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Weil ich dich liebe
Weil ich dich liebe
Die Gittertür hinter ihm schloss sich knarrend und Georg atmete den Duft einer wiedererlangten Freiheit, die ihn den Gestank seiner Mithäftlinge vergessen ließ und die den Geruch des Lebens an die Nase herantrug. Dieser Geruch war herrlich, erfüllt von Unbeschwertheit und dem Verlangen alle bitteren Erfahrungen zurück zu lassen und nur darauf konzentriert zu sein, was vor ihm liegen würde. Das neue Leben jenseits der Gitterfenster, fern jeder Einschränkung, zumindest beinahe. Kein Freund wartete hier draußen, denn er hatte nie einen gehabt, mal abgesehen von den Jungs aus der Kneipe, die er aber nicht wirklich als Freunde ansah, eher als gute Bekannte. Nur ein einsamer Mann saß auf einer Bank in einem braunen Ledermantel gehüllt und die Zeitung, die er gerade las, wehte sacht in der kühlen Briese des Herbstes. Georg wandte sich ab und ging die Strasse entlang, mit dem Ziel seine Wohnung zu besichtigen, die man ihm gestellt hatte und dort auf den Bewährungshelfer zu warten – eine lästige Pflicht, die er nicht abschütteln konnte. Plötzlich erblickte er ein bekanntes Gesicht, einen Mann der ihm Unbehagen bereitete und den er eigentlich nie wieder zu sehen hoffte. Was wollte er hier? Ihn provozieren? Dafür sorgen dass er zurück in den Knast musste? Er würde sich nicht provozieren lassen, nein, der harte Georg würde wie ein Fels im Sturmwind stehen und keine Gewalt dieser Welt brächte diesen Fels zu Fall. Argwöhnisch betrachtete er Chris, der gemütlich schlendernd auf ihn zu kam und schließlich mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht vor ihm stehen blieb.
„Hey Georg! Schön dich zu sehen! Bist endlich draußen wie ich sehe.“
„Ja.“, sagte er abwartend.
„Hör mal, ich habe nicht viel Zeit und habe noch einen wichtigen Termin bei einem Firmenleiter. Du weißt schon. Wegen einer möglichen Einstellung und so. Aber es hat mich gefreut dich wieder zu treffen. Und hier, als kleine Starthilfe. Hol’ dir noch einen Drink!“
Chris drückte ihm zwei Scheine in die Hand und ging fröhlich gelaunt weiter. Ungläubig sah Georg auf die zehn Piepen, die nun sein Eigen waren und er fragte sich, ob Chris den Verstand verloren hatte. Immerhin war das sehr wahrscheinlich, wenn er bedachte, dass er es war, der mit Susi, Georgs ehemaliger Frau, die merkwürdigsten Gespräche geführt hatte, die etwa in die Richtung Außerirdische, übersinnliche Kräfte, übernatürliche Wesen und sonstigen Hokus Pokus Quatsch verliefen. Damals waren Chris und Susi die besten Freunde und das machte ihn wütend, denn Ehefrauen sollten außer ihren Mann keine Freunde haben. Dieser okkulte Spinner steckte sich vermutlich des Nachts Hühnerfedern ins Haar und tanzte dann im Zimmer umher, um die Geister seiner Ahnen anzurufen.
