Was ist neu

Vorbild-Variationen

Mitglied
Beitritt
11.03.2017
Beiträge
2

Vorbild-Variationen

Am siebenten Tage ruhte Gott.

Kein Wunder, dass er sich ein wenig abgespannt fühlte. Aber er konnte mit dem guten Gefühl, wirklich etwas weiter gebracht zu haben, auf den gestrigen Tag, dem sechsten in seinem neuen Job, zurück blicken.

Er hatte zwar etwas später begonnen. Immerhin hatte er am Tag zuvor nicht weniger als die gesamte Tier- und Pflanzenwelt geschaffen. Mit einer Artenvielfalt, die auch noch nach Milliarden Jahren Rätsel aufgeben würde.

Das ging auch an die Substanz eines Gottes, also begann er am sechsten Tag sein Tagwerk erst gegen neun. Zunächst formte er nach seinem Vorbild aus Lehm den Adam und hauchte ihm eine Seele ein. Dann zeigte er seinem Ebenbild das Paradies. Adam bedankte sich artig und streifte umher. Bald hatte er seine Umgebung erforscht und sich mit dem Wichtigsten aus Flora und Fauna vertraut gemacht. Aber dann wurde ihm die Zeit lang. Es traf sich, dass er gerade an Gottes Thron vorbei kam. „Sprechstunden täglich von 16,00 bis 18,00 Uhr“ stand da auf einem Schild. Adam hatte zwar keine Uhr, aber er klopfte unbekümmert an das linke Thronbein. Und tatsächlich, Gott erschien. Und sogar ziemlich rasch. Wir können uns denken, wieso. Als Allwissender war ihm natürlich klar, dass Adam kommen würde.

Adam beklagte wortreich seine Langeweile und Gott versprach Abhilfe. Als Allwissender hatte er schon Skalpell, Knochensäge und Äther vorbereitet. Unter Bedachtnahme auf die gebotenen Hygienemaßnahmen nahm er Adam eine Rippe ab und schuf daraus Eva.
Auch ihr zeigte der Chef persönlich das Paradies und hielt sich übergebührlich lange bei den beiden berühmten Bäumen auf. Eva erklärte, die Instruktionen verstanden zu haben und sich auch danach richten zu wollen. Und obwohl Gott so seine Bedenken hatte, zog er sich zurück. Zwei Menschen an einem Tag zu schaffen und ihnen zwei Mal die ganze Welt zu erklären, das war schließlich genug, fand er.

Und so ruhte er also am siebenten Tag. Aber nach einer kleinen Weile erging es ihm wie seiner Schöpfung am Tage zuvor: Er langweilte sich. Irgendwie verständlich, denn Adam war immerhin sein Ebenbild. Und wenn der sich langweilte, musste dieses Feature auch im Schöpfer selbst stecken.

Leider hatte er niemanden, mit dem er über die Langeweile reden konnte, er musste wohl selbst für Zerstreuung sorgen. Er blickte sich um und sah, dass es gut war. Der Sündenfall fand ja erst wesentlich später statt, wie die Wissenschaft heute zu wissen glaubt.

Und wie er sich so umschaute, kam ihm eine tolle Idee, die über lange Zeit hin für Unterhaltung sorgen konnte. Er beschloss nicht weniger, als die Menschen, seine Ebenbilder, höchst unterschiedlich werden zu lassen.

Aus einem Grund, den er selber nicht hätte nennen können, führte er für die Menschen zunächst das Altern ein. Über die Jahre sollten sich an Seele, Geist und Körper seiner Kinder Änderungen einstellen.

Schön und Gut, höre ich Sie sagen. Aber bitte, woher hatte Gott eine Vorstellung von Jahren und Altern. Ihm selbst waren doch alle Zeiten eins, er war immer und ewig und gleichzeitig. Es gab für ihn kein Gestern, Heute oder Morgen und schon gar kein „in ein paar Jahren“. Sagen uns zumindest die Gelehrten. Ob sie uns dazu ein klärendes Wort schuldig geblieben waren oder sich vielleicht geirrt haben könnten? Wir wissen es nicht und es tut eigentlich auch nichts zur Sache.

Noch schnell einen Café latte und dann ging Gott ans Werk. Er begann ganz oben, bei den Haaren. Aus dem kräftigen Dunkelbraun sollte langsam ein helles Grau werden, das später in ein strahlendes Weiß überging. Das war doch was! Er schloss die Augen und sah in die Zukunft. Überall grau- und weißhaarige Frauen und Männer.

