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Wahltag

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Wahltag

Samstag, 08:30 Uhr: Höchste Zeit eine Entscheidung zu treffen! Morgen sind Wahlen. Was für Wahlen wollen Sie wissen? Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahlen, oder die Wahl des Toastbrotaufstrichs an einem bewölkten Wochenendmorgen? Okay, der Witz war schlecht. Aber um zur Eingangsfrage zurück zu kommen: Es spielt für mich keine Rolle ob der nächste überzahlte Bürgermeister gewählt wird oder mein Ministerpräsident auf Wiederwahl pocht. Denn die Geschenke in der Einkaufspassage sind immer die gleichen! Zumindest in einer größeren Stadt wie der Meinigen sehen die Stände der einzelnen Parteien durchgehend gleich aus.

Nach einem herzhaften Frühstück (final entschied ich mich für einen Nutellaaufstrich unterlegt mit fettarmer Margarine) wird es höchste Zeit den Bus in die Innenstadt zu erwischen. Mein Blut ist voller Koffein, weshalb mich mein erhöhtes Schritttempo zehn Minuten zu früh zur Haltestelle befördert. Doch was erblicke ich da: WAHLPLAKATE! „Bündnis 90 / Die Grünen“ schicken eine charmante schwarzhaarige ins Rennen, Mitte Dreißig, weiße Zähne. Die Christdemokraten schenken einen in Würde gealterten Herren ihr Vertrauen. Das dunkle Haar, welches an einigen Stellen graue Strähnen aufweist, aber vor allen Dingen seine Brille Marke „Kassengestell“, scheinen sein Signet zu sein. Beeindruckend... beeindruckend ist auch die tiefe Stimme des Busfahrers der mir unmissverständlich zu verstehen gibt, dass ich einsteigen soll.

Noch immer paralysiert von der tiefen Stimme des Mannes hinterm Steuer verlasse ich den Bus und begebe mich in die Einkaufspassage.

Und schon stehe ich in Mitten der belebten Konsummeile: Mein Revier! Zu erst erreiche ich den PDS-Stand. Die Sozi-Socken bieten eben solche an; nicht schlecht Herr Brecht! „Strümpfe und Söckchen bei den PDS-lern abgegriffen“ notiere ich in mein gelbes Notizblöckchen (FDP, Bundestagswahlen 1998). Könnte schon der Höhepunkt des Tages gewesen sein, leider wollen mir die Geizhälse nur ein Paar zur Verfügung stellen. Das Argument, meine alte Mutter würde schon seit 20 Jahren PDS wählen zieht irgendwie nicht. Komisch, kann mir gar nicht vorstellen woran es liegt... Die Broschüre mit der Aufschrift „PDS – Die linke Kraft“ landet jedenfalls im nächsten Müll-Entsorgung-Behältnis. Auf zu den Grünen.

Bündnis 90 steht standesgemäß an der ‚Bäckerei Rödel’ mit Blick auf ‚Hugos Spirituosen’. Jegliche Interpretation dieses Umstandes überlasse ich dem Leser. Die Ökos fahren eher eine spärliche Auswahl an Gimmicks auf. Neben Kulis in parteifremder blauer Farbe bildet ein Kalender mit botanischen Motiven den traurigen Höhepunkt. Na ja, besser als nichts. Gereizt verlasse ich den Stand und lehne die Broschüre dankend ab, welche mir ein brilletragender John Lennon-Verschnitt aufdrängen will.

Die Christdemokraten: wie jedes Jahr kaum zu übertreffen an Auswahl! Leider zeigen sich die gealterten Damen der Parteibasis stets besonders geizig. Für einen neuen Notizblock, ein Fünferpack Bleistifte und der CD „Helmut Knöll – Ihr Mann fürs Kommunale“ tue ich jedoch alles. So lasse ich mir von Frau Pfaffenberg zwanzig Minuten erklären, warum jener Knöll am Besten dafür geeignet ist die Interessen der Bürger zu vertreten und Steuerfragen in allen Schichten gerecht z.... blablabla... Am Ende lobt sie mich als guten Zuhörer und steckt mir ein Mousepad zu. „Von Parteisoldat zu Parteisoldat“, ruft sie mir hinterher. Das entschädigt zumindest etwas.

Mittagspause: Wiener Schnitzel mit Kartoffelstäben und Blumenkohl, 9,30 EUR. „Dinea“-Kaufhof hat sie nicht mehr alle, da muss ich mich anstrengen den Verlust wieder hereinzuspielen. Zuvor gönne ich mir noch eine Flasche Radler, die ich lässig mit meinem eigenen Flaschenöffner (PDS, Landtagswahlen 2000) aufmache.