Aber für das Geld empfand er einen Hauch von Dankbarkeit, als er an dem Whiskey schlürfte und sich eine Zigarette anbrannte. Der Barmann fragte höflich ob es noch etwas sein dürfe und Georg lehnte darauf ebenso höflich ab. Alte Erinnerungen zogen vorüber, erzählten von den gescheiterten Erziehungsmaßnahmen seiner Frau gegenüber, die ihn flehend darum bat mit den Schlägen aufzuhören, wenn er sie wieder einmal mit einem dieser schwachsinnigen Bücher erwischte oder wie sie sich einen dieser obskuren Filme anschaute. Horrorfilme hatte sie es genannt und Lektüre, die von irgendwelchen magischen Dingen berichtete, die wohl ein geisteskranker Vollidiot in seiner Gummizelle geschrieben haben mochte. Ein längst vergessen geglaubtes Bild stieg auf und er sah, wie eines jener Bücher zu Boden fiel, das er ihr zuvor aus der Hand geschlagen hatte und sie darauf fragte: „Warum tust du das?“ Er spürte wie ein trauriges Lächeln seine Lippen verzog und hörte die Antwort die er gab:
„Weil ich dich liebe!“
Was an Überzeugungskraft in seinem Eheleben fehlschlagen war, gelang ihm hinter Gittern umso besser. Dort hatte man ihm die Reuebekundungen abgekauft, hatten ihm seine Worte abgenommen als er sagte, dass Gott einen neuen Lebensweg aufgezeigt habe, den er mit Demut beschreiten wolle. Der Priester, der einmal die Woche kam, glaubte die Lügen und half ihn während dieser Zeit sehr. Ein gutes Wort hier und da, und schon kam der Gnadenerlass, die Möglichkeit auf Bewährung. Was für Narren sie doch alle waren. Selbst den Psychologen hatte er täuschen können und manchmal verspürte er das Gefühl sich selbst auf die Schulter klopfen zu wollen, sich zu sagen: „Das hast du gut gemacht, weiter so!“
Wäre er damals nicht alkoholisiert gewesen, wäre es vermutlich niemals so weit gekommen, aber das war nun ohne Belang. Alles was zählte war die wieder gewonnene Freiheit. Plötzliche Unruhe erstarrte seine Gedanken. Ein Mann betrat die Bar und Georg erkannte ihn. Der Typ, der auf der Bank vorm Knast gesessen hatte, der Typ im braunen Ledermantel, der nun unweit der Bar Platz nahm, blickte neugierig zu ihm herüber.
Wer konnte das sein? Einer von Chris’ irren Freunden, die ihm hier auflauern sollten? Nur ein harmloser Spinner, der neugierig auf einen Ex- Knasti war? Aber dann kam eine grelle Erleuchtung, die sein Denken durchflutete: Ein Zivilbulle! Einer der aufpassen sollte, dass seine Reue ehrlich gemeint und nicht etwa nur gespielt war. Vielleicht ein Psychologe oder ein Kirchlicher, der gerade seine Bezeugungen in Frage stellte, einzig mit der Aufgabe betraut, herauszufinden ob er es wert sei, frühzeitig entlassen zu werden. Eine Panik hielt ihn im Klammergriff und er überlegte fieberhaft wie die Situation gerettet werden konnte. Ein neuerlicher Rückfall in seine Alkoholsucht gab wahrscheinlich kein gutes Bild ab und deshalb verließ er die Kneipe ruhig und ohne Hast, denn er wollte nicht dass der Fremde Verdacht schöpfen konnte. Mit gespielter Gelassenheit ging Georg die Strasse entlang und wurde erneut nervös, als er den Mann hinter sich erblickte.
Ein verzweifelter Plan war gefasst und er lenkte seine Schritte in eine düstere Richtung, immer noch verfolgt von dem Mann im braunen Ledermantel. Georg sah sich nicht um, spielte die Rolle des Ahnungslosen und passierte jetzt das eiserne Tor in eine andere Welt.
Traurig blickte der steinerne Jesus von seinem Kreuz herab und musterte den ehemaligen Sträfling, der gekommen war, um demütig um Vergebung zu bitten. Mit gesenktem Haupt stand dieser vor ihm und dachte Gedanken, die keine Spur von Gläubigkeit und Demut erkennen ließen: „Verreck’ doch, impotenter, alter Bastard!“
Ein fragwürdiger Inhalt in einem fragwürdigen Verstand. Gedachte Worte, die keinen Gedanken wert.
Der Mann im braunen Ledermantel sah das Bild der Lüge, lächelte und kehrte um. Seine Aufgabe war erfüllt und er konnte Chris von dem Erfolg berichten.
Georg kehrte dem steinernen Kreuz den Rücken zu und stellte erleichtert fest, dass der Unbekannte verschwunden war. Er setzte sich mit Schwung auf eine Bank, die dort in der Nähe stand, und entzündete ein Streichholz, das er dann zu der Kippe, die im Mundwinkel hing, führte. Erneut schweiften die Erinnerungen, wurden eins mit dem Gräberfeld, das vor ihm in der grauen Herbstlandschaft lag und die Tat, die einst vollbracht, ruhte dort in der Vergangenheit.
