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Walden 1209 a. u. c. und der Rosengarten der Ildico

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12.04.2007
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Walden 1209 a. u. c. und der Rosengarten der Ildico

Walden 1209 a. u. c. und der Rosengarten der Ildico -

Staubwedeln in der Wormatia

für @Manuela und @Katla


»Zum Straucheln brauchts doch nichts als Füße. Auf diesem
glatten Boden, ist ein Strauch hier? Gestrauchelt bin ich hier;
denn jeder trägt den leid’gen Stein zum Anstoß in sich selbst.«​

I
Am Basgenstein

„Atta unsar -
þu in himinam -
weihnai namo þein …“,​


schreien dort zwei, die den schmalen Pass versperren und uns den Spaß verderben.

Welch schönes und zugleich frommes Bild gäbe es im ersten Morgenrot, wenn in der Kluft unter überhängenden Gipfeln des Wasigensteines allein ein friedfertiges Pärchen kniete, um die Hände zum Gebet zu falten – eben da, wo aus dem frisch begrünten Boden steile Wände sich gen Himmel recken, über und über geziert und geschmückt durch Rosengewächse. Hübsch und vollständig verkleideter, stolzer schroffer Fels, wie der Hermelin allein dem Fürsten angemessen wäre.

Wäre dieser hier doch zumindest so klug als dreifach gedroschen Stroh!

„Wat tun die da?“, brüllt Gundiok.
Wie zur Entschuldigung flüstert er: „Die kenns’e doch!“

Die Hände des Mannes da vorne ruhen ineinandergefaltet auf dem Knie des am Körper angewinkelten Beins, während die Jungfer mit dem auffällig hohen Schädel auf beiden Beinen kniet, die aneinander gefalteten Hände an der Brust trägt und den Kopf bei geschlossenem Auge beugt, derweil sein Auge über uns drei hier wacht – ein Bild, wie ich es vom Ort meiner Herkunft her zu kennen meine: Es findet sich in der Basilika zur Ulpia Traïana, wo unter einem Rosenportal der Victor Placidus und die jungfräuliche Mutter auf Knien das Kind anbeten. Doch selbst wenn das Wappen mit Rose und Lilie auf dem an der Felswand lehnenden Schild des Kriegers die Idylle verstärken will, das übrige Waffenarsenal widerspräche aller Friedfertigkeit – wie schon die von dem Krieger zu Rast und Wehr bestimmte Stelle, kann doch von hier aus die Ebene weit eingesehen werden, während allzu steile Hänge dem Paar den Rücken freihalten.

„Die beten zu ihrem neuen Gott …“, antworte ich dem Kinde und meine ergänzen zu müssen, „dem Gott der Römer.“

Das mächtig durstige Schwert steckt aufrecht vor dem Paar gleich einem römischen Galgen im Leib der Mutter Erde. Daneben und vor der von Gundiok heillos begehrten Jungfer liegen Pfeil und Bogen zum Kampf bereit, dem aufmerkenden Beobachter und Kritiker ein real gewordener Spannungsbogen, dem schlichten Fachmann aber ein Kompositbogen der Hunnen. Da liegt sie, die modernste und trefflichste Waffe der Zeit, gepaart mit Miming, dem mörderischsten grauen Stahl aus Mimirs Werkstatt, nur noch der Waffe des Drachentöters zu vergleichen, wieder und wieder geschmolzen und zerspant, gewürzt mit manch geheimer Zutat aus fernen Ländern und dummen, plappernden Gänsen zum Fraß vorgeworfen, so oft, bis Wieland, der meisterlichste und somit der Erste unter den Schmieden, sich endlich des Wunderwerkes zufrieden gab.

Neben diesem Gott findet kein Idol, geschweige denn Pfahlgötze einen Platz!

Also wandelt Idylle sich zur dornigen Angelegenheit unter Strauchdieben und Mördern, dass der jugendliche Herzog poltert: „Wie – beten zu ’nem neu’n Jott und wär’n doch eher Hunnen denn Römer?“

Dann lacht Gundiok zwanghaft: „Wat’n Quatsch!“, schlägt mit der flachen Hand gegen den Schädel und spricht abgehackt: „Wills’e uns veräppeln? - Die beten doch’et Schwää’t an, dat unsre Leut j’rad hinjemetzelt hätt. – Ich seh’et doch – und du siehs’et doch auch!“, ist wütend und hilflos zugleich, stampft auf in seinem jähen Zorn wie ein Berserker und doch hilfloses Kind.

Verärgere mich nicht, mein junger, unerfahrener Freund und Fürst, denn wie sollte gerade der es nicht sehen, der es immer schon geahnt hat, dass etwas mit dem Bild zur Ulpia Traïana nicht stimmen kann – erhebt sich doch dort hoch über der frommen Szene der Palast des großen Herodes, den nicht nur die neue Religion so gerne kleinredet.

Doch Himmel! Was redet der Schildknabe des Gundiok sich in seiner Klosterweisheit in die Hölle? „Man ehrt’s wohl“, rezitiert das Plappermaul, „so wie wir zu Lorsch, wo man sich’s neben einer Wodanseiche gefallen lässt, weil wir nicht wissen, ob ihm kein Zauber innewohne, so wie der frömmste Christ ein Götzenbild noch immer nicht leicht zerschlägt, weil sich ein letzter Rest der alten Furcht noch leise in ihm regt.“

Gütiger Himmel!, was treibt den Klosterschüler, unter Kindern den Klugscheißer hervorzukehren! Und fügt jugendlichen Übermutes noch an: „Wenn er es glotzen sieht“, was nicht nur den Fürst zur Weißglut bringt.

Vor zwei Tagen sind wir von Worms ausgezogen die Rheinebene hinauf gegen den Wasgenwald, dem Pärchen, das am Tage zuvor – wie ein Fährmann berichtete - südlich der Residenz den Rhein überquert hatte, Zoll abzuverlangen aus dem Schatz, den es auf drei Lasttieren in Kiste und Kasten, Schrein und Truhe mit sich führt.

Elf Namen von den besten und tapfersten Ripuariern links des Rheines wären neben meinem zu nennen, die ihrem jungen Fürsten auf seinem ersten Heerzug in blinder Treue folgten als gälte es Trophäen von Platzhirsch und Keiler, nicht aber um Ruhm und Ehre und der Wormatia Wohlstand und Freiheit zu sichern, vor allem aber die Schatzkammern zu füllen.

