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Weiße Karaffe

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08.09.2015
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Weiße Karaffe

Das "Cafe Wunderbar" hatte eine unscheinbare gräuliche Steinfassade, ein ganzheitlich weißtapeziertes Innenleben; war klein, gemütlich und es roch förmlich nach Dorfidylle. Es gab nur ein paar wenige Tische in der mickrigen Lobby; eine kleine Theke mit einer bescheidenen Auslage und ein aufgekratztes Huhn, das man als weibliche Bedienung verzweckt hatte. Sie drückte sich zwischen den Tischen entlang; wischte, sprühte und hatte so einen nervösen, kleinen Blick in den Augen. Abwechselnd huschte sie dann wieder zurück nach hinten in den abgeschotteten Mitarbeiterbereich nur um wenige Augenblicke später wieder nach vorne zu eilen. Die ganze Zeit ging das so: Immer dieses hastige Hin und her und das einige Minuten lang. Im Allgemeinen schien sie sehr beschäftigt und ausgelastet zu sein, obwohl eigentlich ja gar nichts los war. Ich fing an mich zu fragen was das Ganze sollte, aber dachte mir dann auch nicht mehr dabei. Hm, lag vielleicht auch daran, dass sie wenig anziehend auf mich wirkte mit ihren aschblonden, mittelangen Haaren über dem aufgedunsenen Gesicht mit dem zu blässlichen Teint. Dazu diese kurzen Beinchen in der schnöden Verkäuferkluft zusätzlich zu dem sichtbaren Bauchansatz, der die weiße Schürze spannte und ihre Uniform in Bauchnabelhöhe traurig nach unten hängen ließ.

Naja, jedenfalls, der Laden war mit einer Art Bäckerei gekreuzt, in der es grundlegende Brotsachen und etwas an Süßspeisen gab. Gelegentlich watschelten alte tattrige Weiber heran und kauften sich Frühstücksbrötchen, Bretzeln, weich-gelben Eierlikörkuchen, Nuss- und Zimtschnecken und lauter so Zeugs eben, die das träge Gebiss noch zu verdauen vermochte.
Im Cafebereich hockte außer mir nur ein alter Mann ein paar Meter neben der Theke auf einer Art Plastikbarhocker vor einem hohen schmalen Holztisch. Seine Zeitung lag ausgebreitet vor ihm, seine Kaffeetasse war leer getrunken und stand auf einem Tellerchen mit ein paar wenigen Krümeln am Rand. Ich beobachtete ihn, während ich auf einem Stuhl direkt neben dem Seitenfenster saß und gerade einen Schluck Kaffee nahm: Er war regelrecht eraltert mit seinen unschönen tiefen Falten die sich durch sein Gesicht zogen. Das graumelierte Haupthaar war spärlich und kurz, währenddessen sich seine weiß-schlafe kompakte Körperlichkeit im Bauchbereich aufblähte. Außerdem hatte er ständig so einen grässlich lüsternen Blick übers ganze Gesicht gezogen, das bereit war sich auf den neuesten Klatsch und Tratsch des Dorfes zu stürzen; es war darauf geeicht jede noch so mickrig wirkende Unregelmäßigkeit die ihr vor die gespannte Flinte lief aufzugreifen und zu dramatisieren. Alles schien aufregend und sensationstragend in der Luft zu hängen. Wenn sich das vertrocknete Fleisch wieder in die Hütte drängte, folgten Fragen wie: Wo geht`s dieses Jahr hin? Korsika; Malediven; Gardasee? Oder doch wieder in eure Herberge im Zillertal? Dann so spannende Dinge wie: Du hast dir einen Rollator zugelegt? Wie sieht`s aus, wann heiratete endlich deine Kleine? Wie geht`s deinen Mann, den Enkeln? Gefärbt? Und übrigens: Schickes Hüftgelenk Schätzchen,- ist das neu? Heh, heh.

