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Warum Ich?
Warum Ich?
Eine Kurzgeschichte zum Nachdenken!
von Anja Albus
Oh man, oh man....., ich weiß immer noch nicht, wie mir recht geschehen ist. Die Schwärze vor meinen Augen weicht langsam zurück, doch ich halte meine Lider noch geschlossen.
Noch einmal lasse ich die letzten Minuten Revue passieren, überlege, wie ich wohl in diese seltsame Situation hineingekommen bin.....
Wenn ich es mir so recht überlege, begannen die seltsamen Vorfälle vor genau zwei Tagen. Die laute Stimme meiner Tochter riß mich aus dem Schlaf.
"Mama"
Langsam öffnete ich die Augen und begann damit, meinen noch unausgeruhten Körper aus dem Bett zu schälen.
"Mama"
Wie ich es haßte, wenn der Morgen schon so streßig begann!
"Mama"
Noch im Halbschlaf schlürfte ich den Flur entlang, der mir an diesem Tag besonders lang und kalt vorkam. Langsam öffnete ich die Türe zu Sandras Zimmer und erblickte meine Tochter, wie sie mir aus ihren blauen Augen entgegensah. Dieses kleine, freche Biest!
Entschuldigt bitte, daß ich sie so nenne, doch sie geht mir halt im Moment ziemlich auf die Nerven mit ihrem ewigen "ich,ich,ich"....
"Guten Morgen mein lieber Schatz", rief ich ihr entgegen und knipste das Licht an. Sandra sprang aus dem Bett und begann, wie jeden Morgen sofort damit, ihren Bettkasten nach ihrem heutigen Lieblingsspielzeug zu durchforsten und dabei alle anderen, nicht gebrauchten Sachen durch die Gegen zu werfen.
Noch wärend ich sie dabei beobachtete und mich über die entstandene Unordnung zu ärgern begann, strich mir plötzlich ein kalter Hauch über die Füße. Ich erschauerte. Sofort breitete sich eine Gänsehaut auf meinem Rücken aus und ich schüttelte mich, um dieses ekelhafte Gefühl loszuwerden.
"Komm runter, ich mache Frühstück" rief ich Sandra zu, dann wendete ich mich ab, froh darüber, den kalten Flur verlassen zu können.
Der Tag verstrich wie alle anderen auch. Schnell vergaß ich das seltsame Ereignis vom Morgen und erfüllte meine Pflichten. Wie es einer Hausfrau mit Nebenjob eben so geht! Frühstück, Arbeiten, Haushalt, Abendessen und fertig!
Als ich an diesem Abend meine hungrige Meute, genannt Familie, gefüttert hatte und das Haus auf Hochglanz poliert war, machte ich mich daran, die Bügelwäsche in unser Schlafzimmer zu tragen. Die Hände voller duftender Wäschestücke schritt ich die Treppe empor, in den langen Flur, der zu dem Zimmer führte.
Und da war es wieder; dieses Gefühl der Kälte, das sich schnell um meine Beine schloß und sie zu erfrieren schien.
Ich machte einige schnelle Schritte, dann hatte ich unser Bett erreicht, ließ die Wäsche darauffallen und warf mich gleich hinterher. Kalte Angst stand in meinem Gesicht und ich überlegte, ob ich nicht Michael zu Hilfe rufen sollte. Doch diesen Gedanken verwarf ich sofort wieder, schließlich glaubt der eh schon, daß ich einen Vogel mit mir rumtrage.... und diese Blöße wollte ich mir nicht geben.
Letzlich siegte doch der Verstand über meine Angst und so setzte ich meine Füße erneut zu Boden. Erleichtert stellte ich fest, daß sich der Laminat zwar nicht gerade warm anfühlte, jedoch auch nicht kälter als sonst.
"Du bist schon ein bißchen verrückt" dachte ich bei mir und ein Lächeln wanderte über meine Lippen.
"Mama"
Der nächste Morgen begann wie der letzte.
"Mama"
Langsam rollte ich mich aus dem warmen, gemütlichen Bett, stellte meine Beine auf den Fußboden und richtete meinen Körper auf. Es fröstelte mir. Schnell zog ich den Morgenmantel über, der griffbereit neben meinem Bett hing.
Wenn ich es mir recht überlege, hätte ich eigentlich zu dieser Jahreszeit nicht frieren dürfen, schließlich haben wir mitte August und jeder Tag war so warm wie seit 20 Jahren nicht mehr...
Nun ja, ich muß zugeben, so ganz konnte ich meinen Körper nicht mehr mit dem Mantel bedecken,ich war eben in den letzten 3 Jahren ziemlich auseinander gegangen. Wie sollte man es auch schaffen, in einer Bäckerei zu arbeiten, immer die leckeren Sachen vor Augen und dann noch Kalorien zu zählen?
Ich schritt also so den Flur entlang, blieb vor Sandras Zimmertür stehen und öffnete sie langsam. Da war es wieder! Der kalte Hauch schlich sich an meine Füße, wanderte nach oben zu meinen Knien, wo er sich jedoch nicht lange aufhiehlt, sondern weiter Richtung meines Bauches kroch. Ohne Sandra den üblichen morgendlichen Gruß zuzurufen, lief ich schnell die Treppe hinab und stürzte in die Küche, wo ich sofort anfing, heißen Kaffee zu kochen um meinem Körper die entzogene Wärme zurückzuführen.
