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Weiße Feder

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14.08.2003
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Weiße Feder

Weiße Feder

Regen peitschte ihr ins Gesicht. Es stürmte und regnete, als wollten die Götter ihren Frust entladen. Ihre Augen blickten traurig über ihr verwüstetes Dorf.
Es war grauenvoll. Sie hatte nur kurz ihr Dorf verlassen um Kräuter für ihre kranke Mutter zu sammeln, doch plötzlich hörte sie Schüsse. Sie sprang auf ihr Pferd und galoppierte in panischer Angst zurück. Als sie ihr Dorf erreichte sah sie das Unglück. Die Weißen verwüsteten ihr Dorf und töteten alles was lebte. Wutentbrannt zückte sie ihr Messer und trieb ihr Pferd an schneller zu laufen, an diesem Tage tötete sie zum ersten Mal. Sie tötete um zu überleben, um ihrem Stamm zu helfen. Als sie sich von ihrem Pferd auf einen Weißen stürzte und ihr Messer ihn tödlich traf, stand sie fassungslos vor dem Toten. Und plötzlich kamen noch mehr weiße Männer, sie brüllten ihr unverständlich Worte entgegen. In ihren Augen spiegelte sich blanker Hass. Sie flüchtete, doch ihre Feinde töteten aus der Ferne, mit einer Waffe die sich wie das Donnern eines schweren Gewitters anhörte. Sie durchfuhr ein stechender Schmerz an ihrer Schulter, der sie vor Schreck zu Boden stürzen ließ. Hilfesuchend sah sich um, doch niemand war mehr da. Ihresgleichen waren alle tot. Das Blut rann in Strömen ihren Arm entlang. Verwirrt hielt sie schützend ihre Hand über die klaffende Wunde.
Ein starker Wind kam auf. Er durchfuhr sanft ihr Haar und erfüllte sie mit neuer Kraft. Sie stand auf und blieb stehen als die Feinde auf sie zuritten. Mit donnernden Hufen und lautem Gebrüll preschten sie auf sie zu. Doch so näher sie ihr kamen, desto unsicherer wurden sie. Eine unbekannte Kraft ging von dem Mädchen aus. Sie hielten ihre Pferde an und sprachen hektisch aufeinander ein. Nervös warfen die Tiere ihre Köpfe hin und her. Ihre Reiter hatten Mühe sie unter Kontrolle zu halten.
Ihr Anführer brüllte ihnen laut seine Befehle zu, doch die Männer gehorchten nicht.
Gebannt starrten sie auf das Mädchen. Wie aus dem nichts trat auf einmal ein schneeweißer Mustang an die Seite des Mädchen. Sein Fell schimmerte und er war von einem seltsamen Licht umgeben. Und die Männer hätten schwören können, das dieses wunderschöne Tier weise prächtige Flügel hatte. Das Mädchen lächelte als sie den wunderschönen Hengst bemerkte und streichelte ihn sanft. Die Pferde der Angreifer wurden währenddessen immer nervöser und tänzelten auf der Stelle. Sie gehorchten ihren Reitern nicht mehr und als diese sie zum Angriff energisch antrieben, stiegen sie und wieherten angsterfüllt. Sie drehten sich im Kreis und schlugen mit der Hinterhand kräftig aus, als wollten sie etwas abhalten näher an sie heranzukommen. Die überraschten Reiter konnten sich nicht lange auf den ihnen plötzlich fremd gewordenen Pferden halten und wurden einer nach dem anderen abgeworfen. In panischer Angst flüchteten die Tiere und selbst die Reiter standen unter Schock.
„Na was ist !“ brüllte der Anführer, „ das ist nur ein Indianermädchen. Tötet sie, so wie die anderen auch. Und bringt mir diesen Hengst.“
Die Angreifer schossen auf die beiden. Doch die Kugeln trafen ihr Ziel nicht. Wütend bäumte sich der weiße Mustang auf. Sein Wiehern ließ die Erde erzittern und hallte im Wind wieder. Der Himmel schien sich immer mehr zu verdunkeln. Schwarze Wolken schoben sich zusammen. Ein weißer greller Blitz schlug zwischen dem Mädchen und ihren Feinden ein und setzte den trockenen Boden in Brand. Die Flammen zogen in die Richtung der Gegner und zwangen sie zum Rückzug.
„Los, hauen wir ab.“ brüllte einer.
„Das ist mir zu unheimlich !“ schrie ein anderer.
Die verängstigten Männer zogen sich zurück und verschwanden.

Die gräßlichen Bilder vor ihrem inneren Augen verschwammen wieder und sie bemerkte erst jetzt, dass sie immer noch an der selben Stelle in ihrem Dorf stand. Von dem allmählich einsetzenden Regen, war sie schon völlig durchnäßt. Tränen rannen ihr über das Gesicht. Tränen voll Trauer, Wut und Haß! Sie würde sich rächen! Oh ja! Diese Hunden sollte nicht weit kommen. Sie war erst 18 Sommer alt, doch die Weißen sollten sie noch fürchten lernen.
Der wunderschöne weiße Hengst war nicht mehr an ihrer Seite ,als sie sich suchend umsah. So plötzlich wie er aufgetaucht war, so plötzlich war er auch wieder verschwunden. Das Stechen in ihrer Schulter erinnerte sie wieder an ihre Schußwunde und sie rief nach ihrem treuen Pferd, während sie durch das Dorf lief. Ihr Mustang war bei dem Einschlag des Blitzes zum nahegelegenen Bach gelaufen und graste dort nun friedlich. Das Mädchen griff nach den Zügeln und schwang sich auf den Rücken des Tieres. Sie mußte nun noch einmal zur Kräuterwiese. Diesmal aber um ihre eigene Wunde zu heilen.
An ihrem Ziel angekommen stieg sie vorsichtig ab und durchstreifte suchend die Wiese. Die gelbe Blüte des gesuchten Krautes half ihr es zu finden und so fand sie die schmerzstillende und heilende Pflanze bald und verrieb sie auf ihrem Arm. Es war nur ein Streifschuß, der bald wieder heilen würde. Aus den großen Blättern der Pflanze band sie sich einen schützenden Verband um ihre Wunde.
Dann kehrte sie wieder in ihr Dorf zurück. Sie trug ihre Brüder und Schwestern zu den Friedhöfen in den heiligen nahegelegenen Bergen und wies ihnen mit den entsprechenden Ritualen den Weg ins Reich der Toten zu ihren Vorfahren. Nachdem sie Abschied von ihrer Familie genommen hatte, kehrte sie noch ein letztes Mal in ihr Dorf zurück um sich Pfeil und Bogen, ein Beil und lebensnotwendige Dinge auf ihr Pferd zu laden. Bei einem letzten Blick in den Wigwam griff sie nach der heiligen Feder, die ihr Volk immer verehrt hatten. Ein großes, weiß geflügeltes Pferd sollte einst hier gelandet sein um Mannitou bei seiner Reise auf die Erde zu bringen. Diese Feder hatte er einst dem Medizinmann ihres Stammes mitgebracht und sie gab ihrem Stamm Gesundheit, Kraft und Mut. Das Mädchen hing sich das heilige Stück um ihren Hals und sofort, wehte wieder dieser pfeifende Wind durch das Zelt. Er blies das bis eben noch leicht flackernde Feuer aus und tanzte in der Mitte des Zelte. Er zerzauste das Haar des Mädchen und ließ sie vor Ehrfurcht einen Schritt rückwärts treten. Und sofort schlug draußen vor dem Zelt ein Blitz ein und das Wiehern des weißen Hengstes war in dem Sturm zu hören. Hastig verließ sie das Zelt und stolperte zu ihrem schwarzen Pferd. Der Regen und der Wind verwandelten sich allmählich in einen wütenden Sturm, der mit seiner Kraft alles zu zerstören drohte. Die Weiße Feder an ihrem Hals schimmerte im Licht des aufgegangenen Mondes. Entschlossen trieb sie ihr Pferd an und galoppierte auf die heiligen Berge zu. Hier war der einzig denkbare Schutz vor dem heftigen Sturm zu finden und sie als Mitglied ihres verstorbenen Stammes hatte das Recht sie zu betreten.
Sie war die Häuptlingstochter gewesen und hatte bis jetzt ein glückliches und sorgenfreies Leben geführt. Ihr Stamm war Fremden friedlich gesinnt und hatte an nichts böses gedacht, als sich die Weißen dem Lager näherten. Nun hatte sie gelernt, was es hieß niemand zu vertrauen. Ihren Schmerz und Verlust wollte sie länger keinem zeigen. Wut und Haß befielen sie und stählenden ihr Vorhaben die Weißen zu vernichten. Ihr Stamm hatte sehr gute Krieger und war bei den anderen indianischen Völkern hoch angesehen. Bald würden sie durch ihre Rauchzeichen von ihrem Vorhaben erfahren. Die besten Krieger der unterschiedlichsten Stämme würden sich zu einem mächtigen Heer zusammenschließen und mit ihr in die Schlacht ziehen.
Schon am nächsten Morgen, nachdem sich der Sturm gelegt hatte, waren ihre Rauchzeichen von den umliegenden Stämmen am Himmel gesichtet worden. Sie ließen die mächtigen Medizinmänner erstarren und ihre Stämme wurden hektisch zusammengerufen. Und wie sie es erwartet hatte, kamen die besten und mächtigsten Krieger mit ihren Häuptlingen, um mit ihr ihren Rachefeldzug zu planen. Jeder Stamm hatte bis jetzt Verluste und Schaden durch die Weißen erlitten und ihren Vater immer wieder um die Erlaubnis Krieg zu führen gebeten. Doch der mächtige Häuptling hatte damals noch das Gute in jedem Menschen gesehen und seine Leute immer wieder zum Frieden überredet. Doch seine Tochter hatte schon lange anders gedacht und nun hatte sie das gräßliche Schicksal ihres Stammes zu einem blutrünstige und reißendes Tier gemacht.
Und so kam es, dass sich eine bemerkenswerte Anzahl von mutigen Kriegern zusammengefunden hatte. Und alle waren bereit dem Mädchen, weißer Feder, zu folgen.
Zwei prächtig große Federn eines Adlers zierten ihr Haar, die heilige Weiße Feder baumelte an ihrem Hals und sie trug ihre beste Kleidung, die sie hatte. Ihr Pferd war ebenfalls mit Federn und Farbe wundervoll verziert worden. Eine mächtige Kriegerin mit einem guten Pferd unter sich und einem großen Vorhaben. Als Häuptlingstochter des hochrangigsten Stammes, waren ihr die anderen bedingungslos unterlegen. Doch sie folgten ihr nicht aus Zwang, sie kamen freiwillig, um für sie zu kämpfen, da sie die gleichen Ansichten vertraten. Den Weißen mußte Vernunft beigebracht werden. Mit ihren dämlichen Verträgen sollten sie zum Teufel gejagt werden.

Und so eroberte sie ihr altes Indianerland zurück. Wer sich ihnen zur Wehr stellte, wurde erbarmungslos getötet. Die Krieger gingen mit Härte und Entschlossenheit vor und die weißen Siedler, Farmer, Rancher und deren Familien flohen. Viele Kämpfe ereigneten sich zu dieser Zeit und der Boden wurde mehr als nur einmal von Blut getränkt. Die verlassenen Hütten und Ranches wurden bis auf die Grundmauern abgebrannt und zerstört, die Tiere freigelassen. Weiße Feder und ihre Krieger waren den Bleichgesichtern überlegen.
Die Geschichte des aufsässigen Indianerstammes ging durch das Land. Am Mittagstisch, in den Saloons oder bei der Arbeit gab es kein anderes Gesprächsthema mehr. Die weißen Siedler hatten Angst, die reichen Farmer wollten nichts verlieren und die Städte rüsteten sich zum Kampf. Die wildesten Geschichten wurden sich von weißer Feder, der mächtigen Kriegerin, erzählt. Sie flößten den Zuhörern Angst und Respekt zu gleich ein. Die Kavallerie wurde gerufen und Soldaten durchstreiften das Land. Doch keiner konnte wissen wo sich Weiße Feder und ihre Krieger versteckten oder als nächstes zuschlagen würden. Große Landstriche wurde für gefährliches Indianergebiet eingestuft, Barrikaden in den Städten errichtet und die Waffengeschäften machten zu dieser Zeit ihre besten Geschäfte.
Weiße Feder! Jeder wollte sie plötzlich aus der Nähe sehen, wollte kämpfen, auch wenn er auf seiner Farm in Sicherheit war. Sie war in kurzer Zeit zum Mythos, zur lebenden Legende geworden. Man fürchtete und verachtete sie zugleich.
Und so wurde der Befehl erteilt, dieses Mädchen lebend zu fangen. Sie wußten was die Häuptlingstochter so erzürnt hatte. Das sinnlose Gemetzel ihres Dorfes. Ein mißverstandener Befehl und die Männer, die für diese Tat verantwortlich waren wurden schon verfolgt. Man wollte das Mädchen zur Vernunft bringen, ihr erklären was geschehen war, doch zuerst mußte man sie finden.

Auch weißer Feder war bewußt, dass nun alle gewarnt waren und es ihr nun nicht mehr so leicht gemacht würde. Alles würde sich nun auf einen Kampf vorbereiten. Auch ihr war mittlerweile zu Ohren gekommen, dass man nach ihr suchte und sie lebend fangen wollte. Vielleicht würde es Ihnen gelingen, immerhin gab es mehr Weiße als Indianer. Höchstwahrscheinlich würde ihr neu erobertes Reich schon bald wieder fallen, aber sie würde kämpfen. Bis zum letzten Atemzug!

In der nächsten Vollmondnacht wurde ein großes Fest gefeiert. Ihre Krieger und sie feierten ihren Triumph über die Weißen. Ein riesiges Feuer wurde in der Mitte des Lagers entzündet und Freudentänze begleitet vom Trommelschlag machten die Nacht zum Tag. Die Gesänge, welche von Generation zu Generation weitergegeben wurden, durchdrangen die nächtliche Stille.