Wie sollte bei einer solchen Überzahl der Jagdausflug misslingen?


II
Nachrichten aus aller Welt

»Das Leben nennt der Derwisch eine Reise, und eine kurze. Freilich!
Von zwei Spannen. Diesseits der Erde nach zwei Spannen drunter.
Ich will auf halbem Weg mich niederlassen! Wer heut sein Haupt noch
auf der Schulter trägt, hängt es schon morgen zitternd auf den Leib.«​

Was berichtete der Fährmann zwischen den Welten des uralten Borbetomagus und der modernen Civitas Vangionum südlich der Wormatia?

Ein seltsames Paar sei es, das sich von der Barbarei in die Zivilisation übersetzen ließ, mit sieben Pferden, von denen drei unter ihrer Last arg gedrückt würden. Die Reittiere aber seien gepanzert wie zur Schlacht.

„Können nur Hunnen sein“, mutmaßte der Mann, „was vor allem Pferd und Waffe verraten und erst recht der Schmuck der jungen Frau mit der hohen Stirn. - Man kennt ja selbst in unsern Kreisen die Mode der Steppen aus dem fernen Osten, vor allem aber die Mentalität der Leute vom Balkan! Schmuck, erbettelt, geklaut und zusammengetragen aus allen sechs Himmelsrichtungen. Die Spange der Greutungen hält den schlichten Mantel aus Rattenfell, griechische Kämme bändigen den roten Schopf und um den Hals spielt die Kette römischer Münzen um die Wette mit dem Gold des Nordens und einem Kruzifix der neuesten Modetorheit und Gottheit aus Persien.“

Dem Manne lief die Zunge über!

Die zwei hätten behauptet, auf dem Heimweg zu sein – das Schmuckstück nach Burgund - halt nur noch ein Katzensprung - und der Milchbart zum Basgenland, was aber nicht stimmen könne, hätte der Mann doch gleichzeitig behauptet, Thüringer zu sein, dass selbst der schlichteste Fährmann stutzen müsste: „Wie solls gehn, weiß doch jedes Kind und selbst ich einfacher Tropf, dass Thüringen und Basgenland an entgegengesetzten Enden der Welt liegen!“

So schloss der Fährmann.

Er sei halt kein kleiner Dummkopf, bemerkte ich noch, entlohnte den Mann mit einer alten römischen Kupfermünze mehr als reichlich und entließ ihn – schließlich wurden durch seine Auskunft Nachrichten des letzten Jahres ergänzt.

Ein Jahr mag es her sein, da ging die Nachricht um die Welt, dass die Lieblingsfrau des Azzilo gestorben sei. Ausgerechnet Erka!, die ausgleichende und mäßigende Kraft im Zentrum der hunnischen Macht, dem nicht zu bezwingenden Väterchen der östlichen Völker eine nächste Niederlage, nachdem die westliche Welt unter Anstiftung der beiden Rom Tributzahlungen eingestellt und der Maurizensus allzu früh aufgegeben wurde, die italische Krankheit aber vor Mediolanum die Heereskraft der hunnischen Haufen merklich schwächte und zum Rückzug in die Steppe zwang.

Die Trauer muss unermesslich groß gewesen sein, dass drei Monde nach der ersten Nachricht die Kunde auch zu uns drang, der Wittib werbe um die Hand einer jungen Geisel vom Rhein. Doch da war mir nur ein Name bekannt, Gunhilde - wie Du, mein Fürst, Enkelkind des Gibika und der Grimhilde, durch die das Haus Burgund am Rhein begründet und gesichert wurde. Aber nicht Du solltest zur Sicherung der Grenzen und Verträge mit den Hunnen bürgen, wie es rechtens gewesen wäre, sondern Deine arme Cousine.

Du weißt, dass ich selbst bis zum Tage von Catalaunum Geisel der Hunnen war, für Bündnistreue zu bürgen und Grenzen der Niederlande zu sichern.

Daher kenne ich Deine Cousine besser als Du, mein Fürst! Heftig wallte schon in dem kleinen Hildchen das Blut der Großmutter Grimhilde, um Leichtsinn und Übermut des väterlichen Drachentöters noch zu verstärken, wenn es mit den Burschen am Hofe raufte und sich schlug, aber zugleich das mütterliche Erbe pflegte, wenn sie hernach wie Gudrun den Ausgleich suchte, um mit Gegnern Frieden zu finden. Diese Magd aber wäre kein Schäfchen für einen Patriarchen, mag er auch noch so wild und stark über sie herfallen. Der sollte nicht nur um seinen Schwanz Sorge tragen! Zudem galt sie dem fürchterlichsten Heerführer des Azzilo versprochen, der freilich keine Geisel und aus durchaus freien Stücken am Hofe der Hunnen weilte, haben sich doch seine Tervinger niemals unterm hunnischen Joch gebeugt.

Da hat der Fährmann richtig gehört: Tervinger haben Basken und Iberer von der lateinischen Disziplin wie vom vandalischen Chaos befreit. Valðari aber, Nachkomme des Richters und Christenschlächters Alaviv, der als erster gotische Völker über die Donau führte, Valðari ist für sein Leben gezeichnet auf den Mauriazensischen Feldern bei Catalaunum, als Brüder aufeinander einschlugen und der Balthe von der Hand seines amalischen Vetters gefällt wurde.

Zog es mich nicht mehr in pannonische Weiten an Donau und Theiß, so drängte es und zog mich umso heftiger in die Enge des Rheintales. Mein Freund Valðari aber hat seitdem eine Aufgabe, die es zu erfüllen gilt: die Ehre der Familie zu heilen und seine Braut heimzuholen. Erinnere Dich zunächst der Nachricht, dass Azzilo in der Hochzeitsnacht umgekommen sei – ein denkwürdig ruhmreiches Ende, weniger dem Helden angemessen als einem Pornografen - und dann vor anderthalb Monden die Kunde vom gewaltsamen Tode des Patrizius Aëtius, der mit dem Blut Deiner Väter den belgischen Acker düngte. Hunne wie Römer – jeder für sich des Menschen Geißel und hochgebornes Pack, gegen die sich Geiseln dieser Welt mit Recht erheben.

Wohl dem gebührt Anerkennung, der von Geißel und Fessel befreit!

