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Weihnachtsbaum schmücken

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28.10.2003
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Weihnachtsbaum schmücken

Mittlerweile war es schon spät geworden. Friederike, Jacob und Raphael waren aber immer noch mit Eifer bei der Sache. Der große Christbaum war heute aufgestellt worden, es war der dritte Adventsonntag, und seit bald drei Stunden waren die Kinder dabei, den Baum mit allerlei Christbaumschmuck zu behängen.

Das war etwas, worauf sie sich jedes Jahr besonders freuten. Umso mehr, als ihre Freunde im Kindergarten und in der Schule immer ganz ungläubig staunten, wenn die Kinder davon erzählten. Denn bei ihnen kam der Christbaum immer erst am Heiligen Abend, er stand geschmückt im Kerzenglanz im Zimmer, wenn die helle Glocke bimmelte, um alle zusammenzurufen. Aber bei Friederike, Jacob und Raphael war das anders: Ihre Stiefmutter kam aus Kanada, und dort war es üblich, den Baum früher aufzustellen und ihn mit den Kindern gemeinsam zu schmücken. Und das machten die Drei daher auch besonders gern.

Schön langsam war der Baum fertig geschmückt. Die verschiedensten Dinge hingen jetzt an seinen breiten Ästen: Kerzen, Kugeln, Sternspritzer. Den Kindern, vor allem aber Jacob, gefielen vor allem die vielen Figuren: Da gab es kleine Nussknacker, einen winzigen Holzzug, Papierengel mit Flügel aus Federn, halbe Walnussschalen mit einem klitzekleinen Christkind darin, Tannenbäumchen aus Holz geschnitzt, ja sogar eine Miniatur-Krippe mit Maria, Josef und dem Christkind. Aber auch ganz fremde Dinge von weit her, denn ihre Stiefmutter hatte über viele Jahre Christbaumschmuck aus der ganzen Welt gesammelt.

Endlich war der Baum fertig, die Kinder gingen essen. Dann wurde noch rasch geduscht, und husch, ab ins Bett. Lange dauerte es an diesem Abend nicht, bis die Drei eingeschlafen waren, denn die Arbeit war anstrengend gewesen.

Es war mitten in der Nacht, als Jacob durch ein Geräusch aufgeweckt wurde. Er setzte sich in seinem Bett auf, es war stockdunkel. Einen Moment lang glaubte er, geträumt zu haben, aber da war es wieder, wie ein feines Trippeln auf dem Holzboden. Neben ihm im großen Bett schlief Raphael ruhig, und auf der anderen Seite des Zimmers hörte er Friederike leise schnarchen. Er stand auf und schlich zur Zimmertür. Im Vorzimmer brannte wie jede Nacht eine kleine Lampe. Er ging zum Eingang des Wohnzimmers, von wo die Geräusche zu kommen schienen. Leise knarrend ging die Tür auf, ein Lichtstrahl fiel auf den großen Weihnachtsbaum. Es kam Jacob vor, als raschelte es und als huschten Dinge über den Fußboden. Sein Herz klopfte wie wild, aber er nahm allen Mut zusammen, stieß die Türe weit auf – und es verschlug ihm fast den Atem: Denn eben ratterte der kleine Holzzug, den er selbst auf einen schönen Ast gehängt hatte, an ihm auf dem Fußboden vorbei! Darüber flog der Papierengel, und im Eck gegenüber marschierte der große, dicke Weihnachtsmann. Jacob blickte auf den Baum. Fast alle Dekorationen, die er heute mit seinen Geschwistern aufgehängt hatte, waren von dort verschwunden. Stattdessen sah er, wohin er auch blickte, auf den Möbeln, am Boden und in der Luft, all die Figuren, Tiere und Dinge, die lebendig geworden waren. Jacob wusste nicht, ob er Angst haben oder vor Freude aufjauchzen sollte. Eben rutschte der kleine Hund, der den Christbaum trug, auf der Holzrodel das Sofakissen hinunter. Der Nussknacker machte sich an den Nüssen, die auf dem Tischchen lagen, zu schaffen und verteilte den schmackhaften Inhalt an Maria, Josef und das Christkind. Und zwei weitere Engel flatterten durch den Raum und trugen dabei den schönen Strohstern, denn der Arme hatte ja keine Füße und konnte daher nicht selbst gehen.

„Jacob, ist alles in Ordnung?" Der kleine Bub schnellte herum, als er die Stimme seines Vaters hörte. Das Licht der Lampe im Vorzimmer blendete ihn einen Moment, er rieb sich die Augen. Da stand Papa schon vor ihm und legte ihm liebevoll die Hand auf die Schulter. „Na, was machst du denn da, du gehörst doch ins Bett um diese Zeit!" – „Papa, schnell, schau, der Christbaum, die Engel, schau!" Er drehte sich um, sein Vater blickte ihm über die Schulter. Alles war ruhig, alle Dinge hingen so am Weihnachtsbaum, wie sie am Nachmittag hingehängt worden waren. „Was gibt's denn, ich sehe nichts Besonderes?", fragte Papa. Jacob war mindestens so erstaunt wie vorhin, der Mund blieb ihm offen. Gerade eben war doch alles ganz anders gewesen! „Du wolltest noch rasch aufs Klo gehen, stimmt's? Dann tu das jetzt, und dann, husch, zurück ins Bett!" Jacob gehorchte. Als er dann zum Bett zurückkam, wartete sein Vater auf der Bettkante sitzend auf ihn. „Aber, Papa, aber ... ich hab es doch wirklich gesehen, alle liefen herum, und der Baum war leer!" – „Pst, sonst weckst du ja noch deine Geschwister auf! Du wirst geträumt haben, schlaf jetzt schnell wieder ein, vielleicht träumst du noch etwas Schönes." Jacob waren die Augen schon wieder zugefallen, noch bevor Papa seinen Satz beendet hatte.

