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Was nun?

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18.05.2002
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Was nun?

Was nun? (April 1997)

Die Abenddämmerung war schon fast vollendet, als zwei Lichtkegel die angebrochene Dunkelheit
auf der Hauptstraße durchschnitten. Etwa drei Sekunden später folgten zwei weitere.
Sonst war nicht viel los um diese Uhrzeit, die Rush-hour war schon vorüber
und es gab hier sowieso nur sehr wenig Verkehr.
Dollak saß im ersten Wagen. Er fuhr nicht sehr schnell, obwohl er es eigentlich ziemlich eilig hatte.
Das Auto hinter ihm hatte er schon bemerkt, er machte sich darüber so seine Gedanken...

Nachdem das zweite Auto, vermutlich ein BMW, schon eine halbe Stunde
annähernd den gleichen Abstand auf seinen Volvo hielt, wurde er sichtlich nervös.
Er schaltete das Radio aus und begann angestrengt nachzudenken.
Das Musikprogramm hatte ihm eh nicht besonders zugesagt,
seinen Heimatlokalsender konnte er hier nicht empfangen
und das Radio des Leihwagens hatte kein Kassettenteil.
Seine Lieblingsmusik hätte ihn sicherlich beruhigt.

Was ist nun wenn... - Oder doch nicht?
Dollak konnte kaum einen klaren Gedanken finden.
So befahren war die Straße abends nun auch wieder nicht,
dass einem ein Wagen so lange mit dem selben Abstand folgt.
Er beschloss, langsamer zu fahren und den vermeindlichen Verfolger überholen zu lassen.
Das Ergebnis machte ihn nur noch nervöser, denn der BMW hielt stur den Abstand.
Dollak disponierte um und fuhr schneller, doch der Raum zwischen den Autos wurde nicht größer.
Nun hatte er immerhin Gewissheit, dass er verfolgt wurde - oder hielt sein Hintermann nur zufällig den Abstand,
passte er sein Tempo einfach seinem Vordermann an um nicht alleine durch die Nacht zu fahren?

Dollak konnte im Rückspiegel zwei Silhouetten erkennen, der Größe nach zwei Männer.
Das vordere Nummernschild war wegen der hereinbrechenden Dunkelheit nicht mehr zu entziffern.
Er konnte entweder Gas geben was der Wagen hergab und versuchen, seinem Schatten zu entkommen
oder aber einfach stehen bleiben und der Gefahr ins Auge sehen.
Er versuchte die beiden Möglichkeiten nach Vor- und Nachteilen abzuwägen.
Vielversprechend waren sie beide nicht, deshalb fuhr er einfach normal weiter.

Dummerweise nahmen ihm seine Verfolger die Entscheidung ab, denn sie überholten seinen Volvo.
Ein paar hundert Meter vor ihm fuhren sie rechts ran, stiegen schnell aus und winkten ihm zu.
Falls sie Kripobeamten waren, dann sahen sie wenigstens nicht so aus. Wenn sie aber welche waren,
was konnten sie wissen? Er beschloss, sich nicht unnötig noch auffälliger zu verhalten.
Wenn sie hinter ihm her waren, konnte er sowieso nichts mehr tun, dafür war es schon zu spät.
Er bremste also ab und parkte seinen Wagen hinter dem BMW.
Wie ein Blitz durchfuhr es seinem Kopf: Nun war er dreihundert Kilometer von daheim entfernt
und das Kennzeichen des Autos vor ihm verriet Dollak,
dass seine Verfolger aus der selben Kleinstadt kamen wie er. Das konnte kein Zufall sein!

Er wollte schnell weiter fahren, aber die beiden Männer waren schon an seiner Fahrertür...
Seine feuchte Hand kurbelte langsam die Fensterscheibe herunter.
Hätte er im Notfall eine Chance gegen die beiden?

Einer der beiden brach die Stille: "Entschuldigung, Ihr rechtes Rücklicht geht nicht."
Dollak stockte der Atem.
Der Mann sprach weiter: "Aber der Grund, warum wir Sie angehalten haben,
war - ähm - weil wir sahen, dass Sie aus der selben Stadt kommen wie wir.
Ich glaube wir haben uns verfahren und wollten Sie fragen, ob Sie heute Abend noch nach Hause fahren."
Dollak dachte schnell nach und antwortete dann möglichst ruhig:
"Nein, ich übernachte in einem kleinen Hotel hier in der Gegend.
Ich kann Ihnen aber sagen, wie Sie nach Hause kommen."
Der Wortführer gab zu erkennen, dass er es wissen wolle. Dollak erklärte ihm,
dass er nur in die nächste Straße rechts abzubiegen brauche und dann auf die Autobahn gelange.
Die beiden Männer bedankten sich und gingen zurück zum Wagen.
Auf einmal drehten sie sich herum und kamen wieder auf den Volvo zu.
Dollak griff blitzschnell zu der im Handschuhfach befindlichen Pistole und verbarg sie unter seiner Jacke.
Nun sprach ihn der andere Mann an: "Nochmals Entschuldigung, wissen Sie, ob vor der Autobahn noch eine
Gaststätte ist, in der man was Vernünftiges bekommt?"
Dollak antwortete, dass es im übernächsten Dorf ein Wirtshaus mit großen Portionen und fairen Preisen gäbe.
Die Männer verabschiedeten sich zum zweiten Mal und stiegen in ihren BMW.
Dollak wartete bis sie weitergefahren waren und startete dann seinen eigenen Wagen.

Erleichtert fuhr er weiter - mit der Leiche im Kofferraum...

