Wer einmal lügt
dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht; ein schöner Satz.
Wer zweimal lügt, den mag man nicht; und wer dauernd lügt, den liebt man. Aber nur wenn er die Steuern senkt.
Lügen werden nur mehr im privaten Bereich ernst genommen, sobald sie aber mehrere Menschen betreffen, vergißt man sie schnell. Ein Freund z. B; der uns schon viele Jahre Geld schuldet und wieder welches schnorren will, hat wahrscheinlich wenig Aussichten auf Erfolg, während das Haarwuchsmittel, das uns ebensolange auf die versprochene Kopfbedeckung warten läßt, auch weiterhin gekauft wird, es kann ja nur noch besser werden. Dasselbe gilt auch für das Aftershave, das Scharen hübscher Mädchen an die behaarte Männerbrust ziehen soll, jahrelang ersehnt man sich nun schon eine Wirkung, aber das Singledasein läßt sich anscheinend nicht durch eine Duftbehandlung entfernen, ebensowenig der Fleck im Lieblingshemd durch das angepriesene Waschmittel.
Es ist ganz klar, die Werbung nimmt einen ganz besonderen Platz in unserem Leben ein, keiner weiß, warum wir ihr, trotz der vielen Enttäuschungen, noch immer vertrauen. Meine Meinung ist, daß es nicht Vertrauen ist, das wir der Werbung schenken, sondern Hoffnung; jeder hofft, der erste Mensch auf Erden zu sein, der das bekommt, was ihm versprochen wurde.
Vielleicht ist sie aber auch einfach nur bunter als unser Leben.
Aber die Werbemacher sind äußerst schlaue Füchse, denn wenn man es genau nimmt, entsteht die Lüge, die sie für den Verkauf ihres Produktes benötigen, nicht in ihren, sondern erst in unseren Köpfen, das Fernsehen ist zur Überbringung dieser zumeist schön verpackten Unwahrheiten am besten geeignet. Man sieht einen jungen, gutausehenden Kerl, der sich von oben bis unten mit einem gewissen Mittel einsprüht und auf die Straße geht. Dort angekommen, verbreitet er nebst Charme auch den angepriesenen Duft und marschiert los, während immer mehr unglaublich attraktive Frauen seine Witterung und somit auch die Verfolgung aufnehmen.
Irgendwann, wegen der begrenzten Dauer eines Werbefilms meist nach wenigen Sekunden, wird der Mann von einem Rudel geballter Weiblichkeit gejagt und versucht unverständlicherweise zu entfliehen. Dann wird noch ein kurzes 'The Axe-Effect' eingeblendet und der Film ist zu Ende.
Nun ist wirklich niemand so blöd zu glauben, daß der Axe-Duft schöne Frauen so liebestoll macht, daß wir auf offener Straße von ihnen verfolgt werden.
Männer sind allerdings noch dumm genug, es zu hoffen.
Ich will AXE.
Wie gesagt, die Lüge entsteht erst in unserer Phantasie, denn das einzige, das diese Werbung zeigt, ist, daß ein junger, fescher Typ unvorsichtigerweise in der Laufrichtung einer Frauenherde stand. Was der 'Axe-Effect' wirklich ist, geht aus der Werbung gar nicht hervor, nur macht man den Fehler, das Erhoffte -nämlich geruchstechnisch herbeigeführten Koitus- mit dem Gesehenen zu verbinden.
Dies trifft im verstärkten Maße auf die Waschmittelwerbung zu, mit dem Unterschied, dass man hier nicht unsere Gedanken schmutzig sind, sondern die Wäsche. Man erkennt kiloweise blütenweiße Wäsche, die in der Sonne leuchtet und zuvor noch von Grasflecken übersäät war. Auch ein mit Schokoladeeis bekleckerter Wollpullover wird in Sekundenbruchteilen wieder wie neu.(Auf die Frage, wer beim Eisessen -ein zumeist sommerlicher Vorgang- einen Wollpullover anzieht, hat wohl keiner eine Antwort) Dann kommt eine Aussage wie 'Nichts wäscht so wie Ariel'.