Als wir gestern endlich das Paar erkennen konnten, da fand ich meine Vermutung zum Bericht des Fährmannes bestätigt. Da habe ich Euch alle gewarnt, mein Prinz, denn die hunnische Frau, in die Du Dich beim ersten Anblick so heillos verliebt hast, ist Deine Cousine – und der mit ihr zieht ihr Verlobter, der balthische Valðari. Bis vor wenigen Augenblicken war ich der einzige Freund der beiden hierzulande, kenn ich sie doch von Kindesbeinen an vom Hof der Hunnen im Alföld, wo wir eine Ausbildung genossen, wie es nur noch an den hohen Schulen der Stadt des Konstantin, dem östlichen Rom möglich wäre, oder hinter festen Klostermauern.

Auch wäre ich nicht bereit die Hand zu erheben, wider den Freund und Blutsbruder oder Deine Cousine. Die Frau zu erobern schmink Dir ab, bevor Dir der Etzel Schicksal droht! Doch wollt’ ich gern verhandeln mit den beiden um Zoll und Wegegeld.


III
Troia oder Gat

»Gilt es, was es gegolten hat sonst in den Kriegen, die geführt
worden sind, auf dem Gebiete der unermesslichen Welt? […]
Eine Gemeinschaft mithin gilt es, die dem ganzen
Menschengeschlecht angehört; die die Wilden der Südsee noch,
wenn sie sie kennten, zu beschützen herbeiströmen würden; eine
Gemeinschaft, deren Dasein keine deutsche Brust überleben,
und die nur mit Blut, vor dem die Sonne verdunkelt, zu Grabe
gebracht werden soll.«​

Und also sollt’ es geschehen!

Die Jagdgesellschaft setzte ab zur Rast und allein ich setzte ohne Waffe und im Jagdkleid schärfer denn zuvor dem Treck nach.

Rasch hatte ich die beiden eingeholt, denn als sie erkannten, dass nicht Hunnen ihrer Spur folgten, wurden sie ruhig, trieben die Tiere nicht mehr an und wählten den einfachen Schritt.

Nicht zu beschreiben, wie die zwei sich freuten, mich nach drei und mehr Jahren wohlbehalten wiederzusehen! Gleichwohl wusste ich ihre Freude einzutrüben und riet vorweg, den nahen Wasigenstein als Raststelle zu nutzen und kam dann erst mit der Forderung nach Zoll und Wegegeld.

Nun wurde ich überrascht, dass beide darauf eingingen! Man wolle eh dem Hause Burgund den Wert der Tributzahlungen an die Hunnen aus der eigenen Beute erstatten, verzinst um alles, was an Schätzen auf seinem, Valðaris Schild Platz finde, um so den entstandenen Schaden der vergangenen Generation auszugleichen.

Endlich löste sich auch meine Spannung ob dieses Vorschlages, der all meine Vorstellungen weit übertraf - und während sie meinem Rat folgend in Richtung Wasigenstein zogen, ritt ich erleichtert zurück zu meinen Leuten –

um in den Konflikt meines Lebens zu geraten!

Gundiok will nicht allein mehr Zoll, sondern alles: den Schatz und zur Krönung der Beute die Frau! Ich aber konnte nur warnen, hieß die Männer mir einfach mal zuzuhören: „Hört mich an, Leute, was der Kanzler zu Worms Euch als Freund rät und möget Ihr mich hernach einen Hagedorn nennen! –

Bis gestern war ich der einzige an den Ufern des Rheins, der wusste, wer die beiden da vorne sind. Aber Ihr werdet sie schneller, wenn auch nur allzu kurz kennenlernen, als Euch lieb sein kann, wenn wir uns nicht bescheiden und auf dieses wahrlich großzügige Angebot einlassen. –

Wie dem auch sei: Bald werden ihre Namen unter allen Ripuarieren genannt werden, so oder anders, und solltet Ihr Euch wider das Angebot entscheiden, glaubt es mir, da werden nach ältestem Recht Kinder und Halbwüchsige aufbrechen, ihre Väter und Brüder zu rächen und man wird von ihnen singen – weniger von Euch, die Ihr nur ihren Weg zum Ruhm mehren werdet.

Vielfachen Tod können wir nur verhindern, indem wir auf Beute verzichten und den Kampf vermeiden, indem wir das großzügige Angebot der beiden annehmen!“

Nun schmoren zehn von uns im eigenen Saft. Sofern einer noch kann, jammernd und verstümmelt neben Extremitäten, die nicht die eigenen sind. Herrenlose Köpfe schreien stumm zur Begleitung des Paternoster und starren mit vor Schreck glotzenden Augen blind und verständnislos ins Leere.

Schau’n Sie da nicht hin! Ihnen würde nur übel. Denen da war und ist nicht mehr zu helfen. Helfen Sie besser dem wieder auf, der vor Ihren Augen in Not gerät und treiben Sie dem Kind blinden Gehorsam aus!

Kopflos finden sich zehn Helden blinden Gehorsams auf dem Weg zu Vodan. Aber die einzige Valküre, die wir hier erkennen, holt die Helden nicht, sondern bereitet sie gleich einer hunnischen Hexe und skythischen Amazone mit dem Pfeil auf immer aufs Valhöll vor. Dabei zielt sie weniger auf den Krieger als aufs Pferd, dass Ritter zu laufen lernen unterm Trauergesang der verendenden und sich ein letztes Mal aufbäumenden Kreatur. Wer aber doch der Kluft zu nahe kommt, wird Fraß des Miming -

wie nun mein Schwestersohn, dem vorlaut klugscheißenden Schildknaben des Gundiok, der sich dem wütenden Befehl unseres Herrn, selbst noch ein halbes Kind, nicht entziehen kann. Auch ihm wird nur das Pferd unterm Arsch weggeschossen, doch wozu hätt’ man Füße? Wider all meine Warnung rennt er an gegen den Pass, blindwütig geduckt hinterm Schild, sich sicher wähnend, bis der erste Streich des grauen Stahls den Schild trifft, spaltet und zugleich den halben Unterarm abreißt, dass binnen eines entsetztlichen Wimpernschlages der zweite Streich dem Übermütigen gleich einem Blitz Helm und Schädel im Donnerwetter spaltet. Wielands Werk lässt den, der es zu nutzen und zu führen weiß, nicht im Stich und wäre es gegen Stein und Erz. Beides wüsste dieser Stahl zu sprengen wie sonst nur noch das lange Messer des Drachentöters durch jeden Panzer dringt.

