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Weniger ist mehr - oder doch nicht?

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17.04.2007
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Weniger ist mehr - oder doch nicht?

Als ich mit Schreiben begann, fand ich meine Geschichten noobig und kam darauf, dass es an der Länge lag. Ich begann, die Geschichten in die Länge zu ziehen durch Beschreibungen, Gedanken und Rückblicke - es klang nun auch beim schnellen Lesen gut und man konnte sich treiben lassen und bekam trotzdem alles mit.

Vielleicht beginne ich langsam, es zu übertreiben und es wird so viel eingeschoben, dass die Spannung verfliegt, bevor es weitergeht? Es scheint da irgendwo eine Grenze zu geben. Manchmal begann es mir schon beim Schreiben zu viel zu werden, aber da ließ ich einfach etwas Handlung aus, bis es wieder spannend wurde, daher würde man es wohl nicht merken. Und doch mag ich es, so zu schreiben, den Leser in einem Augenblick festzuhalten, vor ihm sowohl die Landschaft als auch die Gedankenwelt des Protas auszubreiten.
Natürlich versuche ich mich auch am anderen, das kommt mir schnell und oberflächlich vor und ich kratze selbst nur an der Oberfläche beim Schreiben.

Kürzlich bekam ich eine Kritik, die lautete "Mehr Inhalt pro Zeile!" und meine, dass die im Endeffekt darauf abzielt. Ich finde Bücher, die sind sowohl so als auch so.

Kann es sein, dass man z.B. phantastische Sachen (in der das Umfeld eine größere Rolle spielt), sowie Werke, die sich mit der gedanklichen Auseinandersetzung von Problemen etc, beschäftigen, etwas mehr ausbreiten darf und spannende Geschichten besser kurz halten sollte? Allerdings kann ich mir eine Problemauseinandersetzung auch vorstellen, in der dem Leser knapp z.B. Personen gezeigt werden, die in einer Situation falsch reagieren und knapp die Konsequenzen aufzeigen. Genauso kann man, denke ich, spannende Momente kurz vor der Auflösung durch ein paar Gedankengänge hinauszögern, sofern man es nicht übertreibt.


Was denkt ihr darüber? Inwiefern seid ihr auf ähnliche Probleme gestoßen? Oder fahrt ihr eure Schiene, ohne darauf zu achten, Hauptsache es wird gut? Braucht man eine gewisse Länge, um die Motivation glaubhaft darzulegen oder macht zu viel Länge die Geschichte hohl? Liegt in der größten Kürze das Genie? Was muss, was darf, was sollte nicht?

Ich freue mich auf anregende Gedanken.

 

Hallo!

Oder fahrt ihr eure Schiene, ohne darauf zu achten, Hauptsache es wird gut?

Äh ... hm? :) Klar wird es gut, hoffe ich. Also hoffe ich immer.

Jedenfalls!

Das kann man doch so gar nicht verallgemeinern. In Kurzgeschichten ists knapper immer besser, weil einfach nicht der Platz da ist, großartig Szenen auszubreiten. Wenn ein Roman ein Ozeandampfer ist, der ne Weile braucht, bis er in Fahrt kommt, viele Kojen hat, viele Leute, die drauf rumfahren, dann ist eine Kurzgeschichte ne kleine, schnittige Yacht mit nur einer Handvoll Leuten, mit starken Motoren und Ambitionen, ganz toll, schnittig und weiß zu sein.

Hängt ja nicht unbedingt vom Thema ab. Zum Beispiel handelt das Buch, das ich gerade lese, davon, dass man eine Reise tun muss um zu sich zu finden. Das gleiche Thema hätte man mit einem Bruchteil der Besetzung und der Szenen auch in einer Kurzgeschichte abhandeln können.

Im Roman gibts aber Platz für Nebenschauplätze, für kleine, verwinkelte Gassen, für den Rotwein am Abend und den Latte im Stehcafé an der Ecke. Abenteuerlich, was man da an Leuten trifft!

Grundsätzlich schreibt man halt nicht mehr als unbedingt nötig. Will ich eine Familiensaga schreiben, dann MUSS ich viele Personen haben. Will ich darüber schreiben, wie mein Nachbar sich eine Pizza kauft, dann muss ich das nicht. Viele Personen bedeuten viel Text, denn es will ja jeder, der wichtig ist (!) vorgestellt werden. Der bekommt dann ne Seite, oder zwei, bei zehn Leuten kommen dann schon alleine fünfzehn, zwanzig Seiten daher, nur um alleine die Personen einzuführen. Dann kommen noch Szenen dazu, Beziehungen, all den Kram. Alles muss rein, wenn es wichtig ist.