Zehn Minuten und drei Tassen später hatte ich mich so weit erholt, um den morgendlichen Rythmus wieder aufnehmen zu können.
Der Arbeitstag in der Bäckerei gestaltete sich an diesem Tage besonders stressig, da das Konkurenzunternehmen in unserem Dorf seinen Betrieb geschlossen hatte und somit alle Kunden auf unser Geschäft auswichen. Zu allem Überfluß mußte ich erfahren, daß sich meine Kollegin Petra beim Besuch im Schwimmbad einen Arm gebrochen hatte und ich ihre Schicht auch noch übernehmen durfte.
Egal! Ich konnte es eh nicht ändern! Und eigentlich war ich froh über den langen Arbeitstag, lenkte er mich doch von den seltsamen Vorkomnissen Zuhause ab!
Pünklich um 18 Uhr schloß meine Cheffin die Tür zur Bäckerei und ich machte mich auf den langen Heimweg. Sie Sonne stand noch hoch am Himmel und ich genoß die Wegstrecke zurück, gab sie mir doch Gelegenheit, mal ein paar Minuten alleine zu sein.
In meinem "Spukhaus" angekommen, schlug mir bereits hinter der Türe die erste Frage entgegen: "Hallo Mama, was gibts zu essen?" bestürmte mich sofort meine Tochter.
"Fischstäbchen, Kartoffeln und Spinat" antwortete ich prompt. Schließlich verspürte ich keine große Lust mehr, nach so einem langen Arbeitstag noch den Schweinebraten zuzubereiten, den ich eigentlich für heute aufgetaut hatte.
"Spinat.....igitt! Biiittte liebe Mama, keinen Spinat, ich hasse Spinat" rief Sandra. Wer kann schon einem solchen Gesicht widerstehen?
"Nun ja, dann mach ich eben den Schweinebraten!" sagte ich ihr und zufrieden trottete sie davon.
Für Michael würgt ich nur ein kurzes "Hallo" hervor, doch er schaute sich gerade ein Fußballspiel an und ich wußte, daß er sich dabei nicht gerne stören ließ. Dann ging ich in die Küche und machte mich an die Arbeit. Zwei Stunden und zehn Minuten später war ich bereits dabei, den Tisch abzuräumen und das schmutzige Geschirr zu spülen. Sandra rief noch ein kurzes "Gute Nacht" in die Küche, dann verschwand sie auf der Treppe nach oben.
Die Zeiger meiner Uhr zeigten bereits viertel nach neun an, als ich endlich alles gereinigt und weggeräumt hatte. "Nun noch ein wenig fernsehen, dann ab ins Bett!" dachte ich bei mir und freute mich auf das Programm, denn nun lief meine Lieblingserie.
Ich durchschritt die Zimmertür, doch auf halben Wege zur Couch kam mir schon Michael entgegen, verweilte einen Augenblick bei mir und strich mir sanft über den Busen. Dann gab er mir einen zarten Kuß auf die Lippen und flüsterte mir zu: "Kommst du nach oben?!" Schnell verschwand er auf der Treppe.
Ein tiefer Seuftzer entfuhr meiner Kehle, einen traurigen Blick warf ich noch auf den Fernseher, dann folgte ich ihm leise ins Schlafzimmer.
Wir taten es lange und ausdauernd. Obwohl ich an diesem Tag wirklich keine Lust hatte, nachte ich doch mit so gut ich konnte. Schließlich war man ja verheiratet und immer nein sagen konnte ich auch nicht. Nach dem Akt schlief ich schnell in meinem Bett ein, wärend Michael noch einmal das Wohnzimmer aufsuchte, um dort die ein- oder andere Zigarette zu rauchen und ein Bier zu trinken.
"Mama"
Laut dröhnte Sandras Stimme an mein Ohr.
"Mama"
Der nächste Morgen war bereits angebrochen, und ich fühlte mich, als ob ich gerade erst eingeschlafen wären. Michael lag neben mir, doch er schien noch fest zu schlafen.
"Mama"
Langsam erhob ich meinen müden Körper und stellte meine Füße auf die Erde. Ich machte zwei unbeholfene Schritte, dann spürte ich es. Eine Eiseskälte hüllte mich ein. Sie stieg von meinen Füßen meinen Körper empor, schlich sich unter mein Nachthemd und drang in meine Haut ein. Noch einen weiteren Schritt ging ich auf die Tür zu......und dann?
Mir ist nicht mehr kalt. Es ist schwarz um mich herum. Meine Augen sind noch immer geschlossen. Ich bin jetzt bereit sie zu öffnen, will endlich wissen, was geschehen ist. Langsam heben sich meine Lider. Ich kann nicht genau erkennen, was los ist, es ist verwirrend. Sandra steht in einer Ecke des Zimmers und weint, Michael steht daneben, bleich und fahl. Zwei fremde Männer knien da, ich kann sie nicht genau erkennen, das Bett verdeckt mir die Sicht. Ich mache einige Schritte um das Bett herum, um sie genauer betrachten zu können. Ein Schreck. Ich schließe die Augen. Etwas monströses hat sich dort in meine Gedanken gestohlen. Etwas unheimliches, etwas unmögliches....
Langsam öffne ich wieder die Augen. Es ist wahr! Meine Sinne spielen mir keinen Steich....
ich sehe mich.....