"Hey!", bellte er dann einfach so durch meine gedankengetränkte Stille in Richtung der Bedienung.
"Hey! Lisa!", die Bedienung hieß Lisa und war gerade wieder nach hinten gegangen.
"Ja-ha, ich bin ja da", sie kam nach vorne geeilt und wirkte auf mich etwas unaufgeräumt mit den dünnen Haaren, die ihr jetzt über die Stirn fielen und der leicht nach rechts verschobenen Schürze. Sie richtete rasch ihr Äußeres und nahm dann die weiße Karaffe von der Theke um den letzten Rest der lauwarmen schwärzlichen Brühe in den Ausguss zu schütten.
"Na", dachte ich mir als ich ihr so zu zuschaute, " da hat wohl jemand vergessen sich die Händchen zu waschen." Ich nahm leicht schmunzelnd einen Schluck aus der kleinen Porzellantasse.
„Na, bringst mir noch nen Kaffe, Lisa, hm?", fragte sie der alte Sack.
"Ja, aber freilich Sepp."
Dabei zwinkerte sie ihm zu und ich denke, sogar ein leicht kokettes Lächeln gesehen zu haben.
Dann räumte sie das gebrauchte Gedeck vom Tisch, nahm eine gewaschene Tassse, stellte sie drunter und betätigte brav die Maschine. Sepp sah ihr dabei mit einem glückseligen Ausrduck zu, der sein altes, vergriffenes Geischt förmlich durchsetzte und auf mich ziemlich merkwürdig wirkte.

Kurz darauf kam Lisa dann zu mir: "Darf`s noch was sein?", sie versuchte mich verbindlich anzulächeln, aber aus der Nähe zeugten ihre verbrauchten Gesichtszüge von Stress und hinterhältiger Dummheit.
"Nein, danke."
Ich bezahlte, stellte die Tasse auf Tablett und schenkte ihr ebenfalls ein kleines freundliches Lächeln. Sepp der vorher durch den ganzen Raum dieses blöde, fast schon schauderhaft Grinsen geworfen hatte, sah jetzt missmutig und gedrückt in meine Richtung.
Seiner Souveränität schien jetzt Unsicherheit und Nachdenklichkeit gewichen zu sein. Stirnfalten überlagerten sich und in seinen Augen flackerte nun kein neugieriges aufgewecktes Glitzern mehr. Ich bemerkte auf einmal seine Altersflecken auf seinen Fingerknöcheln und im Gesicht und die kränkliche fahlen Farbe darauf. Er hatte buschige, drahtige Augenbrauen, die ihm in die Pupillen zu fallen drohten, und sein Körper hatte jedwede Spannung verloren. Es war ein deprimierendes und beschlauchtes Abbild.

Da bekam ich etwas Mitleid und dachte kurz daran, dass es vielleicht meine Schuld gewesen war. Ich schüttelte mich und schaute aufs Handy. Es war an der Zeit. Ich richtete mich langsam auf und zog meinen Mantel an um zu gehen.

 

Hallo spasti2104,

das erste, was ich nach dem Lesen deiner Geschichte dachte, war: „Hä?“
(Ich habe die Pointe nicht verstanden, wenn es denn eine gewesen sein soll.)

Ein Text, der mit Beschreibungen nur so protzt, wo aber kaum was passiert. Man könnte auch sagen „detailverliebt“. :Pfeif:
Ich finde aber, du kannst hier an vielen Stellen kürzen.
Z.B. die Farbe der Tapeten, die Aufzählung der Kuchensorten, die Krümel am Rand …
Außerdem unterbrechen ein paar Flüchtigkeitsfehler den Lesefluss (siehe unten).

Textliches:

Es gab nur ein paar wenige Tische in der mickrigen Lobby
Lobby ist vielleicht nicht der richtige Begriff für den Vorraum eines Cafés. Wie wäre es mit "Vorraum"?

Die ganze Zeit ging das so: Immer dieses hastige Hin und her und das einige Minuten lang.
Doppelt: Die ganze Zeit („einige Minuten“ kannst du streichen)

Im Cafebereich (Cafébereich) hockte außer mir nur ein alter Mann ein paar Meter neben der Theke auf einer Art Plastikbarhocker vor einem hohen schmalen Holztisch
Dieser Satz klingt unrund und kann gekürzt werden.
Vielleicht so: "Außer mir saß im Café nur ein alter Mann auf einem Plastikbarhocker an einem schmalen Holztisch neben der Theke."
Dass sie im Cafébereich sind, ist klar, ebenso, dass ein Barhocker hoch ist und nicht vor einem flachen Tisch stehen wird :D
Und warum nur "eine Art Plastikbarhocker"? Entweder, er ist aus Plastik, oder nicht.

