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Weihnachtlicher Geist

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17.11.2002
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Weihnachtlicher Geist

„Kuschelbärchen komm! Die Tagesschau hat schon Angefangen.“ „Ja mein Knuddelhäschen, komme sofort! Muss nur noch meine Weihnachtsgeschichte zu ende schreiben.“ Matthias saß in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch und starrte durchs Fenster in die Dunkelheit. Ein heller Schimmer wurde aus dem verschneiten Garten ins Zimmer geworfen. Vor ihm lag seine Weihnachtsgeschichte. Ein leeres Blatt Papier. Verzweifelt kaute er auf seinem Kuli herum. Wie sollte man eine Weihnachtsgeschichte schreiben, wenn jedes Jahr besagtes Fest stattfand und sich unzählige Schriftsteller mit diesem Thema befassten. Da mussten einem doch die Ideen ausgehen. Mit aller Kraft versuchte Matthias den riesigen Berg zerknüllten Papiers zu übersehen, der einer Gotteslästerung glich, wenn man sich ins Gedächtnis rief, dass es schon beim Turmbau zu Babel Protest gehagelt hatte und hier waren die Ausmaße noch viel überwältigender. Worüber sollte er nur schreiben? Um wenigstens seine menschlichen Bedürfnisse zufrieden zustellen, trank er die letzten Schlucke aus einer zusammengedrückten Cola Dose, die seiner Verzweiflung hatte Tribut zollen müssen. „Schrott Plot.“, durchzog es seine glibbernde Masse im Schädel, die sich vollständig desinteressiert an seinem Problem zeigte. „Ich will einen Plot, sofort!“ Matthias warf die Dose auf den Papierberg.

Plötzlich blitzte es auf. Der Papierberg teilte sich und ein greller Lichtschein durchflutete den Raum. Matthias hielt aufschreiend die Hände vors Gesicht. „Was ist das?“ Vorsichtig blinzelte er durch die Finger. Der gleißende Schein war verschwunden. Über der Cola Dose schwebte eine Gestalt. War es... Matthias wollte nicht zu ende denken. „Wer bist du?“ Seine Stimme war um ein paar Intervalle gestiegen. Das umrisslose Gesicht warf Matthias einen vorwurfsvollen Blick zu. „Man, ihr Menschen seid solche Langeweiler. Jedes Mal fragt ihr das Selbe. Verdammt, ich bin ein Geist, wonach sehe ich denn sonst aus, du Knalltüte? Nach dem Weihnachtsmann?“ Matthias schaute verdutzt auf die rauchige Gestalt, die sich in regenbogenfarbigem Schimmer wie eine Projektion ausnahm. Unfähig seine aufgerissenen Augen zu beherrschen fragte er: „Und was willst du hier?“ Der Geist bewegte sich schlängelnd, wie eine Meerjungfrau auf ihn zu. Er ließ sich auf dem Schreibtisch nieder. „Was ich hier will? Das müsstest du doch eigentlich wissen. Schließlich hast du mich gerufen.“ „Ich dachte, Geister kommen immer aus Wunderlampen.“ Matthias versuchte sich unauffällig in seinem Drehstuhl zur Tür zu rollen. Der Geist lachte und Matthias meinte ein Grübchen in den Rauchschwaden erkennen zu können. „Hey Matze, vergiss mal den ganzen Kram über Geister, den du bisher gehört hast. Verdammt, ich übernachte da wo es mir gefällt. Und ich fühle mich am wohlsten in ´ner Cola Dose, kapisch?“ „Dann du bist auch keine abertausend Jahre alt?“ „Quatsch, ich bin erst achtundsiebzig. Wir Geister sind genau wie ihr Menschen. Wenn wir alt genug sind, geben wir den Geist auf.“ Matthias starrte nachdenklich auf den Schreibtisch. Ihm kam ein Gedanke. „Hey, du kannst mir sicher nützlich sein. Kannst du mir bei meiner Weihnachtsgeschichte ein bisschen auf die Sprünge helfen? Ich weiß gerade nicht was ich schreiben soll.“ Der Geist hopste auf Matthias Schulter. „Logo! Was hast du denn bisher für Ideen gehabt?“ Matthias warf genervt die Hände in die Luft. „Das Übliche eben. Armes, einsames Mädchen auf der Straße feiert Weihnachten und denkt an ihre tote Mutter. Weihnachten in Kriegsgebieten. Die Verteufelung unserer Konsumgesellschaft. Geben ist seliger als Nehmen, denkt an die armen Menschen.“ Da brach es aus dem Geist heraus. Prustend wälzte er sich auf Matthias Schulter, während qualmige Kringel aus seinen Augen hervorstiegen. „Was seid ihr Menschen doch für Langeweiler. Verdammt, habt ihr nichts besseres zu tun? Mitgefühl kann man zu jeder Jahreszeit haben.“ Er wischte sich kichernd den Ruß aus den Augen.