Diese Werbung ist besonders klug aufgebaut, denn diese und ähnliche Meldungen treffen sowieso immer zu. Nichts wäscht so wie Ariel. Wie es nun wirklich wäscht, enthält man uns vor.
So gut? So weiß? So schlecht? Jeder kann sich das aussuchen, was ihm am besten gefällt. Man kann das Wort 'Ariel' durch jedes andere Wort ersetzen, die Aussage verliert nichts an Kraft, ja, sie entspricht sogar immer der Wahrheit. Nichts wäscht so wie meine Mutter. Vollkommen richtig. Nichts wäscht so wie eine kaputte Waschmaschine. Stimmt auch. Ein tolles System, nicht wahr?
Persil, da weiß man, was man hat. Wirklich? Ich weiß es nicht. Was hat man denn, wenn man Persil hat? Wieso macht man Werbung für etwas, von dem sowieso alle wissen, was sie davon haben? Sicherlich, wenn man mit Persil die Kochwäsche erledigt und die vermisste rote Wollsocke bringt etwas Farbe ins Spiel, wird man versucht sein zu sagen: 'DAS hab' ich jetzt davon.' Befriedigend ist diese Antwort aber leider nicht.
Doch halt! Es gibt ja glücklicherweise noch andere Mittel als Persil. Zum Beispiel XXX. Und XXX ist einzigartig. Wunderbar. Einzigartig.
Moment mal.....auch ich bin einzigartig. Hm. Schade....auch sie sind einzigartig. Verflucht; wir alle sind einzigartig. Alles ist einzigartig. Auch Scheiße ist einzigartig. Manchmal.
Am Ende von Jahrtausenden des Lebens und Sterbens, des Suchens nach Antworten stehen bahnbrechende Erkenntnisse wie 'Der Weg, den wir gegangen sind, liegt hinter uns'; 'Wir müssen gewinnen, um zu siegen' und natürlich ist nur ein Mercedes ein Mercedes.
Warum tut man uns das an? Ist das Werbung mit Langzeitwirkung, verblöden um mehr zu verkaufen? Bis gestern wusste ich einfach keine Antwort.
Aber letzte Nacht hatte ich einen Traum, ich ging über eine lange Treppe in den Himmel,
Gott nahm mich an der Hand, führte mich quer durch das Universum und zeigte mir alles, was es zu bieten hatte. Dann wollte ich es wissen: "Herr, wie funktioniert es, das Universum?" Mit gütiger Stimme kam die Gegenfrage:"Willst du das wirklich wissen, Franzl?" „Ja, Herr." antwortete ich. „Dann folge mir." Er überreichte mir daraufhin einen Backstagepass und wir gingen zu einer im All schwebenden Tür mit der Aufschrift 'Zutritt für Unbefugte verboten'.
Davor stand der kleine David mit seiner Steinschleuder und einer schwarzen Armbinde mit dem Aufdruck 'Security'. Wir zeigten ihm unsere Pässe und er ließ uns vorbei. Daraufhin öffnete Gott die Tür und sagte: "Du siehst gleich die Maschine, die eure Welt am Laufen hält." Wir traten in einen unendlich großen Raum, der von einer riesigen Maschine ausgefüllt wurde, soweit ich sehen konnte, war alles mit Hebeln, Zahnrädern, schnaubenden Turbinen, dröhnenden Motoren und vielen anderen Dingen voll. Nur ganz oben, an der Spitze des gigantischen Räderwerkes, blinkte ein kleines rotes Licht. „So Gott, du kannst es mir jetzt sagen, was macht die Maschine?"
Gott sah mich fragend an:"Siehst du das nicht? Sie blinkt rot."
[Beitrag editiert von: franzl am 06.03.2002 um 23:14]