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Anmerkung:
1997, zur Enstehungszeit dieser Geschichte wurde in der Fernsehzeitschrif "Funk Uhr" jede Woche ein Leser-Krimi abgedruckt. Für eine Veröffentlichung gab es 100,- DM. An diesen Geschichten orientiert sich die meinige, ich habe sie allerdings nie eingeschickt, weil mir damals das nötige Selbstbewußtsein fehlte. Im Nachhinein sehe ich das als großen Fehler an, da die anderen Geschichten größtenteils keineswegs besser waren. Und die 100,- DM hätte ich brauchen können... *ggg*

 

Anmerkung:
1997, zur Enstehungszeit dieser Geschichte wurde in der Fernsehzeitschrif "Funk Uhr" jede Woche ein Leser-Krimi abgedruckt. Für eine Veröffentlichung gab es 100,- DM. An diesen Geschichten orientiert sich die meinige, ich habe sie allerdings nie eingeschickt, weil mir damals das nötige Selbstbewußtsein fehlte. Im Nachhinein sehe ich das als großen Fehler an, da die anderen Geschichten größtenteils keineswegs besser waren. Und die 100,- DM hätte ich brauchen können... *ggg*
...und du hättest sie dir verdient gehabt!
Die Geschichte ist wirklich gut, besonders die Beschreibung
Nachdem das zweite Auto, vermutlich ein BMW, schon eine halbe Stunde
annähernd den gleichen Abstand auf seinen Volvo hielt, wurde er sichtlich nervös.
Er schaltete das Radio aus und begann angestrengt nachzudenken.
Das Musikprogramm hatte ihm eh nicht besonders zugesagt,
seinen Heimatlokalsender konnte er hier nicht empfangen
und das Radio des Leihwagens hatte kein Kassettenteil.
Seine Lieblingsmusik hätte ihn sicherlich beruhigt.
Die Wendung mit der Kriminalpolizei kommt etwas unerwartet und wird meines Erachtens zu abrupt eingeführt. Man fragt sich, warum Dollak erst jetzt die Kriminalpolizei vermutet, wenn er etwas zu verbergen hat. Zudem sagt mir meine Klischee-Erfahrung, das jemand, der sich verfolgt fühlt, sehr früh das Nummernschild des Verfolgers studiert. Das Dollak die Übereinstimmung erst kurz vor dem Showdown gewahr wird, scheint mir seltsam. Obwohl es sich natürlich mit seiner Nervosität erklären ließe, was aber andererseits dadurch negiert wird, daß er, was mir gefällt, immer wieder rational reflektiert, ob die "Verfolgung" nicht ganz harmlose Gründe haben kann.

Gefällt mir aber wirklich. :thumbsup:

:teach:

 

"Das vordere Nummernschild war wegen der hereinbrechenden Dunkelheit nicht mehr zu entziffern."

Hm? Steht doch da, oder? *gg*

Danke für Deine Meinung!

p.s.:
Eigentlich habe ich die Geschichte ja nur gepostet, weil in dieser Sparte grad der Bär steppt...

[ 23.05.2002, 16:39: Beitrag editiert von: hexachord ]

 

Moin Hexachord.

Mir hat deine Geschichte auch ganz gut gefallen. Wahrlich spannend. Gibt es diese Funk-Uhr-Krimis überhaupt noch? Schickt doch mal ein, vielleicht bekommst du 100DM (ups, 51Euro)

Der Mann sprach weiter: "Aber der Grund, warum wir Sie angehalten haben,
war - ähm - weil wir sahen, dass Sie aus der selben Stadt kommen wie wir.
Ich glaube wir haben uns verfahren und wollten Sie fragen, ob Sie heute Abend noch nach Hause fahren."
Dollak erklärte ihm,
dass er nur in die nächste Straße rechts abzubiegen brauche und dann auf die Autobahn gelange.
Ich weiß nicht, aber wenn es so einfach ist auf die Autobahn zu gelangen, denke ich mal, dass sie das auch ohne ihn gut finden könnten.
Desweiteren finde ich es unlogisch, dass sie einem Auto mit dem Nummernschild derselben Stadt folgen. Das wäre aber großer Zufall, dass der Autofahrer dann auf dem Rückweg wäre.
Vielleicht kannst du das noch etwas logischer machen.

Hat mir aber auch gut gefallen.

Lieben Gruß
Maya

 

Danke!

Das mit dem Nummernschild ist meinem Onkel einmal tatsächlich passiert, als er mit seinem Geschäftsauto unterwegs war. Der Sitz seiner Firma war irgendwo im Ruhrgebiet, er aber wohnt in Würzburg. Ein Mann verfolgte in bis vor die Haustüre, weil er nicht wußte wie er Richtung Heimat kommen sollte...
Zum Teil ist diese Geschichte also sogar wahr. *gg*

 

Hi Tobias!

Sehr gut geschrieben Deine Geschichte!

Ich war die ganze Zeit völlig auf der falschen Fährte, dachte, er hat Angst, sie könnten ihn überfallen oder sowas - da hab ich wirklich nicht schlecht geschaut, als dann die Wendung/Aufklärung kam! :thumbsup:

Alles liebe
Susi

 

hallo tobias, spannend ist deine story, keine frage. auch die überraschung ist gelungen. allerdings sehe ich schon einige logische fehler drin:"...schon über eine halbe stunde..." das bedeutet, daß der wagen mindestens 30km hinterher gefahren ist. also ich hätte da viel früher angehalten und hätte nach dem weg gefragt, z.b. an einer tankstelle. ahhhm - wo ist übrigens die rush-hour in einem gott verlassenen nest? gruß ernst

 

Schön, dass die Geschichte noch immer gelesen wird. *gg*

Rush-hour: Hm, ja, gut, mein Fehler - obwohl...

Hinterherfahren: Das ist, wie schon erwähnt, meinem Onkel wirklich passiert - gibt es also! *gg*

 

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