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Vorfreude
Ich bewundere mehr die Menschen, die ihre Zeit gut verbringen, als diejenigen, die leiden. Dieser Satz kam Caroline nah dem Aufwachen in den Sinn. Ich will eine gute Zeit haben, sagte sie sich. Streckte sich, gähnte und drehte sich wieder auf die andere Seite, um noch ein Weilchen zu dösen.
Endlich war sie richtig wach, drehte sich auf den Rücken und fing an ihren Tag zu planen und zu überdenken. Alles ist gepackt, alles ist in Ordnung, du kannst losfahren. Dieses Gefühl und dieser Gedanke lockte ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Sie streckte sich nochmals und stand auf. In der Küche machte sie sich einen Tee und trank ihn im Stehen. Ein feiner Duft von Kräutern machte sich in der Küche breit. Sie machte die Fenster auf und trank den Rest des Tees am Fenster. Sie schaute auf die Hauptgasse einer Kleinstadt. Sie liebte diesen Moment, wo die Gasse noch leer war, die Betriebsamkeit des Tages noch weit entfernt. Sie fühlte sich wie eine Prinzessin, die über ihr Land schaut und weiss dies alles gehört mir. „Ob ich ihn wohl mag“. Die Luft war angenehm kühl, doch bekam sie etwas Gänsehaut.
Beim Duschen lies sie sich viel Zeit. Sie liess das warme Wasser genüsslich über ihren Körper rieseln. Sie seifte ihre langen Haare und ihre Haut ein. Mit ihrer Hand liebkoste sie ihren Körper beim einmassieren mit einem feinen Rosenduschgel. Sie zog den Duft tief ein. Ein bisschen länger als sonst lies sie nochmals das Wasser die Seifenreste der Haare und der Haut wegspülen. Sie stieg aus der Dusche und stand tropfnass im Badezimmer und betrachtete sich im Spiegel, lächelte sich zu und fing an alle Wassertropfen mit dem roten Badetuch aufzusaugen. Sie kämmte ihre langen hellbraunen Locken und lächelte. Es gibt nichts Schöneres als den Wind in den Haaren, sei es beim Velo fahren oder am Meer stehend und der Wind verfängt sich in Haaren. Ihr werdet viele Turbulenzen erleben, sagte sie zu jeder einzelnen Haarsträhne und ihr war, als ob die Haare bei diesen Worten erzitterten.
Sie öffnete den Spiegelschrank und versuchte sich für eine Body Lotion zu entscheiden. Sie schloss die Augen und griff im Schrank eine Flasche. Sie schaute die Flasche an und lachte laut auf. Die Rosencreme, toll. Sie passt. Caroline cremte sich Zentimeter für Zentimeter ihrer Haut ein. Sie ist weich und duftet herrlich. Ob er den Duft mag? Es ist wichtig, dass er mich riechen kann. Es ist wie es ist und verbot sich ihre Gedanken weiter zu denken. Sie zog schnell ihre rote Leinenhose an und nahm das schwarze Top vom Bügel, stülpte es ich über den Kopf und stieg gleichzeitig in die schwarzen Sandalen. Nach einem schnellen Blick in den Spiegel, sie sah sich zufrieden an. „Du siehst toll aus“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild und streckte sich die Zunge heraus, schnappte lachend ihre Tasche und schloss die Haustüre hinter sich zu.
In Biel angekommen stieg sie aus dem Zug. Ihr Herz klopfte stark und sie atmete tief ein und aus. Bald ist es soweit und ich werde ihn sehen, riechen und spüren. Ob er schon da ist oder bin ich die erste? Ist er auch aufgeregt? Kommt er wohl? Was mache ich, wenn er nicht kommt. Ihre Gedanken purzelten wild durcheinander, bis sie ihnen Einhalt gebot, jetzt ruhig zu sein, sie müsse sich konzentrieren, das Cafe zu finden, wo sie verabredet sind. Da ist es. Sie atmete nochmals tief durch und stieg die Treppenstufen hinauf. Sie fühlte sich wie unter einer Watteschicht. Die Töne der Stadt verstummten und dann sah sie ihn, in einem weissen Leinenhemd mit aufgekrempelten Ärmeln und Hut, an der Bar stehen. Und sie wusste, ich liebe ihn und ich werde eine gute Zeit haben.