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Wenn das kein toller Beruf ist?

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20.02.2002
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Wenn das kein toller Beruf ist?

Es ist Mittwoch. Du weißt es, da dein schmieriger Chef die blaue mit rubinroten Karos bemalte Krawatte trägt. Eigentlich hast du keine Ahnung, was du hier verloren hast. Du sitzt vor deinem Macintosh, rauchst eine Kippe nach der anderen und versuchst das Intellogo in der exakt vorgegebenen Größe neben der Abbildung eines Computers zu plazieren. Du weißt genau, daß der Rechner Mist ist, und du würdest es auch gerne dazuschreiben, nur würde es der Geschäftsideologie zuwider sein. Du beschließt eine Pause zu machen, draußen auf der Terrasse, wo ja schon zwei deiner Kollegen leichtbekleidet daliegen und sich unterhalten. Über die Arbeit? Wohl kaum. Doch das ist dir ziemlich egal.
Du bist noch nicht lange bei der Werbeagentur angestellt, genaugenommen befindest du dich erst im vierten Monat nach deiner Praktikantenzeit. Dir wurde von vorne rein schon versichert, daß du auch nicht lange dort Angestellter bleibst. In diesem Metier wechseln Angestellte alle zwei bis drei Jahre, mit 30 wird man schon als Senior angesehen. Wenn das nicht wunderbare Aussichten sind? Manche finden es, wie sagt man noch mal, extrem cool. Dir ist es – wie alles andere auch – egal. Während du mit einer Kippe in der Hand auf die Terrasse gehst, ganz weit entfernt von deinen gleichaltrigen Kollegen, stellst du dir erneut die Frage, wieso du überhaupt bei der Mediamarkt Werbeagentur arbeitest. Ach stimmt ja, fällt dir ein, der Wunsch nach etwas Kreativem, das du selbst bestimmen und ausführen kannst. Hast du es hier denn nicht gefunden? Mit Verlaub, nein. Neben dir gibt es noch 300 andere Angestellte. Oder sind es sogar 350? Nicht mal dein Vorgesetzter hat diese Zahlen im Kopf. Ihn interessiert was ganz anderes. Meinungsumfragen, die einzig wahre Wahrheit! Ihn interessiert nur das, was die Mehrheit interessiert.
Die Mehrheit will aber keinen Anspruch, sie will nicht denken, sie will kein Niveau, mit Sprüchen wie „Ich bin doch nicht blöd“ und „Wir können nur billig“ ist die Mehrheit der Bevölkerung völlig zufrieden. Und wehe, es kommt mal ein Werbespot, bei dem sie, die breite Masse, etwas nachdenken muß. Sie ist daran gewöhnt, daß die Medien für sie denken. So ist es auch mit der Werbung. Eigentlich solltest du dich freuen, 99% der Deutschen kennen deinen Auftraggeber, der um die 20% Marktanteil besitzt. Saturn, das zweite Mitglied der Mediamarktfamilie, kennen nicht so viele. Doch dir ist alles einerlei.
Du siehst nur noch rot. Die Farbe des Konzerns, es ist eine Signalfarbe, die sofort ins Auge sticht, mittlerweile sogar ein wichtiger Bestandteil der Wiedererkennungsstrategie. Du würdest gerne an etwas anderes denken, zum Beispiel ans Erkennen in biblischer Bedeutung. Um der Welt zu sagen, wie lieb du doch alle hast, würdest du gerne einen neuen Werbeslogan vorschlagen: „Mediamarkt. Erkenne dich selbst.“ In diesem Fall würden dich die Ergebnisse der Meinungsumfrage interessieren. Wie viele hätten diesen Slogan verstanden?
„He, freust du dich schon auf unsere neue Werbekampagne?“ Fragt dich...sonst wer. Du hast dir die Namen deiner Kollegen immer noch nicht eingeprägt.
Ja, wie toll, denkst du in einem deiner sarkastischen Anfälle. Das Tiefpreisgesetz, vorgestellt von asozialen Hip Hop Angebern, einer Ökochristin und – wie ausländerfreundlich – einem schwarzen Krimskramsverkäufer. Du verziehst eine Grimasse, bei der man deine nikotingelben Zähne sieht. Dein finsterer Blick bereitet ihr Angst zu.
„Ach, leck mich doch. Wenn’s dir hier nicht gefällt, spring doch.“
Du lehnst dich seitlich an den Rand und blickst hinunter, vier Stockwerke tief auf die asphaltierte Straße. Warum eigentlich nicht.

 

Bedrückend geschrieben.
Da macht sich eine gewisse Monotonie im Text breit, der ich nicht ausweichen konnte, die mich einfing und damit diesen Job umhüllte und alltagsgrau machte.

Mir hätte noch ein wenig besser gefallen, wenn du mehr diese in der Person steckende Kreativität hättest aufblitzen lassen, diesen Gegensatz von fröhlicher, spritziger, fantasievoller kreativer Ideenflut, die ja sicherlich in der Person schlummert im krassen Gegensatz zur monotonen, schörkellosen, plakativ aufdringlichen Werbung wie sie dann tatsächlich unter die Menschheit gebracht wird.

Mich hat etwas gestört, dass dieser Text so kaum Absätze hatte, aber dadurch wurde die Einförmigkeit, die Trostlosigkeit noch betont, von daher könnte es eventuell besser sein, wenn es ein grauer Buchstabenberg bleibt.

 

In ihm ist aber keine Kreativität mehr, weil der Job ihn total abgestumpft hat. Aber vielleicht wird es durch den neuen Schluß etwas besser.

 

Oki, dann muss das eben deutlicher raus, dass er ausgelaugt ist, ihm die Ideen im Kopf verrecken.

 

gute Geschichte. Allerdings hätte der Protagonist sich vorher schon denken können, dass ihm der Job nicht gefällt.

Erstens war er vor her Praktikant und zweitens ist an der Werbung von Natur aus kein Niveau. Es muss schließlich jeder Trottel verstehen können, wie du sehr schön auch selber erläutert hast.

Gruß, Drumsmasher

 

Die Geschichte hat mir gut gefallen, da sehr schön die Kritik an der Gesellschaft und an der Werbeindustrie zum Ausdruck kommt.

 

hallo
Eigentlich kann ich mich Sepp anschliessen, was ich noch sagen möchte ist: wieso denkt er gleich über Selbstmord, gibt es denn keine Möglichkeit für ihn den Beruf zu wechseln??????????????

Grüsse Matthias

 

Schön beschrieben, wie man sich in der Werbung die Birne für irgent einen Schwachsinn auslutschen muß.

Wenigstens überlegt der Protagonist nur, und springt nicht gleich.

Lord :p ;)

 

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