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Wenn dieser eine Satz...

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04.07.2003
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Wenn dieser eine Satz...

Ich platziere meine KG mal hier, weil ich sie eigentlich nirgendswo einordnen kann.


Wenn dieser eine Satz

Normalerweise schmeckt es anders. Nach Metall vielleicht. Oder nach Blei. Aber auf die Frage, wie Blut eigentlich schmeckt, hätte er normalerweise die selbe Antwort gegeben, wie auf die Frage wie Zigaretten eigentlich schmecken. Normalerweise. Nur war nichts normal, nicht jetzt, nicht in diesem Moment, und für ihn nie wieder. Und eben, in diesem Augenblick, war es das schönste was er je geschmeckt hatte. Endgültigkeit. Leere. Erlösung.

Durch einen Mantel aus Nebel sah er die Geschehnisse des Abends. Ein Abend, der ihm nicht nur länger vorkam als der Rest seines Lebens, sondern auch wichtiger war als der Rest.
Es war sein Abend. Die Band wurde gefeiert, seine Band wurde gefeiert. Sie hatten ihren ersten Auftritt vor einem großen Publikum hinter sich, und es war ein Erfolg. Sein Erfolg. Dann sah er sie vor sich. Sie sagte etwas, doch es war zu laut. Er machte ihr Handzeichen, dass sie sich draussen treffen sollten. Dann war sie verschwunden. Wahrscheinlich draussen, wie abgemacht. Doch er ging nicht raus, noch nicht. Das konnte er schliesslich noch später machen. Er wollte sich noch ein wenig feiern lassen - er genoss diese Stimmung. Fünf Minuten, zehn Minuten.

Irgendwann ging er dann doch raus. Sie war nicht mehr da. Er suchte sie überall. Vor dem Haupteingang. Hinter dem Gebäude, und schliesslich auf der abgelegenen Seite der Halle, wo eine Gruppe von Kiffern stand. Aber von ihr keine Spur. Was wollte sie ihm eigentlich mitteilen? Es war nur ein Satz...

Er ging die Straße ab, und vor der Tanke sah er sie. Er fand sie. Sie lag in einer Ecke. Blut lief ihr aus der Nase.
"Aber kein Suizid.", das hatte der Bulle gesagt. Idiot, das wusste er schliesslich selbst.
Was wollte sie ihm eigentlich mitteilen? Es war nur ein Satz - Was wäre wenn dieser eine Satz...? Nein, daran mochte er gar nicht denken.

Hinterher hatten sie alle gestanden und diskutiert. "Oh Gott, wie schrecklich" und "Wie konnte das nur passieren?". Er hatte nicht diskutiert. Er fühlte auch keine Trauer, und geweint hatte er auch nicht. Es war ja auch egal - schliesslich war es passiert. Und ändern liess es sich jetzt auch nicht.


Aber dieser eine Satz, der war nicht egal.

Was wäre nur, wenn dieser eine Satz alles wert war, was er je gehört hatte?

Er stach zum zweiten mal, zum letzten mal zu. Diesmal die Hauptschlagadern.

Und dann sah er den Satz, er sah ihn. Er stand in grossen, leuchtenden Buchstaben da.

 

Hallo,
erstmal danke, dass du sie dir durchgelesen hast. :)
Wie dir vielleicht aufgefallen hast, habe ich die Geschichte so geschrieben, dass man sie auf viele verschieden Arten auslegen kann - oder dies zumindest versucht. Deshalb gibt es von meiner Seite keine Definition "des Satzes", sonst hätte ich sie gleich beigefügt. ;)
Allerdings soviel: Als er den Satz vor sich sieht, ist er bereits tot, diese leuchtenden Buchstaben sind sein Paradies. Naja, das ist aber auch nur meine Interpretation. (Schon komisch, wenn man seine eigene KG interpretiert. :D)

 

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