Am nächsten Morgen war Weiße Feder auf Streifzügen durch das Land unterwegs. Sie erkundete die Umgebung nach Feinden. Ihre Blicke schweiften über das trockene Land. Ihre Ruhe wurde von einem aufgebrachten Krieger gestört, der sein Pferd neben ihr hastig zum stehen brachte:
„Dort unten , „ er deutete in eine Schlucht, „ kommen noch mehr Weiße, um sich in unserem Land anzusiedeln. Sie haben Wagen und Pferde bei sich. Und sie werden von anderen Weißen bedroht. Sie sind so mit sich selbst beschäftigt, dass wir leichtes Spiel mit ihnen hätten.“
Weiße Feder nickte: „Sammelt die Krieger! Wir werden sie uns aus der Nähe einmal ansehen.“ Als Weiße Feder an den Lagerplatz zurückkehrte waren die Männer bereit.

Der Siedlertreck war in den letzten Tagen gut vorangekommen. Die Pferde hatten an den Wagen schwer zu ziehen. Fünf Familien hatten sich zusammengetan um ein neues Leben hier im goldenen Westen anzufangen. Ihr ganzes Hab und Gut hatten sie auf die Wagen geladen und waren mit ihren Frauen und Kindern losgezogen.
Ein Lachen lag trotz der senkenden Hitze auf den Gesichtern, denn sie freuten sich auf das neue Leben.
Als der letzte Wagen in die Schlucht einfuhr fielen die ersten Schüsse. Die Männer auf dem Kutschbock übergaben ihren Frauen die Zügeln und griffen nach Gewehr und Colt.
„Banditen!“ kreischte der Mann im letzten Wagen und warnte seine Kumpanen. Eine Bande von zehn weißen Männern mit Tüchern über den Gesichtern fielen über die ahnungslosen Familien her.

Die Krieger hatten die Wagen auf ihren schnellen und wendigen Pferden im Nu eingeholt. Die Familien waren zum anhalten gezwungen worden und wurden nun erbarmungslos ausgeplündert. Die Banditen waren so in ihr tun vertieft, dass sie die nahende Gefahr nicht kommen hörten.
Die Indianer starteten sofort zum Angriff und ließen ihr furchterregendes Kriegsgeheul ertönen. Die Bande hatte die Wagen ausgeräumt. Unmengen an Stühlen, Koffern oder Töpfen hatten sie einfach in den Dreck geworfen. Alles was etwas an Wert hatte stopften sie in ihre Taschen. Die Ehemänner hatten ihre Familien versucht zu verteidigen. Doch bei der Überzahl an Banditen hatten sie keine Chance. Ein Familienvater lag leblos am Boden, den Kopf auf den Schoß seiner Frau gebettet. Die anderen waren entwaffnet worden und standen in einer Reihe aufgestellt nebeneinander. Zwei der Gesetzlosen hielten sie mit ihren Waffen in Schach. Die Frauen und Kinder weinten.
Auf ihren Pferden angallopierend machten die Krieger mit den Plünderern kurzen Prozeß. Sie luden ihre Gewehre und schossen. Sie stürzten sich blutrünstig mit ihren Messern von ihren Tieren und rissen ihren Feind zu Boden. Weiße Feder behielt den Überblick in dieser Lage. Die Bande war ihren Kriegern eindeutig unterlegen. Der trockene Sand wurde unter den tänzelnden Pferdehufen und den kämpfenden Männern aufgewirbelt und vernebelte die Sicht. Verzweifelt versuchten die Banditen sich mit ihren Colts zu verteidigen.
„Scheisse! Wo kommen die Indianer plötzlich her?“ hallte es durch das Kampfgewimmel.
Ein lauter Aufschrei einer der weißen Frauen, ließen Weiße Feder ihr Pferd ruckartig wenden. Einer der verhaßten Bleichgesichtern hatte sich eine Frau geschnappt und sich ihr aufgedrängt. Die junge Frau wehrte sich mit aller Kraft.
„Du widerspenstiges Geschöpf!“ fluchte er, als ihm die Lady ins Gesicht spuckte.
Unsanft warf er sie in den Staub
„Ich werd dir schon zeigen was du davon hast !“ er zog seinen Revolver und legte mit einem gehässigen Grinsen auf die Frau an, die zitternd im Sand lag.
„Nein!“ erklang die angsterfüllte Stimme ihres Mannes, der ihr nicht helfen konnte, da die zwei Banditen die Ehemänner immer noch unter Kontrolle hielten.
Das Klicken des gespannten Revolverhahnes ertönte und ließen Weiße Feder blitzschnell handeln. Sie zog ihr Messer aus dem Gürtel und ließ es gekonnt durch die Luft surren. Der Mann griff mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Griff des Messers, der sich so plötzlich in seinem Bauch gebohrt hatte. Ächzend fiel er zu Boden, wobei der jungen Frau ein kleiner Schreckensschrei entfuhr. Mit letzter Kraft umklammerte er wieder seinen Revolver und schob ihn durch den Sand. Weiße Feder galoppierte herbei und zog das Messer aus seinem Bauch und stach noch mal zu. Der Mann atmete seinen letzten Atemzug. Weiße Feder säuberte grob das Messer an seiner Kleidung und steckte es wieder in ihren Gürtel. Als sie wieder auf ihr Pferd stieg fiel ihr Blick auf die ängstliche Frau. Tränen rannen über ihre Wangen und ihre Hand war erschrocken über ihren Mund gelegt. Ihr Blick glitt immer wieder zwischen Weißer Feder und dem toten Mann hin und her.
Plötzlich wurde Weiße Feder zu Boden gerissen. Ein weißer Bandit hatte sie mit einem Würgegriff von ihrem Pferd gezerrt. Es kostete sie nicht viel Kraft dem wackligen Messer des Mannes auszuweichen. Mit einem geschickten Griff nahm sie ihm seine Waffe ab und verwendete sie gegen ihn. Auch er fiel leblos zu Boden.
Allmählich kehrte Ruhe auf dem Schlachtfeld ein. Die Feinde waren alle besiegt. Erlöst schlossen die Männer ihre Frauen und Kinder in die Armen. Mißtrauisch behielten sie die Krieger im Auge.
Das Schluchzen einer weinenden Frau durchschnitt die Stille. Der immer noch bewußtlose Mann lag am Boden und seine Frau beugte sich unglücklich über ihn. Weiße Feder griff in ihren Kräuterbeutel und zauberte eine alte Heilpflanze ihres Stammes hervor. Langsam brachte sie ihr Tier vor der Frau zu stehen und reichte ihr die Pflanze.
Verwundert griff die Frau nach dem Heilmittel.
„Ich kenne diese Pflanze aus unserer Heimat, schluchzte sie, „vielen Dank!“
Weiße Feder nickte nur
„Ja sie wird ihm helfen.“
Sie war kein Meister großer Worte. Ein Mann des Trecks hielt immer noch überglücklich seine Frau im Arm als er die Krieger ansprach
„Ich danke euch allen, ohne euch wären wir verloren gewesen! Und wenn wir uns irgendwie erkenntlich zeigen können, dann lasst es uns wissen.“
Weiße Feder nickte wieder und gab ihren Männern das Zeichen zum Aufbruch. Der Treck belud wieder die Wagen und nahm sich zurück was ihnen gehörte.
„Hieß es nicht Indianer seien unsere Feinde ?“ fragte eines der verschreckten Kinder seine Eltern. Der Vater antwortete ihm verlegen am Kopf kratzend:
„Tja, das dachte ich auch, aber wie du siehst scheint nicht alles zu stimmen, was wir über den Wilden Westen gehört haben. Wir müssen uns unser eigenes Bild machen.“ er lächelte seinem Sohn zu und hob ihn in den Wagen.
„Alles fertig, dann ziehen wir weiter!“ erklang die Stimme des Mannes vom ersten Wagen und der Wagentreck setzte sich wieder in Bewegung.

Weiße Feder und ihr Gefolge zogen sich für die Nacht zurück. Zum ersten Mal nach langer Zeit hatte sie ein ihr fast unbekanntes gewordenes Gefühl empfunden: Mitleid!
Ihre Krieger und sie hatten in den letzten Wochen hart zurückgeschlagen, doch niemals Frauen oder gar Kinder getötet. Es wurden nur diejenigen getötet. die sich ihnen in den Weg stellten, die sie hassten, verabscheuten, sie angriffen. Familien hatten sie vertrieben, ihnen aber nie ein Leid zugefügt. Und dennoch hatte sie heute zum ersten Mal Menschen mit weißer Hautfarbe geholfen. Die Weißen waren ein seltsames Volk. Sie beraubten, plünderten und töteten sich gegenseitig, sie hielten nicht zusammen, respektierten weder Natur noch ihresgleichen, waren rücksichtslos und verschworen sich gegen alles und jeden der anders war wie sie.
Als ihre Krieger sich zu Ruhe gelegt und die Nachtwache ihren Posten eingenommen hatte, saß Weiße Feder immer noch schweigend auf ihrem Pferd. Sie sah zum Mond hinauf und wußte, dass der Tag nahte, an dem die Weißen sie vernichten würden.

Unterdessen hatte sich die Kavallerie in das feindliche Indianergebiet begeben. Schon seit mehreren Tagen waren sie in der puren Wildnis unterwegs, auf der Suche nach Weißer Feder. Doch hatten sie keine Spur von ihr finden können. Der Captain hatte den letzten und riskantesten Vorschlag seinen Männern unterbreitet und die Teilnahme an diesem Feldzug ins feindliche Gebiet seinen Männern freigestellt. Doch sie waren ihm alle bedingungslos gefolgt.
Als die Sonne früh an diesem Morgen aufging, waren sie auf die Pferde gestiegen und hatten angefangen das nächste Gebiet zu durchkämmen.
„Captain, dort!“ einer der Soldaten zeigte auf das flache Land hinaus.
Sie hatten die Schlucht erreicht, in die der Siedlertreck getrieben worden war.
„Lauter Tote!“ murmelte einer der Soldaten.
„Die ganze Kompanie halt!“ die Männer hielten ihre Pferde sofort an.
Der Captain lies seine Augen prüfend über den verwüsteten Ort streifen. Mindest zehn weiße Männer lagen hier im Sand, mit Pfeilen durchbohrt oder von Kugeln getroffen. Die Wagenspuren des Siedlertrecks waren im Sand nicht mehr zu sehen.
„Das war das Werk der Rothäute!“ flüsterte der Captain.
Er ließ sein Pferd antraben, um einen kurzen Blick auf die toten Weißen zu werfen, doch man erkannte sofort beim näher kommen, dass ihnen nicht mehr zu helfen war.
Der Geruch des Todes hing in der Luft.
„Begrabt die Toten. Und dann werden wir uns endlich Weiße Feder schnappen. Länger wie ein Tag kann das hier nicht her sein! Ich möchte, dass wir sie endlich schnappen. Ich will keine ermordeten Weißen mehr sehen!“
„Das sind doch keine gewöhnlichen Weißen. Das sind eindeutig Banditen und verdienen..“
„Kein Wort mehr Coperal Montiego! Trotzdem gehören sie zu unserem Volk und damit zu den Menschen, die wir beschützen sollen! Wir werden sie uns schnappen!“
Die Kompanie grölte auf und der Captain ließ sich für seine große Worten feiern. Mit skeptischen Blick entfernte sich der Coperal etwas von der Gruppe.
Und da war sie plötzlich.
Schweigend saß sie auf ihrem prächtigen Pferd und starrte von dem Felsvorsprung zu ihm hinunter. Ihr Gesicht ließ keine Gefühlsregung erahnen, weder Wut noch Haß noch Mitleid. Ihre dunklen Augen bohrten sich in den Körper des Coperal und berührten sein Herz. Respektvoll nahm er den Hut ab und drückte ihn an die Brust. Sie war eine sehr junge Kriegerin und ihre Schönheit verbunden mit dem Stolz der Indianer raubten ihm den Atem.
Er nickte ihr zu und wendete sein Pferd wieder, um stillschweigend zu seinen Männern zurückzukehren.
Weiße Feder war verblüfft, als der weiße Mann ihr vertrauensvoll den Rücken zukehrte.
Auch sie wendete nun ihr Tier. Doch bevor sie drei Schritte getan hat, hört sie einen Schuß. Die Kugel verfehlt nur knapp ihr Ziel. Blitzartig fällt ihr prüfender Blick auf ihre Angreifer. Die Meute raste auf sie zu. In dem plötzlich aufgewirbelten Staub, sah sie noch die letzten Schritte des Coperal bevor ihn der Gewehrkolben von hinten traf.
„Verräter!“
„Indianerfreund!“
hallten die Beleidigungen, die an den nun bewußtlosen Coperal gerichtet waren, zu ihr herüber.
Eine weitere Kugel, die an der Felswand neben ihr abprallte brachte sie schlagartig in die Gegenwart zurück. Auf ihr Zeichen begann der schwarze Mustang unter ihr mit einem kraftvollen Satz nach vorne seinen schnellen Lauf. Nicht einmal der Wind hätte sich mit diesem Tier messen können. Seine Hufe donnerten über den felsigen Boden. Mit aufgestellten Ohren und geblähten Nüstern preschte er über das Land und lauschte den Befehlen seiner klugen Reiterin.
Die weißen Soldaten mussten bald aufgeben. Ihre schlecht trainierten und total überladenen Pferde beendeten die plötzliche Hetzjagd schneller als ihren Reitern lieb war. Ein paar verzweifelte Schüsse und Flüche folgten Weißer Feder noch einen Moment bevor sie in der verworrenen und staubigen Landschaft einfach verschwand.