Oh, alter Freund aus fernen Tagen,
Was tustu uns allen an!
Alles hätt’ ich ertragen –
Die Gefolgschaft verweigert, -
Wär im Getriebe
Sand geblieben.
Alles hab ich ertragen –
Außer diesem einen Schmerz,
Da die Sense der Schwester
Blüte pflückte! Kein Wergeld
Der Welt mag den Verlust ersetzen.​

Ich gestehe, mein Fürst, schon allein wegen der Freundschaft wäre ich bereit, die Treue der Mannschaft zu brechen. Aber nun, mein junger Freund, begeb ich mich in sichere und umso tödlichere Gefahr – trotz angebotenen Wergelds!, dass ich den Balmung gürte neben dem Sax und den schmucklosen Spangenhelm festzurre. Schild und mit der Franziska zur Linken ergreif ich mit der Rechten den starken Ger. Mein Ross bleibe beim Fürsten. Es liegen genug Tiere für rheinische Sauerbraten in der Fläche, dass die Wormatia der süßen Pferdeoper überdrüssig würde, wenn es aus allen Öffnungen des Körpers süßsauer hervor sich quälte. Zudem stürzte der Preis des Fleisches auf Markt und Börse ein.

Rätselhafter hätte keine Sphinx dem fahrenden Manne kommen können! Mit jedem noch so kleinen Schritt wird der Gang unterm Morgengrauen schwerer. Was graust mich vor diesem Kampf – und ich gelte gemeinhin für wenig zögerlich!

Fordern werd ich ihn zum Einzelkampf. Wenigstens sollen Fürst und Braut das Gemetzel überstehen.

Warum nur waren ausgerechnet dem Manne der Traïana nicht die alten Bilder eines Homer oder Samuel eingefallen? Sind wir um so viel geringer oder dümmer als die alten Helden, dass sich nicht einer für alle opfern würde? Oder zeigt der batavische Fischer und der sugambrische Bauer weniger Geschick im Kampf als der Schafhirt aus dem fernen, wüsten Bergland Iudaia?

Der Kopf will nicht, doch es hämmert: „Wat mut, dat mut!“, immer wieder, wenn die Beine nicht wollen., denn so schwer die Beine, so schleppend der Gang. Der Wurfspeer wird Gehilfe, dessen Adel in der falschen Betonung zur Gehhilfe liegt.

In Hörweite ruf ich die beiden an mit Versen, welche der Schüler und Nachfolger des Wulfila uns im Alföld setzte: „Da trat aus dem Lager der Philister ein Vorkämpfer namens Goliat …“ – und ich fürchte, wer hier dieser Goliat wäre.

Valðari, mein Freund, der Krieger versteht, erhebt sich, auf dass er sich mit Miming gürte und den Spangenhelm festzurre. Mit der Linken nimmt er den Schild mit Lilie und Rose auf, kommt mir geradezu gelassen entgegen –

nicht aber ihm meine geliebte Franziska, die im Fluge dem Freund wenig freundlich entgegenwirbelt, aber am Rande des Schildes abprallt, um vor des Helden Fuß ins Gras zu beißen. Erfolgreicher als die Axt ist der Speer: der durchbohrt den Schild und ich hör zum ersten und letzten Mal einen Aufschrei meines Freundes – Schmerz oder Wut, ich werde es nie erfahren, denn nun rast er auf mich zu und es schlägt Donars Hammer ein, dass die Erde bebt. Die Himmel stürzen auf mich nieder, schwarz wird mir vor Augen! Der Schlag mit der breiten Klinge befördert mich von der trostlosen Gnitaheide ins Alte Testament hinter alle Dornenbüsche und lohenden Schutzwälle, dass ich fürchten muss, die Häupter aller Medusen kämen über mich und ritte doch nur mit Brynhildr durch den Wind auf kargem Eiland durchs kalte Thule ins fürstlich bereitete Bett zu Worms.

Doch was werde ich sehen, wenn ich wieder erwache - das Haupt des Blutsbruders ruht geschützt und gewärmt im Schoße der Braut. Ihre Lippen summen oder brummen vor sich hin, die schläfrigen Augen wach zu halten. Dass einer überm andern wache in heilloser Welt, hätte ich mir selbst gewünscht im Ehebündnis mit Gudrun, das lange zerbrach, bevor Brynhildr in unser Leben trat.

Was soll’s, verschimmelt Brot von gestern, um das die Börsen noch wettern!

Nun stößt Hildchen den Helden an und beide erheben sich. Alle sollten wir gezeichnet sein und verbunden durch Hildchens Hand. Valðari müsste ein Arm fehlen und meinem Fürsten, der sich nicht zurückhalten konnte, ein Bein und mir – geradezu wie zur Strafe - nur ein paar Zähne und ein Auge. Aber die Regie ist es unzufrieden, wedelt mit den Armen: „Amateure, allesamt, ist das hier Segeberg oder Elspe? Nein! Hier ist Worms, nicht Elspe. Hier reitet kein Winnetou, mögen die Verhältnisse auch seinerzeit gewesen sein wie zu Apachenzeiten. Nicht mal den Köpenick würdet ihr Laiendarsteller hinkriegen! Was aber soll man von einem WalÞari halten, der nicht mal das tie-äitsch hinkriegt. Schuster bleib bei deinem Leisten, lieber Willi, mein sehr geehrter Hauptmann, zieh’n Sie in Frieden nach Lützelburg, und Sie, mein lieber Halef Omar geh’n am besten auf den Hadsch. Da hat wohl mancher von Ihnen zu viel Kölsch genommen. –

Nie werden Wilhelm Voigt und Karl May sich zum Staubwischen in Worms treffen!“

Sie aber wissen nun immerhin, warum kein ripuarischer Fürst Island entdecken wird, weder die Braut zu fangen oder den Kabeljau zu fischen nach verlangen …

 

Diese Geschichte ergänzt 9/11 [Rezension des Nibelungenliedes] und – wenn man so will – Bernhards 451. Es verknüpft zudem den Walthari mit den Quellen aus den Zeiten eines Chlodwig und seines amalischen Schwagers Theoderich, dass das Haus Burgund vom tolosanische Reich, der Reichsgründung der Westgoten, abhängig sei.

