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Wenn der Rücken juckt...

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08.01.2002
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Wenn der Rücken juckt...

Es sollte Mirkos letzter Tag in seinem Leben sein. Er würde sich noch in der selben Stunde durch Kratzen seines Rückens selbst umbringen. Unwissend seines Schicksals schlenderte er gemütlich den breiten Bürgersteig entlang und beobachtete dabei die Stadtmenschen in ihrem hektischen Treiben.

Der Wecker klingelte.
Gerald stand auf, ging unter die Dusche, rasierte sich, und setzte sich anschließend an den Frühstückstisch, wo seine Frau und seine Kinder schon saßen. Er trank seinen Kaffee, gab seiner Frau einen Kuss und zog sich seinen Mantel an. Er verließ das Haus, winkte noch einmal seinen Kindern und ging mit seiner Aktentasche unter dem Arm die Strasse runter.

„Ceeeeh-lebrate-you-times-comm’on! ... dudu-dudu-du..“
Fröhlich singend saß Marianne in ihrem Auto, während sie auf der Strasse Richtung Stadt fuhr. Sie tippelte dabei mit ihren Fingern im Takt der Musik auf das Lenkrad. Das Fenster hatte sie hinuntergekurbelt, die Sonne schien, und sie dachte, das dieser wunderbare Tag kaum noch besser werden könnte. Sie setzte den Blinker und bog Richtung Stadtzentrum ein.

Das Baugestell wankte.
Giovanni hielt sich an der Fassade fest. Sein Magen zog sich für einen Moment auf ein Minimum zusammen. Als sich das Gestell wieder beruhigt hatte, wagte er einen Blick nach unten. Die Aussicht vom siebten Stock des Hochhauses war grandios, doch wenn er nach unten sah, und die Leute so klein waren, und das Baugestell unter seinen Füssen wankte, lief ihm ein kalter Schauer den Rücken hinab. Giovanni hatte bis jetzt Sicherheitsnetze ans Bausgestell getackert, und gönnte sich jetzt eine Brotpause. Er legte den Tacker neben sich auf das Holzbrett.

Mirko war immer noch in das Treiben der Menschenmenge vertieft. Es juckte ihn am Rücken. Er hob seinen Ellenbogen mit viel Schwung an, um die Stelle, an der es ihn juckte, zu erreichen, da spürte er einen Dumpfen Stoss an seinem Arm, gefolgt von einem überraschten Aufschrei.

Gerald war den ganzen Weg bis in die Stadt gelaufen. Er war spät dran. Er bahnte sich seinen Weg durch die Menschenmenge, und versuchte, dabei sowenig Leute wie nur möglich anzurempeln. Plötzlich sah er einen Arm vor sich, gefolgt von einem zuckenden Schmerz im Auge. Blitze bildeten sich vor seinen Augen, und er torkelte seitwärts. Einen Moment später hörte er das Hupen eines Autos und das Quietschen von Reifen. Ein weiterer Schmerzensstoß, als ihm eine Motorhaube die Beine brach und ihn auflud.

Marianne saß ihn ihrem Auto, erfreute sich an der Sommersonne und dudelte fröhlich zur Musik. Sie fuhr durch die Stadt und war in Gedanken versunken. Plötzlich wurde sie aus ihren Tagträumen gerissen. Ein Mann torkelte aus der Menschenmenge direkt vor ihr Auto. Sie schrie, riss das Steuer herum und bremste. Trotzdem schleuderte es den Mann auf ihre Motorhaube. Sie war immer noch ziemlich schnell, als sie auf der anderen Strassenseite in ein Baugestell krachte.
Verwundert blickte sie sich um, und fragte sich, warum sie noch lebte. Als sie nach vorne sah, sahen sie zwei Blutunterlaufene Augen aus einem zerbeulte Gesicht an. Der Mann, den sie angefahren hatte, lebte noch! Sie merkte erst, dass sich das Baugestell, in das sie Gefahren war, zusammenstürzte, als der Kopf des Mannes auf ihrer Motorhaube von einem Stahlrohr durchbohrt wurde. Sie hatte nicht lange Zeit zum schreien, denn das Rohr drückte sich weiter durch die Windschutzscheibe durch ihren Brustkorb. Mit einem Keuchen gab sie ihren letzten Luftstoß von sich.

Giovanni war gerade aufgestanden um weiterzutackern, und hatte den Tacker schon wieder in die Hand genommen, als plötzlich ein Ruck das ganze Gestell durchfuhr. Er taumelte, und konnte sich schließlich festhalten. Er konnte noch sehen, wie sich die Hauswand von ihm entfernte, und, als er seinen Kopf drehte, wie der Boden rasend schnell näher kam. Als sein Kopf am Boden zerschellte, und sein ganzer Körper danach auf den Asphalt schlug, löste sich ein Schuss vom Tacker, den er immer noch in der Hand hielt.

Mirko ging immer noch. Er hatte nicht bemerkt, dass er am ganzen Spektakel schuld war.
Er zuckte auf, als sich plötzlich ein kleiner Gegenstand durch sein Hirn bohrte. Er war tot, bevor er überhaupt auf dem Boden aufschlug.

[ 21.05.2002, 07:33: Beitrag editiert von: QuentinT ]

 

Hi Quentin!

Wirklich eine seltsame Sache - irgendwo hergeleitet von der Sache mit dem Schmetterling, aber eigenwillig und gut umgesetzt!

Ein paar Stellen könnten noch verbessert werden, habe aber jetzt keine Zeit, sie herauszusuchen. Falls sie niemand anderer herausschreibt, komme ich nochmal und hole es nach.