Schreie hallten in Georgs Geist, die Schreie einer Frau die sich nicht fügen wollte, ihn in den Wahnsinn trieb mit dem irrwitzigen Verlangen nach Schund und Freunden, die sie nicht nötig hatte, denn er war der einzige Freund, den sie jemals haben konnte. Sie hatte nicht begriffen dass er sie liebte, jeden Schaden von ihr fern halten wollte und keine Verehrer duldete, die schändlich in ihrer Nähe weilten, die doch nur das Eine wollten und mit gemeinsamen Interessen lockten. Sie hatte nicht begriffen dass er der Mann im Haus war, das starke Geschlecht, dem sich die Frau von jeher fügen musste, das ihr Wille zweitrangig war. Sie hatte niemals erkannt dass es nur zu ihrem Besten geschah, zu ihrem eigenen Schutz. Aber der Abend der Erkenntnis brach herein, der Abend an dem er von der Kneipe nach Hause kam und wieder feststellen musste, dass sie es einfach nicht verstanden hatte. Sie saß an einem Tisch mit Chris, als wäre es das Normalste von der Welt, und tauschte Meinungen mit ihm aus über Bücher, die kein vernünftiger Mensch jemals auch nur mit der Kneifzange anfassen würde. Er erinnerte sich an die tiefe Befriedigung, als das Knacken von Chris’ Kiefer in der Luft erklang. Dieser floh darauf panisch aus dem Zimmer und hinterließ den Gestank des Versagers. Er erinnerte sich an die Schreie als er zum Messer griff, das förmlich von ihm verlangte es zu tun, ihn anwies das Zeitalter der Vernunft einzuläuten, notfalls mit dem Tod, der nach so vielen Jahren auf die letzt verbliebene Lösung deutete. Er erinnerte sich an das erstickte Röcheln, nachdem das Küchenmesser immer und immer wieder in ihren Körper fuhr, die Lungen mit Blut füllte und er dabei fragte: „Na? Hast du’s jetzt begriffen? Siehst du jetzt deine Unvernunft ein? Hast du es jetzt endlich begriffen?“ Danach war nichts mehr in ihm. Kein Gefühl. Die Vernunft hatte endlich gesiegt. Nur das Geräusch von Sirenen, die näher kamen.
Die Erinnerungen verblassten und wurden durch ein Schwindelgefühl ersetzt. Ihm wurde schlecht und ein ziehender Schmerz in seinem Schädel breitete unangenehme, kalte Finger aus, die in seinen Geist drangen und ihn betäubten. Das letzte was er sah, war ein merkwürdiges Flimmern vor seinen Augen, das in der Luft vor ihm schwebte und sein gesamtes Sichtfeld verhüllte.
Der alte Mann machte sich auf zu seinem letzten Rundgang, die letzte Vergewisserung dass alles in Ordnung war. Die Dämmerung brach herein und zerstörte schnell den letzen Rest des grauen Herbsttages, der nun den Schatten der Nacht weichen musste. Höchste Zeit also um das Tor zu versperren und einem gemütlichen Feierabend entgegenzublicken. Aber irgendetwas stimmte nicht. Sämtliche Gräber schlummerten wie immer friedlich in der Stille, aber dort wo das steinerne Kreuz stand, herrschte eine merkwürdige Bewegung. Neben einer Bank flimmerte etwas in der Luft und verbarg die Umrisse eines Schlafenden. Nur verschwommen konnte er es erkennen. Ungläubig rieben die Hände in den Augen, um die Illusion zu vertreiben aber nichts änderte sich, das merkwürdige Bild blieb vorhanden. Er trat vorsichtig näher und verharrte, als eine warnende Stimme erklang: „Geh weg!“, zischte sie. Es schien dass das Flimmern selbst sprach, ihn aufforderte zu verschwinden und er kam dieser Aufforderung nur allzu gerne nach, denn die Furcht stach in seinem zweifelnden Herzen. Mit schnellen Schritten rannte der alte Friedhofswächter zum Tor, verschloss es von Außen, bekreuzigte sich mehrmals und lief panikartig nach Hause, wo er zu vergessen hoffte und zum ersten Mal glaubte, das nichts wichtiger wäre, als ein kräftiger Hieb braunen Fusels.