Die einleitenden Zitate stammen von Heinrich v. Kleist in der Reihenfolge ihres Auftritts aus dem zerbrochenen Krug, Prinz Friedrich von Homburg und Was gilt es in diesem Kriege?

Ein weiteres, voll integriertes Zitat stammt von Friedrich Hebbel und findet sich in den Nibelungen, einem deutschen Trauerspiel in drei Abteilungen, unter Siegfrieds Tod, II, 5. Im Original heißt es:
„Man ehrt’s wohl so wie hier,
Wo man sich’s neben einer Wodanseiche
Gefallen läßt, weil man nicht wissen kann,
Ob ihm kein Zauber innewohnt, so wie
Der frömmste Christ ein Götzenbild noch immer
Nicht leicht zerschlägt, weil sich ein letzter Rest
Der alten Furcht noch leise in ihm regt.
Wenn er es glotzen sieht.“
ebd., Siegfrieds Tod, II/5

 

Der Titel liess mich gedanklich stottern,

lieber Friedel,

Was haben die religiösen Waldenser bei ihrer Vertreibung ab dem Jahre 1209 mit der Ildico zu tun, die den Atilla im Ehebett gottlos zu Tode beförderte? Oder ist da was dran, an der störend dazwischentretenden Assoziation zum Rosengarten der Barnes und dem Staubwedelverein aus Worms?

Nach ersten Abschnitten wird doch klar, die Hunnen sind im Anzug und die Römer gegenwärtig. Also flüchte ich meiner Störenfriede von Assoziationen, und lese gespannt, was der Fährmann da sagt und darüber hinaus.

Man kennt ja selbst in unsern Kreisen die Mode der Steppen aus dem fernen Osten, vor allem aber die Mentalität der Leute vom Balkan! Schmuck, erbettelt, geklaut und zusammengetragen aus allen sechs Himmelsrichtungen.

Ei, ei, schon damals grenzte man die Fremden aus, wie heute Romas und Zugewanderte. Es ist doch ein ewiger Kreislauf, wohin man schaut.

Herrenlose Köpfe schreien stumm zur Begleitung des Paternoster und starren mit vor Schreck glotzenden Augen blind und verständnislos ins Leere.

Mit Neugier und Schreck hastete ich durch die Geschichte, amourös und grausam zugleich, was sich da zusammenballte.

Doch es war spannend. Nicht dass ich nun alle historischen Plätze und Figuren zu erkennen vermochte, dazu sind diese Ereignisse mir zu unvertraut, aber sie trugen bei zu einem Leseerlebnis, das sich nun erst mal setzen muss. Jetzt ist meiner Begriffsstutzigkeit doch verloren gegangen, was es mit Walden 1209 auf sich hatte. Na vielleicht kapier ich das dann bei einem nochmaligen lesen bei Gelegenheit.

Hat Spass gemacht, was sich historisch da so anbietet, verquickt mit gegenwärtigen Namen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Schön, dass die Geschichte Dir Spaß gemacht hat,

lieber Anakreon,

interessant die Verirrung nahezu 750 Jahre nach den Ereignissen, die ja eigentlich begründen können, warum der Gunther / Gunnar nicht gerade eine Sportskanone war, waren doch damals - selbst noch zu Zeiten, da das Nibelungenlied geschrieben wurde und der Nibelunge Not schon satte 800 Jahre berichtet und besungen wurde, Beinamputierte arg gehandicapt. Beruhigend ist dagegen, dass nicht Thoreaus Walden sich vordrängelte ...
Aber Du bist ja selbst auf den Römischen Kalender gekommen - ab urbe condita, a.u.c. eben, „von der Gründung der Stadt an".

Dank fürs Lesen & kommentieren + schönes Wochenende vom

Friedel

 

Das mächtig durstige Schwert steckt aufrecht vor dem Paar gleich einem römischen Galgen im Leib der Mutter Erde.
Welch schön martialisches Bild!


Hallo Friedrichard,

Da bin ich in etwa so zwiegespalten, wie eine Sturmhaube, die den Miming zu spüren bekam. Du machst es einem ja wirklich nicht leicht.

Als historisch und sagenkundlich Halbgebildeter klingelte es in meinem Kopf zwar unablässig (Miming, Wieland? War das nicht ein Gesell von Dietrich von Bern? Attila, na klar, auch der Drachentöter, Kriemhild, Gudrun, wie sie nicht alle heißen ...) - am Ende aber so sehr, dass mir fast schwindlig wurde davon. Und nicht nur, dass da viel Wissen verlangt wird: Von "modernen" Erzählkonventionen hältst du auch nicht viel.

Da ist so viel Rückschau, Kontext, Ab- und Umschweifung, das ließe man einer "normalen" Kurzgeschichte nie, niemals durchgehen. Und ich gebe zu: über Strecken fand ich es anstrengend.

Man wird ja aber auch belohnt, wenn man sich drauf einlässt. Der Stil, das ist schon was Eigenes und ich habe es gern kennengelernt: Diese vorgeschalteten Partizipien, zwischengeschobenen Rückgriffe, angehängten Reflexionen, das hat dem Autor sicher so viel abverlangt wie dem Leser. Die Sprache ist spannend: Auf eine schlüssige Weise pseudo-historisierend, dabei mit Anachronismen getränkt. Ohne Unterbrechung ironisch gebrochen.

Erfrischend anders, deshalb sehr gern gelesen - aber ob ich noch fünf Seiten geschafft hätte, weiß ich nicht. ;)

Grüße,
Meridian

 

Da bin ich in etwa so zwiegespalten, wie eine Sturmhaube, die den Miming zu spüren bekam. Du machst es einem ja wirklich nicht leicht,
doch nimm's nicht so schwer, sondern leicht. Vielleicht ist so das Leben,

lieber Meridian und -
nach 14 Beiträgen ist es sicherlich noch nicht zu spät -
herzlich willkommen hierselbst!

Da hastu Du in der Tat einen happigen Text ausgesucht, der eigentlich vorm Nibelungenlied spielt und - ich erwähn's vorweg - eine Rezension hierorts ergänzt.

