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Vorahnung

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05.07.2020
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Vorahnung

Ich spüre, dass es bald soweit ist. Das Ende. Mein Ende. Und doch kann ich mir nicht sicher sein. Vielleicht habe ich einfach den Verstand verloren? Kann nicht mehr unterscheiden zwischen Wahn und Wirklichkeit? Eine leise Hoffnung bleibt ja immer.

„Gaspar, weißt du den Wievielten wir heute haben?“
Gaspar Morel sitzt mir gegenüber und betrachtet abwesend seinen Becher. Schließlich deutet er auf die Zeitung vor sich und nuschelt:
„Heute ist der elfte August, Hugo. Aber was spielt das schon für eine Rolle?“
Ich nicke und zögere, bevor ich antworte.
„Ich habe den heutigen Tag in meinen Träumen gesehen. Es ist der Tag, an dem ich sterbe.“
Gaspar stutzt, hört auf, mit seinen schaufelgroßen Pranken an seinem Becher herumzuspielen und glotzt mich an. Langsam beginnt er zu grinsen. Er versteht nicht, was ich ihm sagen will und hält die ganze Sache wohl für einen Scherz.
„Weißt du Hugo, unwahrscheinlich, dass du heute stirbst.“ Verstohlen schaut er sich um und raunt mir dann zu: „Denn du bist schon längst tot.“ Dröhnend lacht er los. „So tot, wie man nur sein kann, seit diese verkommene Bande hier das Zepter übernommen hat. Schau dich doch mal um, siehst du etwa eine Zukunft für dich? Für uns? Nein, nein, mein Freund. Wir sind erledigt. Mausetot!“ Er lacht wieder und nimmt einen Schluck Wein. Ich überlege, wie ich ihm nur erklären soll, was ich meine, als einige der üblichen Verdächtigen irgendwo im hinteren Teil der Kneipe beginnen, ein Lied anzustimmen. Es ist, wie könnte es anders sein, le Chant du départ. Gaspar lässt sich nicht lange bitten. Springt voller Begeisterung auf, schwankt einen kurzen Moment und fängt an, in den Gesang einzustimmen.

La République nous appelle
Sachons vaincre ou sachons périr
Un Français doit vivre pour elle
Pour elle un Français doit mourir.
..."

Ich greife nach meinem Becher und nehme einen tiefen Schluck. Der Moment ist vorüber, war vielleicht niemals da. Ich bin angetrunken, frage mich, wie viel Uhr es wohl sein mag? Höchstens früher Nachmittag, vermute ich und trinke weiter. In der trügerischen Hoffnung, dass es irgendetwas ändern würde.
Die Sauferei, das Geschwätz und auch der Gesang. Es ist im Wesentlichen dasselbe wie jeden Tag. Über alldem steht unser verlorener Sieg. Unsere verlorene Zeit. In aller Regelmäßigkeit werden Becher und Gläser aneinandergeschlagen und aus versoffenen Kehlen erklingen die immer gleichen Parolen. Ich verweigere mich nicht. Proste meinen zerschossenen Kameraden zu und trinke pflichtbewusst. Sehe ehrliche Verachtung und tiefe Enttäuschung in ihren Augen.
Ich teile ihre Gefühle, weil ich es muss. Als Reminiszenz an meine alten Überzeugungen. Doch ihre Leidenschaft kann ich schon lange nicht mehr teilen. Es ist nur noch eine blutleere Verpflichtung, während ihr Hass von Glas zu Glas immer lodernder wird. Beinahe bewundernswert und ja, vielleicht beneide ich sie sogar darum. Denn es hilft, umzugehen mit der ganzen Misere. Sie halten sich an ihrem Hass, wie sie sich an ihren Gläsern festhalten. Ich jedoch habe das Gefühl, jeden Halt schon vor langer Zeit verloren zu haben.
Mein Kopf schmerzt. Nichts Ungewöhnliches. Seit Russland tut er das andauernd. Ich schließe die Augen. Bin in einer Stadt. Sie erinnert mich an Paris, aber überall stehen seltsame metallene Kutschen herum. Männer in Uniform schlagen auf Menschen ein, vereinzelt wird geschossen. Manche fallen in einen Fluss. Ist es die Seine? Ich weiß es nicht. Die Uniformierten stoßen die Männer immer wieder zurück. Einige treiben bereits leblos im Wasser. Auf den Straßen liegen zahllose Körper.