Ich beobachtete ihn, während ich auf einem Stuhl direkt neben dem Seitenfenster saß und gerade einen Schluck Kaffee nahm: Er war regelrecht eraltert mit seinen unschönen tiefen Falten die sich durch sein Gesicht zogen.
gealtert
So, wie du schreibst, war der Kaffee (er) gealtert.

Das graumelierte Haupthaar war spärlich und kurz, währenddessen sich seine weiß-schlafe kompakte Körperlichkeit im Bauchbereich aufblähte.
Bläht sich sein Bauch wirklich in dem Augenblick (währenddessen) auf?
Woher weiß er, dass sein Körper weiß und schlaff ist? Er sieht doch maximal Hände und Gesicht oder sitzt er da in Unterhose? :lol:

es war darauf geeicht (KOMMA)jede noch so mickrig wirkende Unregelmäßigkeit
Nur ein Komma-Beispiel. Da fehlen im Text noch weitere. Bin aber kein Experte dafür.

Außerdem hatte er ständig so einen grässlich lüsternen Blick übers ganze Gesicht gezogen, das bereit war sich auf den neuesten Klatsch und Tratsch des Dorfes zu stürzen; es war darauf geeicht jede noch so mickrig wirkende Unregelmäßigkeit die ihr vor die gespannte Flinte lief aufzugreifen und zu dramatisieren. Alles schien aufregend und sensationstragend in der Luft zu hängen. Wenn sich das vertrocknete Fleisch wieder in die Hütte drängte, folgten Fragen wie: Wo geht`s dieses Jahr hin? Korsika; Malediven; Gardasee? Oder doch wieder in eure Herberge im Zillertal? Dann so spannende Dinge wie: Du hast dir einen Rollator zugelegt? Wie sieht`s aus, wann heiratete endlich deine Kleine? Wie geht`s deinen Mann, den Enkeln? Gefärbt? Und übrigens: Schickes Hüftgelenk Schätzchen,- ist das neu? Heh, heh.
Was passiert da genau?
So, wie du es schreibst, klingt es für mich als Gedanken des Erzählers, was der alte Mann so alles macht.
Oder passiert das gerade tatsächlich? (Gespräche mit den Kuchenkäufern) Dann solltest du das vielleicht genauer schreiben, ggf. wörtliche Rede verwenden. So kommt es bei mir nicht rüber.

Hey!", bellte er dann einfach so durch meine gedankengetränkte Stille
Aja, es waren doch nur Gedanken ...
Finde aber, es sind sehr viele und sehr merkwürdige Gedanken, wo er ja auch nur einige Minuten (siehe oben) im Café war.

"Hey! Lisa!", die Bedienung hieß Lisa und war gerade wieder nach hinten gegangen.
"Hey! Lisa!“ Die Bedienung hieß Lisa und war gerade wieder nach hinten gegangen.

"Ja-ha, ich bin ja da", sie kam nach vorne geeilt und
"Ja-ha, ich bin ja da.“ Sie kam nach vorne geeilt und

"Na", dachte ich mir als ich ihr so zu zuschaute, " da hat wohl jemand vergessen sich die Händchen zu waschen."
Wieso vergessen, die Hände zu waschen? Verstehe den Gag nicht.
Außerdem hat sich eingebürgert, Gedanken nicht wie wörtliche Rede zu schreiben, sondern z.B. kursiv ohne Gänsefüßchen oder man verwendet nur einfache Gänsefüßchen.

Kurz darauf kam Lisa dann zu mir: "Darf`s noch was sein?", sie versuchte mich verbindlich anzulächeln,
Kurz darauf kam Lisa dann zu mir: "Darf`s noch was sein?“ Sie versuchte mich verbindlich anzulächeln,

Ich bezahlte, stellte die Tasse auf Tablett und
Ich bezahlte, stellte die Tasse auf das Tablett und

und schenkte ihr ebenfalls ein kleines freundliches Lächeln.
Wieso ebenfalls ein freundliches Lächeln? Sie hat doch gar nicht freundlich gelächelt.

und die kränkliche fahlen Farbe darauf.
fahle Farbe oder fahlen Farben

Sepp sah ihr dabei mit einem glückseligen Ausrduck zu, der sein altes, vergriffenes Geischt förmlich durchsetzte und auf mich ziemlich merkwürdig wirkte.
Ausdruck
Gesicht

Da bekam ich etwas Mitleid und dachte kurz daran, dass es vielleicht meine Schuld gewesen war.
Was war seine Schuld? Dass der Alte deprimiert war? Warum war er eigentlich deprimiert?