Am nächsten Morgen wachte Jacob als Erster auf. Draußen war es schon so hell, dass man kein Licht mehr brauchte. Da fielen ihm die Geschehnisse der letzten Nacht ein. Jacob huschte aus dem Bett, schlich ins Wohnzimmer. Alles war, wie er es am Abend vorher verlassen hatte, der Weihnachtsbaum in seiner ganzen geschmückten Pracht stand vor ihm. Als er sich endlich umdrehte, um in sein Zimmer zurück zu gehen, fiel sein Blick auf das Tischchen. Da lagen die Reste einer geknackten Nuss: zerbrochene Schalen und ganz winzige Nusskrümel, so wie sie die kleine Holzmaria ihrem Holzkind füttern wollte, als sie gestört wurde. „Ich habe es ja gewusst, ich habe das alles nicht geträumt, es war Wirklichkeit!", sagte Jacob zufrieden zu sich, rannte zurück in sein Zimmer und schlüpfte zufrieden unter die Bettdecke, um sich noch einmal aufzuwärmen.

 

Hi Diego und willkommen auf kg.de!
Eine wunderschönes Weihnachtsmärchen hast du da geschrieben, voller Fantasie und- wie ich finde- Kinderliebe.
Einige Kleinigkeiten sind mir allerdings aufgefallen:

Denn bei denen kam der Christbaum--> klingt etwas abfällig. Wie wärs mit "bei ihnen"?

Schön langsam wurde der Baum fertig. --> fertig geschmückt/ behangen/ dekoriert?

Einen Moment lang glaubte er, sich geirrt zu haben...---> glaubte er, geträumt zu haben?

Stattdessen sah er, wohin er auch blickte, auf den Möbeln, am Boden und in der Luft, all die Figuren, Tiere und Dinge, die zu leben begonnen hatten.--> klingt etwas komisch. Vielleicht ...am Boden, auf den Möbeln, in der Luft...Dinge, die lebendig geworden waren.

„Was gibt's denn, ich sehe nichts Besonderes?", --> Hattest du einen Traum, mein Kleiner?

Vielleicht geben dir meine Vorschläge ja eine Anregung:)

Da lagen die Reste einer geknackten Nuss: zerbrochene Schalen und ganz winzige Nusskrümel, so wie sie die kleine Holzmarie ihrem Holzkind füttern wollte, als sie gestört wurde. --> ein wirklich schöner Satz!

LG
Jan

 

Hi Diego,
auch von mir ein herzliches Willkommen und Glückwunsch zu dieser netten Geschichte. Besonders gut hat auch mir der Abschluss gefallen, der Beweis, dass Jacob sich nicht geirrt hatte.
Dein Schreibstil ist flüssig bis auf einige Wortwiederholungen und Wortzusammenstellungen, an denen mein Lesefluss etwas gebremst wurde, z.B.:

... „und seit nunmehr bald drei Stunden...“ --> nunmehr und bald sagen hier zwei Mal das gleiche aus – ich würde eines der beiden weglassen.

... „stand geschmückt im Kerzenglanz im Zimmer...“ --> Die Wiederholung von ‚im’ stört ein wenig.

Wäre schön, bald wieder eine Geschichte von dir zu lesen.

Gruß aus Hamburg
Jochen

 
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Hallo Jochen, Hallo Jan,

danke für eure lieben Worte und eure konstruktive und richtige Kritik. Ich habe, obwohl ich schon 43 bin und immer gern mehr geschrieben hätte, erst im September beschlossen, ernsthaft kreativ schreiben zu lernen und belege dazu auch einen Fernkurs. Und es macht mir ungeheuren Spass!

Die Geschichte war die allererste, die ich je irgendwo veröffentlicht habe. Daher war ich auch einigermassen nervös...

Nochmals danke an euch beide, und wenn es mal weniger gefällt, was ich produziere, bitte ich doch auch um konstruktive Kritik.

Diego

PS Einige Korrekturvorschläge sind schon eingearbeitet

 

Hi Diego,
'Alter schützt vor Torheit nicht!' :D Ich habe dreizehn Jahre mehr gebraucht als du, bevor ich meine erste Kurzgeschichte hier veröffentlicht habe. Und bei jeder neuen Geschichte habe ich dieses Kribbeln im Bauch. Sei vorsichtig, es kann zur Sucht führen! :dope:

 

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