Georg erwachte in der Dunkelheit, inmitten der schlafenden Gräber aus denen ein unheiliges Wispern drang, ein unverständliches Gemurmel das aus kalter Erde aufstieg. Die Kopfschmerzen waren verschwunden, mit ihr sämtliche Erinnerungen, die allerdings allmählich wieder erwachten, sich aus der Nacht emporhoben und nach Vergeltung verlangten. Er war nicht der Einzige hier, der sich erinnerte. Geschundene Wesen, einst menschlich und jetzt nur noch gesichtslose Schatten betrachteten neugierig den Mörder, dem es bestimmt war Opfer zu sein.
Ein Wind trieb durchs Geäst alter Bäume und er trug einen Ruf mit sich, der seinen Namen hinabwehte. Es klang sanft aber bestimmt. Es wurde eindringlich und fordernd und nach einiger Zeit wandelte sich der Ton zu etwas Höhnischem: „Seht nur, er ist gekommen. Er ist gekommen um zu begreifen.“
Georgs Angst wurde zu einem schmerzenden Stein, der dumpf und wild in der Brust schlug und sie zu zersprengen drohte. Eine Panik, tiefer als je zuvor besetzte seinen Verstand und machte jeden klaren Gedanken unmöglich. Die Furcht wurde zum einzigen Gefühl, verdrängte alles andere und ließ den Körper erzittern. Kühles Mondlicht erhellte den Ort der Verstorbenen und traf auf das steinerne Kreuz, das zu leben begann. Jesus Kopf drehte sich zu ihm und die Augen darin erstrahlten in einem tiefen, roten Ton, der den Angsterfüllten Georg erfasste und die Schrecken in seinem Gesicht verdeutlichte. Zwei glühend rote Strahlen, wie von einem Scheinwerfer ausgestoßen, drangen aus dem steinernen Kopf und lange Hörner begannen dort zu wachsen, kräuselten sich aus dem Schädel und wanden sich um den leblosen Leib. Nur die Augen sprachen von berechnender Intelligenz und zauberten einen Abglanz des bevorstehenden Todes in die verzerrten Züge ihres gefangenen Objektes. Georg sprang von neuer Energie erfüllt auf, hatte sämtliche Lähmung abgeschüttelt und war bereit diesen unheimlichen Platz zu verlassen. Das Blut pulsierte nun in den Beinen und versprach die rettende Flucht. Doch als er dem Kreuz den Rücken kehrte, stand vor ihm die Erinnerung der alten Tage. Susi, seine ehemalige Frau die er ermordet hatte, verharrte wenige Meter vor ihren Mann, der sie einst aus wirrer Überzeugung an diesen Ort beförderte. Schweigend stand sie dort und ihr helles Kleid wehte in der Nacht. Ihre Augen waren weiß, hatten keine Pupillen und dennoch wusste Georg dass sie ihn genau fixierten, ihn förmlich durchdrangen, jede auch noch so kleine Bewegung verfolgten. Aber er war zu keiner Bewegung fähig, die Lähmung ergriff erneut Besitz von ihm. Ihr Kleid zerriss plötzlich, platzte an mehreren kleinen Stellen auf und die fahle Haut darunter zeigte blutende Wunden, als würde ein unsichtbarer Gegenstand schnell und zielsicher den Weg in ihren Körper finden. Das helle Kleid färbte sich zu einem dunklen Rot, das nun an den Beinen hinab rann und eine Lache zu ihren Füßen bildete. Ein Bächlein schimmerte im Mondlicht, das dort fröhlich badete und der schmale Strom suchte die Nähe eines erstarrten Betrachters. Das Blut kroch gemächlich schleichend auf Georg zu, war kurz davor ihn zu berühren und fasste ins Leere.
Schreiend rannte er über die Gräber und die Bewohner darin stöhnten, als seine Füße die gepflegten Beete zertrampelten. Eine verzweifelte Flucht war die einzige Rettung aus einem Alptraum, der ihm nach dem Leben trachtete. Das Eisentor, nun konnte er es sehen. Die Tür aus dem Traum hinaus, die letzte Hoffnung die seinen gepeinigten Verstand schützen würde. Wenn er dort angekommen und über die rettende Begrenzung geklettert war, konnte nichts Bedrohliches mehr von seinem Verstand zehren, das spürte er instinktiv.