Nun kommen die Sozialdemokraten. Und was soll ich sagen? Die Bundespartei mag zur Zeit recht unbeliebt sein, auf kommunaler Ebene jedoch haben die roten Socken immer noch die Spendierhosen an! Kerzen, Schraubschlüssel und Kugelschreiber, Schlüsselanhänger, Radiergummi und die praktischen Marken, die man beim Supermarkt in den Einkaufswagen stecken kann. Alles in der Einheitsfarbe Rot. Langsam dämmert es mir wo die ganzen Steuergelder hinfließen. Positiv hinzu kommt, dass man keine stundenlangen Gespräche wie bei der CDU führen muss. Ein netter Kommentar zur Bundesrepublik hier, ein schwarz/gelb-feindlicher Witz dort und schon ziehe ich gut bepackt von Dannen.

Wenn es eine Partei gibt, wo es leichter ist Werbe-Gimmicks abzustauben, dann ist es die FDP. Frei nach dem Grundsatz eines liberalen Lebens genügen „Hallo“, „Könnte ich bitte eines davon haben?“ und „Danke, auf Wiedersehen und viel Glück morgen bei der Wahl“ bevor man den Heimweg ansteuern kann. Doch genug der Vorreden, auf zum Stand: Der Doppeltisch der Liberalen präsentiert sich als herbe Enttäuschung. So schön karg wie der Wortschatz der Anwesenden auch sein mag, er tröstet nicht über die miserable Ausstattung hinweg. Kugelschreiber und Bonbons (die es bei allen Parteien abzugreifen gab, aber aufgrund der Fülle an anderen Gimmicks nicht erwähnenswert waren) und 16 Broschüren reichen nicht aus, um einen objektiven und aufgeschlossenen Wähler wie mich zu überzeugen.

Letzen Endes war der Tag einer der ertragsreichsten der vergangenen Jahre. Meine Baumwolltasche (SPD, Bundestagswahlen 2002) ist voll gepackt mit wundervollen Geschenken, Gimmicks und Bonbons.

Welcher Partei ich mein Kreuzchen am Ende gegeben habe möchten Sie wissen? Also ich bitte Sie, haben Sie eigentlich eine Vorstellung davon wie lange es dauert den ganzen Kram bei Ebay anzubieten?

 

Hallo hoEyo!
Mh also lustig fand ich Deine Geschichte nicht gerade (Vielleicht hab ich es auch nicht kapiert).
Kommt warscheinlich davon, das ich schon die Augen verdrehe wenn es um Politik geht...(Also ich meine jetzt im TV und so...)
Würde die Geschichte nicht besser zu Alltag passen?
Ansonsten ist Deine Schreibe leicht und locker...
Mal schauen was Du sonst noch auf Lager hast...

Sorry, aber das ist wohl einfach nicht mein Thema...trotzdem wollte ich mal meinen Senf dazugeben

Gruß Joker

 

Hallo Joker,
frei nach dem Motto "dankbar für jede Kritik" antworte ich jetzt mal. :D

Ich finde es von grund auf problematisch Humor in Geschichten zu transferieren und dann so locker rüberzubringen, wie das bspw. in einer Late Night Show möglich ist. Beispiel:

"Er nahm den Stuhl und wirkte als wolle er die Sitzgerätschaft zurecht rücken. Mit einem Schlag warf er den Stuhl zu Boden, dieser zerbarste und wart von nun an unbrauchbar! Das Publikum grölte."

Macht das ein Harald Schmidt Abends auf Sat 1 lacht sich das Publikum krank.

Nun ja, das witzige an meiner Geschichte ist die Tatsache, dass der Hauptakteur Politik auf Gimmicks an Wahlständen reduziert. Dazu habe ich versteckte Witzge eingebaut die ich jedoch nicht vorwegnehmen will (nicht das sie wirklich versteckt wären, aber immernoch mystischer als *StuhlaufdenBoden*).

MfG

Sebastian

 

Moin hoEyo!

Stilistisch gesehen fand ich deine Geschichte gelungen! :)

Leider muss ich mich Joker anschließen, denn auch ich fand deine Geschichte nicht lustig.

Zu den Late Night Shows noch eine Anmerkung: meiner Ansicht nach ist es immer wichtig, wie die Witze präsentiert werden, wer sie macht und was für ein Publikum dabei ist. Um ehrlich zu sein, bei Harald Schmidt kann ich nicht lachen (vielleicht mal schmunzeln) und über sowas wie Raab rede ich jetzt einfach gar nicht. :D

Zu deinen versteckten Witzen: ich denke mal, dass sie eher von Leuten gefunden werden, die ein wenig mehr Ahnung vom politischen Leben haben.