Gaspar lässt sich schwer atmend an meinem Tisch nieder und ich schrecke auf. Er hat noch eine Karaffe mit billigem Wein mitgebracht. Hastig füllt er unsere Becher auf und besprenkelt dabei einen erheblichen Teil des Tischs. Ich wische mir den kalten Schweiß von der Stirn und versuche, mir nichts anmerken zu lassen.
„Was warn das vorhin mit deinem Traum, Hugo? Hast von deinem Tod geträumt, eh? Unschöne Sache so was.“
Seine Zunge ist schwer und das Gesicht vom Alkohol gerötet. Die Augen aber sind so wach wie eh und je.
„Weißt du, man könnte glatt meinen, wir wären noch mittendrin im Krieg. Sooft, wie wir darüber reden? Scheinen ja gar nichts anderes mehr zu kennen.“
Gaspar runzelt die Stirn.
„Und? Was is verkehrt dran? War schließlich ne ehrenvolle Zeit, damals als ...“
„Ach, ständig dieses Gefasel!“, unterbreche ich ihn unwirsch. „Über die gute alte Zeit und irgendwelche hanebüchenen Heldengeschichten. Gaspar, ich kanns nicht mehr hören! Du weißt genauso gut wie ich, wie es wirklich war! Glaubst du etwa, dass diejenigen, die sich damals vor lauter Angst eingepisst haben, besonders ehrenvoll aussahen? Schwachsinn!“ Gaspars Züge verhärten sich und er starrt mich an. Er hatte zweifellos mit dem üblichen seichten Säufergeschwätz gerechnet. Sein Kiefer mahlt. Wir schweigen uns einen Moment an und ich beginne, mir eine Pfeife zu stopfen. Meine Hände zittern.
„Das brennende Moskau, die Erfrorenen, diese elendige Angst, warum haben wir darüber eigentlich keine Lieder? Warum besingen wir nicht diejenigen von uns, die sich zu Hunderten in den dunklen Wäldern erschossen haben?“ Eine kurze Pause entsteht und böse blicken wir uns an.
„Weil wir es vergessen wollen, weil wir ...“
Gaspar schlägt mit der Faust auf den Tisch. Der Wein schwappt über und einige Trinker blicken dumpf in unsere Richtung.
„Gar nichts will ich vergessen, Hugo! Ich bin stolz drauf, unserm Kaiser überallhin gefolgt zu sein. Und jetzt sag mir, worauf du verdammt noch mal hinaus willst!“
Ich winke ab und schüttele den Kopf.
„Du belügst dich selbst, Gaspar. Was würdest du dafür geben, nur eine einzige Nacht deine Ruhe zu haben? Darum säufst du doch auch den ganzen Tag, oder täusche ich mich etwa? Darum saufen wir doch alle. Weil wir endlich ruhig schlafen wollen.“
Um uns herum ist es laut. Es wird gegrölt und gelacht. Gaspar scheint für heute aber jedes Interesse an seinem üblichen Tagewerk verloren zu haben. Finster schaut er mich an.
„Was willst du von mir, Hugo? Was soll das Ganze? Wir ham gekämpft. Meinetwegen, wir hatten Angst. Alle hatten Angst! Warum also die alten Wunden aufreißen?“
Gedankenverloren fahre ich mit dem Finger meine vernarbte Schläfe entlang, befühle den Rollstuhl und das, was von meinem linken Bein übrig geblieben ist.
„Ich denke oft an diejenigen, die mich damals retteten. Die mich notdürftig versorgten, mich durch den Schnee mit sich schleppten. Ich kenne ihre Namen nicht, aber ... Ich hasse sie! Ich verfluche sie und alle, die ihnen lieb und teuer sind!“ Die letzten Worte stoße ich hervor und merke, wie mein Herz beginnt zu rasen. Schweiß steht mir auf der Stirn und mein Atem geht schwer. Gaspar blickt mich erschrocken an.
„Angenommen, ich würde dir sagen, dass ich seither mehr als nur unser kleines Abenteuer in Russland vor Augen habe. Angenommen, ich würde dir sagen, dass damals irgendetwas mit mir geschehen ist. Dass ich seit meiner Kopfverletzung vieles sehe, was ich nicht verstehe. Und angenommen, ich würde dir sagen, dass es keine Träume sind. Keine sein können! Denn ich fühle, rieche und schmecke das, was ich sehe.“
„Und? Was schmeckste?“ Gaspar versucht kaltschnäuzig zu klingen, aber seine Stimme zittert.
„Staub. Ich schmecke Staub und sehe Feuer. Ich sehe … eine Art Pilz. Einen riesigen Pilz am Horizont, der das Licht verändert. Eine grollende Welle kommt über mich, die alles mit sich reißt. Menschen, Häuser, Bäume. Ich sehe ... mechanische Vögel mit unbeweglichen Flügeln, die über einen kleinen Ort fliegen. Höre ein Heulen, das mir die Haare zu Berge stehe lässt, und schmecke wieder Staub. Sehe wieder Feuer. Und ich werde Zeuge meines Todes. Immer wieder.“ Ich deute auf die Zeitung vor uns. „Und all das fühlt sich so an, als ob ich es erlebt hätte. Als ob es ... als ob es Erfahrungen sind. Als ob ich dabei war, verstehst du mich?“ Gaspar schweigt. Was soll er auch sagen?
„Es ist wie nicht von dieser Welt.“ Ich zögere. „Oder ... nicht aus dieser Zeit.“
„Du bist doch verrückt, Hugo“, murmelt er.
„Ja mein Freund, ich hoffe es."

