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Was ist los mit Penny?
Anjas größter Wunsch
„Siehst du die Schnurrhaare? Die kitzeln, ganz schön“, flüstert Emilie.
Emilie und Anja hocken vor dem Stall und beobachten Pauline, Emilies Kaninchen.
Die Welt ist wirklich ungerecht. Anja wünscht sich schon ein Kaninchen, seit sie denken kann. Und Emilie bekommt einfach so eines von ihrem Onkel geschenkt. Und so ein süßes noch dazu.
„Darf ich es mal halten?“, fragt Anja.
„Ja, aber vorsichtig.“ Emilie schnappt sich Pauline und setzt sie Anja in den Schoß. Pauline schnuppert und stupst gegen Anjas Hand.
„Ich hätte auch so gern eins“, sagt Anja.
„Du hast doch bald Geburtstag. Frag deine Eltern einfach noch mal. Stell dir vor, wenn wir beide ein Kaninchen haben. Dann kannst du es immer mitnehmen, wenn du zu mir kommst und sie können miteinander spielen.“
Ja, das wäre toll!
Alles ist ganz normal
Als Anja am Abend im Bett liegt, stellt sie sich vor, wie es wäre, wenn sie ein Kaninchen hätte. Der Stall würde dann gleich neben ihrem Bett stehen. Sie würde jeden Tag mit dem Kaninchen spielen und unheimlich viel kuscheln. Natürlich würde Anja auch alles ganz alleine sauber machen und alle Köttel wegräumen. Das gehört nämlich auch dazu.
Sie wüsste sogar schon einen Namen für das Kaninchen.
Anja sehnt sich so sehr nach einem eigenen Haustier. Jedes Mal, wenn sie eine Wimper verliert, oder drei gleiche Zahlen auf einem Autonummernschild entdeckt, so dass sie einen Wunsch frei hat, wünscht sie sich das Gleiche: ein Kaninchen.
In den nächsten Tagen hat Anja schlechte Laune. Ihr Geburtstag kommt immer näher und Mama und Papa sind einfach ganz normal. Sonst merkt Anja immer, wenn ihre Eltern eine Überraschung planen. Dann kichern sie, wenn Anja ins Zimmer kommt. Und wenn Anja fragt, was los ist, sagen sie: „Och, gar nichts. Was soll denn schon sein?“
Anja hat sogar im Schlafzimmerschrank nachgeschaut. Obwohl sie weiß, dass man so was nicht machen darf. Aber irgendwo müsste Mama doch einen Kaninchenstall oder Heu oder zumindest Körnerfutter versteckt haben. Leider hat Anja nichts gefunden. Wahrscheinlich bekommt sie wirklich kein Kaninchen. Anja ist enttäuscht und wütend und ein bisschen schämt sie sich auch, weil sie in Mamas Schrank gewühlt hat.
Ein gutes Zeichen
Obwohl heute Anjas großer Tag ist, will sie gar nicht aufstehen. Normalerweise ist sie an ihrem Geburtstag schon vor ihren Eltern wach. Aber heute hat sie keine Lust auf feiern, weil sie doch schon weiß, dass sie kein Kaninchen bekommen wird.
„Guten Morgen, Sonnenschein. Es warten schon Geburtstagsüberraschungen auf dich“, sagt Mama und verschwindet, mit einem Grinsen auf dem Gesicht in der Küche.
Anja trottet ihr hinterher. Als sie die Tür öffnet, rufen Mama und Papa im Chor: „Alles Gute zum Geburtstag!“
Der Frühstückstisch ist gedeckt und rund um Anjas Platz liegen bunt verpackte Geschenke. Leider hat keines davon weiches Fell und lange Ohren, schnuppert und hüpft herum. Anja seufzt, jetzt ist der letzte Funken Hoffung, doch noch ein Kaninchen zu bekommen, erloschen.
„Sieben Jahre schon…“, sagt Mama seufzend. Das macht sie bei jedem Geburtstag, sie kann einfach nicht fassen, dass Anja älter wird.
Im ersten Päckchen ist das Prinzessinnen-Puzzle, das Anja sich gewünscht hat. Irgendwie freut sie sich schon, aber nicht so doll. Es kommen noch zwei Bücher, eine Füllfeder und der LEGO Bauernhof zum Vorschein.
„Danke schön“, sagt Anja leise und bemüht sich, dabei nicht allzu enttäuscht zu klingen.
„Das war aber noch nicht alles? Oder war das schon alles, Schatz?“, fragt Papa die Mama mit einem Schmunzeln im Gesicht.
Anja fährt hoch. Das war ein Zeichen! Die zwei führen also doch was im Schilde. Anja bekommt Bauchkribbeln.
