklich? Ich weiß es nicht. Was hat man denn, wenn man Persil hat? Wieso macht man Werbung für etwas, von dem sowieso alle wissen, was sie davon haben? Sicherlich, wenn man mit Persil die Kochwäsche erledigt und die vermisste rote Wollsocke bringt etwas Farbe ins Spiel, wird man versucht sein zu sagen: 'DAS hab' ich jetzt davon.' Befriedigend ist diese Antwort aber leider nicht.

Doch halt! Es gibt ja glücklicherweise noch andere Mittel als Persil. Zum Beispiel XXX. Und XXX ist einzigartig. Wunderbar. Einzigartig.

Moment mal.....auch ich bin einzigartig. Hm. Schade....auch sie sind einzigartig. Verflucht; wir alle sind einzigartig. Alles ist einzigartig. Auch Scheiße ist einzigartig. Manchmal.

Am Ende von Jahrtausenden des Lebens und Sterbens, des Suchens nach Antworten stehen bahnbrechende Erkenntnisse wie 'Der Weg, den wir gegangen sind, liegt hinter uns'; 'Wir müssen gewinnen, um zu siegen' und natürlich ist nur ein Mercedes ein Mercedes.

Warum tut man uns das an? Ist das Werbung mit Langzeitwirkung, verblöden um mehr zu verkaufen? Bis gestern wusste ich einfach keine Antwort.

Aber letzte Nacht hatte ich einen Traum, ich ging über eine lange Treppe in den Himmel,
Gott nahm mich an der Hand, führte mich quer durch das Universum und zeigte mir alles, was es zu bieten hatte. Dann wollte ich es wissen: "Herr, wie funktioniert es, das Universum?" Mit gütiger Stimme kam die Gegenfrage:"Willst du das wirklich wissen, Franzl?" „Ja, Herr." antwortete ich. „Dann folge mir." Er überreichte mir daraufhin einen Backstagepass und wir gingen zu einer im All schwebenden Tür mit der Aufschrift 'Zutritt für Unbefugte verboten'.

Davor stand der kleine David mit seiner Steinschleuder und einer schwarzen Armbinde mit dem Aufdruck 'Security'. Wir zeigten ihm unsere Pässe und er ließ uns vorbei. Daraufhin öffnete Gott die Tür und sagte: "Du siehst gleich die Maschine, die eure Welt am Laufen hält." Wir traten in einen unendlich großen Raum, der von einer riesigen Maschine ausgefüllt wurde, soweit ich sehen konnte, war alles mit Hebeln, Zahnrädern, schnaubenden Turbinen, dröhnenden Motoren und vielen anderen Dingen voll. Nur ganz oben, an der Spitze des gigantischen Räderwerkes, blinkte ein kleines rotes Licht. „So Gott, du kannst es mir jetzt sagen, was macht die Maschine?"

Gott sah mich fragend an:"Siehst du das nicht? Sie blinkt rot."

[Beitrag editiert von: franzl am 06.03.2002 um 23:14]

 

Der letzte Satz hinterließ bei mir ein großes Fragezeichen.
Nach dem dritten mal lesen, langem nachdenken und zwei Tassen Kaffee, kam mir schließlich eine Idee. Wolltest Du mit dem roten Licht andeuten, daß die Welt in Kürze in die Luft geht?

Der Schluß, also die Szene mit Gott, passt, meiner Meinung nach, überhaupt nicht zum Anfang der Geschichte.

Ansonsten war sie aber ganz nett zu lesen.

denn mal

L.o.C.

 

Tja, also... ich bin von Swiffer völlig überzeugt und mit Dash sehr zufrieden. Allerdings hat mir auch nach der Benutzung von mehreren Flaschen "Impulse" entgegen den Werbeversprechungen noch kein fremder Mann Blumen geschenkt...

Was den Axe-Effekt betrifft: Dream on!

Schön bissig geschrieben.

P.

 

@lady: mein Schluss sollte je nach Lesertypus drei Möglichkeiten zur Interpretation lassen:
1. im sinnlosen sinne von: da ist ein blaues Licht. was macht es? es leuchtet blau. (Jeder, der Hot shots gesehen hat, kennt den Witz bereits)
2. wie auch die werbung verrät Gott nichts von der Funktionsweise ausser dinge die österreichern ein 'No-na!' entlocken.
3. Eben wie du es bemerkt hast, sind mir die Dummheiten unserer (werbe-?)aussagen ein kleines rotes Blinken unserer Weltmaschinerie wert.

freut mich wenns euch gefällt.

südliche grüße,
franzl

 

Wieder mal schön beobachtet und sehr amüsant kommentiert.

Wobei mir der Sprung zur Traum mit Gott auch zunächst etwas holprig vorkam, vielleicht könnte man da die Überleitung noch etwas 'geschmeidiger' gestalten, indem man dem Leser schon vor der Traumbeschreibung einen kleinen Tipp hinsichtlich des Zusammenhangs gibt. Frei nach dem Motto: wen interessiert das Wesen der Dinge, wenn nur die Wirkung zählt.

Apropos Werbung, da hab ich doch auch noch was auf der Festplatte. Kommt sofort :-)

 

Hi Franzl.

Erstmal: du hast es echt drauf mit den Absätzen. Aber im ernst: der Anfang deiner Geschichte(?) ist eine gelungene Irreführung des uns täglich bombadierenden Werbewahnsinns. Sehr nett. Aber richtig gefallen hat mir erst der Teil deiner Geschichte(!), in dem Gott mit seinen Komparsen auftaucht. David als Security im Himmel ist eine, mit Verlaub, oberaffentittengeile Idee. Auch die Maschine die eigentlich nicht erklärt wird sondern nur rot leuchtet ist eine schöne Metapher auf unsere geliebte Werbung. Ich glaube aber, das Orginal Zitat ist nicht aus Hot-Shots, sondern aus Rambo I ("Das ist ein blaues Licht." "Was macht es?" "Es leuchtet blau.") ;)

So long

Signore Salami

 

holla,

zurück von der uni (Seminar über das sexualleben von pilzen... 4 Stunden lang :D ) , da erfreut mich die Kritik gleich noch mehr.

@Petra: ich habe bereits einen Satz eingefügt, der auf den kommenden Traum schließen lässt. da war wirklich ein 'eck' im Zusammenhang. Danke für den tipp.

und @signore: sowas zu hören macht laune, aber den david fand ich selbst auch am besten ;) was den ursprung der Pointe angeht, so wusste ich es selbst nicht mehr genau, da ja hot shots einen großteil von rambo parodiert ...deswegen dachte ich bei dieser art sinnlosen Witzes eher an hot shots. Obwohl RamboI ja an sich auch eine parodie auf sich selbst ist :D

gruß,
franzl

 

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