Deine Schlusspointe mit Ebay fand ich ein wenig komisch - irgendwie passt sie nicht in den Kontext. Der Protagonist ist die ganze Zeit wild hinter den Sachen her, um sie auf Ebay zu versteigern - ich würde hierzu sagen, dass das leicht unglaubwürdig ist. Der Protagonist ist total heiß auf die Dinger, führt dazu Buch (in einem Gimmick) und dann verkauft der die Sachen. Okay, solche Leute gibt es hundertprozentig, aber dennoch find ich persönlich diesen Punkt ein wenig seltsam.

Greetinx
Alisha

 

Hi Alisha,

also erstmal zu Harald Schmidt: Über den kommt mir nichts! Auch gestern Abend bin ich fast umgefallen vor lachen, ganz zu Schweigen von der Sendung am Dienstag.

Zur Kritik: Wenn sie mir stilistisch gelungen ist bin ich eigentlich schon zufrieden, denn das ich wenig kreativ bin gebe ich gerne zu. Daher liegen mir rein sachliche Geschichten in denen es vor allen Dingen um Beschreibungen geht am besten.

Die Schlusspointe finde ich übrigens logischer als du sie darstellst. Der Protagonist führt Buch (in einem Gimmick, hey, noch so ein "Witz" ;) ) damit er nicht Irre kommt. Vielleicht notiert er sich ja auch für wieviel Kröten er den Plunder los wird... wer weiß, wer weiß...
Übrigens ist es ja nicht nur die Tatsache das er den Kram verkauft, er macht es während der Öffnungszeit der Wahllokale. Letzen Endes wollte ich die Pointe darauf verlagern, hat anscheinend aber nicht so gut funktioniert.

Naja, irgendwann kommt auch mir mal ein kreativer Geistesblitz ;)

 

Hallo hoEyo,

die Idee Deiner Geschichte hat mir gefallen und ich muss zugeben, ich habe hin und wieder geschmunzelt :-) Am Schluss verpufft die Pointe allerdings...nach der Erklärung von Dir wirds nicht logischer (lustiger)...sorry...

Und: Harald Schmidt ist spitze!! Ein Banause, wer ihn in einem Atemzug mit S. Raab nennt :-)

Liebe Grüße - Xanthippe

 

Hallo hoEyo!

Ich fand deine Geschichte gut. Zwar kein Brüller, aber doch ganz lustig. Nur den Schluss fand ich nicht überzeugend, denn:
Wenn er alles bei eBay verscherbelt, wieso besitzt er dann einen Flaschenöffner, eine Tragetasche etc. von vorherigen Wahlen??! Das musst du mir jetzt erklären. Entweder, er verkauft das Zeug, oder eben nicht. :rolleyes:

Der Rest der Geschichte ist aber gut :lol:

Mfg
xka

 

Halla xkaxre, hallo Xanthippe,

ich gebe euch recht: Die Pointe am Ende ist wirklich nicht der finale Abschluss auf den ich gehofft habe. Jede Erklärung warum der Protagonist seine Gimmicks verscherbelt wären erzwungen. Ansonsten Danke für die Bewertung.

MfG

hoEyo

 

Mir hat die Geschichte gefallen. Die große Frage, ob sie lustig ist, ist doch irrelevant, da wohl jeder für sich anders bewertet, was lustig ist. Es soll sogar Leute geben, die Raab witzig finden. Es müssen sogar eine ganze Menge sein, sonst wäre dieser leidliche Quatsch bereits aus den Programmen verschwunden.

Fand ich sie lustig? Nein. Aber fand ich sie traurig (als Gegenteil zu lustig gemeint)? Nein. Fand ich sie langweilig? Nein. Sie war humorig. Sie nimmt in einer etwas bösen Art ein Spezies aufs Korn, die es tatsächlich gibt und die Idee, die hinter demokratischen Wahlen auf die Gimmicks und den evtl. Gewinn bei Ebay reduziert. Wahrscheinlich lebt er auch von Probentüten diverser Firmen und schnorrt sich auf allen Geschäftseröffnungen in seiner Heimatstadt durch.

Alles in allem eine gute Darstellung der Person, stilistisch gut rübergebracht und doch mit humorigem Einschlag.

 

Hallo hoEyo,

ich finde, Du hast die einzelnen Parteien ganz gut auf die Schippe genommen; ein Funken Wahrheit war auf jeden Fall vorhanden, was die Ich-erkaufe-mir-die-Wähler-Schauspiel-Politik angeht.
Richtig laut lachen konnte ich jedoch nicht, aber das ist auch nicht weiter schlimm, weil der Erzählstil und der leichte (ich zitiere) humorige Einschlag gelungen ist.
Zu einer Sache möchte ich auch noch meinen Senf dazugeben: Harald Schmidt ist absolut spitze und ein Juwel am Fernsehhimmel. Über seine Shows (vor allem die Dienstagssendungen!) kann man nur sagen:
weltspitze!

Lieben Gruß,
Alexa

 

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