Verschwitzt und wütend kehrten die abgehängten Soldaten zurück.
„Wo ist sie? Habt ihr euch abhängen lassen?“ nervös wendete der Captain sein Pferd.
„Sie war unheimlich schnell auf ihrem Mustang. Unsere Tiere können da nicht mithalten.“
„Genug! So etwas will ich nicht mehr hören. Ihr werdet beim nächsten Mal dafür sorgen, dass sie nicht entkommen kann. Wo ist eigentlich Soldat James Dean?“
Mit verwunderten Gesichtern schauten sich seine Kameraden nach ihm um. Doch sein Platz in ihrer Kette war leer.
„Er scheint noch auf der Jagd nach weißer Feder zu sein.“
„Wenn ich mich zu Wort melden darf, Captain....“ meldete sich einer
„Sprechen sie, Miller!“
„Dean hat sein Pferd nur kurz zum stehen gebracht, als wir beschlossen aufzugeben. Während die anderen schon zu ihnen zurückkehrten, hielt er mich für eine Minute fest und bat mich ihnen folgende Nachricht zu überbringen: Er wird ihnen Weiße Feder lebendig bringen und diesem sinnlosen Gemetzel endlich ein Ende setzen. Er weiß es widerspricht jeder Vorschrift sich den Anordnungen und Befehlen von Ihnen zu widersetzen. Aber er fand er handle in ihrem Sinne, wenn er nicht wie wir anderen aufgeben würde. Er bittet um ihr Verständnis und wird in ein paar Tagen ins Fort Claymore zurückkehren. Mit der Indianerin.“
„Dieser, dieser Dummkopf! Natürlich handelt er in meinem Sinne, wenn er verbissen an der Sache dranbleibt. Das ist ja oberstes Gesetz bei der Armee. Aber alleine gegen einen ganzen Stamm Indianer wird er es nicht schaffen.“
„Ich weiß Captain, ich versuchte ihm auch die Sache auszureden aber da hatte er schon seinem Pferd die Sporen gegeben und ihr nachgesetzt.“
„Kompanie!“ rief der Captain seinen Soldaten zu. „wir teilen uns hier in zwei Gruppen. Die erste Gruppe von 20 Mann wird den Spuren von Dean und der Indianerin folgen und ihn versuchen einzuholen. Ihr werdet im helfen Weiße Feder zu schnappen und dann ins Fort zurückkehren. Vier Tage Zeit bekommt ihr. Seid ihr bis dahin nicht zurück, wird ein Suchtrupp nach euch geschickt.
Die zweite Gruppe von 10 Mann wird hierbleiben und die Toten begraben. Danach wird sie den Verräter Coperal Montiego ins Fort in Haft bringen und die Soldaten dort von dem Geschehen und der 4-Tagefrist informieren. Ich schließe mich dem ersten Trupp an!“
Ein nicken der Männer bestätigte ihr Einverständnis.
„Weiße Feder ich werde dich bekommen!“ murmelte der verbitterte Captain in seinen Bart.

Der schwarze Mustang unter ihr trug sie geschwind über das trockene Land. Geschickt hatte er sie durch die Felsen gebracht und strebte nun das Versteck ihrer Krieger an.
Der weiße Mann, der ihr folgte, hatte Schwierigkeiten mit ihr mit zu halten. Sein Pferd folgte mit weit aufgerissen Augen und geblähten Nüstern den nüchternen und hektischen Befehlen seines Reiters. Schweißflecken zeichneten sein Fell und das anhaltende tiefe schnaufen, liessen seine Erschöpfung erahnen. Doch sein Reiter kannte kein Mitleid. Er hatte nur noch Augen für die Kriegerin, die vor ihm flüchtete. Es war etwas schwierig gewesen ihren halb verwischten Spuren zwischen den Felsen zu folgen. Doch da sie sich sicher gefühlt hatte und in einem langsamen Tempo geritten war, hatte er sie schnell eingeholt.
‚Er hat in ein gutes Pferd unter sich‘ sausten ihr die Gedanken durch den Kopf, als sie den hartnäckigen Verfolger bemerkte.
Sie lenkte ihr Tier kurzerhand in entgegengesetzte Richtung, von ihrem Lager weg, und lockte ihn in die Dornenbuschsteppe. Dort kannte sie viele Schleichwege.
Der Reiter erkannte ihr plötzliches Ziel.
„Los schneller du Gaul! Wenn sie mir zwischen den Dornenbüschen entwischt, wirst du es büßen!“
Provozierend hielt Weiße Feder einen kurzen Moment vor dem Land der Dornen an und schaute sich ihren Verfolger nochmals an. Dann verschwand sie in dem Wirrwarr von ausgetrockneten Büschen und Sträucher. Der Soldat in seiner Hatz folgte ihr im Galopp in die Falle. Nach kurzer Zeit hatte er Weiße Feder sowie die Orientierung verloren. Er zügelte sein Tier hastig und griff zu seinem Revolver. Schweißperlen rannen ihm übers Gesicht. Sein Atem ging hastig und unkontrolliert. Sein gehorsames Pferd stand schwer atmend und mit gesenktem Kopf da. Weißer Schaum hatte sich mittlerweile auf dem strapazierten Körper gebildet.
„Ein Bild des Jammers!“ erschallte ihre Stimme über ihm.
Auf einem Felsvorsprung ist sie wie aus dem nichts aufgetaucht. Sofort richtete der Soldat seine Waffe auf sie.
„Ein Tier so zu schänden, dass könnt nur ihr Weißen!“
„Halts Maul!“
„Sieh dich nur an, krankhaft hast du versucht mich einzuholen. Ja krankhaft ist das richtige Wort! Denn ihr Weißen seid alle krank im Kopf! Ihr versteht es nicht andere Lebewesen die anders sind wie ihr neben euch zu respektieren!“
Die Hand des Soldaten begann zu zittern.
Weiße Feder lenkte ihren stattlichen Mustang galant den Fels hinunter und hielt ihn direkt neben ihrem Verfolger.
„Du besitzt auch noch die Frechheit dich genau vor meinen Revolver zu stellen, obwohl du siehst, dass ich dich jederzeit abknallen kann und du überhaupt nichts tun kannst !“
„Irrtum, weißer Mann!“
Mit einem geschickt Handgriff packte sie sein Handgelenk und dreht es in eine unnatürlich Richtung, so daß der Arm ein lautes knacken verlauten ließ. Durch die ruckartige und unerwartet Bewegung der Indianerin, riss es den Soldaten aus dem Sattel. Ein Schmerzensschrei entrann seiner Kehle, so daß seine Kameraden die nun in Hörweite waren erzitterten.
„Dort entlang, es kam von dort.“

Vor Schmerzen halb wahnsinnig hielt der Soldat seinen Arm.
„Du hast ihn gebrochen...“
„Nein, nur ausgerenkt!“
Der Arm hing unnatürlich an dem Körper des Opfers, als schien er nicht mehr zu ihm zu gehören.
„Was hast du jetzt vor?“ schrie er ihr wütend entgegen.
„Wie wäre es wenn ich genau das mache, was ihr Weißen euch immer in euren Geschichten von den Kämpfen mit den Wilden erzählt.“ ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, „skalpieren, quälen, häuten, zerfleischen, verbrennen bei lebendigen Leib, erdrosseln in der Tageshitze...“
Die Augen des Weißen weiteten sich vor Schreck.
„Nein, das gibt es nur in euren Geschichten. Das war einmal und mittlerweile sind wir schon fast genauso fortschrittlich wie ihr.“
Sie hielt seinen Revolver in der Hand und legte auf ihn an. Nach kurzem Überlegen drückte sie ab. Die Kugel verfehlte nur knapp ihr Ziel und schlug ein paar Zentimeter neben dem Kopf des Soldaten ein. Am harten Gestein des Felsen prallte sie ab und verlor sich als Querschläger irgendwo im Sand.
Der Soldat war erschrocken zur Seite gesprungen, immer noch seinen Arm haltend. Seine Worte waren ihm längst auf der Zunge erstorben.
Das Hufgetrappel der herannahenden Pferde seiner Kameraden jedoch, gaben ihm wieder Mut.
„So, jetzt ist das Spiel aus, bald werdet ihr in Ketten liegen.“
Weiße Feder wendete kurz entschlossen ihr Pferd und verschwand hinter dem nächsten Felsen. Der Soldatentrupp tauchte fast Sekundengleich mit ihrem Verschwinden auf. Der Verletzte zeigte ihnen die Richtung und eine erneute Hetzjagd begann. Weiße Feder und ihr schwarzer Mustang durchquerten mit Geschick das Dornental. Ihre Verfolger waren ihnen dicht auf den Fersen. Eine Kugel durchdrang das dichte und trocken Gestrüpp und ließ die ausgetrockneten Zweige zerbarsten. Weiße Feder galoppierte auf den Ausgang des Tales zu. Der einzige, der lebend zu durchqueren war. Doch plötzlich tauchte ein weiterer Trupp Soldaten auf und versperrte ihr die einzigsten Fluchtmöglichkeit. Hart brachte sie ihr Tier zum stehen. Viel Zeit zum überlegen blieb nicht. Als die Soldaten ihr von beiden Seiten den Weg versperrten und rasant auf sie zustürmten, trieb sie ihren Schwarzen zur Höchstleistung an. Mit zwei kräftigen Galoppsprüngen erklammen sie eine steile sandige Wand.
„Sie versucht das Plateau zu erreichen, wenn sie dort oben ankommt ist sie leicht zu schnappen.“
„ Dann trennen wir uns nochmals. Drei bleiben hier und versuchen sie runter zu holen, ihr anderen nehmt den Felsweg auf das Plateau und wartet auf sie. Und denkt dran wir brauchen sie lebend!“
Weiße Feder hatte das Plateau fast erreicht als ihr Hengst, bei seinem letzten Satz keinen festen Halt fand. Sie rutschten einige Meter wieder nach unten aber kaum waren sie zum stehen gekommen erklammen sie mit lebensrettenden Ehrgeiz das Plateau. Zeit zum ausruhen blieb den beiden nicht. Denn kaum hatten sie wieder festen Stein unter ihren Füßen taucht der zweite Trupp wieder auf. Weiße Feder riss den Kopf ihres Pferdes energisch in die entgegengesetzte Richtung und galoppierte auf die Felsspalte zu. Das andere Plateau welches eine weitere Möglichkeit bot das Dornenland zu verlassen, lag getrennt durch eine tiefe Schlucht.
‚Lebend bekommt ihr mich nie, entweder schaffe ich es oder ich sterbe in der tiefe dieser Schlucht.‘
An der Felskante schloss die junge Indianerin die Augen und gab ihrem treuen Tier das Zeichen zum Absprung. Die Zeit schien plötzlich still zu stehen. Die Soldaten brachten bewundernd ihr Tiere zum stehen und begleiteten mit großen Augen ihren Flug über die Tiefe. Die junge Frau hatte ihre Augen immer noch geschlossen und griff nach der heiligen weißen Feder, nach der sie benannt war.
„Das schafft sie nicht!“
Hart setzten die beiden auf der anderen Plateauseite auf. Ein Hinterhuf brach bei der knappen Landung kurz an der Felskante ab doch die beiden hatten es geschafft. Die Soldaten befreiten sich aus ihrer Starre und einer von ihnen feuerte einen Schuß ab. Er erwischte die Flüchtende. Von dem plötzlich Schmerz überrascht, fiel ihr Oberkörper über den Hals des Tieres, welches sie aus der Sichtweite ihrer Verfolger brachte.
„Ich hab sie getroffen!“
„Ja und vielleicht sogar getötet du Dummkopf. Hieß es nicht LEBENDIG?!“

Weiße Feder mußte nun den längeren Weg aus der Dornensteppe nehmen. Die Kugel hatte sie an der rechten Schulter getroffen und sie in ihrer Behendigkeit gehemmt. Sie hatte einen Fehler gemacht:: den Feind unterschätzt! Nun brauchte sie dringend Wasser um die Wunde auszuwaschen und die Kugel zu entfernen, die noch im Fleisch steckte. Sie verlor sehr viel Blut.

Auch die Soldaten wussten, dass die verletzte Indianerin nun Wasser brauchte und verließen das Tal auf dem kürzesten Wege, um ihre Leute zu unterrichten.