Die nächsten Minuten schweigen wir uns an. Trinken stoisch unseren Wein. Becher für Becher. Ich denke darüber nach, ob ich nicht besser meinen Mund gehalten hätte. Aber dafür ist es zu spät.
Von draußen hören wir laute Stimmen. Die Tür fliegt auf und herein kommen einige Bewaffnete. Ich erkenne sie sofort wieder. Mir wird eiskalt.
Die fremden Männer betreten langsam den Raum. Die Hände auf ihren Säbeln und Messern. Einige tragen Pistolen. Stille schlägt ihnen entgegen. Es sind Weiße.
Ein großer Mann mit einem scharf geschnittenen Gesicht schreitet zum Tresen und verlangt lautstark nach etwas zu trinken. Dann dreht er sich um, blickt in unsere Gesichter und grinst. Er spürt zweifellos den Hass, der ihm entgegenschlägt, scheint ihn zu genießen. Schließlich hebt er seinen Becher und prostet uns zu.
„Auf unseren König Ludwig den XVIII.!“
Wir starren ihn an. Keiner rührt sich. Mir fällt seine Garderobe auf. Teure Klamotten, gute Lederstiefel, feine Handschuhe und eine auffällige Brosche mit einem bläulichen Stein. Vermutlich kein echter Saphir. Eher ein Lapislazuli. Doch was weiß ich schon? Französischer Adel zweifellos. Sein ganzes Auftreten wirkt fehl am Platz. Der Mann grinst uns an, hält mühelos unseren Blicken stand. Dann trinkt er den Becher in einem Zug leer und knallt ihn auf den Tresen.
„Meine Herren, warum so schweigsam?“ Langsam schreitet er durch den Raum. „Mir wurde gesagt, dieser Ort hier sei eine berüchtigte bonapartistische Schenke? Ich muss sagen, ich bin enttäuscht! Frei hinaus, ich hätte mit deutlich mehr Schneid gerechnet. Schließlich platze ich hier einfach rein, trinke auf den König und tue dabei auch noch so, als ob ich nicht wüsste, wo ich bin! Und was passiert mir? Nichts! Meine Herren, was ist mit Ihnen? Jeden revolutionären Eifer von einst verloren?“
Erst letzte Woche haben die Royalisten nicht weit von hier ein Massaker verübt. Haben einige Veteranen erwischt und auf offener Straße totgeschlagen. Jeder hier weiß, wie schnell so eine Situation eskalieren kann. Was uns für den Moment schützt, ist unsere Anzahl. Offensichtlich wollen die Royalisten es auch nicht wirklich drauf ankommen lassen. Das Gebaren ihres Anführers ist nur aufgesetzt.
„Sind das die Überbleibsel der ach so glorreichen Garde impériale? Männer, die ganz offensichtlich ihre Zungen verschluckt haben, und“, er wendet sich um und deutet mit einer lässigen Handbewegung in meine Richtung, „und armselige Krüppel?“ Seine Männer lachen mechanisch, doch wir schweigen. Ihr Anführer seufzt gespielt resigniert und schickt sich an zu gehen.
„Es war mir ein Vergnügen, meine Herren. Eine wahre Freude sogar! Zu sehen, in welch erbärmlichen Zustand sich die letzten Anhänger des großen Nabulione befinden. Wir müssen uns wahrlich keine Sorgen mehr machen, noch einmal von Ihresgleichen belästigt zu werden. Ihre Zeit ist abgelaufen. Nutzen Sie die wenigen Augenblicke, die Ihnen noch bleiben. Trinken Sie! Trinken Sie auf die gute alte Zeit. Kann ja jeden Tag vorbei sein, nicht wahr? Ich empfehle mich.“ Lachend verlassen die Männer den Raum.

