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Wenn Schweigen Silber ist
Im Grunde genommen, drängt sich mir das Schreiben seit meinem zwölften Lebensjahr auf – immer wieder stosse ich auf Situationen, in denen mir nach einer Aussage zu beliebigem Thema durch den Kopf geht: “So einfach ist das gar nicht.”, oder: “Willst das wirklich so stehen lassen?”
Folgende Geschichte als Beispiel für eine Situation, in der es nichts mehr zu sagen gab, weil es zu vieler Worte bedurft hätte, um verständlich zu machen, was ich sagen wollte:
Als Zwölfjähriger geriet ich auf dem Pausenplatz in eine Diskussion über ein Fussballspiel, in dem mein Heimatland gegen die Türkei verloren hatte. Der, mir ansonsten freundlich gesinnte Mitschüler Türkischer Herkunft, war doch tatsächlich der Ansicht, die Türkei habe verdient gewonnen. Ein Spiel, das für Senegalesische Theologen lange als Beweis dafür galt, dass Fortuna eine Türkische Gottheit sein musste.
Nach wiederholtem Hinweisen auf die Anzahl Pfostentreffer der Senegalesischen Nationalelf, dem Ballbesitzverhältnis sowie der Meinung des Kommentators, der wiederholt zur Geltung brachte, wie unfassbar das Glück der Türken in dieser Partie sei, blieb mir vor verzweifelter Wut auf die Ignoranz meines Gegenübers nichts anderes übrig als folgende Worte zu äussern: “Wenn all die Pfostentreffer für dich nichts mit Glück zu tun haben, dann hast du keine Ahnung von Fussball. Also sei einfach still und freu dich halt, dass ihr gewonnen habt.”
Darauf folgte eine Tirade von Beschimpfungen, die sich durchgehend unter der Gürtellinie hielt und von rassistischen Statements nur so gespickt war. Sein Monolog, während dem ich mich fragte, wie er wohl mit Glatze und Springerstiefeln aussehen würde, kam hiermit zum Punkt: “Nur weil meine Vorfahren mit die grossen Osmanen waren und deine Vorfahren Sklaven, müssen wir uns jetzt doch nicht streiten.”
Der auf zwölf bis fünfzehn Jungs herangewachsene Mob, der sich wie die Zuschauer eines Gladiatorenkampfes verhielt, tobte nach diesem geschmacklosen Abschlussplädoyer. – Eine Demütigung die ich in ihren Augen niemals auf mir sitzen lassen konnte.
Nur war meine Ansicht der Situation ganz anders: Ich sah einen Freund, den ich mit irgend einem Teil meiner Aussage, an einen Punkt getrieben hatte, an dem er nicht mal mehr auf das Thema bezogen “Streiten” konnte und sich gezwungen sah, sich mit Tiefschlägen zu wehren. Einen Jungen, den ich nun aufgrund seiner Aussagen vor zwölf Zeugen, als Rassisten hinstellen konnte – wohlwissend, dass dies nicht wirklich auf ihn zu traf.
Dies als Beispiel für eine Situation, in der ich nicht im Stande gewesen wäre, mit gesprochenen Worten auszudrücken was mir durch den Kopf ging. Mein Gegenüber und die Meute hätten mich niemals ausreden lassen, geschweige denn zugehört. Also sagte ich: “Mit einem Gesicht wie deinem, würde ich mich nicht trauen, andere aufgrund von de Hautfarbe oder Aussehen zu beleidigen.” – Mit der festen Absicht diese Situation später zu analysieren und daraus zu lernen. Denn Deeskalation sieht anders aus.