Liebe Grüße
Susi

 

Mit Mirko bin ja hoffentlich nicht ich gemeint :D

 

Jedenfalls solltest Du vorsichtig sein, daß Du niemandem mit Deinem Ellbogen ins Aug fährst, wenn Du Dich kratzt, weil Dich der Rücken juckt... :D

 

@Häferl:

Danke für die kurze Kritik.

Wirklich eine seltsame Sache - irgendwo hergeleitet von der Sache mit dem Schmetterling, aber eigenwillig und gut umgesetzt!
Schmetterling? Ist das ne KG? Wenn ja: Link?

@Webmaster

Mit Mirko bin ja hoffentlich nicht ich gemeint :D
Nee, aber ich muss gestehen, dass ich immer meine Mühe habe, Namen für meine KG's zu finden.

 

@Quentin: Nein, das mit dem Schmetterling ist keine Kg. Es ist vielmehr ein relativ bekannter Ausspruch, von wem, weiß ich aber nicht (vielleicht hilft Alpha weiter...), daß der Flügelschlag eines Schmetterlings am anderen Ende der Welt ein Erdbeben oder einen Hurrican oder soirgendwas auslösen kann.
Ich benutze eigentlich mehr die hier unter meinen Bekannten übliche Version, daß ein Flügelschlag eines Schmetterlings in China das Umfallen eines Fahrrades vor dem Bahnhof in Amsterdam bewirken kann... (was natürlich eine leicht veränderte Bedeutung hat, wenn man weiß, wie viele Fahrräder vor dem Bahnhof von Amsterdam stehen.)

[ 07.05.2002, 16:57: Beitrag editiert von: Häferl ]

 

Hallo QuentinT!

Der Aufbau der Geschichte ist dir echt gut gelungen.
Super Story!

Aber zu kritisieren hab ich trotzdem was.

... löste sich ein Schuss vom Tacker, den er immer noch in der Hand hielt.

Mirko ging immer noch. Er hatte nicht bemerkt, dass er am ganzen Spektakel schuld war.

Erst mal hat mich die Wiederholung von "immer noch" ein wenig gestört, und dann der Satz Mirko ging immer noch. Der liest sich so abgebrochen.

Als Mirko Gerald seinen Ellbogen ins Gesicht brettert, Gerald sogar noch einen Ton des Schmerzes von sich gibt, welchen Mirko mitbekommt, .... Lange Rede kurzer Sinn: Mirko spürt, daß er mit dem Arm irgenwo hängen geblieben ist, vernimmt einen Aufschrei und geht einfach weiter ohne sich umzudrehen?
Ist dieser Mirko ein Tagträumer oder ein absoluter Ignorant?!

denn mal
LoC

 

Die Story finde ich auch nicht schlecht. Gute Untergliederung der verschiedenen Zeitabschnitte. Wieder der trockene Erzählstil wie bei deinen anderen Geschichten. :lol:
Mir tut es natürlich leid, dass so viele Menschen dran glauben mussten, nur weil einer sich am Rücken jucken musste. :whocares: :D

Du hast ab und zu "sass" geschrieben. Nach meiner Meinung muss das immer noch mit "ß" geschrieben werden, weil es lang gesprochen wird.

 

Hoi Uffmucker!

Du hast ab und zu "sass" geschrieben. Nach meiner Meinung muss das immer noch mit "ß" geschrieben werden, weil es lang gesprochen wird.
Tut mir leid, diese Taste existiert auf schweizer Tastaturen nicht. Und auch wenn es sie gäbe, ich wäre mir nicht sicher, wo es eigensetzte werden muss und wo nicht. Du kannst mir aber gerne die falschen "ss"'s ersetzen und mir den Text zuschicken! Ich werde den Beitrag dann editieren.

schöns tägli
wünscht
QuentinT

 

Gute Idee, die Geschichte mit dem Dominostein-Effekt. Ist, glaube ich, in der Form noch nicht dagewesen.

Um Mirko tut's mir leid... :heul:

 

Moin moin...

@ mrChance:
Besten Dank, daß Du diese etwas ältere Geschichte (zumindest lassen die Daetn über den EIntragen das vermuten) wieder hochgeholt hast, sonst hätte ich die wohl nie zu lesen gekriegt.

@ Quentin T: Was soll ich dazu groß sagen, einfach eine richtig gute Geschichte, in der irgendwie alles stimmt. Die Idee mit den vier Einzelschicksalen, die scheinbar nichts miteinenader zu tun haben und sich dann alle gegenseitig umbringen ist wirklich klasse. :D
Gelungen sind auch die Zeitsprünge (Zuerst wackelt das Gerüst und später im Text wird es erst angeschubst). Du hast hier Erst die Situation geschildert und erst später die Ursache. Solche Sachen mag ich. :D

Fazit: Kurz, pregnant und einfach nur gut.

 

Hi.

Auch mir hat die Geschichte ganz gut gefallen! Manchmal ging alles ein bißchen arg schnell (ich hatte Probleme, der Story zu folgen und mußte extrem langsam lesen), da hätte ich mir mehr Ausführlichkeit gewünscht, aber ansonsten; supi Story!

Gruß,
stephy

[ 29.07.2002, 12:54: Beitrag editiert von: stephy ]

 

@mrchance

Der Film Hannibal hat mich schwer enttäuscht. Genau zwei splatterige Szenen, die mir sehr gut gefallen haben, aber der Rest war bloss langweilig. Ausserdem hat die Maske des Verstümmelten im Rollstuhl so richtig Billig ausgehen, wie im Manor gekauft.

@stephy

An dem Problem arbeit ich noch. Denn schreiben tut man immer langsamer als danach lesen..

 

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