Ich stemme mich aus dem Rollstuhl empor und greife nach meinen Krücken. Gaspar schaut mich verständnislos an. Signalisiert mir mit einer Mischung aus Scham und Angst in seinem Blick, dass ich mich wieder hinsetzen soll. Ich aber humpele den Bewaffneten hinterher. Ich brauche Gewissheit.

Schwankend trete ich aus der Tür und blinzele gegen die Sonne. Die Royalisten blicken mich verdutzt an.
„Ich verlange Satisfaktion.“
Hinter mir treten Gaspar und einige Weitere nach draußen. Mein Freund legt mir sachte eine Hand auf die Schulter, aber ich lasse mich davon nicht beirren.
„Wiedergutmachung für diese Beleidigung. Ich habe für Frankreich gekämpft und lasse mich nicht als einen Krüppel verunglimpfen. Ich kenne Ihren Namen nicht. Denn Sie haben ja offenbar vergessen, sich uns vorzustellen. Ich aber heiße Hugo Feraut und fordere Sie auf der Stelle zum Duell!“ Der Anführer der Weißen blickt zunächst auf meine Krücken, dann auf meinen Beinstumpf und betrachtet schließlich voller Geringschätzung mein Gesicht.
„Wissen Sie, unter anderen Umständen würde ich Ihnen ja raten, sich selbst einen Gefallen zu tun und so schnell es geht wieder unter den Stein zu kriechen, unter dem Sie hervorgekommen sind. Bin ja schließlich kein Unmensch. Andererseits ist es offensichtlich an der Zeit, euch Gelumpe zu zeigen, wo ihr hingehört.“ Lässig steigt er von seinem Ross. „Die Frage nach den Waffen erübrigt sich ja wohl“, spottet er mit einem Blick auf meine Versehrung.
„Pistolen also.“