Nervös linste Matthias auf seine Schulter. „Könntest du bitte wieder runterkommen. Das bringt mich momentan auch nicht weiter. Hilf mir besser, etwas richtiges zu finden.“ „Jawoll!“, sagte der Geist und furzte, dass die Gardinen bebten. „Hey, was...“ Matthias schaute den Geist groß an. Dieser winkte ab, während er sich auf den Schreibtisch purzeln ließ. „Ist schon gut. Brauchst nicht so entgeistert zu gucken. Meinst du wir Geister furzen und rülpsen nicht?“ Er lachte auf. „Verdammt, ich lebe in `ner Cola Dose. Da lässt sich Flatulenz nicht vermeiden, kapisch? Also, wo waren wir stehen geblieben?“ Matthias schüttelte den Kopf. „Du wolltest mir bei der Geschichte helfen.“ „Okay.“ Der Geist rieb sich am schemenhaften Kinn. „Schreib `ne Geschichte über Weihnachten in Mekka!“ „Sehr geistreich. Wenn du nichts besseres hast, kannst du mich auch in Ruhe lassen. Die feiern doch gar kein Weihnachten.“ Der Geist verdrehte die Augen. „Blitzmerker. Das ist es ja gerade. Schreib eine völlig normale Geschichte, ohne Weihnachten. Am besten über Mord und Totschlag, das kommt immer gut an.“ Laut zischend ließ Matthias die Luft durch seine Zähne sausen. „Ouh, ich glaube, dass ist keine gute Idee. Letzten Monat hat sich so ein Spinner im Internet eine Killergeschichte ausgedacht, die war so was von abgrundtief Scheiße, ich glaub, das will keiner mehr lesen.“ Der Geist nickte. „Konnte ich mir denken, dass du nicht begeisterst bist. Verdammt, hab die Geschichte auch gelesen. Ziemlich beknackte Story, der Autor war bestimmt geistig umnachtet.“

„Und was soll ich jetzt schreiben?“ Ratlos schaute Matthias den Geist an. Dieser überlegte. Sein Schädel fing an, wie eine Räucherkerze zu duften. Plötzlich schnippte er mit den Fingern. „Jo, ich hab´s !“ Matthias nahm den Stift in die Hand und schaute eifrig zu seinem neuen Freund. „Und?“ „Pinsel einfach alles auf, was hier gerade passiert ist. Verdammt, ich sag dir, die Leute lieben Geister.“ „Sehr gut.“ Matthias kritzelte eilig ein paar Zeilen auf das Papier. Der Geist lächelte. „Siehst du? Schon wieder ist ein Mensch wunschlos glücklich.“ Da schaute Matthias auf. „Moment mal, hab ich nicht noch drei Wünsche frei?“ Der Geist sah aus, als müsste er eine Flasche Klosterfrau Melissengeist trinken. Er seufzte. „Okay aber mach schnell, ich will nun zurück mit meiner Familie Weihnachten Feiern. Verdammt, das geht mir vielleicht auf den Geist. Hab aber meiner Frau versprochen dabei zu sein, wenn unsere Tochter die Aladin DVD auspackt.“ Er kicherte.

Matthias stand langsam von seinem Stuhl auf. „Okay, als erstes wünsch ich mir...“ „Halt!“, fiel ihm der Geist ins Wort. „Du hast nur noch zwei Wünsche frei. Der erste war die Geschichte.“ Leise knurrend fügte sich Matthias in den Umstand. „Okay, als zweites wünsche ich mir, dass meine Frau mich nicht immer dazu bringen will, mit ihr gemeinsam Fern zu sehen.“ Der Geist gluckste. „Typisch Mensch. Okay, Nummer zwei ist erledigt.“ Übers ganze Gesicht strahlend wollte Matthias gerade den dritten Wunsch aussprechen, als er die Stimme seiner Frau hörte. „Mäuseschätzchen, bist du bald fertig? Der Film fängt gleich an. Komm endlich!“ Matthias warf dem Geist einen bösen Blick zu. „Ja Kuschelhäschen. Ich komme gleich!“ Ein rosa Schimmer stieg in den Rauchschwaden auf. Der Geist senkte den Kopf. „Ooops, das war ne Niete. Tut mir leid, aber gegen den Willen einer Frau kommt kein Zauber an. Verdammt, aber der nächste Wunsch klappt bestimmt.“ Matthias kniff ein Auge zu, „Wirklich?“ Der Geist nickte eifrig. „Bestimmt! Ich versprech´s.“ Beide Zeigefinger erhoben trat Matthias in die Mitte des Raumes. „Mein letzter und dritter Wunsch ist, dass alle meine zukünftigen Geschichten ein offenes Ende haben.“

 

hi elia & herzlich willkommen.
ich kenne mich in den humorvollen geschichten nicht so aus. aber ich möchte trotzdem versuchen, ein statement zu liefern. du hast hier einen bildhaften humor versucht. d.h., dass wir uns die situation vorstellen müssen. ich denke, wenn man daraus einen film drehen würde, dann käme der humor besser herüber. dann würden wahrscheinlich auch die geist-wortspiele besser greifen.
es ist zwar locker geschrieben, aber trotzdem nich wirklich gelungen *seufz*.
aber ... wie gesagt, ich habe auch nicht so die grosse ahnung, ich denke, humor ist wohl die schwierigste sparte der kurzgeschichten.
gruss barde

 

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