So richtig gezündet hat die Story bei mir nicht. Wie gesagt, viel zu viele Beschreibungen, im Verhältnis zum Plot.

Zu hast aber ein paar sehr schöne Formulierungen drin, z.B.

und ein aufgekratztes Huhn, das man als weibliche Bedienung verzweckt hatte.
und ihre Uniform in Bauchnabelhöhe traurig nach unten hängen ließ.

Viele Grüße,
GoMusic

 

Hej spasti2104,

schön fand ich

Es war ein deprimierendes und beschlauchtes Abbild.
wenn ich mir vorstelle, wie irgendwer den alten Mann kreuz und quer mit Fahrradschläuchen behängt hat.

Sonst:

ein ganzheitlich weißtapeziertes Innenleben;
Fettmarkiertes ist überflüssig. Ich verstehe es außerdem so, dass auch die Möbel, das Personal und die Gäste weiß tapeziert sind, weil Innenleben mehr als nur "Wände" bedeutet.

Die ganze Zeit ging das so: Immer dieses hastige Hin und her und das einige Minuten lang.
Zeitangaben sind widersprüchlich und zu viele.

Hm, lag vielleicht auch daran, dass sie wenig anziehend
Dieses "Hm" würde sich eignen, wenn Dein Erzähler in dem Moment nachdenkt. In der Vergangenheit erzählt, wirkt es gekünstelt.

die das träge Gebiss noch zu verdauen vermochte.
Gebisse verdauen nichts, "Gedärme" würde immerhin auch mit "Ge-" anfangen.

Außerdem hatte er ständig so einen grässlich lüsternen Blick übers ganze Gesicht gezogen, das bereit war sich auf den neuesten Klatsch und Tratsch des Dorfes zu stürzen ; es war darauf geeicht jede noch so mickrig wirkende Unregelmäßigkeit die ihr(das Gesicht?) vor die gespannte Flinte lief aufzugreifen und zu dramatisieren.
Hier haust Du was durcheinander.
In Kombination mit den Fragen, die der Mann später stellt, wirkt das auf mich überzogen.

Alles schien aufregend und sensationstragend in der Luft zu hängen.
Ich kann mir unter "alles" nichts vorstellen.

Viele Füllwörter, wenig Handlung & Dein Prot wirkt auf mich miesepetriger als alle, die er so mühevoll beschreibt zusammen.

Sorry, für mich war's nix.

Gruß Ane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi,

zuerst einmal möchte ich mich für die Kritiken bedanken. Der Text war mehr eine Art Experiment und entspricht eigentlich nicht meinen eigentlichen Schreibgewohnheiten. Trotzdem habe ich diese "Fragment" eingestellt, da ich wissen wollte, wie das grundsätzlich ankommt.

Ich muss aber zugeben, dass es durchaus Handlungsarmut gibt, mir persönlich gefällt die Geschichte nicht besonders auch wenn meiner Ansicht nach der Ansatz nicht total schlecht ist.

Zunächst denke ich das eine gründsätzliche sprachliche Qualität gegeben ist, allerdings ohne die nötige inhaltiliche Substanz, durch sie getragen und letztendlich völlig zur Entfaltung kommen könnte.

Außerdem bezieht sich die Story auf das Anbiedern auf einer sehr persönlichen Grundlage( der alte Mann) und das Anbiedern im dienstlicher Vorschrift. Ich wollte den alten Mann als verzweifelter darstellen, als es mir letztendlich geglückt ist. Seine Bemühung nach gesellschaftlicher Akzeptanz und sein Streben nach Glück und Heiterkeit( wenn man es so schwülstig beim Namen nennen möchte) sind in den Vordergrund gerückt. Der Prot findet sich in diesem Szenario unwillkürlich selbst wieder und hat sich den wahren Ursachen trotz ausschweifender Vorüberlegungen letztendlich nur sehr oberflächlich angenähert.

Das der Text verwirrend und eher langweilig ist sehe ich selbst ein, aber es war ein Versuch in ein anderes, ungewohntes Metier, welchem ich trotzdem mit sprachlicher hingabe entgegen getreten bin.

Es wird allerdings in nächster zeit mehr Texte von mir geben, in denen ich mich sozusagen wieder aufs Wesentliche; aufs einzig Wahre besinne :D

In diesem sinne

Spasti2104

 

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