Aber die waren ja wieder alle gleich. Das mit dem unterschiedlich machen war gar nicht so einfach, fand er. Da musste er wohl noch einmal drüber gehen. Sicher. Aber nicht heute.

 

Hallo und Herzlich Willkommen bei den Wortkriegern, heinzv01.

Also ich gehe bestimmt nicht zum Lachen in den Keller und weiß einen (guten) Spaß sehr zu schätzen.

Und da liegt leider der Knackpunkt dieser Geschichte - wo "Humor" draufsteht, sollte auch Humor drin sein. Natürlich ist das alles höchst subjektiv und trotzt jeder Form der Verallgemeinerung oder Vereinheitlichung - aber dennoch:
Wo war denn der "Humor" hier? Kommt der vielleicht erst zusammen mit dem Sündenfall - wesentlich später?
Du beschreibst die Genesis und vermenschlichst Gott - das wars dann aber auch schon. Ich meine - echt jetzt??? Das wars?! Wo liegt die Pointe - im Haare-grau-werden-lassen? Oder in diesen sporadisch ironisch eingeschobene Begriffe und Bemerkungen wie "Hygienemaßnahmen" oder "Café latte"?

Nun, heinzv01 - ich finde, du kannst schreiben. Es ist ja weiß Gott (Hahaha - ein passendes Wortspiel zu deiner Geschichte :rotfl:) nicht so, dass du jeden Satz vermurkst oder eine sündhaft teuflische Fehlerquote hast - aber wie gesagt: die Handlung fand ich mehr als dünn - um nicht zu sagen: die war für meinen Geschmack schon im Paradies verschwunden, noch bevor ich den ersten Satz gelesen hatte.
Schade - aber wer weiß - wenn du weiterhin Geschichten hier posten willst, könnte ich mir gut vorstellen, dass diese mir besser gefallen könnten.

Himmlische Grüße und göttliche Momente wünscht der EISENMANN

 

Hallo heinzv01,

Deine Geschichte hat finde ich durchaus Potential, bleibt aber irgendwie in der Mitte stecken.

Vom Stil her schließe ich mich uneingeschränkt meinem Vorredner an - schreiben kannst Du. Du formulierst gewandt und auch mit einem gewissen Augenzwinkern, von daher macht das Lesen Deines Textes wirklich Spaß.

Das Thema an sich gibt einiges her - vor allem die Idee, dass sich Gott am siebten Tage langweilt und etwas zu tun beschließt, das für später gravierende Auswirkungen hat. Bis Du dorthin gelangst, verlierst Du Dich allerdings ein wenig in Einzelheiten, die das Dranbleiben teilweise mühsam machen, etwa als Gott für Adam Eva erschafft und ihr das Paradies (insbesondere die zwei Bäume) zeigt - das führst Du sehr detailliert aus, es hat aber eher wenig Funktion für den späteren Verlauf der Geschichte.

Den Einstieg in den zweiten Teil finde ich großartig:

Er blickte sich um und sah, dass es gut war.

Das Zitieren eines Satzes, der eigentlich etwas Gutes bedeuten soll, aber in diesem neuen Zusammenhang ins totale Gegenteil verkehrt wird, macht richtig Lust auf mehr. Aber dann beginnst Du abzuschweifen, was meiner Meinung nach ein wenig die Luft aus dem Ganzen rauslässt. Als Du dann wieder zum Thema Altern zurückkommst, ist die Geschichte auch schon zu Ende. Mir ist klar, dass das Dein Konzept ist, und Du das, was kommt, bewusst offen gelassen hast, aber ein bisschen weiter hätte es für mich schon ausgeführt sein können, welche Ideen Gott als nächstes hatte -zumindest andeutungsweise.

Alles in allem ein wirklich guter Ansatz, der aber durchaus noch ein bisschen aufgepeppt und ergänzt werden kann :-)

Liebe Grüße und keep on keeping on,

sbgerhi

 

hallo, Heinz,

herzlichst hier!

Du hast eine Geschichte über den Gott Elohim, Adonai, HaSchem oder Jehova, würde mancher Anhänger des Judentums oder Christentums denken. Dennoch verzichtest Du (un)bewusst auf jeden Namen in deinem Text für diese Gottheit. Nur die Namen Eva und Adam suggerieren, dass es hier doch um eine alttestamentarische oder tenachische (Tora) Geschichte handelt. Ohne diese Namen würde deine Geschichte sehr gut passen, sowohl zu den Texten aus Tora/Bibel, sowie zu den heiligen Texten der alten Ägypter, Syrier, Mesopatamier etc. Wo die Gottheiten fast den gleichen Schaffungsprozess durchlaufen mussten. Mit der Bekanntgabe der Namen ironisierst Du nun leider über eine einzige Religionsgemeinschaft und lässt die restlichen 400 Religionsrichtungen, die sich im Laufe der menschlichen Geschichte angesammelt haben, völlig außer Rand. Das ist dein Schwachpunkt!