Und wenn nicht, dann halt nicht.

Ein Text wirkt "zu lang" wenn nicht genug Interessantes (!) passiert in der Zeit, die man fürs Lesen braucht. Wenn ich drei Seiten über die Beschaffenheit der Rinde eines Baumes lese, langweilt mich das, falls ich nicht gerade Botaniker bin. In einem Krimi ist da also verkehrt. Außer natürlich, die Rinde hat was ganz extrem Wichtiges mit dem Plot zu tun.

Dann: Wenn eine Sache viel Text bekommt, dann muss sie wichtig sein. Das meint zumindest der Leser. Denn warum sollte sich ein Autor so viel Mühe mit etwas geben, wenn es dann eine Nebensächlichkeit ist? Das wirkt aber nur dann, wenn unwichtige Sachen wenig Text bekommen.

Guck:

Jerg betrat das Zimmer, und was ihm zuerst auffiel, war das große, offene Buch auf dem Schreibtisch. Er wusste, dass sein Vater gestern noch bis spät in die Nacht gearbeitet hatte, er wusste aber auch, dass sein Vater ein penibler Mensch war, der alles ordentlich aufräumte, bevor er zu Bett ging. Sonst schien alles unberührt, die Vorhänge waren zugezogen, alle Schranktüren geschlossen.

Ganz automatisch weiß man, dass das Buch was Wichtiges sein muss. Es hat auch viel Text!

Im Gegenteil hier:

Jerg betrat das Zimmer, die Vorhänge waren zugezogen, es waren teure Vorhänge, nicht solche, die man beim Ikea kaufen konnte. Jerg wusste, dass sein Vater die Möbel vom Ikea nicht wirklich mochte, er war ein Mensch, der Qualität zu schätzen wusste. Als er sich den Schrank ansah, fiel ihm auf, dass alle Türen geschlossen waren, nicht eine war auch nur angelehnt. Auf dem Schreibtisch lag ein offenes Buch, was so gar nicht die Art seines Vaters war.

Und gleich wird man verwirrt, weil man nicht weiß, was man sich merken muss. Ist das wichtig, das mit den Schranktüren? Oder muss ich mir merken, dass der Vater die Sachen vom Ikea nicht mag? Oder wie oder was? Da zerfasert es, und ich habe das Gefühl, der Autor war sich unsicher und hat mal lieber ein paar Sachen mehr aufgeschrieben, als sinnvoll waren.

Lies mal ganz aufmerksam in deinen Büchern und guck, was dir auffällt. Wie werden die Szenen erzählt? Was liest du aus dem Text, ohne dass es in Wörter drinsteht?

Beispiel:

Sein Atem kondensierte in der Luft und er rieb sich die Hände, doch sie blieben taub. Vor Stunden war er gegen einen unter der Schneedecke begrabenen Stein gestoßen, doch er hatte nur das dumpfe Echo eines Schmerzes gespürt. Er wusste nicht, wie viele Tage er nun schon durch die Ödnis geirrt war - aber er wusste, dass er nur noch für drei Tage Dosenfleisch hatte.

Oder das ganze in länger:

Ihm war kalt und er fror erbärmlich. Seine Hände taten ihm weh und seine Füße schmerzten. Sicher hatte er sich Erfrierungen zugezogen und bald würde auch seine Nase abfallen. Vielleicht war sie sogar schon schwarz geworden. Überall lag Schnee, bis zum Horizont, seit Tagen schon war es kalt. Er hatte natürlich Proviant dabei und das hatte er auch die letzten Tage verzehrt, so dass nur noch ein kleiner Rest von dem Dosenfleisch übrig war. Momentan wusste er nicht, wie viele Tage er schon unterwegs war. In der Gegend sah alles gleich aus und es gab nichts, woran man sich orientieren konnte. Nur in der Nacht gab es die Sterne, die ihn leiteten. Er erschrak, als er daran dachte, dass er nur noch für drei Tage Dosenfleisch hatte. Was sollte er nur danach machen? Ob er irgendwo unterkommen würde? Oder nicht?

Ich hab das eine da oben mal ganz knapp gehalten und das darunter aufgeblasen. Sicher liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Wenn es spannend wird, dann erzählt man halt schneller, wenn man Szenen beschreibt, lässt man sich Zeit und holt Luft. Abwechslung ist wichtig.

Nur halt einfach den Leser nie langweilen! Das ists eigentlich. :)

Bis bald,

yours

 

Es gibt eine ganz einfache Regel für das Schreiben: Jeder Satz muss Neues bringen. Dann und nur dann bleibt ein Text interessant – egal wie lang dieser ist.

 

Spannung hat nur bedingt etwas mit der Länge einer Geschichte zu tun: Bei einem langen Text ist es schwierig die Spannung zu erhalten (nicht umsonst sind bei Krimi-Büchern Serientäter so beliebt), bei einem kurzen Text ist es schwierig(er) Spannung aufzubauen, sie auf einen Höhepunkt zu treiben.

Wichtig ist: Form und Inhalt eines Textes können ansprechend sein, den Leser bei der Stange halten (wobei die zum Lesen animierenden Anteile von Form und Inhalt schwanken können).

„Jeder Satz muss Neues bringen“ – es kommt darauf an, auf was man das „Neue“ bezieht: Eigentlich ist alles außer wörtlicher Wiederholung neu.

Vielleicht ist dies noch nützlich:

Wie erzeugt ihr Spannung


L G,

Woltochinon

 

„Jeder Satz muss Neues bringen“ – es kommt darauf an, auf was man das „Neue“ bezieht: Eigentlich ist alles außer wörtlicher Wiederholung neu.
Da bin ich anderer Meinung: Das Neue in einer Geschichte ist dann neu, wenn es vorher noch nicht da war.

Ein einfaches Beispiel: Wenn der Leser schon mitgeteilt bekam, dass der Prot gerade lange und braune Hose trägt, sonst gut Fußball spielen kann und verheiratet ist, ist es unsinnig, dies später in einem anderen Zusammenhang noch einmal zu erwähnen - es sei denn, ich als Autor meine, dies sei wichtig und der Leser könnte es schon vergessen haben.

Natürlich gibt es davon auch Ausnahmen - Wiederholungen können z.B. auch ein Stilmittel sein -, aber was ich nicht ab kann, ist das wiederholte Beschreiben von Etwas mit jeweils anderen Wörtern, ohne dass der Leser danach mehr von diesem Etwas wüsste.

 

Dion, das ist zu schwammig. Der Schreiberling muss ja ein Gespür dafür entwickeln, was wichtig ist und was nicht.

Frage ist: Wie?

 

Dion, das ist zu schwammig. Der Schreiberling muss ja ein Gespür dafür entwickeln, was wichtig ist und was nicht.

Frage ist: Wie?

Zu schwammig? Es steht doch alles da: Das Neue in einer Geschichte ist dann neu, wenn es vorher noch nicht da war. Davon gibt es nur 2 Ausnahmen: Wiederholung als Stilmittel oder als Erinnerung.

Deine Frage jedoch, yours truly, wie man als Autor wissen kann, was wichtig sei und was nicht, ist eine ganz andere. Dazu kann ich nur sagen: Nur das, was die Geschichte in irgendeiner Weise voranbringt oder für das Verstehen im Sinne des Autors wichtig ist, kann man schreiben, alles andere ist von übel.

 

Hallo Dion,

"Da bin ich anderer Meinung: Das Neue in einer Geschichte ist dann neu, wenn es vorher noch nicht da war."

Hmm - dann sind wir doch (weitgehend) einer Meinung?

Ich schrieb: "Eigentlich ist alles außer wörtlicher Wiederholung neu." Wenn es sich nicht um eine wörtliche Wiederholung handelt, war es auch noch nicht da. Wobei du Recht hast: Es muss nicht wörtlich wiederholt werden, trotzdem kann es sich um eine Wiederholung handeln.
Andererseits kann eine inhaltliche Wiederholung z.B. in stilistisch anderer Weise erfolgen, wäre dann trotz bekanntem Inhalt für den Leser neuartig.

Gruß,

Woltochinon

 

Andererseits kann eine inhaltliche Wiederholung z.B. in stilistisch anderer Weise erfolgen, wäre dann trotz bekanntem Inhalt für den Leser neuartig.
Ich fürchte, Woltochinon, du meinst mit "stilistisch" doch was anderes als ich - könntest du bitte ein Beispiel bringen, das deine Sicht widergibt?

 

@yours truly

Denn warum sollte sich ein Autor so viel Mühe mit etwas geben, wenn es dann eine Nebensächlichkeit ist? Das wirkt aber nur dann, wenn unwichtige Sachen wenig Text bekommen.
Ja, hier sieht man, dass das Buch wichtig sein muss, aber muss der Leser das wissen? Könnte man nicht die lange Variante wählen und alles beschreiben, um den Leser zu verwirren oder beispielsweise. Oder ich will ihm alle Einzelheiten darlegen, damit er sich das Zimmer ganz genau vorstellen kann.

Hm, ich kenne Bücher, da wird von jedem Charakter Aussehen und Kleidung beschrieben, was ich ätzend finde und das Gesicht bleibt sowieso grau. Allerdings, wenn ich mir was Besonderes ausgedacht habe, eine Waffe, einen Baustil, ein Lebewesen etc. dann könnte ich zwar ebensogut etwas nehmen, was der Leser schon kennt, aber mit eigenen Dingen wirkt es fantasievoller, scheiß egal ob es wichtig ist, welche Farbe die Tapete hat. *g*

Ich hab das eine da oben mal ganz knapp gehalten und das darunter aufgeblasen.
Cool, beim Lesen merke ich im Endeffekt keinen Unterschied, bis auf dass ich für den zweiten Absatz länger brauche. :D

Der Schreiberling muss ja ein Gespür dafür entwickeln, was wichtig ist und was nicht.

Frage ist: Wie?

Aus diesem Grund finde ich das erstmal gut, dass ich diese "Umwege" gegangen bin. Jetzt kann ich labern, wenn es nötig ist (manchmal ist es das ...). Und an meinen älteren Geschichten kann ich jetzt schön das Kürzen üben. :)


@Dion

Jeder Satz muss Neues bringen. Dann und nur dann bleibt ein Text interessant – egal wie lang dieser ist.
Mit Einschränkung: Es muss wirklich neu sein. Du könntest auch über 50 Seiten ein Haus beschreiben, erst die Zimmer nacheinander, dann den Garten, die Garage, den Zaun ... Auch wenn alles neu ist, hat der Leser bald keinen Bock mehr.

Natürlich gibt es davon auch Ausnahmen - Wiederholungen können z.B. auch ein Stilmittel sein
Da muss ich einwerfen, dass ich das bei Borchert ätzend fand. Das waren jedes Mal tolle Geschichten bis die ewigen Wiederholungen anfingen ...

@Woltochinon

Thx für den Lesetipp. :)

 

Hallo Dion,

„könntest du bitte ein Beispiel bringen, das deine Sicht widergibt?

ja, gerne. Ich sehe das so:

a) Es ist ein schönes Haus, ein schönes Haus, ein schönes Haus.

Nur die exakte wörtliche Wiederholung bietet dem Leser nichts Neues.
Der Anspruch, immer etwas Neues zu schreiben, ist leicht erfüllbar, das neue keine ‚Garantie’, für einen interessanten Text.

b) Es ist ein schönes Haus, es ist wundervoll anzusehen, eine Augenweide.

Inhaltlich wird nichts Neues geboten, aber sprachlich (stilistisch) wird dem Leser Neues geboten, er kann sich an der Wortsteigerung mit der Metapher als Klimax erfreuen (wenn er so etwas mag).
(Ein andere Stil wäre: Ein fettes Haus. Ein echt abgefahrenes Haus. Ein supergeiles Haus.)
Auf den Stil bezogen (der Form, im Gegensatz zum Inhalt) sind verschiedene sprachliche Variationen möglich: schnelles Erzählen, besonderer Satzbau oder Klangwert der Sprache usw.


c) Es ist ein schönes Haus. Es ist farbenprächtig. Es schillert wie ein Regenbogen.

Neue Inhalte (Fakten; was ‚das Schön’ sein ausmacht, wird spezifiziert), man bleibt aber beim Visuellen.

d) Es ist ein schönes Haus. Trotzdem birgt es unschöne Geheimnisse. Es ist ein Totenhaus.

Ganz neue Inhalte, neue Informationsebene.


Auch eine Art ‚Atempause’ ist etwas Neues. Gerade bei längeren Texten ist eine ‚Verschnaufpause’ mit z.B. Landschaftsbeschreibungen angebracht (dann gibt es nichts Neues bezüglich der Handlung, die Landschaftsbeschreibung ist natürlich neu).

Es gibt auch die Möglichkeit die selbe Situation aus verschiedenen Perspektiven zu schildern. Eigentlich handelt es sich um eine Wiederholung, kann trotzdem von Bedeutung sein (z.B. wenn ein Ereignis aus der Täter und aus der Opferperspektive beschrieben wird).


Tschüß,

Woltochinon

 

Mit deinen Erklärungen, Woltochinon, zu den Beispiel a, c, d und e bin ich einverstanden, nicht aber mit dem Beispiel c:

b) Es ist ein schönes Haus, es ist wundervoll anzusehen, eine Augenweide.

Inhaltlich wird nichts Neues geboten, aber sprachlich (stilistisch) wird dem Leser Neues geboten, er kann sich an der Wortsteigerung mit der Metapher als Klimax erfreuen (wenn er so etwas mag).

Ein Haus, das wundervoll anzusehen ist, muss nicht unbedingt schön sein - es gibt also neuen Inhalt.


(Ein andere Stil wäre: Ein fettes Haus. Ein echt abgefahrenes Haus. Ein supergeiles Haus.)
Auch hier hat jeder Satz für mich einen anderen Inhalt.


Auch eine Art ‚Atempause’ ist etwas Neues. Gerade bei längeren Texten ist eine ‚Verschnaufpause’ mit z.B. Landschaftsbeschreibungen angebracht (dann gibt es nichts Neues bezüglich der Handlung, die Landschaftsbeschreibung ist natürlich neu).
Eben: Landschaftsbeschreibung bringt Neues, vorher noch nie Dagewesenes - das reicht.


Es gibt auch die Möglichkeit die selbe Situation aus verschiedenen Perspektiven zu schildern. Eigentlich handelt es sich um eine Wiederholung, kann trotzdem von Bedeutung sein (z.B. wenn ein Ereignis aus der Täter und aus der Opferperspektive beschrieben wird).
Es gibt nichts Langweiligeres als das - es sei denn, die Handlung wird ganz anders dargestellt, d.h. mit neuen Elementen angereichert.

Also nicht mit

Beispiel A:
1. Mit einem Kinnhaken streckte ich ihn nieder
2. Er erwischte mich voll am Kinn und ich musste zu Boden gehen

sondern mit

Beispiel B:
1. Mit einem Kinnhaken streckte ich ihn nieder
2. Er verstand mehr vom Boxen als ich, doch das habe ich erst erkannt, als es zu spät war

Im Beispiel A sagt mir der 2te Satz nichts Neues, im Beispiel B schon.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dion,

Zitat Dion:
„Ein Haus, das wundervoll anzusehen ist, muss nicht unbedingt schön sein - es gibt also neuen Inhalt. „

Wenn es wundervoll anzusehen ist – wie kann es dann nicht auch schön sein? (Eigentlich eine interessante Frage).

Letztlich ist das für diese Diskussion nicht das Wesentliche: Alle Beispiele (ab „b“) bieten etwas Neues. Ich stimme der Meinung zu, dass es gut ist, Neues zu bringen, möchte aber auch zeigen, wie leicht man etwas Neues bringen kann (wenn man nicht wie bei „a“ verfährt). Daraus ergibt sich, man muss das Neue auf seinen Beitrag zur Spannungserzeugung hin genau untersuchen. Neues ist zur Spannungserzeugung (Unterhaltung) nicht per se tauglich, nur weil es neu ist (was dein Boxbeispiel auch unterstreicht).

Zitat:
Zitat von Woltochinon
Es gibt auch die Möglichkeit die selbe Situation aus verschiedenen Perspektiven zu schildern. Eigentlich handelt es sich um eine Wiederholung, kann trotzdem von Bedeutung sein (z.B. wenn ein Ereignis aus der Täter und aus der Opferperspektive beschrieben wird).


Dion:

„Es gibt nichts Langweiligeres als das - es sei denn, die Handlung wird ganz anders dargestellt, d.h. mit neuen Elementen angereichert.“


Wie ich sagte: Es muss von „Bedeutung“ sein. Das ist das Problem (um auf die Fragestellung von Jellyfish zurückzukommen) – ein Autor muss ständig entscheiden, welchen ‚Ereignispfad’ er wählt, wie er ihn gestaltet (inhaltlich und formal). Bei der Entscheidung spielt auch der Zeitgeist, das kulturelle Umfeld eine Rolle und wo sich der Autor im kulturellen Spektrum befindet, bzw. befinden will.

Ich denke, Spannung kann man eher in längeren Texten aufbauen, die deshalb nicht langatmig sein müssen. Durch Parallelhandlungen, Rückblenden, hat man die Möglichkeit einen Leser mit Andeutungen vor eine inhaltlich verschlossene Tür zu führen vor der man ihn erst einmal bis zur Unerträglichkeit schmoren lässt, bis sich die Pforte knarzend öffnet, der Leser erst einmal seine Augen ans Dunkel gewöhnen muss, bis er das erkennt, was er vielleicht ahnte, aber nie wahrhaben, geschweige denn erleben wollte …


Steht der arme Buchstabenkonsument aber zu lange vor ungeöffneter Tür überkommt ihn Langeweile, er verdrückt sich, sucht das Weite oder geht gar fremd.

Eigentlich ist das mit der Spannung ganz einfach – man muss nur wissen, wie es geht. ;)


L G,

Woltochinon

 

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