Wahrheit im Suppentopf
Meine Oma öffnet das Küchenfenster und ruft Richtung Werkstatt:
„Fritz kannst zum essen kommen“. Ihre Stimme hört sich anders an. So als rufe sie Fritz gerne zum essen. Bisher klang ihre Stimme immer danach „Warum kann der nicht ahnen das wir jetzt essen“.
Ich setze mich auf die Eckband an den Esstisch im Wohnzimmer.
„Oma Du hast schon wieder für Drei gedeckt“.
„Er kommt gleich ich habe ihm gerade gerufen“.
„Oma…..“
„Er wäscht sich doch nur noch schnell die Hände. Da hör, er kommt doch“.
Ihre Hände liegen neben dem silbernern Topf mit dampfender Nudelsuppe. Ihre verstörten, kalt gewordenen Augen schauen gleichgültig in die versunkenden Teigschnüre.
„Er ist tot, Oma, seit Zwei Tagen ist Opa tot. Er ist nicht mehr in der Werkstatt, wäscht sich nicht mehr die Hände, setzt sich nicht mehr an die Stirnseite des Esstisches. Du musst Dich nicht mehr aufregen, wenn er wieder etwas nicht beißen kann und dran rumkaut. Aber da wo er jetzt ist wird es ihm gut gehen“.
Ein Teller bleibt leer. Ein Teller mit dem Aufdruck eines Flusses und zwei angelnden Kindern an einer Brücke.