Andererseits machst Du dich mit dieser Geschichte angreifbar für die russische Staatsanwaltschaft, wärest Du Staatsbürger der Russischen Föderation. Für so eine Geschichte könnte man in Russland inzwischen zwischen 2-5 Jahre Haft kassieren. Verstehe es nur wie eine kleine Fußnote zu deinem Text!

Hier, bei den Wortkriegern, gab es inzwischen viele Versuche, den siebten Tag, ironisch darzustellen. In keiner von ihnen stand die Gottheit so im Mittelpunkt, wie deine. Dennoch empfinde ich das als ungenügend. Ich hätte die Figur des Allmächtigen mehr "ausgebaut", mehr zu einer Person gemacht. Motive des Alterns, Langeweile finde ich gut. Es ist mir trotzdem zu wenig.

Ich habe bereits ähnliche Geschichte gelesen, schon 1900 veröffentlicht. Richard Dawkins ist einer der besten mir bekannten Satiriker von heute zu diesem Thema. Also, kein Neuland mehr! Versuch die Geschichte trotzdem etwas "heinzv01licher" zu machen!

Viele Grüße,
Herr Schuster

 

Hallo heinzv01,

willkommen hier, darf ich mich vorstellen, ich bin’s, das Humor-Moderatörchen. Zugegeben: kein richtiger Titel, kein schicker Name, aber was soll’s, besser als mich im Garten Eden langweilen. Ich schau mal, was ich Humoriges, Slapstick- Comedy- mäßiges in deinem Text finde. Okay, Heinz, also, äh, ehrlich gesagt: ist vom Gedanken her ganz lustig, wie einer, der Milliarden Jahre hinter sich hat, ausgerechnet auf den Mensch kommt und das mit der Sprechstunde ist auch klasse, (weil jetzt weiß ich, warum Moslems immer 16-18 Uhr beten und ich es vergeblich in der Nacht probiert habe, bis ich beschloss: sch(w)eiß drauf , Göttchen schläft ja meistens und langweilt sich), aber so richtig mitreißend, so grölend, gag-gierend, ist die Geschichte leider nicht, da müsstest du mehr bringen als ein paar lustige Gedanken.

Nach deinem Text will ich aber was arrangieren für das Göttchen, also der braucht eine Gefährtin, eine Mischung aus Heidi Klum und Alice Schwarzer, ne: Alice Munro. Hilfst du mir beim Casting oder soll ich das Teufelchen fragen, den Martin Schulz, den Macron, den Trump(el)? Oder gar den Sachertorten- ernst offshore , der nachts im Waschsalon auf die Gott wartet und mit kriegsgöttischen Schokoriegeln beworfen wird, mit denen er sich den Walzer-Magen verdirbt, weil er sie mit Halal-Bier runterspült?

Paar Stellen:

Mit einer Artenvielfalt, die auch noch nach Milliarden Jahren Rätsel aufgeben würde.
Milliarden, echt?

Es traf sich, dass er gerade an Gottes Thron vorbei kam. „Sprechstunden täglich von 16,00 bis 18,00 Uhr“
:D

Unter Bedachtnahme auf die gebotenen Hygienemaßnahmen nahm er Adam eine Rippe ab und schuf daraus Eva.
Unter Berücksichtigung der?

Es gab für ihn kein Gestern, Heute oder Morgen und schon gar kein „in ein paar Jahren“.
mm, jetzt frage ich mich, ob der das mit der Sprechstunde pünktlich hinbekommt.


viele Grüße
Isegrims

 

Hallo, vielen Danke für die Anmerkungen. Beindruckend, wie exakt erkannt wurde, dass die Geschichte auf nichts hinaus will. Ich kenne viele (gute) Geschichten, die mir ihre Quintessenz nicht erschließen. Dass es schwer ist, an meiner kurzen Geschichte dran zu bleiben, macht mich traurig, da habe ich wohl das Thema verfehlt. Denn ich wollte nichts anderes, als ein paar lockere Augenblicke zu schaffen. Ohne Unterricht zu erteilen, ohne "Werte" weitergeben zu wollen. Danke noch mal. Heinzv01

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom