Ich nutze Wikipedia häufig zu Recherchezwecken und finde das Portal ganz nützlich, wenn es darum geht, sich über ein bestimmtes Thema einen ersten groben Überblick zu verschaffen.
Das ist bei mir nicht anders, Stefan,
nur finde ich, dass wir Deutsche es mit unserem Perfektionswahn und dem damit verbundenen Kontrollzwang wieder mal übertreiben. Große Anzahl von Artikeln (nur) befriedigender Qualität sind besser als kleine Anzahl von guter. Jedenfalls für eine Onlineenzyklopädie wie Wikipedia, die keine Platzprobleme haben dürfte.
Mag sein, dass bei Wikipedia so eine Liste gelöscht wurde, es mag auch sein, dass die Suchergebnisse bei google selektiert werden, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich auf keiner dieser Seiten die Information finden lässt, dass es Amokläufe schon immer gegeben hat.
Es geht nicht darum, ob man woanders die gesuchte Information doch bekommt (in diesem Fall bei der
englischen Wikipedia), sondern einzig um die Frage, warum die deutsche Wikipedia diese Information unterdrückt.
in diesem speziellen Beispiel wäre vielleicht eine längere oder sogar stundenlange Netzrecherche nötig, um zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen
Ah, ich soll stundenlang suchen, nur weil irgendjemand in Deutschland meint, Informationen zurückhalten zu müssen? Im Übrigen widersprichst du dich: Wenn du, wie du oben sagst, Wikipedia für den ersten groben Überblick zu einem bestimmten Thema zu benutzen, dann dürfte es auch für dich ärgerlich sein, wenn es so eine Liste, die dir ja einen Überblick gibt, dort nicht (mehr) zu finden ist.
Andererseits: Wer sagt mir, dass in anderen Medien, in der Nachrichtensendung im Fernsehen oder in Zeitungsartikeln keine Informationen weggelassen werden?
Angenommen, dem wäre so, willst du daraus ein Recht für Wikipedia ableiten, ihnen gleich zu tun? So nach dem Motto: Wenn die anderen nicht die ganze Wahrheit sagen, dann dürfen wir das auch.
Von einer Enzyklopädie erwarte ich sichtbare Infos und keine versteckten bzw. woanders zu findenden.
Aber das Filternde, das diktatorisch zensierende liegt nun mal in der Natur der "Enzyklopädie", einem Werk, dass auf beschränktem Raum das Allgemeinwissen oder ein bestimmtes Wissensgebiet umfassend darstellen muss. Ersteres trifft auf Wikipedia nur insofern zu, dass es eine bestimmte Größe schon aus synoptischen Gründen (z.B. Vermeidung von Lemma-Dubletten) nicht überschreiten darf.
Onlineenzyklpädien wie Wikipedia, floritiv,
sind in der Größe nicht beschränkt. Auch Lemma-Dubletten sind kein Argument, wie die bereits von mir aus dem Spiegel zitierte Geschichte des gelöschte „Professorin-Artikel“ zeigt – hier noch einmal der entscheidende Absatz:
Ein paar Überbleibsel von Weber-Wulffs Fleißarbeit stehen jetzt, stark gekürzt, mitten in dem ellenlangen Artikel zur "Professur". Beiträge über einzelne Pionierinnen wurden komplett abgelehnt. "Es hieß, die kennt doch niemand", sagt Weber-Wulff. "Aber das wollte ich ja gerade ändern."
Jeder weiß, dass ellenlange Artikel schon aus Zeitgründen nicht gern gelesen werden, deswegen sind mehrere kurze und vielleicht nur Teilaspekte behandelnde besser – wenn die aufeinander verweisen, was bei Wikipedia ohnehin die Regel ist.
Was ein Wissensgebiet umfasst, wie die Relevanzkriterien sind, muss nun mal festgelegt werden, von mir aus von einer "Elite", okay, bei Wikipedia vielleicht auch einer Pseudoelite von Zeitmillionären.
Ich habe nichts gegen Relevanzkriterien an sich, wohl aber gegen den Umfang und der daraus sprechenden Bestrebungen, alles in Detail regulieren zu wollen. In der englischen Version sind diese Kriterien wesentlich kürzer gefasst, wobei als Grundregel gilt: Ein Artikel bleibt stehen, wenn niemand protestiert.
Was ich nicht verstehe ist das Bemühen, eine kostenlos online verfügbare Enzyklopädie schlecht zu machen, weil sie nicht bereit ist das ganze Internet zu sein.
Kritik an Wikipedia zu üben, bedeutet für dich, sie schlecht zu machen? Eine merkwürdige Ansicht – genauso gut könntest du sagen, Kritik an den hier eingestellten Geschichten oder an kg.de selbst ist gleichbedeutend mit dem Bemühen, sie schlecht zu machen.
Mach doch ein Wiki auf, das Lemmata führt, die aus der Wikipedia gelöscht wurden.
Bin ich der Wikipedia-Überwacher? Du vergisst, dass ich auf diese Dinge vor fast einem Jahr ganz zufällig stieß. Ich habe daraus damals kein Drama gemacht, aber jetzt, als die Süddeutsche das oben erwähnte Gespräch mit Jaron Lanier gebracht hat und ich vor einem Monat oder so auf spiegel.de die Kritik an Wikipedia las, habe ich das auch hier thematisieren wollen.
Ich halte das für wichtig, denn solche und ähnliche „Aktivitäten“ unserer Internetseiten-Betreiber und der diversen staatlichen Behörden zeigen deutlich den Regulierungswahn des anscheinend nie totzukriegenden deutschen Kleingeistes.