Die Sicht verschwamm langsam und die Kräfte ihres Körpers wurden von der sengenden Sonne ausgezehrt. Völlig am Ende steuerte sie auf den seichten Nebenarm des Flusses zu. Es waren noch keine Soldaten zu sehen. Erleichtert erreichte sie das lebensnotwendige Wasser. Doch bevor ihr Pferd sie ans Wasser tragen konnte, entglitt sie seinem Rücken und stürzte zu Boden. Kein Schmerzenslaut kam über ihre Lippen.
„Geh was trinken Kleiner!“ redete sie ihrem Pferd zu und dies gehorchte. Sie selbst raffte sich mit viel Kraft wieder auf und taumelte ans Wasser. In dem feuchten und kühlenden Schlamm ließ sie sich nieder um zu trinken und ihre Wunde auszuwaschen. Sie benötigte ihr Messer zur Kugelentfernung und sah es einige Meter hinter ihr im Sand liegen. Beim Sturz war es ihr aus dem Gürtel gefallen. Als sie jedoch mit dem einen Fuß im weichen Schlamm versank, schnappte plötzlich eine eiserne Tierfalle zu. Mit einem Schmerzensschrei fiel sie zu Boden und griff nach der Falle. Mit seinen spitzen und großen Zacken, bohrte sich die schrecklich Erfindung der Weißen tief in ihr Fleisch. Verzweifelt versuchte sie mit zittrigen Händen sie wieder auseinander zu biegen, sie zu öffnen. Doch alles ziehen und drücken half nichts. Sie saß fest. Die Falle war am Ende mit einer dicken Eisenkette verbunden und mit einem Pflock zur Halterung des Gefangenen in den Boden gerammt worden. Weiße Feder hatte keine Chance zu entkommen. Schon nach wenigen Minuten in sengender Sonne und bei hohem Blutverlust ihrer beiden Wunden war sie kaum noch bei Besinnung. Ihr Pferd flüchtete als sich die herannahenden Feinde näherten. Schutzlos war sie ihnen ausgeliefert. Und das alles nur durch einen kleinen Fehler, von ihr ausgelöst und von einer Falle zur Vollendung gebracht. Die große Indianerkämpferin war gefangen.
„Ho, ho!“ die Wagen wurden zum stehen gebracht.
Weiße Feder öffnete geschwächt die Augen. Immer noch verschwommen konnte sie drei Gestalten erkennen, die sich ihr näherten.
„Um Gottes Willen! Jason! Das ist die Indianerin, die uns das Leben vor ein paar Tagen gerettet hat.“
Der Siedlertreck war in heller Aufruhr.
„Die Frauen und Kinder bleiben auf dem Wagen!“ befahl der Führer der Gruppe.
Die Männer näherten sich der Verletzten. Vorsichtig knieten sie sich in den Schlamm. Eine Hand berührte ihr Gesicht zaghaft.
„Ist sie noch am Leben?“ fragte eine Stimme.
Ihr Puls wurde gefühlt.
„Ja sie lebt noch. Aber sie scheint nicht mehr ansprechbar zu sein. Sie muß schon eine ganze Weile hier liegen. Der Schlamm auf ihrer Haut ist mittlerweile trocken und fest.“
„Los befreien wir sie von der Falle.“
Mit vereinten Kräften wurde die Häuptlingstochter befreit und zu den Wagen getragen. Eine der Frauen hatte sich dem Befehl der Männer widersetzt und eine Decke im Schatten des Wagens ausgebreitet. Die Männer betteten sie behutsam darauf. Ein Stöhnen rann über die trockenen Lippen Weißer Feders. Die Frau kniete neben die Verletzte und setzte eine Feldflasche an ihren Mund. Kühles Wasser weckten neue Lebensgeister in der Indianerin. Gierig trank sie bis ihr die Flasche wieder weggenommen wurde. Dann öffnete sie die Augen.
„Sie erwacht!“ war die erfreute Stimme der Frau zu hören.
Die anderen Frauen und Kinder gesellten sich zu ihnen.
„Eindeutig. Das ist unsere Lebensretterin. Und jetzt braucht sie unsere Hilfe.“ mit leuchtenden Augen schaute sie ihren Mann an.
„Los, bringt mir einen Eimer Wasser, damit wir sie von dem Dreck befreien und ihre Wunden versorgen können.“
Erschrocken wurde während des Wasser holens der Kinder, nicht nur die tiefe Wunde an ihrem Fußgelenk, sondern auch die Schußwunde an ihrer Schulter festgestellt.
„Wer mag ihr das denn angetan haben?“
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

Der Trupp Soldaten erreichte den Wagentreck.
„Guten Tag.“ grüßte der Captain unverschämt freundlich.
„Ich glaube sie haben da etwas, was uns gehört.“
Erstaunt wechselten die Familien Blicke.
„Die Indianerin meine ich, um genau zu sein. Wir sind schon seit Monaten hinter ihr her. Soldat Miller und Cartmag!“ die beiden Gerufenen traten auf ihren Pferden hervor.
„Fangt ihr Pferd. Ich habe den schwarzen Mustang auf der einzigen Grünfläche, die es hier gibt grasen sehen. Einige Meter von hier in südlicher Richtung.“
Die beiden verließen das Treffen und galoppierten davon.
„Wie haben Sie sie gefangen?“ wollte der Captain von den Siedlern wissen.
„Wir haben sie nicht gefangen. Wir fanden sie. Dort, im Schlamm, gefangen in einer Tierfalle. Sie ist schwer verletzt und braucht unsere Hilfe!“ erklärte Jason.
„So einfach hätte ich mir das nicht erträumen lassen. Gute Arbeit Männer.“ nickte der Captain zufrieden.
„Wessen glorreiche Idee war es, hier diese Fallen aufzustellen.“
„Von keinem, Sir. Die muss wohl ein Fallensteller aufgestellt haben und hat uns damit einen riesen Gefallen getan!“ antwortete ihm ein Soldat untergeben.
„Das kann man wohl sagen!“ lachte der Captain.
„Los fesselt sie und bindet sie auf ihren Mustang, damit wir sie transportieren können.“
Unter lautem Protest der Siedler wurde Weiße Feder aus den schützenden Händen der Familien gerissen. Grob wurde sie an Händen und Füßen gefesselt und wie ein Stück Fleisch quer über den Rücken ihres mittlerweile eingefangenen Hengstes geschmissen.
„Das könnt ihr doch nicht machen!“
„Seht ihr nicht, dass es ihr sehr schlecht geht!“ die bitteren Zurufe der Siedler wurden ignoriert.
„Das ist doch nur eine Indianerin, Ma’am. Kein Grund zur Aufregung.“ erklärte der Captain.
Das Klatschen eines aus der Hand gefallenen Wassereimers ließen einen kurzen Moment Ruhe in die Hektik einkehren und alle schauten auf. Die Kinder hatten mittlerweile den Wassereimer gefüllt und ihn vorsichtig zu der Decke schleppen wollen. Immer darauf bedacht, keinen einzigen Tropfen zu verschütten. Als aber ihre unschuldigen Augen auf die gefesselte Indianerin auf ihrem Pferd fielen, war ihnen der Eimer aus der Hand geglitten. Tränen bahnten sich ihren Weg über die Kinderwangen. Die Mütter sprangen auf und nahmen ihre entsetzten Kinder in die Arme. Auch sie hatten Tränen in den Augen.
„Wenn Sie sie schon wie Dreck behandeln müssen, dann nehmen Sie wenigstens einen Rat von mir an. Wahrscheinlich ist es noch ein ganzes Stück bis zu ihrem Fort und wenn Sie das junge Mädchen so auf ihrem Pferd transportieren, wird sie nicht mehr lebendig in dem Fort ankommen. Sie wollen bestimmt einige Informationen von ihr haben und so rate ich Ihnen, ihr die Fußfesseln abzunehmen, zumal sie mit ihrer Wunde eh nicht laufen kann, und sie längs aufs Pferd zu setzen. Dann kann sie sich über den Hals ihres Tieres fallen lassen. So entlastet ihr sie etwas und sie wird lebendig ankommen.“
Kurzes Schweigen.
Dann nickte der Captain und der Tip des Siedlers wurde in die Tat umgesetzt.
Weiße Feder lehnte sich entkräftet auf den Hals ihres Tieres, das Gesicht den Familien zugewandt. Sie öffnete nochmals die Augen und lächelte ihnen kurz dankbar zu. Die Familien verstanden. Eine Frau schmiegte sich traurig an ihren Mann und dieser legte tröstend einen Arm um sie.
Neben Weißer Feder saß der ebenfalls gefesselte Coperal.
„Auf zu Fort Claymore...“ waren die letzten Worte die sie hörte, bevor sie das Bewußtsein verlor.
Der Soldatentrupp ließ die Siedlerfamilien ratlos zurück.

„Das ist die große Kriegerin.......?“
„.... die so viele fürchten ?“
Lachen.
Wortfetzen von einem Gespräch der Weißen drangen an ihr Ohr. Langsam erwachte sie aus ihrer Ohnmacht. Das laute Krachen der zufallenden Zellentür, machte sie endgültig wach. Ihre Augenlider schienen schwer wie Blei als sie sie krampfhaft öffnete.
Sie war in einer dunklen leeren Zelle eingesperrt worden. Überall waren Gitterstäbe und das Marschieren der Soldaten war zu hören.
Langsam richtete sie sich von ihrer Matratze auf. Es kostete ihrem Körper viel Kraft und so lehnte sie sich erschöpft, auf ihrem Bett sitzend, an die kalte Wand. Ihre Schulter und ihr verletzter Fuß schmerzten noch immer. Das Blut war mittlerweile getrocknet, doch sehnte sich die Haut nach heilenden Kräutern. Ein Zittern ließ ihren Körper erbeben.
„Du brauchst einen Arzt!“ drang eine Stimme in ihr von Schmerzen gepeinigtes Bewußtsein ein.
„Sonst entzünden sich die Wunden und....“
Langsam hatte sie ihren Kopf gedreht und den in der Nachbarzelle eingesperrten Coperal entdeckt. Nachdenklich an die Gitterstäbe gelehnt schaute er sie an.
„Hallo! Wache! Hey Wachmann!“
Die Eisentür zwischen Zelle und Vorzimmer des Gefängnisses öffnete sich auf das Rufen des Coperals hin.
„Sie braucht einen Arzt, melden sie das dem Captain!“
Ein hässliches Grinsen erschien auf dem Gesicht des Soldaten. Dann fiel die Tür wieder ins Schloß. Doch nur um wieder nach wenigen Minuten aufgerissen zu werden.
Der Captain, zwei Soldaten und der Arzt traten ein.
„So so, du Indianerfreund. Das hier geschieht nicht, nur weil du es gesagt hast. Sondern weil wir sie lebend brauchen, um Informationen von ihr zu bekommen!“ erklärte ihm der Captain mit aggressiven Ton.
Die Zelltentür zu Weißer Feder wurde aufgeschlossen.
Weiße Feder griff in ihren Schuh und zückte ihr Messer. Mit müden Augen, immernoch an der Wand lehnend, hielt sie ihnen vor Entkräftung zitternd das Messer entgegen.
„Fahrt zur Hölle!“ murmelte sie in einer unverständlichen Sprache für die Weißen.
„Hatte ich nicht gesagt ihr sollt sie entwaffnen! Los nehmt ihr das Ding weg und dann haltet sie fest, dass der Doc sich ihren Fuß ansehen kann.“ schrie der Captain wieder wütend.
Sofort stürzten die zwei Soldaten auf die Verletzte zu, nach kurzem Gerangel war sie entwaffnet. Wütend fluchte sie in ihrer Sprache, als die Soldaten sie auf das Bett drückten. Einer der Männer zog ihr die Arme über den Kopf und hielt sie schwitzend fest. Weiße Feder traute ihren Feinden nicht, sie wehrte sich mit aller Kraft. Der andere hatte Probleme ihre Beine im Zaum zu halten.
Erneut brachen ihre eben getrockneten Wunden auf.
„Du darfst dich nicht wehren, sie wollen dir doch nur helfen!“ erklang die erschrockene Stimme des eingesperrten Coperals.
Abgelenkt durch seinen plötzlichen Einwand, schauten die Soldaten auf. Weiße Feder ergriff ihre Chance: mit ihren Beinen umklammerte sie urplötzlich den Hals des Soldaten der vor ihr kniete, und den anderen packte sie mit gekonntem Handgriff an der Kehle. Beide schrien laut auf und rangen sofort nach Luft.
„Ihr Idioten! Ihr werdet doch wohl mit ihr fertig werden.“ brüllte der Captain.
Er packte die Indianerin an den Haaren:
„Lass sie los du kleines Biest oder ich leg dich um.“
Die Soldaten rangen immernoch nach Luft und ihre Gesichtsfarbe wechselte in ein ungesundes weiß.
Als Antwort spuckte Weiße Feder dem Captain ins Gesicht. Dieser antwortete mit einem gezielten Schlag mit dem Revolvergriff auf die Schläfe.
Kaum mehr bei Bewusstsein lag sie nun da.
Husten der fasst erdrosselten Soldaten war zu hören.
Der Doc trat an sie heran.
„Nein, lassen sie es. Die will ja gar nicht geholfen kriegen. Ich riskiere keine Männer für eine Indianerin.“
„Aber...“ wollte der Doktor dem Captain widersprechen, bevor er aus der Zelle hinausgeschoben wurde. Die zwei Soldaten folgten ihm.
„Nein! Ihr müsst ihr helfen, ihr wollt doch Informationen von ihr!“ meldete sich der gefangene Coperal wieder.
„Ich werde aber keine Männer mehr für die Rettung dieser Rothaut mehr riskieren. Mir ist es sowieso egal wenn sie verrekt, das was wir wissen wollen bekommen wir auch so noch aus ihr heraus, bevor sie in die ewigen Jagdgründe eingeht. Danach braucht sie ja eh keiner mehr.!“
„Das ist nicht nach dem Gesetz. Die Gefangenen haben ein Recht auf ärztlich Versorgung und gute Behandlung.“
„Diese Gesetz gilt nur für Weiße! Aber gut, machen wir doch einen Deal!“ er ließ die Zellentür des Coperals aufschließen und packte ihm am Arm.
„Du darfst sie gesund pflegen, denn wenn sie dich umbringt tut sie uns sogar noch ein Gefallen, Verräter!“
Die Zellentür fiel wieder ins Schloß und der Coperal fand sich bei Weißer Feder wieder.
„Nun beweiß deine neue Schwäche für Indianer und rette sie! Kommt wir gehen!“ nachdem der Doktor seine Tasche vor die Zellentür gestellt hatte verschwanden sie.
Langsam näherte sich der junge Coperal, dem Mädchen.
„Keinen Schritt weiter, Coperal!“ flüsterte Weiße Feder.
„Ich werde dir helfen!“
„Nein!“ ihr Stimme war energisch laut geworden. Langsam raffte sie sich wieder auf.
„Du solltest besser liegen bleiben!“
„Ich muss meinen Feind aber sehen können!“ antwortete sie, wobei erneut Blut aus der klaffenden Wunde an der Schläfe ihr über das Gesicht rann.
„Leg dich wieder hin!“ er packte sie an den Schultern und wollte sie wieder auf ihr Bett drücken, als die Kriegerin mit der Faust ausholte und sie ihm mitten ins Gesicht schlug.
Durch die unerwartete Reaktion landete der Coperal fast wieder an der Zellentür. Genervt wischte er sich das Blut, welches nun aus seiner Nase lief, ab und griff nach der draußen stehenden Arzttasche. Chlorophyll und ein weißes Tuch brachten ihn auf eine Idee. Mit dem befeuchteten Tuch näherte er sich ihr wieder.
„Sei mir nicht böse, aber das muss jetzt sein.“ zielstrebig lief er auf sie zu. Doch Weiße Feders Kräfte reichten zu keiner Gegenwehr mehr. Schnell drückte er ihr das Tuch auf das Gesicht und ihre Sinne schwanden abermals.

Als sie aus einem anstrengenden Schlaf mit verwirrenden Träumen erwachte, waren ihre Wunden verbunden und versorgt worden. Der Coperal saß mit dem Rücken zu ihr angelehnt ans Bett. Er war ebenfalls eingenickt.
Sie betrachtete ihren Lebensretter
‚Jetzt bin ich ihm auch noch mein Leben schuldig!‘ grübelte sie.
„Du vertraust mir?“ fragte sie ihn stattdessen.
Er antwortete ihr mit geschlossenen Augen:
„Es gibt nichts, dass ich von dir zu befürchten hätte! Uns ereilt das gleiche Schicksal und in solchen Situationen sollte man sich verbünden!“
„Ach, deshalb hast du mir geholfen, damit ich gezwungen bin dir zu helfen?“
Er öffnete schließlich die Augen und lächelte sie verschmitzt an:
„Nein, das war nicht mein eigentlicher Grund, das ist nur ein praktischer Nebeneffekt meines Tuns.“
„Wieso hast du mir dann geholfen?“ stichelte sie weiter.
„Ich hatte mich in den letzten Tagen viel über dich, deine Krieger, deine Vorgeschichte...... über Indianer überhaupt informiert. Ihr wurdet immer ungerecht behandelt und ich will es besser machen. Ich würde gerne helfen, dass sich Weiße und Indianer besser verstehen und endlich respektieren. Selbst dein jetziges Handeln ist ganz zu anfangs wieder auf einen Fehler der Weißen zurückzuführen. Wenn sie nicht dein Dorf überfallen hätten, dann gäbe es die mächtige Kriegerin Weiße Feder vielleicht gar nicht!“
Bilder ihres verwüsteten Dorfes und ihrer toten Brüder und Schwestern zuckten vor ihren Augen wieder auf.
„Ich ....“ wollte sie antworten, als sich die eiserne Zwischentüre wieder öffnete.
Zwei Soldaten traten ein. Mit ernsten Gesichtern öffneten sie die Zellentüre zu den beiden Gefangenen.
„Was wollt ihr?“ wollte der Coperal wissen.
„Von dir wollen wir überhaupt nichts, Montiego!“ antwortete einer von ihnen und beide steuerten auf Weiße Feder zu.
„NEIN, ihr könnt sie noch nicht verhören, sie ist noch zu schwach und braucht Ruhe!“ richtete er sich auf. Doch die Soldaten packten ihn und warfen ihn in den Dreck.
„Deine dämliche Indianerfreundschaft geht mir auf die Nerven!“ unsanft griffen sie nach Weißer Feder, die noch geschwächt auf der Bridge lag.
Einer zu ihren rechten, der andere zu ihrer linken wurde sie abgeführt. Humpelnt versuchte sie sich den schnellen Schritten der Soldaten anzupassen. Die Blicke des Coperals und der Indianerin trafen sich für einen kurzen Augenblick.

„Nun mach schon du dämlicher Gaul!“
Peitschenhiebe.
„Du musst dir dein teures Futter schon verdienen, Miestvieh!“
Die helle Sonne blendete Weiße Feder und nahm ihr für einen kurzen Augenblick die Sicht. Erst jetzt wurde ihr bewußt wie dunkel es in ihrer Zelle war. Als sie jedoch wieder sehen konnte, packte sie blanker Hass.
Ein Soldat hatte sich auf den Rücken ihres Pferdes geschwungen. Nicht mal ihren treuen Hengst hatten sie laufen lassen. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte man ihn Zaumzeug angelegt und einen schweren Sattel auf den Rücken geschnallt. Und wie soll ein Tier in so kurzer Zeit so viele neue Zeichen seines Reiters vestehen, wenn er davor eine Einheit mit seiner Reiterin war? Nie wurde er gezwungen oder wurde ihm befohlen etwas zu tun. Nun aber hatte ihn eine harte Hand an den Zügeln und Befehle in fremden Worten sprachen mit schreiendem Ton auf ihn ein.
Abermals sauste die Peitsche auf seine Flanken nieder. Immer und immer wieder. Verzweifelt drehte sich das Tier im Kreis. Es bockte und stieg, seinen Peiniger loszuwerden. Das schmerzverrte Wiehern ihres Pferdes ließen in Weiße Feder ungeahnte Kräfte wachsen.
Als vor ihren Augen der nächste Peitschenhieb den Schwarzen traf, war ihre Wut entfesselt. Sie riss sich von den beiden Soldaten los und rannte auf den eingezäunten Koppelbereich zu. Ihr verletzter Fuß dankte es ihr mit stechenden Schmerzen. Laut brüllend folgten ihr die Soldaten. Ein Dritter kam ihr plötzlich entgegen und schaffte es sie festzuhalten. Mit einen Arm um ihren Hals und den anderen um ihre Hüften hielt er die ausrastende Indianerin im Arm. Immer wieder musste sie mit ansehen wie ihr Tier misshandelt wurde.
„Lass ihn sofort ihn Ruhe! Hände weg von ihm! Du elender weißer Bastard! Du Sohn einer räudigen Hündin, ich werde dich umbringen , wenn ich dich erwische!“ schließlich wurde ihr auch noch der Mund zu gehalten. Sie wehrte sich mit aller Kraft. Die drei Soldaten hatten Mühe sie in Zaum zu halten. Als einer nach ihren Händen griff, wendete sie wieder ihren todbringenden Würgegriff an. Sie packte ihn mit beiden Händen am Hals und drückte an einer bestimmten Stelle zu. Sofort röchelte der Soldat und rang hörbar nach Atem.
„Laßt mich sofort alle los oder der hier wird sterben!“ als die Augen des bereits knienden Soldaten unnatürlich hervortraten waren die Kameraden sich sicher, dass sie es ernst meint. Sie ließen sie los und sofort löste sie ihren Griff. Wieder rannte sie zurück zu ihrem Pferd. Das schrille Wiehern war immer wieder zu hören. Ihr Fuß meldete sich ebenfalls und erinnerte sie mit höllischen Schmerzen daran, dass sie lieber nicht rennen und kämpfen sollte. Doch sie musste! Im Nu hatte sie die Koppel erreicht und schlüpfte durch den Zaun.
„Hey bleib sofort stehen!“ meldeten sich auch andere Soldaten und folgten ihr. Doch Weiße Feder hatte nur noch Augen für ihren schwarzen Mustang. Dieser buckelte und wehrte sich mit aller Kraft gegen seinen Reiter. Weiße Feder steuerte direkt auf die beiden zu.
„Komm hier her, Schwarzer!“ rief sie ihrem Tier in ihrer Sprache entgegen.
Dieser blieb urplötzlich still stehen und stellte die Ohren auf. Als er Weiße Feder erblickte kollerte er leise und trabte, seinen Reiter ignorierend, auf sie zu. Der verblüffte Reiter konnte gar nicht so schnell reagieren. Im Nu hatte ihn die Kriegerin mit gekonntem Griff aus dem Sattel befördert. Unsanft landete er auf der staubigen und trockenen Erde. Weiße Feder griff sofort an. Mit ihrem Körpergewicht ließ sie sich auf ihn fallen und entwendete ihm sein, im Gürtel steckendes, Messer. Auf seinem Rücken knieend hielt sie es ihm an die Kehle, während die andere Hand seine Haare gepackt hatte.
„Ich sage dir, rühr ihn noch einmal an und du wirst ein toter Mann sein!“ für einen kurzen Moment hatte sie die Welt um sich herum vergessen. Und auch so ihre herannahende Überzahl an Soldaten.
Diese packten sie nun zu mehreren und entwaffnenten sie wieder. Wieder wehrte sie sich bis sie auf den Boden gedrückt wurde. Kaltes Eisen wurde um ihre Handgelenke gelegt – Handschellen! Zu Viert mussten die Soldaten sie festhalten. Ihr wurden die Augen verbunden und wieder fühlte sie das kalte Eisen an ihren Fußgelenken.
„So, jetzt dürfte sie ungefährlich sein!“ lachte einer von ihnen.
Ein unverständlicher Satz entwich mit lautem Ton ihren Lippen.
„Hä, was hat sie eben gesagt?“
Ein anderer zuckte die Schultern.
Plötzlich galoppierte der schwarze Mustang wutschnaubend auf die am Boden knienden Soldaten zu.
„Vorsicht!“ brüllte einer.
Alle sprangen auf und wichen den gefährlichen Hufen des Schwarzen aus. Die Kriegerin lag immer noch am Boden und versuchte aufzustehen, was ihr dank der Hand und Fußschellen, fast unmöglich erschien. Noch dazu hatte man ihr das Augenlicht mit einem festen Tuch geraubt.
Sie hörte wieder die nahenden Schritte der Weißen und als Antwort das Galoppieren der angreifenden Hufe ihres Tieres.
Sie rief ihn zu sich und der mächtige Hengst hielt sanft vor ihr und beugte den Kopf herunter. Sanft berührte er mit seinem Lippen ihr Gesicht.
„Gehorche den Weißen und lass mich mit ihnen gehen. Ich werde bald zu dir kommen und dann werden wir fliehen. Wenn sich für dich eine Fluchtmöglichkeit ergibt, dann nutze sie und laufe zu meinem Volk. Führe sie hierher. Wir sehen uns wieder!“
Er schnaubte leise und ließ die Weißen gewehren. Das Lasso um seine Hals wurde wieder angelegt und Weiße Feder wurde abgeführt.
„Sie hat ihm irgend etwas gesagt!“ erzählte ein Soldat.
„Ach was hör auf zu spinnen, was denn bitteschön: Hol Hilfe oder was?“
„Habt ihr nicht gesehen wie der Hengst auf ihre Befehle oder nur ihre Stimme reagiert und gehorcht. Ich sag euch beide einzeln sind gefährlich, aber sind sie zusammen, werden sie unschlagbar und tödlich für jeden von uns sein.“
„Halts Maul jetzt und kümmer dich lieber um wichtigere Dinge, als um solche Märchen!“ lachte ein anderer.

In einem alten staubigen Raum, wurde sie auf einen Holzstuhl gesetzt.
„Entfernt ihr die Augenbinde!“ befahl, der ihr gegenüber an seinem Schreibtisch sitzenden, Captain.
Sein Befehl wurde sofort ausgeführt.
„Schließt die Tür und behaltet sie im Auge!“ lautete sein nächster Befehl.
„Hast ja ne ganz schöne Show da draußen abgezogen. Ist schon interessant wie du meine Männer in Atem hältst. Ich hab das ganze beobachtet- nicht schlecht!“ er zündete sich gelassen eine Zigarette an, „Verrat mir mal wie du das gemacht hast. Warum ist dir dieser Gaul so treu ergeben?“
„Bekomme ich dann meine Freiheit wieder, wenn ich ihnen antworte!“ antwortete die Gefangene wütend.
Ein Lachen entrann seinem dicken Hals
„Vielleicht, vielleicht auch nicht!“ er grinste.
„Ihr Weißen haltet doch eh nicht euer Wort. Was ihr kennt ist nur Lug und Betrug!“
„Tut mir leid, Kleine, aber deine Worte können mich nicht reizen. Du bist in unserer Gewalt und wirst uns schön artig sagen, wo sich deine Krieger aufhalten, damit dieser ganze Indianerspuk endlich mal ein Ende hat.“
„Gar nichts werde ich sagen, lieber werde ich sterben, als euch dieses Geheimnis anzuvertrauen.“
„Ich wäre vorsichtig mit diesem Wunsch, denn er lässt sich nur all zu leicht erfüllen.“
„Ich habe keine Angst vor dem Tod!“
„Verdammt noch mal, sag es mir endlich oder...“
Lauter Lärm unterbrach die beiden in ihrem Gespräch. Das splittern von Holzbalken war zu hören, Schreie von Soldaten und plötzliches Hufgetrappel. Der Captain sprang von seinem Stuhl auf und eilte ans Fenster.
Er konnte gerade noch sehen wie der schwarze Mustang durch das weit geöffnete Tor des Forts entwischte.
„Verdammt, der schwarze Teufel ist uns entwischt!“
Ein Lächeln erschien auf Weißer Feders Gesicht.
Er riss die Tür auf und trat in den Hof. Seine laute und tiefe Stimme unterbrach die durcheinander rennenden Soldaten.
„Wer ist dafür verantwortlich, dass dieser Hengst entkommen ist?“
Ein junger Soldat trat aus der stehen gebliebenen Menge hervor.
„Ich, Sir.“
„Wie ist das überhaupt möglich, können Sie nicht mit Pferden umgehen Soldat?“
„Doch, Sir. Aber dieser war kein gewöhnliches Pferd. Er war ein Teufel, der sich nichts sagen ließ und keinen mehr von uns aufsitzen ließ. Er hat uns angegriffen und einige leicht verletzt. Als wir von der Koppel flohen ist er uns gefolgt und durch den morsche Koppelzaun gesprungen. Die Holzbalken sind bei seiner Kraft nur so gesplittert und zerbrochen. Dann ist eine Kompanie Soldaten von ihrem Patroullienritt zurückgekommen und das Tor wurde geöffnet. Den Hengst hat keiner mehr zum stehen gebracht und das schwere Tor konnte nicht schnell genug geschlossen werden. Naja, und dann war er weg.“
Der junge Mann senkte schuldbewußt den Blick zu Boden.
„Ich will dieses Tier wieder haben, damit das klar ist. Die vierte Kompanie wird aufsatteln und den Hengst wieder einfangen. Soldat Sam Jackson wird die Truppe leiten.“
Ein kurzes zögern der Soldaten.
„Das ist ein Befehl!“
Und sofort eilten die jungen Männer zu den Pferdeställen.

Er schloss die Tür.
„So und nun zu dir. Meine Geduld wurde nun doch etwas strapaziert. Ich will jetzt sofort wissen wo euer Versteck ist.“
Trotzig sah Weiße Feder ihn an.
„Wirst du wohl antworten, du dämliche Rothaut!“
„Kein Wort wird über meine Lippen kommen!“ antwortete sie.
Ein kräftige Ohrfeige ins Gesicht, ließen die Ungeduld des Captains erahnen.
„Sollen wir sie uns mal vornehmem, Captain?“
„Ja wir bekommen bestimmt etwas aus ihr heraus!“
Die beiden Soldaten an der Tür grinsten sich an.
„Von mir aus! Ich besorg mir so lange etwas kaltes zu trinken“
Der Captain verließ das Zimmer.
„So, so. Du willst uns also wirklich nicht dein kleines Geheimnis verraten?“ einer der beide Soldaten trat nah an sie heran.
„Dabei sind wir doch so ein hübsches Mädchen.“ er strich ihr eine widerspenstige Haarstähne aus dem Gesicht.
„Wäre doch Schade, wenn irgendwelche Wunden oder spätere Narben dein Gesicht zieren würden nur weil du ein paar Worte nicht gesagt hast.“
Ein kräftiger Griff unter ihrem Kinn, zwangen sie zu ihm aufzusehen.
Sein Daume fuhr über ihre zusammengekniffenen Lippen.
„Vielleicht könnten wir auch erstmals unseren Spaß mit ihr haben, bevor wir sie uns richtig vornehmen?“ lachte der andere.
Weiße Feder wollte angreifen, doch die eisernen Ketten hielten ihre Hände und Füße am Stuhl gefangen.
Das Klirren der Ketten, verrieten ihren Wunsch.
„Oh sie nur, die kleine Indianerin will angreifen und kann nicht. So ein Pech!“
„Los, wir nehmen sie mit in unsere Baracken. Da sind auch die anderen und dann kriegen wir auf jedenfalls was aus ihr raus!“
Lachen.
Weiße Feder wurde wieder an beiden Armen gepackt und abgeführt.
„Lasst mich gefälligst los!“
Obwohl es nahezu hoffnungslos war, wehrte sie sich gegen den harten Griff der Soldaten.
„Nimm ihr mal die Fußfesseln ab, ich hab keine Lust sie den ganzen Weg zu schleppen. Die Rothaut soll gefälligst selbst laufen. Wir zwei werden sie schon im Griff haben.“
Gesagt, getan.
Doch als die zwei mit ihr in den Hof traten, witterte Weiße Feder ihre Chance.
Einem trat sie mit der Ferse auf den Fuß und riss sich los. Hilfesuchend rannte sie auf den Pferdestall zu.
‚Ich muss hier endlich weg, das macht mich alles krank hier.‘
Ihre Hände lagen immer noch auf dem Rücken gebunden in Handschellen. Und dank ihres verletzten Fußes und der Fußfesseln konnte sie nicht besonders schnell rennen. Der Soldat hatte sie deshalb gleich wieder eingeholt und brachte sie zur Strecke. Beide landeten im staubigen Sand. Sein Arm legte sich sofort um ihren Hals und der andere riss sie vom Boden hoch.
„Schön hiergeblieben, große Kriegerin.“
„Ah sehr gut du hast sie wieder.“ hechelte der andere herbei und hielt sich seinen Fuß.

Kurze Zeit später wurde die Tür zur Baracke aufgestoßen und die Soldaten, die gerade Mittagspause machten, grölten erfreut auf.
„Die große Kriegerin beehrt uns mit ihrer Anwesenheit.“
Grob wurde sie auf einen Stuhl gedrückt und die Tür hinter ihr wurde verschlossen.
„Unsere Aufgabe ist es, ihr ein paar Geheimnisse zu entlocken und wir dachten, den Spass wollten wir euch nicht vorenthalten.“
Ein dicker, häßlicher Soldat trat herbei und griff mit festem Griff in ihr langes schwarzes Haar. Er drehte ihr Gesicht zu sich:
„Nun mein Kind, fändest du es nicht klüger uns gleich alles zu erzählen, bevor wir loslegen.“
Weiße Feder antwortete ihm indem sie ihm ins Gesicht spukte. Er reagierte sofort mit einer Ohrfeige darauf, so daß sie vom Stuhl fiel.
Die zuschauenden Soldaten grölten jubelnd auf.
„Los nehmt ihr doch die Handschellen und Fußschellen ab, dann wird es erst richtig lustig.“ rief eine Stimme aus der Menge.
„Ja er hat recht!“ stimmten ihm einige zu.
Zwei Soldaten hielten die am Boden liegenden Indianerin fest während ein Dritter die Fesseln entfernte.
„Ich werde mich fürchterlich an euch allen rächen.“ knurrte Weiße Feder und sofort klatschten alle.
Sie wurde aufgehoben und wieder auf den Stuhl gesetzt. Doch sobald sie losgelassen wurde, schnappte sie sich den neben ihr stehenden Soldat und stürzt ihn zu Boden. Die zuschauenden Kameraden grölten wieder und sprangen auf. Jeder wurde nun aktiv.
Weiße Feder hechtete auf die geschlossene Türe zu, doch bevor sie sie erreichen konnte, versperrte man ihr den Weg. Sie änderte die Richtung und stürzte auf ein Fenster zu. Sie kletterte auf den davorstehenden Tisch und wollte die Scheibe zerschlagen. Plötzlich wurde sie von hinten gepackt und zu Boden geworfen. Ein junger Soldat stürzte sich wie besessen auf sie und wehrte ihre Angriffe geschickt ab, bis er ihre Hände über ihren Kopf auf den Boden drückte und festhielt.
„Los Johnny zeigs ihr!“ rief die Menge und bildete einen Kreis um sie.
Gierig drückte er seine Lippen auf ihre. Weiße Feder schüttelte ihren Kopf, konnte ihren Feind jedoch nicht entrinnen. Kurz entschlossen zog sie ihr Bein hoch und traf mit dem Knie den Jungen an seiner wohl empfindlichsten Stelle. Jaulend krümmte er sich zusammen und ließ ab von ihr.
„Ah die Braut hat Feuer unterm Hintern was Kleiner?“ während dem jungen Soldaten aufgeholfen wurde, wurde Weiße Feder bereits vom nächsten festgehalten.
Sie brüllte indianische Flüche.
Kurzerhand schlug sie ihm ihre Faust voll ins Gesicht. Eine gebrochene und blutende Nase waren das Ergebnis seines Spaß. Während Weiße Feder wieder durch den riesigen Raum flüchtete griffen immer wieder Hände nach ihr. Bis ihr ein Knüppel zwischen die Füße geworfen wurde und sie erneut zu Fall brachte. Die Verbände hatten sich längst von den wieder aufgebrochenen Wunden rot verfärbt. Ihr Herz raste vor Erschöpfung und Schmerz in den Ohren. Sie spürte, dass ihr geschwächter Körper die Strapazen nicht mehr lange durchhalten würde, schon schwanden ihre Kräfte.
Als man sich ihr wieder näherte trat sie zwei der Angreifer mit ihrem gesunden Fuß beiseite. Die Wucht ihrer Fußtritte schleuderten einen gegen ein Bett und den anderen an die Wand. Als man sich aber zu viert auf sie stürzte nützten all ihre erlernten Kampftechniken nichts. Den ersten der Vier konnte sie noch für einen Moment seinen Revolver aus dem Gürtel entwenden, doch als sie auf ihn anlegen wollte, ereilte sie einen kräftigen Schlag eines Hozlstabes ins Gesicht. Der Schuß ging ins leere und die Waffe entglitt sogleich darauf ihrer Hand.
Die Soldaten nutzten ihre kurze Benommenheit aus und setzen sie abermals auf „ihren“ Stuhl zurück.
„Los holt die Wiskyflaschen!“
Von zwei der Männern wurde sie festgehalten, während ein anderer ihr das teuflische Gesöff eintrichterte. Das starke Getränk benebelte ihr die Sinne.
Das laute Lachen der Soldaten war die ganze Zeit über zu hören. Sie schienen sich prächtig zu amüsieren
Nach einer Ewigkeit klopfte es plötzlich wütend an der Tür.
Das Schloss wurde geöffnet und der Captain trat ein.
„Was soll das hier ? Ihr solltet sie verhören und zwar in meinem Büro und nicht eure Spielchen mit ihr treiben.“
Die Soldaten traten untertänig zurück und der Captain nahm die bereits betrunkene Kriegerin unter die Lupe. Das Blut ihrer Nase war bereits getrocknet, statt dessen war eine Backe blau geschlagen worden und ihre Kleidung teilweise zerrissen und kaputt. Sie schien kaum noch ansprechbar zu sein, ihr Kopf hing nach hinten über die Stuhllehne. Die frischen weißen Verbände auf ihren Wunden, waren blutrot verfärbt. Auf ein Kopfnicken des Captain traten zwei Offiziere ein und führten die fast leblose Gefangene ab.
„In ihre Zelle zurück und für euch alle bedeutet das hier noch eine Strafe! Habt ihr wenigstens was aus ihr herausbekommen?“
Schweigen.
„Das dachte ich mir!“
Laut fiel die Tür ins Schloß.

Als die Zellentür zum ebenfalls gefangen gehaltenen Coperal aufgeschlossen wurde, wollte dieser seinen Augen nicht trauen, als man Weiße Feder mehr oder weniger in die Zelle warf. Kaum waren die stützenden Arme weg, gaben ihr Beine nach und sie brach auf dem Boden zusammen.
„Was habt ihr mit ihr gemacht, ihr Schweine!“
„Hüte deine Zunge, außerdem geht dich das gar nichts an, Verräter!“ antwortete der Captain und verließ mit den zwei Soldaten im Schlepptau wieder den Zellenbereich.
Als sich der Coperal Weißer Feder näherte, rümpft er die Nase. Der Whiskygeruch war fast unerträglich. Ihre Augen waren glasig und trüb. Er betrachtete ihr von Wunden übersätes Gesicht und ihr zerfetzte Kleidung.
Vorsichtig nahm er sie hoch und trug sie zu der Bridge.
„Was haben sie dir bloß angetan?“
Er griff wieder nach der Arzttasche und begann ihre neuen und alten Wunden zu versorgen.
„Ich hasse die Weißen!“ redete Weiße Feder, während der Coperal ihre Wunden säuberte, mit Salben aus der Arzttasche behandelte und sie schließlich verband.
„Ja, das weiss ich. Sie haben dir so viel schlimmes angetan...“
„Ich hasse sie für das was sie mir angetan haben ... das werden sie noch bereuen.... ich werde mich rächen.“ lallte sie in ihrem Trance.
Der Coperal zuckte immer wieder zusammen, als er aufs neue andere schlimm aussehende Wunden auf ihrem Körper entdeckte. Blaue Flecken und Prellungen von Schlägen, Fußtritten und Stürzen. Blutende Kratzer und eine Platzwunde an der Schläfe.
„Mein Pferd ist entkommen....“
„Ja ich hab es mitbekommen.“
„... es wird meinen Stamm zur Hilfe holen.“

Als sich die Sonne hinter den Bergen zu verabschieden begann, waren die Krieger längst unruhig geworden.
„Drei Tage ist sie schon verschwunden. Sie gibt kein Lebenszeichen von sich.“
Alle hatten sich im Kreis um das Lagerfeuer versammelt, um zu bereden was zu tun war. Der älteste und angesehenste Krieger hatte das Wort und sich vor der Menge aufgerichtet.
„Wir müssen sie suchen gehen. Wir hätten unsere Kriegerstochter nicht allein lassen sollen. Wir...“
Ein Raunen ging durch die Menge als der schwarze Mustang aus dem nichts am Lagerfeuer hielt. Selbst dem kurzfristig neu ernannten Anführer verschlug es für kurze Zeit die Sprache.
Der Schwarze scharrte nervös mit dem Vorderhuf und schüttelte immer wieder seine wunderschöne Mähne.
„Das ist das Pferd unserer Kriegerin! Es will uns wohl etwas sagen.“ er näherte sich dem nervösen Hengst vorsichtig. Doch als er ihn berühren wollte, bleckte dieser die Zähne und wich ein paar Schritte zurück. Er schnaubte und deutete einige Sprünge
in die Richtung an aus der er gekommen war. Dann stoppte er wieder und schaute sich nach den Kriegern um. Ein Wiehern ließ den Krieger aus seiner Erstarrung erlösen.
„Er will uns zeigen wo sie ist. Los auf die Pferde!“
Im Nu saßen sie auf den nackten Rücken ihrer Pferde und folgten dem schwarzen Hengst.

Die Wachen für die Nacht hatten ihre Posten eingenommen und liefen in regelmäßigen Abständen zwischen den Aussichtspunkten Patrouille. Diese Nacht über blieb es wie erwartet ruhig. Denn Indianer kämpfen nicht in der Nacht. Ihr Glaube verbietet es ihnen, denn wenn ein Krieger bei Nacht fällt, kann seine Seele nicht in den Himmel auffahren, da sie sich in der Dunkelheit verirrt.

Doch schon als die ersten Sonnenstrahlen das Fort erleuchteten, bereitete der Tag den Soldaten eine Überraschung.
„Da, da ! Der schwarze Mustang kehrt zurück. Seht doch!“ die Nachtwache sollte gerade abgelöst werden, als die unglaubliche Entdeckung gemacht wurde.
Sofort wurde nach dem Captain gerufen. Dieser erklamm über die hölzerne Leiter die Zinnen der Fortmauer.
Auf der freien Wiese stand der Schwarze und scharrte wieder nervös mit den Hufen. Aufgebracht schmiß er seinen Kopf hin und her und bleckte belustigt die Zähne.
„Los, die erste Kompanie soll aufsitzen und mir dieses Pferd bringen!“
„Jawohl, Captain!“
Der Befehl erklang sofort auf dem Hof und die zuständigen Soldaten eilten in die Ställe. Nach kurzer Zeit war die Kompanie angetreten und verließ im Galopp und mit schwingenden Lassos das Fort. Der Schwarze fackelte nicht lange, als er die Reiter auf sich zustürmen sah und flüchtete auf den nahgelegenen Wald zu.
Kaum hatte der letzte Reiter den Waldrand erreicht, erwachten plötzlich Bäume und Büsche zum leben. Selbst aus der Erde schien der Feind aufzutauchen. Die Indianer stürtzen sich mit einem Überraschungsangriff auf die Soldaten, so dass diese völlig überrumpelt waren. Nach wenigen Minuten waren sie entwaffnet und Gefangene der Rothäute.
„Was ist da draußen los, verdammt noch mal!“ der Captain schrie mit vor Wut Rot angelaufenen Gesicht die dageblieben Soldaten an.
„Unsere besten Soldaten sind gerade eben gefangen genommen worden von...“
„Das sehe ich selbst du Dummkopf!“
„Warum hat keiner von euch an einen Hinterhalt gedacht?“
„Sie haben den Befehl gegeben und dem Befehl eines höherrangigen widersetzt man sich bekannterweise nicht!“
„Das ist doch nicht...“
„Ich möchte den Anführer sprechen.“
Der Captain drehte sich wieder mit dem Gesicht zu der Wiese und erblickte den Anführer der Krieger. Mit Farbe und Federn geschmückt, saß er auf seinem ebenfalls kriegsbemalten Pferd und wartete geduldig auf eine Antwort.
„Ich bin der Captain. Was wollt ihr, ihr verdammtes Pack?“
„Wie sie gesehen haben, haben wir ihre Soldaten gefangen genommen. Es ist keiner dabei ums Leben gekommen. Wir verlangen im Austausch, Weiße Feder unsere Kriegerin!“
„Die könnt ihr euch an den Hut stecken!“
„Bekommen wir nicht unsere Kriegerin unversehrt wieder, haben sie ihre Männer zum Tode verurteilt. Wir geben ihnen einen Tag Bedenkzeit. Morgen früh wenn die Sonne wieder aufgeht werde ich mit den ersten Sonnenstrahlen wieder hier erscheinen und auf ihre Entscheidung warten.“
Damit beendete der Anführer das Gespräch und wendete sein Pferd, um zu seiner Gruppe zurückzukehren. Mit einem Handschwenken gab er ihnen schon vorzeitig das Signal zum Aufbruch und die Indianer wendeten ihr Tiere. Bald waren sie außer Sichtweite.
„Sattelt eure Pferde und folgt ihnen. Bringt mir meine Männer wieder und tötet jeden dieser dreckigen Rothäute, der euch unterkommt.“
„Aber Sir, wir können doch nicht alle...... ich meine bei der Überzahl des Feindes... und wer ist dann im Fort...?“
„Du denkst zuviel, Soldat. Los! Führt meinen Befehl aus!“
widerwillig gehorchten ihm die Kompanien und so verliessen fast alle Soldaten außer einigen wenigen das Fort.

Als die Indianer den herannahenden Feind hinter sich bemerkten, wurden die Gefangenen in eine Erdmulde getrieben. Dort mussten sie mit Lanzen und Gewehren bedroht ruhig verharren. Der Rest der Krieger verteilte sich ringsherum und lauerte auf den großen Trupp von Reitern. Dennoch war er ihnen zahlenmäßig unterlegen.
Die Soldaten folgten in die Falle und waren von den Indianerin umstellt. Wieder trat der Krieger vor und sofort richteten sich sämtliche Gewehre und Revolver auf ihn.
„Haltet ein!“ wendete sich der anführende Coperal seinen Leuten zu.

Coperal Montiego hatte Mühe die fiebernde Indianerin im Griff zu behalten. Nach der Mißhandlung während ihres Verhörs, war sie entkräftet und angetrunken in die Zelle gebracht worden. Er hatte ihre Wunden gereinigt und versorgt. Er verstand nicht, was zu dem plötzlichen Fieberanfall führte. Noch heute morgen hatte sie einige Worte mit ihm gewechselt und kaum war die Sonne aufgegangen war sie in einen unruhigen Schlaf gefallen. Sie murmelte immer wieder unverständliche Worte und ihre Körpertemperatur stieg. Verwundert betrachtete der Coperal die Weiße Feder, die um den Hals der Kriegerin an einer Kette hing. Bildete er sich es bloß ein oder leuchtete sie. Er schloß einen Moment die Augen, um sie wieder anzusehen. Doch das weiße reine Licht, das sie umgab, blieb. Teilweise hätte er schwören können sie schwebe ganz sanft über dem Körper der Verletzten. Ungläubig griff er nach der schönen weißen Feder. Doch sobald seine Finger die Feder berührten durchzuckte ihn ein greller Schmerz. Erschrocken fuhr er zurück und landete unsanft auf seinem Hinterteil. Fassungslos bestaunte er nun, vor dem Bett sitzend, die heilige Feder, wie sie von der Häuptlingstocher genannt wurde. Ja, er war sich mittlerweile sicher, dass sie schwebte und als er sich seine Finger rieb, mußte er feststellen, dass er sich Brandblasen an ihr zugezogen hatte. Wie war es aber dann möglich, dass auf Weißer Feders Haut nichts zu sehen war, obwohl dieses heilige Ding doch nur einige Zentimeter über ihr schwebte.
Doch je greller das Licht wurde, desto mehr phantasierte die Kriegerin.

Weiße Feder wußte nicht was mit ihr geschah. Sie schien in einem Traum zu sein. Anfangs war alles etwas verzerrt und verschwommen, doch sobald die Sicht klarer wurde, konnte sie ihren Stamm sehen. Der erfahrenste Krieger war zum Anführer gewählte worden und führte die Gruppe an. Sie sah die Gefangennahme der ersten Kompanie. Den anschließenden Befehl des dicken Captains und die Verfolgung ihrer Leute. Nun schien sie über dem ganzen als Zuschauerin zu schweben, ohne dass sie jemand bemerkte. Sie musste regelnd eingreifen. Sie konzentrierte sich auf den eben hervorgetretenen Krieger, Schwarzer Adler, und sprach:
„Schwarzer Adler! Hier spricht Weiße Feder, deine Schwester und Anführerin zu dir!“
An seiner kaum zu merkenden, doch für sie klar ersichtlichen Irritation, konnte sie erkennen, dass er sie hörte.
„Gehe weise mit den Soldaten um. Sie sind nur diejenigen, die die absurden Befehle ihres Häuptlings befolgen. Sie sind viel vernünftiger, als es ihr Anführer ist. Rede mit ihnen, verhandle mit ihnen. Jedoch nur mit einem bestimmten. Hier in meiner Zelle ist ein Coperal gefangen. Er hilft mir wo er kann. Er hat mir öfter von seinem besten Freund, einem blonden, jungen Soldaten erzählt. Frage nach dem Freund von Coperal Montiego und bitte ihn zu dir. Rede mit ihm.“
Ihre Stimme verhallte im Wind und verblieb für die Umstehenden ungehört.
„Ich biete immer noch den Austausch von Weißer Feder gegen eure Krieger an. Ihr habt keine Wahl, als einzuwilligen! Meine Krieger haben euch umzingelt und es braucht nur ein Zeichen von mir um euch zu töten. Auf jeden von euch ist ein Pfeil oder ein geladenes Gewehr gerichtet. Als Verhandlungspartner wünsche ich mir den besten Freund des Coperal Montiegos!“
Der weiße Coperal inspizierte mit prüfendem Blick seine Truppe.
„Also trete hervor, Soldat James Turner.“
Ein blonder junger Mann wendete sein Pferd aus der Menge. Seine Hand glitt zu einer respektvollen Geste zu seinem Hut.
„Geht zu dem Häuptling und verhandelt. Wenn möglich, dass es zu einer friedlichen Lösung kommt. Wir haben keine Wahl!“
Der Blonde nickte und ritt auf den Indianer zu. Dieser wendete sein Pferd ebenfalls und beide verschwanden hinter den Bäumen.
Die Sache lag klar auf der Hand. Dem Soldaten war bewußt, dass ihm kein Ausweg blieb als Weiße Feder freizulassen. Zumal er sich sicher war, dass die Häuptlingstochter lieber sterben würde, als irgendwem ihre Geheimnisse zu verraten.
„Ich willige ein, doch würde ich dennoch gern eine Bedingung stellen.“
Der braungebrannte Indianer musterte in mit prüfenden Blick:
„Und die wäre?“
„Ich werde persönlich für das Leben von Weißer Feder sorgen, wenn ihr meinen Freund, Coperal Montiego, ebenfalls mit euch nehmt. Er ist eines Verbrechens schuldig gemacht worden, welches kein Verbrechen ist. Er hat Sympathien für euch Indianer, für euren Glauben und eure Lebensstil und setzt sich wo er kann für eurer Volk ein. Dieser Ehrgeiz hat ihn als Indianerfreund zum Gefangenen werden lassen. Er wird vors Kriegsgericht gestellt und wahrscheinlich mit dem Tode bestraft, da er dem Feind, Weißer Feder, zur Flucht verhalf. Bitte nehmt ihn zu euch und bringt ihn in Sicherheit, er wird es zu würdigen und danken wissen.“
„Du sprichst sehr weise und als wahrer Freund. Aus deinen Augen und Worten sprechen tiefste Freundschaft und die Wahrheit. Nun gut, wir werden ihn mitnehmen und du sorgst für die sichere Freilassung Weißer Feders.“
Beide nickten und reichten sich die Hand.
„So sei es!“

Die beiden kehrten zurück und der Häuptling verkündete die getroffene Entscheidung.
„Soldat Turner darf mit einigen Männern zum Fort zurückkehren und Weiße Feder und Coperal Montiego hierherbringen. Sind beide unversehrt und lebend hier eingetroffen, werdet ihr alle frei kommen. Macht einer von euch einen Fehler oder solltet ihr uns hinters Licht führen bedeutet das Tod und Krieg.“