Miming, Wieland? War das nicht ein Gesell von Dietrich von Bern?
Nee, Wieland selbst liefert Stoff für eigenständige Sagen und nimmt in der Edda einen weiten Raum ein. Er wäre in der griechischen Welt mit Daedalus zu vergleichen, obwohl hier vielmehr Hoirror drin steckt, als dass der eigene Sohn (Ikarus) abstürzt, obwohl Gudrun ja auch einen eigenständigen Sagenkreis errichtet und - der Hagen ist wieder dabei. Da braucht es einen nicht zu schwindeln, dass ich froh bin, dass nix weiter geschehn ist und Dir nur
fast schwindlig wurde davon.
Beruhigend auch, dass Du Dich nicht überanstrengen musstest, den kleinen Text durchzulesen. Das ist gut & (um im Jargon zu bleiben) tapfer. Der Satz
Man wird ja aber auch belohnt, wenn man sich drauf einlässt,
freut mich nun wiederum ungemein und noch mehr Deine Stil-Analyse.

Von "modernen" Erzählkonventionen hältst du auch nicht viel.
Da könntestu irren. Wer gut schreiben will, sollte alles beherrschen bis hinunter zur Parodie.

Erfrischend anders, deshalb sehr gern gelesen - aber ob ich noch fünf Seiten geschafft hätte, weiß ich nicht.
Da bin ich mir wiederum sicher!

Gruß und Dank vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Das Waltharielied, mein lieber Friedel, ist nicht so sehr meine Sache, obschon mein mir angetrauter Gatte den Namen des Drachentöters trägt. Amüsant finde ich, dass zu den Wirren der Machtverhältnisse zwischen Hunnen und Goten sich zeitreisende Wortschöpfungen gesellt haben. Der Pornograf sollte hier vielleicht nicht den Konflikt zwischen Vater und Sohn symbolisieren, sondern zwischen den Freunden. Iich hätte gern zu dem Ränkespiel mehr über deren Werte erfahren, aber die Geschichte wäre dann wohl zu opulent geworden. Zumindest sieht es so aus, als sei die Quelle des Liedes nicht unbedingt authentisch mit den geschichtlichen Ereignissen, warum sonst der Seitenhieb des Autoren, zu Karl May und Bad Segeberg.
Textliches nur eins
Am Wasigenstein fand der Kampf statt. Oder sollte hier auch der Übersetzer des Althochdeutschen versagt haben? Eiris sazun iridis tippt mein I Päd auch ohne Zutun um. Erst wenn ich hartnäckig die Tastatur bemühe, bleibt es dabei.
LG, GD

 

Hallo Goldene Dame,

dass der Waltharius und seine "stilgerechte Übertragung" im 19. (!) Jahrhundert ins Mittelhochdeutsche nicht Deine Sache ist, verstehe ich. Den Ehrenkodex erläuter ich in der hierorts angemessenen Kürze unter der Rezension 9/11, die "eigentlich" die drei Handschriften des Nibelungenliedes bespricht(das Handlungen von 406 - 437, Untergang des Burgunderreichs von Worms durch Aetius & Hunnen) und 532-534, Eroberung des Reichs der Burgunden von Lyon und Genf durch die Söhne Chlodwigs. Auf halbem Wege haben sich Goten ins Herrscherhaus zu stehlen gewusst, wie ja auch Chlothilde (Schreibweise mir Chr... gibts auch) Burgunderin war, die Frau, die ihrem Gatten Chlodwig den Katholizismus und somit der fränkischen Elite brachte.
Das Nibelungenlied nun beschreibt den Kreuzzug Barbarossas mit den Mitteln der alten Sage(n), der Walthari begründet die Abhängigkeit Burgunds (bis zum 6. Jh.) von den Westgoten. Der Niedergang begann, als ein Sigismund (!) seinen Sohn (!), den Enkel des großen Theoderich (Ostgote und König von Rom, ausgebildet in Konstantinopel, da dort als Geisel gehalten) ertänken ließ (kann auch sein, dass er seine Mordtaten eigenhändig wie sein Schwiegervater verübte). Schöne heroische Zeiten, gelt! Da möcht man doch lieber unter mafiosen Strukturen leben ...

Wer aber wollte ausschließen, dass es zu der Pornografen gegeben hätte (sehn wir mal vom Begriff im heutigen Sinne ab).

Hinzu kommt, Worms hat seit einigen Jahren Nibelungenfestspiele, zu denen sich tatsächlich die schauspielerische Elite hergibt, seit Dieter Wedel die Regie übernommen hat, was die Festspiele von Karl May unterscheiden. Dass der Hauptmann von K. reingerät ist mir nicht anzulasten, sondern der Regie!

Du siehst, alles nur ein Spiel mit elf Toten, drei Verletzten und vier Psychoten.

Am Wasigenstein fand der Kampf statt.
So sagt man, auch der Waltharius.

Gruß & Dank vom

Friedel

 

ein real gewordene Spannungsbogen
Das Oberlehrerneutrum fragt: gewordener?
Ansonsten: Hut ab! Nicht künstliche, sondern kunstvolle Sprache.
Für mich ist es ein Text, der in dramatischer Lesung noch wirkungsvoller wäre.
um das die Börsen noch wettern!
Nach dem Wettern (?) der Börsen würde ich Schluß machen. Der Rest schadet nach meinem Gefühl, stellt das Werk unnötig in Frage.
Sehr gern gelesen und Gruß,
TheDo.

 

ein real gewordene Spannungsbogen
Das Oberlehrerneutrum fragt: gewordener?,
was natürlich eine berechtigte Anfrage ist,

liebe/r/s TheDo,

das ich - boshaft wie ich bin - überlege, heiße es nun

..., dem aufmerkenden Beobachter und Kritiker ein real gewordene[r] Spannungsbogen,
oder doch besser
, dem aufmerkenden Beobachter und Kritiker [der] real gewordene Spannungsbogen,
dennoch danke für den Hinweis!

Für mich ist es ein Text, der in dramatischer Lesung noch wirkungsvoller wäre.
Das will ich meinen und so wird's und soll's auch sein ...

Zitat:
um das die Börsen noch wettern!
Nach dem Wettern (?) der Börsen würde ich Schluß machen. Der Rest schadet nach meinem Gefühl, stellt das Werk unnötig in Frage.
Hätte alles für sich -

doch ginge dann in jedem Fall die "verbindende", also schlichtende und versöhnende Rolle Hildchens verloren (die in ihrer eigenen Sagenwelt, die in Flandern spielt, G/Kudrun heißt und nix anderes als eine Variante der Nibelungensagen liefert - mit versöhnlichem Ausgang). Über eben diese Stabreime in den Namen kann man - vereinfacht gesagt - verwandtschaftliche Beziehungen aufdecken wie auch die Variationen ein und desselben Sagenstoffes.

