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Walddisco im Försterhaus

Joh

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28.07.2003
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Walddisco im Försterhaus

Walddisco im Försterhaus

Försters sind über das Wochenende zur nahegelegenen Kreisstadt ausgeflogen, und so lädt Försters Filius, der ungeratene Wilhelm, alle Tiere des Waldes zur Disco ein. Er hat auch schon den Dachboden des alten Försterhauses aufgeräumt, die Balken gefegt und seine Stereoanlage mit den übergroßen Lautsprecherboxen nach oben geschleppt. Und da an jedem dritten Baum ein Plakat vom bevorstehenden Ereignis kündet, lässt es sich die Jugend nicht nehmen, zahlreich zu erscheinen.

Wilhelms eiligst organisierter Garderobenständer mit echtem Hirschgeweih als Aufsatz bleibt jedoch ohne abgelegten Gästepelz, da es auf dem Boden aus allen Ritzen zieht und man sich erst warm tanzen muss. Doch lässt er sich nicht beirren und verteilt reichlich von Vaters Selbstgebrannten.
Den jungen Häsinnen ist schon nach dem dritten Glas nach Rammelzeit zumute, und so eilen sie hakenschlagend auf die Tanzfläche, wo aus den Boxen laut „We will rock you“ plärrt. Die kraftstrotzende Männlichkeit platziert sich derweil in der für sie am günstigsten erscheinenden Position am Tresen, lässt sich von Försters Schnaps kirren und röhrt über die neusten Gerüchte von Schwarzkittels Großfamilie.
Sabine, Frischling aus dem letzten Jahr, soll es ja faustdick hinter den Tellern haben und sich regelmäßig mit Auerhahns Ferdinand treffen, wenn der alte Keiler mal nicht aufpassen kann und sein Staubbad nimmt.
„Übrigens, beschlagen ist sie auch schon,“ reißt Spießerbock Rudi seinen Äser auf und erntet damit das einhellige Kopfschütteln der Anwesenden. So jung und schon Bache, wohin soll das nur führen?
„Ich geh mal tanzen,“ fiept Fuchsrüde Felix nach mehreren sehnsuchtsvollen Blicken zur hüpfenden Häsinnenschar, was von den Zurückbleibenden mit einem „Der hat`s wohl nötig“ quittiert wird.
Felix erscheint gerade rechtzeitig auf der Tanzfläche, um mit den ersten Takten von „I am sailing“ eine besonders Wilde anzusprechen und mit ihr auf Pelzfühlung zu gehen. Schon wandern seine Pfoten über ihr dichtes Winterfell, da verkündet Rudi in gewohnter Platzhirschmanier „Auf´i gehts“ und die Tanzfläche füllt sich mit leicht schwankenden Jünglingen.
Wilhelm macht derweil Notizen und stuft Rudi als „kränkelnd“ ein, was für den bei der bevorstehenden Jagdsaison nichts Gutes bedeutet.

Von der verspäteten Ankunft Ferdinands nimmt kaum jemand Notiz, da sich dieser leise glucksend zur Theke verzieht und einen einsamen Monolog über die unangemessene Wachsamkeit von Keilervätern hält. Währenddessen hat Rudi für sich beschlossen, dass der nächste Engtanz mit der wilden Häsin seiner sei, doch Felix hat sie bereits zum Fressen gern und möchte seine Pfoten nie mehr von ihr nehmen. So lässt er nur ein heiseres „Bei dir piept`s wohl unterm Geweih“ hören, als Rudi abklatschen will.
Rudi hebt drohend die Nüstern, sieht sich jedoch gleich mehren missmutig starrenden Häsinnenlichtern ausgesetzt. So verzieht er sich langsam posierend zur Theke, um dort eine Diskussion mit Försters Wilhelm über die Unsinnigkeit von Schrotflinten zu beginnen. Der aber hat nur Augen für eine Spitzmäusin namens Klara, die seit sechs Monaten verheiratet ist und ihre neun Kinderlein an diesem Abend vom Ehemann versorgen lässt. Man will ja mal seine Marktchancen testen, hatte sich Klara beim Weggehen vorgenommen und auf einige Wochen jünger geschminkt, das heftige Werben des keuchenden Wilhelm war jedoch nicht eingeplant gewesen.
Als die alte Standuhr zehnmal schlägt, erscheint auch Pfauensohn Knut, tänzelt mit Goldkette und weit aufgeschlagenem Rad durch die anwesende Weiblichkeit, was bei der Fähe Wilma zu einem sofortigen Ohnmachtsanfall führt.
„So ein Affe“ lallt Rudi und senkt angriffslustig sein Geweih, die Umstehenden können ihn jedoch ohne größere Anstrengung zurückhalten.
Wilhelm macht hinter dem Wort „kränkelnd“ ein Ausrufungszeichen.

Unbemerkt von den anderen waren Felix und die wilde Häsin verschwunden, nun taucht dieser wieder auf, den Fang prustend von letzten weißen Haaren befreiend. Ferdinand, der entgegen aller Gerüchte noch keinerlei Begattungserfahrungen vorweisen kann, gluckst ein verschämtes „Na, wie war sie?“
„Zart“, entgegnet Felix ohne Umschweife und blickt mit stolz erhobenem Kopf in die Runde, erntet aber nicht den erwarteten Applaus, da Rudi in diesem Moment mit lautem Krachen von seinem Barhocker fällt.

Wilhelm hat plötzlich einen klaren Moment und befürchtet, die Feier könnte noch weiter ausarten. So bittet er die anderen, Rudi in das elterliche Ehebett zu tragen, wo dieser seinen Rausch ausschlafen könne.
Im übrigen sei es ja auch schon spät und manch einer habe einen langen Heimweg, so würde er die Feier beenden wollen. Zum Abschied wird das Lied „Mamma mia“ von allen gesungen und im Takt mit heftigem Klatschen der Pfoten, Klauen und Hufen begleitet. Die Häsinnen verlassen erschöpft als erste den Tanzboden und nehmen das Angebot von Felix, sie nach Hause zu bringen, dankbar an.
Wilhelm setzt hinter ihre Namen ein „unbedingt wieder einladen“ und malt hinter Klaras ein kleines Herzchen, nachdem diese sich mit einem dahingehauchten Abschiedskuß elegant aus der Affäre ziehen konnte.
Nur Auerhahn Ferdinand, der die freie Tanzfläche für sich entdeckt hat, nimmt das Ende der Försterdisco nicht wahr und schwingt seinen Balg im wilden Trippelrhythmus zu „Yes Sir, I can boogie“. Wilhelm sammelt mit seligem Lächeln die geleerten Schnapsflaschen ein und hat die baldige Heimkehr seiner Eltern längst vergessen.

 

Hallo Teresa,

ist vielleicht nicht so deutlich geworden, aber er feiert tatsächlich am Tag ihrer Heimkehr, weil er ja vorher die ganzen Vorbereitungen treffen musste (Plakat an jedem dritten Baum, Dachboden aufräumen und fegen usw.). Ging eigentlich auch mehr um das männliche Brunftverhalten. Das Du Dich gelangweilt hast, tut mir leid.

Liebe Grüße

Joh

 

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