Wir stehen uns gegenüber, warten auf das Signal. Ich war einst der beste Schütze meiner Einheit. Wird sich zeigen, was davon noch übrig geblieben ist. Ein Augenblick angespannter Stille. Dann schießen wir. Ich werde herumgerissen und ehe ich mich versehe, liege ich am Boden. Ich sehe mich um. Die Taverne ist verschwunden, stattdessen befinde ich mich in einem kleinen Dorf irgendwo in der Steppe. Wie kam ich hierher? Männer in grauen Uniformen, treiben Menschen in einer Scheune zusammen. Die Dorfbewohner, die allermeisten sehr alt oder noch ganz jung, sprechen ängstlich miteinander. Einzelne russische Wörter erkenne ich wieder. Die Soldaten lachen, machen Scherze. Ich sehe, wie einer von ihnen unentwegt mit einem seltsamen, viereckigen Apparat hantiert, durch den er wie durch ein Fernrohr auf die Menschen blickt. Er scheint ganz begeistert zu sein von dem, was er sieht. Ständig ruft er seinen Kameraden zu, wie sie sich aufstellen sollen. Sie alle lachen. Ein anderer sitzt grinsend auf einem riesigen, stählernen Koloss mit einem seltsam hakenförmigen Symbol auf der Seite. Er scheint sich zu sonnen. Es ist surreal. Dann beginnen die Männer damit, die Tür der Scheune zu verbarrikadieren. Ich drehe mich weg, versuche aufzustehen und stolpere davon, vorbei an einem Baum. Dort hängt kopfüber ein Mann mit einem Schild um den Bauch. Ich taumele weiter, strauchle, weil ich es nicht mehr wage, meine Augen zu öffnen, stürze irgendwann und bleibe liegen. Halte mir die Ohren zu, damit ich nicht hören muss, was in dem Dorf geschieht.
Irgendwann öffne ich vorsichtig wieder meine Augen. Gaspar kniet neben mir und blickt mich traurig an. Er sagt etwas, aber ich kann ihm nicht folgen. Mit einer Hand hält er meinen Kopf, während die andere fest auf meinen Bauch drückt. Ich schaue herab und staune. Alles ist voll Blut, dabei spüre ich kaum etwas. Mein Blut? Dann ist es also wahr. Alles ist wahr.

 

Hallo @Morphin und @Rob F und vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für meine Geschichte genommen habt!
Insgesamt muss ich zu dem Text sagen, dass ich hier etwas Neues gewagt habe. Zum ersten Mal habe ich versucht, mich von meinem ansonsten eher ironisch-humoristischen Stil zu trennen und deutlich mehr Ernsthaftigkeit einfließen zu lassen. Ich muss gestehen, dass mir das wirklich schwergefallen ist und ich bin nicht vollständig davon überzeugt, dass es mir auch wirklich gelungen ist. Umso mehr freut es mich, dass euch beiden die Geschichte eher gefallen hat. Zum anderen habe ich auch im Unterschied zu meinen anderen Texten die Perspektive verändert. Habe ich ansonsten immer auf den auktorialen Erzähler zurückgegriffen und aus einer Distanz berichtet, habe ich dieses Mal versucht, nah an den Personen zu bleiben, auch weil ich der Meinung war, es wäre in Anbetracht der Geschichte angemessen. Aber auch hier muss ich sagen, dass mir das nicht leicht gefallen ist.
Die ganze Thematik, die Zeit nach Napoleon und die Situation seiner enttäuschten Anhänger im plötzlich wieder vorrevolutionären/monarchistischen Frankreich fand ich schon immer spannend. Ich habe vor einiger Zeit mal Das Duell von Joseph Conrad gelesen. Und diese Geschichte hat mich ziemlich beeindruckt und wohl auch zu diesem Text inspiriert. Kann ich auf jeden Fall empfehlen!

Der Reihe nach:

Aber ... du kannst deinen Text nehmen, um ihn Menschen zu zeigen, die bspw. das sich schnell verändernde Klima und all die schon sichtbaren Folgen in keine Relation zu ihrem Leben oder ihrer Zukunft setzen können.
Das freut mich sehr, wenn du dem Text diese Wirkung zugestehst. Ist ja gewissermaßen ein wenig das Thema unserer Zeit. Die kognitive Dissonanz bzw. das Unvermögen, sich mit offensichtlichen Widersprüchen nüchtern auseinanderzusetzen.

Hier kommt noch ein Blick in die nahe und fernere Zukunft. Und immer ist es Krieg. Niemals der Frieden zwischen den Kriegen. Da würde ich wohl auch den Fehdehandschuh schmeißen, bei den Aussichten.
Ja, ich gebe zu, das ist natürlich ziemlich düster gefärbt. Denn sicherlich war und ist ja nicht immer alles nur schrecklich. Auch die Auswahl der Ereignisse war natürlich ein wenig beschränkt (und im Grunde ja auch austauschbar).
Den Federhandschuh schmeißen :) das war dann halt die Konsequenz. Andererseits aber auch verbunden mit der leisen Hoffnung, dass er sich eben doch täuscht.


Ab und an entdeckt man Stellen, die du vielleicht im Nachhinein geändert hast, dabei aber Folgewörter vergessen zu tilgen.
Danke für die Anmerkungen. Einige Schnitzer sind noch drin. Werde ich ausbessern!