„Ich weiß nicht“, sagt Mama. „Huch, was ist denn das?“
Sie zaubert einen Zettel hinter ihrem Rücken hervor. Anja reißt ihn ihr aus der Hand.
In großer Blockschrift steht darauf geschrieben:
NAJA, WAS KÖNNTE ES DENN SEIN?
… EIN KANINCHEN!!!
FÜR DICH LIEBE ANJA ZU DEINEM SIEBTEN GEBURTSTAG!
VON MAMA UND PAPA“
Anja muss den Zettel dreimal lesen. Sie kann nicht glauben, was da steht.
Sie springt auf und fällt Mama und Papa vor Freude um den Hals. „Danke, Danke, Danke!“, ruft sie und tanzt vor lauter Glück einen Indianertanz in der Küche. Mama lacht und Papa tanzt sogar mit.
Ein ganz besonderes Kaninchen
In der Tierhandlung riecht es nach Stroh und Hundefutter.
„Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragt der junge Mann im Geschäft.
„Ich hab heute Geburtstag und darf mir ein Kaninchen aussuchen“, sagt Anja aufgeregt.
„Na dann komm mal mit, kleine Lady.“ Der Verkäufer führt sie durch den Laden zu den Käfigen. „Wie alt wirst du denn heute?“
„Sieben“, sagt Anja stolz.
Hier gibt es Meerschweinchen, Mäuse, Hamster und - Kaninchen.
„Wir haben gerade Neuzugang bekommen“, meint der junge Mann und zeigt auf einen Haufen kleiner Fellknäule mit langen Ohren. Anja entdeckt ein ganz besonderes Kaninchen.
Es ist größer als die anderen, sein Fell ist ganz schwarz, nur zwischen den Augen hat es einen weißen Punkt.
„Kann ich das mal halten?“ Anja zeigt in den Käfig.
„Möchtest du nicht ein Babykaninchen? Dieses ist noch aus dem letzten Wurf übrig geblieben“, sagt der Verkäufer verwundert.
Anja schüttelt heftig den Kopf. Sie findet dieses einfach süß, es hat etwas Besonderes an sich. Der Mann schnappt sich das Kaninchen und legt es in Anjas Arm. Es fiept ganz leise. Wahrscheinlich hat es ein bisschen Angst. Anja hält das kleine Tierchen ganz nah an ihr Gesicht, es ist warm und sie kann seinen Atem spüren.
„Du brauchst keine Angst zu haben, ich tu dir nichts“, flüstert sie. Das Kaninchen wird immer ruhiger.
„Das möchte ich gerne haben.“ Anja würde das weiche Tierchen am liebsten nie wieder aus dem Arm geben.
„Na, da haben sich ja zwei gefunden“, meint der Verkäufer. „Es ist übrigens ein Weibchen.“
“Das trifft sich sehr gut“, sagt Mama. Anja kapiert zwar nicht, warum, aber wenn Mama glücklich ist – Anja ist es auf alle Fälle.
Außer dem Kaninchen kauft Mama noch einen Käfig, Körnerfutter, Streu und eine Tränke. Das gehört alles zum Geburtstagsgeschenk dazu.
Beim Nach-Hause-Fahren, fragt Mama: „Wie soll dein Häschen denn nun heißen?“
Anja muss nicht überlegen. Den Namen für ihr Kaninchen kennt sie schon lange. „Penny!“ sagt sie.
„Das ist aber ein schöner Name“, meint Mama. Das findet Anja auch.
Penny ist das schlauste Kaninchen der Welt
Als Anja zu Hause ankommt, zeigt sie Penny als erstes ihr Zimmer.
„Also, hier wirst du wohnen. Das ist mein Zimmer und ab heute ist es auch deins.“
Papa kommt herein und schmunzelt.
„Anja, ich hab da noch etwas für dich“, sagt Papa. Er holt ein wunderschönes Hüttchen aus Holz. „Das hab ich für deine Penny gebaut. Das ist ein Schlafhäuschen.“
Anja gibt Papa einen dicken Kuss. Das war wirklich der beste Geburtstag, den sie je hatte.
In der nächsten Zeit verbringt Anja jede freie Minute mit Penny. Sie hat ihr sogar Kunststücke beigebracht. Wenn Anja eine Karotte über Pennys Kopf hält, macht sie Männchen. Penny kann auch Hürdenparcours durchlaufen. Anja muss ihr nur einen Leckerbissen ins Ziel legen, dann kann Penny über Bauklötze springen und durch selbst gebaute Tunnels laufen. Penny ist wirklich das schlauste Kaninchen der Welt.