Dank Dir für's Lesen, Kommentieren & Beurteilen!

Gruß

Friedel

 

Noch einen drauf:

beide Sichtweisen bräuchte nur ergriffen zu werden
Entweder Plural, dann bräuchten,
oder, bezogen auf 1. Beobachter und Kritiker und 2. schlichter Fachmann, beider.
Oder?
Gruß,
TheDo

 

Hallo TheDo,

da zwingstu mich geradezu, den Text selbst noch einmal durchzugehen ...

Ich dank Dir und grüße Dich aus dem sonnigen Pott!

Friedel

 

Projekt Attila / Etzel

Liebe @Katla

ich muss eingestehen, dass mir erst heute eine englische Version des Priskus zugekommen ist (für einen Nichtlateiner eben eine kleine Erlösung, wobei andere merkwürdige Sprachbilder schon vorhanden sind, die vorgaukeln, aus der Feder Priskus’ zu stammen wie etwa

Priskus - bu muhim belgi Xunlarning quli Geza Gardonyi tomonidan. U mehribon usta va olim sifatida tasvirlangan va romanning bir qismi Attilaga…

zugegeben, es wäre ein feine Sache, den Text zu knacken – aber da will ich dann doch ein bisschen im englischen Gewässern angeln. Es wird also ein bisschen dauern. Derweil mag diese etwas ältere Geschichte Dein Herz erwärmen um höfische Milde walten zu lassen.
vielleicht gefällt Dear sogar „Walden“ … &‘s verträgt sicherlich eine Widmung … und für wen, wenn nicht Dich?

Häuptling Triefnase Frîdel

 
Zuletzt bearbeitet:

... da steckte Walther den blutenden Armstumpf in die Schildschlaufe und hieb mit Etzels Krummschwert auf die drei Verbliebenen ein, die da waren, Gunther, Gernot und Hagen. Sie hatten alle Not, sich gegen den Rasenden zu wehren. Dieser wandte sich Gernot zu und schlug ihm den Schild auf den Kopf, dass ihm das Blut über die Augen lief.
Mit einem Hieb seines Krummschwertes stieß Walther dem Hagen ein paar Zähne aus, mit dem zweiten Hieb ein Auge.
"Hört auf, hört endlich auf!", rief Hildegund und trat energisch dazwischen. Die drei brachen keuchend den Kampf ab.
"Walther wird Hildegund künftig nur noch mit einem Arm kosen können", lachte Gunther.
"Und Hagen mümmelt künftig Grießbrei, denn Walther vom Wasgenstein, schlug ihm die Zähne ein", entgegnete Gernot. So scherzten die Männer noch eine Weile, während Hildegund ihre Wunden verband ...

 

»Got gebe dir iemer guoten tac«,​

wünschen Dear,

liebe Manuela,
triuwe sele,

Walther und ich -

und es ermutigt mich, im Kreis der mittelalterlichen Dietrichsagen weiterzuarbeiten – die ja wie das Nibelungenlied bis in die nordische Welt Eingang gefunden haben und damit ein Zeichen, dass Europa „eigentlich immer“ schon hätte zusammenwachsen können, hätte man nicht seine ererbte Stammeskultur verinnerlicht, um sie äußerlich breitzutreten, denn selbst das von seinen „Herrschern“ gefolterte Volk sucht seine Größe darin, andere zu unterdrücken, dass das Bild vom sozialen „Radfahrer", nach oben buckeln und nach unten treten unausrottbar auf ewig zu gelten droht.

Da will ich dann als nächstes einmal mit Priskus oder Priskos - war ja Byzandiener - das Zelt Attila/Etzel oder die Etzelburg des Nibelungenliedes an der schönen blauen Donau in (H)Ungarn betreten und hernach seine Eindrücke niedergeschrieben hat.

Einfacher wäre für mich, sofort hier einzusteigen

»Ik gihorta dat seggen,
dat sih urhettun ænon muotin,
Hiltibrant enti Hadubrant untar heriun tuem.
sunufatarungo iro saro rihtun.

...«

ins Hildebrantslied, das „eigentlich“ ein Vorgriff auf die vaterlose Gesellschaft (Mitscherlich) und zeigt, dass es die immer schon gab (und selbst wenn sie nicht in den Kriegswirren verschütt gingen, sondern den Müttern die Erziehung überließen. Da ist dann die emanzipierte Gesellschaft einem älteren Vorurteil aufgesessen, das später als Spruch über KZ-Eingängen prahlte „Arbeit macht frei“. Was ist das für eine Freiheit, wo einer einem „vorgesetzt“ wird? Und was ist das für eine, wo einer meint, er dürfe alles tun oder lassen, was ihm so in den Sinn komme?)

Genug filosofiert vom Friedel,

der auf jeden Fall schöne Tage dieser Tage wünscht!

Dank Dear und – geht ja jetzt rattapeng – schöne Tage diese Tage und einen guten Rutsch, auf dass die Pandemie nicht so lange dauere. wie die große Pest

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedel,

ich freue mich - nicht, auf deine Geschichte warten zu müssen, aber über den Aufschub. Dieser Tage hätte ich Gleiches vorschlagen müssen, dann arbeiten wir wohl tatsächlich parallel. :gelb: Ich habe für mein Buchprojekt eine deade Deadline zum 31.12. und bis dahin größenteils unverschuldet noch wesentlich mehr Arbeit als eingeplant. Und der Rheingau muss leider warten, bis ich mit meinen polnischen Eisenbahnen fertig bin.

Es wird also ein bisschen dauern. Derweil mag diese etwas ältere Geschichte Dein Herz erwärmen um höfische Milde walten zu lassen.
vielleicht gefällt Dear sogar „Walden“ … &‘s verträgt sicherlich eine Widmung … und für wen, wenn nicht Dich?
:herz: Auf jeden Fall mein Herz erwärmen, und allerliebsten Dank - denke dir einen vollendeten höfischen Knicks (auch wenn der wohl eher barock+ als mittelalterlich sein mag).
Priskus - bu muhim belgi Xunlarning quli Geza Gardonyi tomonidan. U mehribon usta va olim sifatida tasvirlangan va romanning bir qismi Attilaga…
Das klingt ja wunderbar nach einem Crossover aus Finnisch und Tatareska. Geht es um die inzw. (negativ) entschiedene Frage, ob die Hunnen aus den Xiongnu hervorgingen? Vermutlich nicht, just kidding.
Daneben und vor der von Gundiok heillos begehrten Jungfer liegen Pfeil und Bogen zum Kampf bereit, dem aufmerkenden Beobachter und Kritiker ein real gewordener Spannungsbogen, dem schlichten Fachmann aber ein Kompositbogen der Hunnen, beide Sichtweisen bräuchten nur ergriffen zu werden, um die ihr je eigene Funktion zu erfüllen.
Haha, grandiose Einmischung des Erzählers, mag ich sehr und sowas lese ich auch viel (Volodine / Bassmann / Draeger). Meine Lieblingsstelle.
Ich finde aber, das Nachtreten ist gar nicht nötig und nimmt hier den Schwung. Genau das sollte sich doch eher der Leser gedacht haben.
Neben diesem Gott findet kein Idol, geschweige denn Pfahlgötze einen Platz!
:D Wobei ja Schwerter generell, nicht nur das eine berühmte Schwert, auf dem Attila seine Vorherrschaft mythisch begründete, verehrt wurden. Und daneben noch einige andere Wesen/Artefakte, die es leider nicht in die Überlieferungen geschafft haben oder die Überlieferungen nicht in die Moderne.
Schwää’t
... ja, das hat ganz schön gedauert. :schiel: Ist das Ruhrpott? Von dort kenne ich nur eine Person, und die dialektet nicht.
Die beten doch’et Schwää’t an, dat unsre Leut j’rad hinjemetzelt hätt.
Finde ich süß, denn das ist ja kein Problem für die metzelnden Schwertträger.
dass etwas mit dem Bild zur Ulpia Traïana nicht stimmen kann – erhebt sich doch dort hoch über der frommen Szene der Palast des großen Herodes, den nicht nur die neue Religion so gerne kleinredet.
Bei meiner Assoziation stimmte auch etwas nicht - mit der Ulpia Traiana Sarmizegetusa endete ich im heutigen Rumänien. Und die Draker wehrten sich zwar gegen die römischen Invasoren, aber zu der Zeit war der Kult des Stöckchengottes noch gar nicht legalisiert. Eine Verbindung zum Thema dennoch, da den Ufern der Donau später bei den Auseinandersetzungen Hunnen vs Römer eine Prestige-Rolle zukam. Und der heutige Balkan einer der Rückzugsorte der Hunnenarmeen war.
Da hab ich aber wohl um eine Ecke zu viel gedacht - hier wird es um Xanthen gehen.
während die Jungfer mit dem auffällig hohen Schädel auf beiden Beinen kniet
Das stelle ich mir sehr schwierig vor, wenn ihr nicht vorher jemand die Beine am Unterschenkel abgetrennt hat. Lieber mit.
Noch schöner fände ich ein altmodisches auf den Knien liegen.
„dem Gott der Römer.“
So kann man's selbstverständlich auch sehen. Immerhin nicht mehr Trajans Epoche.
Basilika zur Ulpia Traïana
Das sagte mir nichts, aber deine Bildbeschreibung triggerte bei mir Albin Egger-Lienz, und ich fragte mich schon, ob du einen Bogen zur Wiener Seccession schlagen willst.
„Wie – beten zu ’nem neu’n Jott und wär’n doch eher Hunnen denn Römer?“
Interessanterweise gab es Überläufer zu den Hunnen (aber nicht zum Zwecke der Missionierung), und auch die Schädeldeformationen waren ganz unabhängig von den Hunnen (bei denen es eher die Ausnahme als die Regel war) in einigen westeuropäischen Regionen beliebt - wie interessanterweise auf der ganzen Welt.
Wär mal spannend herauszufinden, warum das ein Schönheitsideal ist (ist, nicht war, weil man das gleiche bei der Kopftuchmode von Muslimas sehen kann, v.a. aber nicht nur bei denen mit somalischer Herkunft).
ob ihm kein Zauber innewohne, so wie der frömmste Christ ein Götzenbild noch immer nicht leicht zerschlägt, weil sich ein letzter Rest der alten Furcht noch leise in ihm regt.“
Interessant, dass es nur um Furcht gehen soll - kommt das Prinzip der "Ehrfurcht" nicht erst vom dreifaltigen (-fältigen?) Pfahlgötzen himself?

Wie sollte bei einer solchen Überzahl der Jagdausflug misslingen?
Wenn man die Rechnung ohne den Wirt Mann aus Tronje macht, vielleicht?

Hat bis hierhin sehr viel Spaß gemacht, danke schön für's Taggen. Ich bin sehr gespannt, wie's weitergeht, aber erst ruft die Pflicht.

Ganz liebe Grüße,
Katla

 
Zuletzt bearbeitet:

Das klingt ja wunderbar nach einem Crossover aus Finnisch und Tatareska. Geht es um die inzw. (negativ) entschiedene Frage, ob die Hunnen aus den Xiongnu hervorgingen? Vermutlich nicht, just kidding.

Korrekt, und ich hab das Gesäusel und Gesumse auch gleich wieder gelöscht. Suchanfrage war eher die lateinische als die griechische Version des Priskos. Ja, und die Schädeldeformation war schon zu skythischen Zeiten bekannt ...

So, jetzt gibt's noch ne winzige Widmung

und vorsorglich - nächste Woche reist der erste Enkel an, da wird der alte, gebrechliche Mann wohl selten in die Flimmerkiste gucken und somit

schöne Tage, diese Tage aus'm Pott vonnet

Dante Friedchen

Ach ja, eh ichs vergess, hierorts - genau in meiner Heimatstadt, prallt von alters her (nieder-)Rheinisches Fränkisch aufs münsterländische + westfälische Sächsisch vermengt mit Jiddischen Brocken und seit den 60er Jahren vulgärlateinische (italische und spanische) nebst griechischen Brocken, zu denen sich türkische nicht verhindern lassen, dass ich den Pott-Slang eher aus einer Vielzahl von Soziolekten bestehend definiere. Der Zuhörer wird mich immer als Rheinländer identifizieren können, es sei denn ich träte wo auf (und selbst da kütt dat Rheinische durch).

Der von Dear vorgeschlagene Streichkandidat ist gestrichen!

 

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