Mit einem plötzlichen Ruck erwachte Weiße Feder. Sie keuchte angestrengt:
„Sie kommen! Sie befreien uns!“
„Wer kommt?“ fragte der erschrockene Montiego
„Meine Krieger haben deine Soldaten gefangen genommen und fordern dich und mich im Austausch.“ ihr Herz war immer noch am rasen von der plötzlichen Anstrengung.
„Woher weißt du das?“
„Ich hab es gesehen...... einige deiner Männer kehren zurück und werden uns zu meinen Kriegern bringen. Darunter auch dein blonder Freund...“
„Was hat James damit zu tun ? Sieh mal weiße Feder, du hattest hohes Fieber. Keine Ahnung wieso und weshalb du diese plötzliche Fieberattacke bekamst, aber ich schätze du hast phantasiert.“
Angestrengt schüttelte die Kriegerstochter den Kopf.
„Nein ich hab nicht geträumt. Warte ab und du wirst sehen....“
Entkräftet ließ sie sich auf die Bridge zurückfallen.
Gerade als Montiego noch etwas dazu sagen wollte, fiel ihm die plötzliche Unruhe im Fort auf. Ankommende und plötzliche stoppendes Hufgetrappel, Stimmengewirr und dann näherten sich Schritte dem Gefängnis.
Die Zwischentür zu den Gefangenen wurde von James förmlich aufgerissen, in eiliger Hast, steckte er die Schlüssel in die Zellentür.
„James was ist los.?“ Montiego stürzte auf seinen Freund zu. Beide fielen sich kurz in die Arme.
„Mein Gott haben wir uns eine Ewigkeit nicht mehr gesehen...“
„Keine Zeit für Sentalimitäten. Ihr beide werdet frei kommen. Weiße Feders Männer halten unsere Leute gefangen und wollen euch im Austausch haben.“
Montiego war für einen kurzen Moment aus der Fassung gebracht. Ein rätselnden Blick warf er über die Schulter zu Weißer Feder und ihre Blicke trafen sich.
„Dann ist es wahr...“
„Los wir haben keine Zeit!“ James packte seinen Freund am Arm und zog ihn mit sich aus dem Gebäude.
„Moment, wir müssen sie mitnehmen. Sie kann noch nicht laufen!“ Montiego riß sich los und eilte zu Weißer Feder zurück. Diese war mittlerweile aus eigener Kraft aufgestanden und stand heftig atmend an den Gitterstäben gelehnt.
„Komm, ich helfe dir.“ er legte einen ihrer Arme um seinen Hals und wollte nach ihren Beinen greifen, als sie ihn laut protestierend zur Seite warf.
„Nein, ich kann alleine gehen. Ich muß nicht getragen werden.“ die Weiße Feder an ihrem Hals begann bei ihrem plötzlichen Gefühlsausbruch wieder zu leuchten.
Montiego betrachtete sie mit bewundertem Blick.
„Na schön, dann laß dich wenigstens von mir stützen, denn allein laufen kannst du noch nicht ganz!“
Er reichte ihr die Hand ohne einen Schritt auf sie zu zugehen. Nach kurzem zögern willigte die Widerspenstige ein und er fand ihre Hand in seiner wieder. Ein Arm um seine Schulter gelegt, seinen Arm stützend um ihre Taille.
Ein Grinsen erschien auf dem jungen Gesicht seines Freundes.
„Na, na na. Ihr scheint euch ja richtig näher gekommen zu sein.“
„Ich helfe ihr nur beim gehen.“ entschuldigte sich Montiego peinlich berührt.
„Natürlich.“ sein Freund winkte ab und lief voraus.
Im Hof angekommen schrie er seinen Kameraden zu:
„Los wir brauchen noch zwei Pferde mehr. Holt sie aus dem Stall!“
„Nein....“ erwiderte Weiße Feder wieder.
„Nur ein Pferd mehr. Meines wird auf mich warten.“
Verwundert drehte sich James zu den beiden um.
„Dein Schwarzer ist bei deinen Männern. Er ist nicht mitgekommen. Ich hab ihn nicht gesehen. Er kommt und geht....
„... wie der Wind. Aber er ist da wenn ich ihn brauche. Bringt mich vor das Tor.“
James gab seinen Männern ein Zeichen und die machten sich an das satteln eines weiteren Tieres. Währenddessen begleitete er die zwei Gefangenen aus dem Fort.
Der dicke häßliche Captain geiferte von seinem hohen Posten herunter:
„Das wird ein Nachspiel haben. So leicht kommst du mir nicht davon, große Kriergerin.“
Die drei ignorierten den Unzufriedenen und liefen durch das geöffnete Tor.
„Das glaube ich nicht!“ riefen beide Soldaten aus.
Auf der Wiese in sicherem Abstand stand der schwarze Mustang. Bereit seine Herrin zu holen. Einige ermutigende Schritte machte er auf die Drei zu. Dann stoppte er wieder und kollerte leise.
„Das könnte euch so passen. Ihr seid meine Gefangenen und ich werde euch nicht gehen lassen!“ blind vor Wut schnappte sich der Captain sein geladenes Gewehr und zielte auf den Mustang. Der Schuß löste sich in seiner Ungeduld viel zu früh. Die Kugel sauste durch die Luft, gefolgt von dem verhallenden Knall des Gewehrs und des erschrockenen Schreis von James.
Knapp vor den Hufen des Pferdes verlor sich die Kugel im Sand. Der Schwarze stieg erschrocken und ließ sein Wiehern ertönen. Weitere Schüsse folgten, doch ver-fehlten sie ihr Ziel. Montiego riß Weiße Feder und seinen Freund unter die schützende Mauer des Forts. Dort konnte der verrückte Captain sie weder sehen noch treffen. Dazu müßte er die Leiter hinunter kommen. So richtete sich seine Wut auf das wehrlose Pferd. Weiße Feder raffte sich vom Boden und aus den Armen Montiegos auf:
„Nein! Schwarzer!“ die Weiße Feder um ihren Hals leuchtete wieder. Greller als je zuvor. Ein starker Wind kam auf und zerzauste ihr das Haar. Der Himmel zog sich bedrohend zu und bedeckte die Sonne mit dunklen Wolken. Ein Gewitter zog auf. Weiße Feder war von einer plötzlichen Kraft erfüllt. Kampfbereit stand sie da. Den Blick auf ihr gepeinigtes Tier gerichtet. Sie wußte was nun geschah und noch einmal durfte sie Zeuge eines kaum zu glaubenden Spektakels sein.
Mittlerweile wich der Schwarze den Schüssen nicht mehr aus. Er stand ebenfalls ganz ruhig da, mit aufgestellten Ohren. Als wartete er auf etwas.
„Ich hasse Indianer! Euch alle werde ich töten und zuerst dieses dämliche Pferd!“ der Captain hatte sich längst nicht mehr unter Kontrolle. Wie im Wahn lud er immer wieder sein Gewehr und schoß auf das Tier. Und plötzlich schlug ein weißer greller Blitz direkt vor dem Mustang ein. Das helle Licht breitete sich für einen kurzen Moment aus und ließ alle die Augen zusammenkneifen. Als sie sie wieder öffneten hatte sich der schwarze Mustang in einen wunderschönen weißen Hengst verwandelte. Seine Augen waren so klar und blau wie das Meer, sein Fell so weiß wie der Mond und seine Hufe schimmerten wie Morgentau. Im aufkommenden Sturm und dem mächtigen Wind stand der Hengst da und sein Wiehern hallte durch den Wind. Anmutig stieg er mit wehender Mähne. Das wunderbar reine Licht, das ihn umgab, nahm den Beteiligten den Atem.
Auf sein erneutes Wiehern hin, entlud sich ein weiterer Blitz direkt neben dem Captain. Ein lautes Krachen ließ große Stücke Holz heraussplittern. Der erschrockene Captain war so aus der Fassung gebracht, dass er einige Schritte rückwärts ging und dabei ins Leere trat. Aus 10 Metern Höhe fiel der Captian auf den sandigen Boden. Einige Knochenbrüche setzten den Wahnsinnigen außer Gefecht. Stöhnend lag er am Boden. Der weiße Schimmel war zufrieden. Erneut bäumte er sich auf und hob seine Vorderhufe elegant empor.
Kaum war der Widersacher besiegt klärte sich der Himmel in ein leuchtendes blau, die Sonne gab ihr bestes und der Wind legte sich wieder. Ein letztes Wiehern des stattlichen weißen Hengstes verhallte im Wind und dann stand der Schwarze wieder auf der Wiese und wartete, als sei nichts geschehen. Die Weiße Feder am Hals der Indianerin leuchtete nicht mehr.
Weiße Feder lächelte ihre beiden Soldatenfreunde an und reichte ihnen beiden die Hand. Die zwei jungen Männer hatte es vor Schreck von den Beinen gezogen.
„Was war das?“ James fand die Worte als Erster wieder.
„Das war unser Schutzgeist. Der Schutzgeist unseres Volkes. Das mächtige weiße geflügelte Pferd Mannitous, mit dessen Hilfe er unsere Vorfahren vor vielen Jahren auf der Erde besuchte. Diese Weiße Feder an meinem Hals brachte er als Geschenk mit. Sie stammt aus einem der wunderschönen weißen Flügel seines Pferdes. Jeder Häuptling vermacht seinem ersten Nachkommen die Kette als Erbe und immer wenn unser Volk ungerecht behandelt wird und in großer Not ist, schickt Mannitou sein geflügeltes weißes Pferd auf die Erde. Eines Tages, so erzählt man es sich, wird er uns wieder besuchen kommen. Dann wenn die Zeit reif ist.“
Gespannt hatten die Männer ihr zugehört.
„Eine wunderschöne Fabel, an der wohl einiges wahr zu sein scheint. So schwer wir das auch glauben können. Gesehen haben wir es ja.“
„In Ordnung verhaftet den Captain, er wird vors Kriegsgericht gestellt. Einmal wegen unverantwortlichen Handels und da er bewußt das Leben seiner gefangenen Männer aufs Spiel setzte. Außerdem wegen schlechter Behandlung der Gefangenen und seinem egoistischen Führungsstil“ auf James Befehl wurde der Captain in die Zelle getragen.
„Ich werde dem Richter alles erzählen, was eben passiert ist.“ brüllte der Captain trotz seiner Schmerzen.
„Tun sie das, mal sehen ob er ihnen glaubt. Holt dem guten Mann einen Arzt!“ James und Montiego lachten fröhlich mit den anderen Soldaten.
Am Waldrand tauchten Weiße Feders Krieger auf und auch der schwarze Mustang näherte sich vertrauensvoll seiner Herrin. Sie ging ihm einige Schritte entgegen und umarmte ihn glücklich.
„Mein mystisches wunderschönes Tier.“
Die gefangenen Soldaten wurden frei gelassen und kehrten glücklich in das Fort zurück. Der anführende Coperal hielt sein Pferd vor Weißer Feder, James und Montiego.
„Weiße Feder, ich möchte mich für das grausame Verhalten meinesgleichen entschuldigen. Alles was wir oder mein Volk dir angetan hat, tut mir unendlich leid. Da wäre auch die Sache mit deinem Stamm. Ursprünglich sollte niemand bei diesem Einsatz getötet werden. Es sollte eine Aufklärungsmission sein, doch der Captain, damals noch Coperal, hatte in seinem blinden Haß sich dem Befehl widersetzt. Er griff euch an und tötete deine Leute. Zu uns kehrte er mit Ausreden zurück. Angeblich hättet ihr zuerst angegriffen und er hätte so handeln müssen. Wir konnten uns fast denken, dass es nicht so gewesen ist, doch hatten wir keinerlei Beweise. Und die Soldaten unter seinem Kommando hielten aus Angst den Mund. So mußten wir warten, dass er einen Fehler machte und sich verriet. Doch er war sehr hinterlistig und schlau. Gegen meinen Willen wurde er zum Captain befördert. Doch du, als Zeugin des Massakers kannst uns nun endlich bestätigen, ob er dabei gewesen ist.“
„Ja, er ist es gewesen. Er war der Anführer dieser Bande und nach ihm habe ich so lange gesucht!“
„Danke, Weiße Feder. Er wird hart für sein Vergehen bestraft werden und ich entschuldige mich nochmals. Seine Komplizen sitzen schon lange Zeit hinter Gitter. Sie konnten wir direkt nach dem Überfall überführen. Doch er war glitschig wie ein Fisch. Ich hoffe du kannst uns verzeihen. Als Geschenk möchten wir dir dein und das umliegende Land mit einem Vertrag schenken und dir ein Friedensangebot machen.“
„Sehr gern, damit bin ich einverstanden.“
Der Coperal nickte zufrieden und ein kurzes befreites Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Dann wendete er sich Montiego zu.
„Coperal Montiego. Hiermit wird die Anklage gegen sie fallen gelassen. Der Captain war ein rachsüchtiger unverständlicher Mensch. Das ist mir jetzt erst klar geworden. Ich werde selbst dafür sorgen, dass er entlassen und ins Gefängnis gesteckt wird. Wir würden uns freuen, sie als unseren neuen Captain in der Truppe wieder begrüßen zu können.“ anerkennend glitt seine Hand zu seinem Hut.
„Danke Coperal. Das ehrt mich. Aber ich möchte lieber mit meinem Mädchen zusammen zu ihrem Volk zurückkehren und bei ihnen leben. Sehen Sie, hier in der Welt der Weißen habe ich niemand mehr. Meine Familienmitglieder sind schon lange verstorben und außer James hatte ich seitdem keinen. Und ich denke er ist einer der verständnisvollsten, wenn ich ihm sage, dass ich meine Traumfrau heirate!“ ein glücklicher Blick glitt zu Weißer Feder. Diese trennte sich von ihrem Pferd und schmiss sich ihrem zukünftigen Mann in die Arme. James tippte seinen Freund vorsichtig von hinten an und reichte ihm eine eben gepflückte Blume mit weißer Blüte. Montiego grinste seinen Kamerad an und wendete sich seiner Frau zu. Behutsam steckte er ihr die Blüte ins schwarze lange Haar:
„Willst du mich heiraten und bei deinem Volk leben?“
„Ja.“ flüsterte Weiße Feder glücklich und besiegelte ihre Antwort mit einem besitzergreifenden Kuß.
Die umstehenden Soldaten grölten auf und jubelten dem Paar zu. Selbst die näher gekommen Indianer johlten erfreut und schossen übermütig in die Luft. Ein Lachen lag in allen Gesichtern.
„Herzlichen Glückwunsch ihr beiden.“ meldete sich der Coperal wieder zu Wort.“ ihr Wunsch sei Ihnen gewährt Coperal Montiego. Doch sie können sicher sein, dass wenn sie irgendwann wieder der Armee beitreten wollen, mein Angebot wird stehts aufrecht erhalten bleiben. Und nun zu ihnen Soldat Turner.“
„Was ist mit mir?“
„Sie werden einen Ehrenorden für heldenhaftes und verantwortliches Handeln für ihre Männer erhalten. Sie haben vernünftig und tapfer gehandelt. Außerdem werden sie hiermit zum Sergeant ernannt.“
„Wow!“ James schmiss erfreut seinen Hut in die Luft und jubelte mit seinem Freund Montiego um die Wette.

Und so zog Montiego mit seiner Frau und ihrem Volk in das offene Land von dannen. Beide führten ein glückliches Leben und die Indianerstämme vereinten sich zu einem.
Der schwarze Mustang war seit seiner beeindruckenden Verwandlung zum heiligen Tier der Indianer geworden und wurde verehrt. Seiner Herrin war er ein Leben lang treu. Und diese wußte es zu würdigen

Sergeant James Turner machte eine glänzende Karriere im Militär und wurde einige Jahre später schließlich als jüngster Captain eines eigen gebauten Forts gefeiert. Seine Männer waren ihm treu ergeben und er setzte sich für den Frieden zwischen den Weißen und den Indianern ein.

Der dicke Captain durfte bis an sein Lebensende im Gefängnis verweilen und wurde selbst von den Gefängnisinsassen gemieden.

Alles in allem ein Happy End (ganz nach dem Geschmack des Autors)

 

Hallo Steffi und herzlich Willkommen bei KG.de!

Habe erstmal Deine Geschichte zur Hälfte gelesen und sie gefällt mir irre gut. Den Rest werde ich später lesen, wegen Zeitmangel. Dann bekommst du eine ausfühlichere Kritik von mir.

Es geht "im wilden Westen" wirklich auf und ab. Spannend geschrieben. Hast mich gefesselt, denn Deine Art zu schreiben ist wirklich gut.

LG Joker

 

Hallo zusammen,

wird Zeit, dass der Author sich auch mal zu Wort meldet.
Erstmal vielen vielen Dank, dass ihr meine Geschichte gelesen habt. Für Kritik bin ich immer zu haben, schließlich will man ja wissen wo man sich verbessern kann ;)

Zu den einzelnen Kommentaren:
Ja ich weiss die Story ist ewig lang, aber ich kann mich so schlecht kurz halten *g* Wenn ich erstmal anfang zu schreiben, dann kann mich so schnell nichts mehr stoppen.

Zu den vielen kleinen Fehler meinerseits.... Die hab ich echt nicht gesehen. Ich hab es mindestens 6 Mal gelesen und bearbeitet und immer wiede Fehler gefunden. Nur irgendwann sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr!

Und zu BenSisko: Ist zwar unglaublich aber im Wilden Westen hatten die netten Menschen so einige Wörter in ihrem Wortschatz, die brave Bürger nicht einmal kennen *g* Scheisse, war ein sehr beliebtes Schimpfwort in dieser Zeit.

Zum Soldat James Dean *lach*: Das ist echt lustig. Mir war überhaupt nicht bewusst, dass ich den Namen miteingebaut habe. Ist wohl im Eifer des Gefechts passiert...

Das Ende kam wohl so plötzlich, weil mir die Tinte zum schreiben ausging. Ich wollte endlich zum Ende kommen (sonst wäre sie noch ewig weitergegangen).

Zum Kommentar von Fabien Lührs: Vielen Dank für das in Schutz nehmen !!!! *g* Sowas hat man immer gern und in diesem Fall hätte ich keine bessere Antwort geben können.

Schöne Grüße
Steffi

 

Hi Steffi,

ich finde deine geschichte richtig gut. Die paar kleinen Rechschreibfehler kann man ja übersehen.Es geht ja schließlich ums entertainment und ich fühlte mich gut unterhalten von deiner Story.....obwohl ich Westernsachen gar nicht so mag! Freu mich aber schon auf die nächste Geschichte von dir

Liebe Grüße

Mimi

 

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