Manchmal sitzt Anja auch nur stundenlang mit Penny am Bett und kuschelt mit ihr. Sie weiß schon ganz genau, wo Penny gern gekrault wird. Genau hinter dem linken Ohr. Am Bauch darf Anja nicht streicheln, weil Penny da kitzelig ist. Manchmal leckt Penny auch Anjas Hand ab, das fühlt sich ganz weich und warm an.
Die schönsten Spiele
Heute sind Anja und Penny bei Emilie und Pauline.
Emilie hat im Garten ein großes Gehege für Pauline. So groß, dass darin genug Platz für zwei Kaninchen ist.
„Wollen wir Häschen in der Grube spielen?“, fragt Emilie. Das Spiel haben Anja und Emilie erfunden.
Sie setzten sich gegenüber und nur die Füße berühren sich, Penny und Pauline dürfen in ihrer Mitte herumhüpfen.
Anja und Emilie singen: „Häschen in der Grube, saß und schlief, saß und schlief, armes Häschen bist du krank, das du nicht mehr hüpfen kannst? Häslein hüpf. Häslein hüpf. Häslein hüpf.“
Penny und Pauline hüpfen meistens brav mit. Aber heute haben sie anscheinend keine Lust, dauernd wollen sie entwischen.
Anja und Emilie setzten die beiden in das Gehege.
„Lass uns spielen, wir sind die Mamas und die Kaninchen sind die Babys, die im Laufstall sitzen“, schlägt Anja vor. Das ist eine tolle Idee. Seitdem Anja auch ein Kaninchen hat, fallen ihr und Emilie die besten Spiele ein und es wird ihnen nie langweilig.
Penny versteht sich auch richtig gut mit Pauline und sie ist gerne bei ihr in dem großen Gehege. Da schlägt Penny Haken vor Freude und flitz wild herum.
Was ist nur mit Penny los?
In letzter Zeit hat Penny sich irgendwie verändert. Sie will nicht mehr spielen und ist nicht mehr so kuschelig wie früher. Wenn Anja sie hochhebt, fiept sie ganz laut und wenn sie sie dann wieder loslässt, klopft Penny wütend mit den Hinterpfoten.
„Glaubst du, Penny ist krank?“, fragt Anja die Mama besorgt.
„Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Sie hat doch Appetit wie ein Bauarbeiter. Ich glaube, sie ist einfach traurig, weil sie nicht mehr mit zu Pauline darf.“
Inzwischen ist es draußen zu kalt geworden für die Kaninchen, deswegen können sie nicht mehr zusammen im Gehege spielen.
Anja nimmt sich vor, sich noch mehr um Penny zu kümmern. Traurig soll sie nicht sein, sie ist doch Anjas Nummer Eins.
Aber so sehr sich Anja auch bemüht, Penny will nicht spielen und nicht gestreichelt werden. Meistens liegt sie nur in ihrem Stall und schläft.
Emilie weiß auch keinen Rat. Ihre Pauline ist wie immer, munter und zutraulich.
Ein furchtbar schrecklicher Tag
Eines Tages kommt Oma zu Besuch. Anja freut sich sehr, dass ihre Oma da ist. Sie hat sie lange nicht mehr gesehen, denn seit Anjas Opa vor ein paar Jahren gestorben ist, reist Oma durch die ganze Welt.
„Komm, Oma! Pennys Stall steht in meinem Zimmer.“ Anja zieht Oma hinter sich her.
Doch als Anja Penny hochheben will, lässt sie sich wieder nicht fangen und versteckt sich in ihrem Hüttchen.
„Lass mich mal, Schätzchen. Deine alte Oma ist auf dem Land aufgewachsen, da haben wir auch Karnickel gehabt.“
Die Oma fährt mit der Hand in Pennys Schlafhäuschen und versucht, sie zu erwischen.
„AUA! Um Himmels willen. Das ist aber ein Luder!“
Oma zieht die Hand zurück und von ihrem Finger tropft Blut.
Penny hat sie gebissen!
Anja kann das nicht glauben. Ihre Penny hat noch nie jemanden gebissen und sie ist auch kein Luder. Anja weint.
Die Oma lässt sich vom Papa verarzten, dabei schimpft sie: „Das Tier sollte man einschläfern lassen. Das ist ja gemeingefährlich!“
Anja kann gar nicht mehr aufhören mit dem Weinen. Papa nimmt sie auf den Schoß. „Ist doch alles nicht so schlimm. Du kennst ja die Oma, sie ist schnell eingeschnappt, aber morgen hat sie alles wieder vergessen.“
Aber Anja macht sich keine Sorgen wegen Oma, sondern wegen ihrem Kaninchen.
„Und was ist los mit Penny?“, schluchzt Anja.
Jedoch auf diese Frage hat Papa auch keine Antwort
Die großartige Überraschung
Seitdem Penny die Oma gebissen hat, will Mama sie nicht mehr in der Wohnung haben.
„Jetzt ist Schluss, Anja! Sollen wir darauf warten, dass Penny auch noch dich beißt? Morgen bring ich sie zurück in die Tierhandlung.“
„Nein, Mama! Bitte nicht!“, ruft Anja, dabei kullern ihr Tränen über die Wangen.
„Ich weiß, dass du traurig bist. Ich kauf dir auch ein neues Kaninchen. Aber Penny kommt morgen weg. Ich will nicht, dass du ein bissiges Kaninchen hast. Das ist mein letztes Wort.“
Anja rennt in ihr Zimmer und schlägt die Tür hinter sich zu.
Sie weint so sehr, dass ihr ganzer Körper zittert. Das ist so unfair. Sie möchte Penny nicht weggeben. Niemals! Und ein neues Kaninchen will sie auch nicht. Sie will nur Penny.
Als Anja sich ein bisschen beruhigt hat, setzt sie sich neben Pennys Stall.
„Pennylein, was ist nur los mit dir?“, schluchzt Anja. „Die Mama sagt, ich muss dich hergeben! Bitte, werd wieder normal. Bitte, bitte!“
Irgendwann schläft Anja vor Erschöpfung ein.
Doch mitten in der Nacht wacht sie plötzlich auf, weil sie ein ganz merkwürdiges Geräusch hört.
Anja lauscht ins Dunkel.
Das Geräusch kommt aus Pennys Stall!
Anja knipst ihre Nachttischlampe an und lugt in Pennys Schlafhäuschen. Da bewegt sich irgendetwas ganz Seltsames. Anja öffnet den Käfig und hebt vorsichtig das Hüttchen hoch. Sie kann nicht glauben, was sie da sieht.
„Mama“, sagt Anja leise, dann noch einmal, ein bisschen lauter: „MAMA! Komm mal ganz schnell!“
Mama kommt verschlafen herein. „Hast du mich gerufen? Was ist denn los?“
Dann bleibt auch Mama der Mund offen stehen und sie sagt nichts mehr.
In dem Käfig sitzt Penny und leckt etwas.
Dieses Etwas ist winzigklein und rosafarben. Und da sind noch mehr!
Eins-, zwei-, drei-, weitere Knirpse liegen im Heu.
„Sind das…?“, Anja stockt. „Babys?“
Mama nickt.
„Wo kommen die denn her?“, fragt Anja erstaunt.
„Ich glaube, Emilies Pauline ist gar keine Pauline, sondern ein Paul“, seufzt Mama.
Anja schaut sie mit großen Augen an. Deswegen war ihre Penny so komisch in letzter Zeit. Sie hat diese winzigen Babys in ihrem Bauch getragen. Und Anja hatte keine Ahnung.
„Muss ich sie jetzt immer noch hergeben?“, fragt Anja und schaut Mama ängstlich an.
„Nein, Schätzchen. Natürlich nicht.“ Mama lächelt.
Anja fällt ihr um den Hals.
„Aber die Babys können wir nicht alle behalten“, raunt Mama in Anjas Nacken.
Pille, Pünktchen, Patti und Po
Als Anja am nächsten Tag in der Schule Emilie alles erzählt, kann sie es nicht glauben.
„Meine Pauline ist ein Paul? Ach, du dickes Ei!“, ruft sie. Aber dann muss sie doch kichern. Es ist ja wirklich nicht zu fassen.
Emilie ist nun fast jeden Tag bei Anja und den Kaninchen zu Besuch, sie gehören ja irgendwie auch ihr. Aber Paul, den Papa, darf Emilie nicht mitnehmen!
Nach ein paar Tagen bekommen die Kaninchenbabys Fell und öffnen ihre Augen. Anja und Emilie haben es sich natürlich nicht nehmen lassen, den Kleinen Namen zu geben. Die vier sollen Pille, Pünktchen, Patti und Po heißen.
Anja und Emilie können sie jetzt sogar schon in den Arm nehmen. Sie sind so süß. Am liebsten würden sie alle behalten. Leider geht das nicht.
Zum Glück haben sich aber ein paar ganz liebe Kinder aus Anjas Klasse angemeldet, um ihr ein Kaninchenbaby abzunehmen. Natürlich erst dann, wenn sie alt genug sind.
Das dauert aber noch ein paar Wochen. Bis dahin hat Anja fünf Kaninchen zu Hause. Kann man sich etwas Schöneres vorstellen?