Aber das rettende Tor blieb in ungreifbarer Ferne, gewährte keine Flucht die ihn erretten würde, denn etwas umklammerte sein Bein, riss es nach hinten und Georg stürzte auf den Weg. Als er den Kopf hob, bemerkte er ein Messer, das direkt vor ihm in der Erde steckte. Ohne darüber nachzudenken zog er es hinaus, wirbelte herum und zerteilte damit die Nachtluft. Niemand war hinter ihm, kein Gegner den er hätte verletzen können. Georg sah sich die Waffe genauer an und stellte schaudernd fest dass er sie kannte. Es war das Küchenmesser, das damals seiner Frau ein Ende setzte, ihr die Vernunft einbläute, die sie so nötig gehabt hatte. Gekicher breitete sich um ihn aus und vage Schemen bildeten einen tanzenden Kreis, der nach und nach immer deutlicher wurde. Eine Schar Kinder kristallisierte sich aus dem Nebel, der ihn umgab. Geisterhafte Wesen, die an durchsichtigen, kleinen Händen miteinander verbunden waren, tanzten einen letzten Tanz für ihn und ein Reim, der eigens für ihn erdacht war, enthielt die letzte Botschaft der toten Kinder:
„Als er seine Frau ansah,
die Angst die wurde ihm gewahr.
Doch für Reue war es nun zu spät,
der Teufel hat schon längst gesät.
Als der Stahl in seinen Körper drang,
er das Lied des Schmerzes sang.“
Und dann sah er sie wieder, außerhalb des Kreises, wenige Schritte davon entfernt stand es - das gemordete Geschöpf, einst ein Mensch, das sich ein letztes Mal erhoben hatte, um das Leben ihres Schlächters einzufordern. Das Kleid wehte wieder makellos in der tiefen Nacht, die ihr Beschützer war und als es ihn ansprach verkrampfte sein Herz:
„Viele die gelitten haben Georg. Viele traurige Wesen die nicht wussten dass man sie nur benutzt, dass lediglich die Macht eine Rolle gespielt hat. Heute Nacht bin ich diejenige, die über dich verfügt, denn die Finsternis ist stark und manchmal gewährt sie den Geschundenen einen Wunsch.“
„Aber wieso?“, schrie er sie an. „Ich habe dafür bezahlt. Lass’ mich gehen.“
„Der Preis den du gezahlt hast ist lächerlich. Ich habe einen neuen festgelegt. Die Sterblichen haben mir geholfen, waren meine Verbündeten aus alter Zeit. Sie haben dir die Gedanken eingeimpft, die du denken solltest. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich tue das weil ich dich liebe. Jetzt in diesem Moment liebe ich dich.“
Ihre letzten Worte klangen voller Zärtlichkeit, erfüllt von einer beinahe bedauernden Empfindung. Ohne es zu wollen richtete Georg das Messer gegen sich und zielte auf seinen eigenen Körper, eine Bewegung die er nicht steuern konnte, als wäre er eine Maschine die nur das tut, wozu sie programmiert worden ist und unfähig ist, diesem Programm Widerstand zu leisten. Es war ein grässlicher Schmerz in seinem Leib, als die Klinge den Magen durchstieß, ihn auseinander riss und doch zog er sie wieder hinaus und stach noch einmal zu. Georg wimmerte und schrie, spürte wie sich der Magen mit Blut füllte und seine Hand neues Leid hervorrief und wie das Messer darin ständig neue Ziele suchte.
Ein allerletztes Mal ertönte die Stimme und jede Zärtlichkeit war nun gewichen: „Du wirst einen neuen Ort dein Zuhause nennen. Dort ist es sehr warm, um nicht zu sagen, heiß.“
Die geisterhaften Kinder um Georg herum verwandelten sich in einen Kreis aus Feuer, das jetzt an ihrer Stelle wild lodernd tanzte. Sein Leben war vorüber und er brach blutend zusammen und die Erde unter ihm gab nach, damit seine Seele in das Reich der ewigen Flammen fahren konnte. Dorthin wurde sie gesogen und das Leid, das sie damals verbreitet, forderte nun den Preis der Verdammnis.