Was vielleicht noch wirksamer ist, wenn seine Rückblenden nicht erzählt wären, sondern als kleine Abschnitte mit Dialog sich selbst darstellen.
Habe ich tatsächlich lange drüber nachgedacht, wie und wo ich diese Vorahnungen einbauen soll. Ich wollte das erst relativ gegen Ende machen, um nicht sozusagen mit der Tür ins Haus zu fallen. Aber vielleicht stelle ich das nochmal um oder teile diesen Part auf. Dann wäre es natürlich auch eine Möglichkeit, es in Dialogform zu probieren. Muss ich mal schauen, ob mir das gelingt.


Der Dialog ist zwar an einigen Stellen recht ausführlich und erklärend fürs Publikum, ich finde es hierbei aber in Ordnung, da es ja genau das sein soll. So als würden die beiden an einem Tisch auf einer Theaterbühne sitzen und alles extra umfangreicher für die Zuschauer erzählen.
Ich war mir (und bins eigentlich immer noch) unsicher über die Länge der Geschichte. Und ich hab immer wieder gesucht, wo ich was kürzen könnte. Aber dann dachte ich, dass eben doch alle Teile ihre Berechtigung haben. Und wenn es zumindest dich nicht gestört hat, freut mich das!

Vielleicht kannst du die Leser noch mehr in diese Epoche mitnehmen, z.B. durch weitere Details zur Umgebung oder der Kleidung.
Ja, ich werde sicherlich die Tage an dem Text weiterarbeiten und hoffentlich an der einen oder anderen Stelle noch ein paar Details ergänzen.

hier noch einige Details:
Danke für deine Mühe Rob F! Sind ja noch einige Sachen. Ich bekomme oft eine Art Tunnelblick und übersehe dann schiefe Formulierungen oder offensichtliche Fehler. Danke fürs Herausstellen, werd ich mich drum kümmern.

Ich würde grundsätzlich keine Wörter hervorheben, in dem du einfach eine Textformatierung verwendest. Das sollten ja deine Formulierungen leisten.
Damit hast du natürlich recht! Ist wahrscheinlich schlechter Stil, den ich mir abgewöhnen sollte.

Wünsche euch beiden ein schönes Wochenende!
Habentus

 

Hallo @Habentus

und willkommen bei der Challenge. Mein Ziel ist es eigentlich, alle Beiträge zu kommentieren, aber in den letzten Tagen ist ja einiges dazu gekommen. Deine Geschichte hatte ich schon länger im Visier, also los geht's:

Ich spüre, dass es bald soweit ist. Das Ende. Mein Ende. Und doch kann ich mir nicht sicher sein. Vielleicht habe ich einfach den Verstand verloren? Kann nicht mehr unterscheiden zwischen Wahn und Wirklichkeit? Nun, eine leise Hoffnung bleibt ja immer.

Ein sehr eindeutiger Einstieg. Ich hoffe, er nimmt nicht zu viel vorweg.

„Dass du heute stirbst? Nun, ich muss dir leider sagen, dass du dich irrst, Hugo. Du bist schon längst tot“, schallend lacht er los.

Die Redebegleitung "schallend lacht er los" mag mir syntaktisch nicht gefallen.

La victoire en chantant
Nous ouvre la barrière.
La Liberté guide nos pas
...“

Hier wollte ich erst sagen, dass das 'Nous' klein geschrieben werden sollte, da es ja hier nicht als Personalpronomen benutzt wird, aber ein kurzer Blick ins Internet zeigt, dass alles Zeilenanfänge großgeschrieben sind. Hmmm

Stürmisch füllt er unsere Becher auf

Frage mich, wie das aussieht. Hastig fände ich besser.

Verlieren uns im immer gleichen Soldatenkitsch.

Kurze Recherche im Internet und siehe da: Der Begriff Kitsch kommt erst ab 1860 auf. Demnach hätten wir es hier mit einem Anachronismus zu tun.

„Warum erzählst du mir das alles, Hugo? Was soll das Ganze? Wir haben gekämpft. Ja, wir hatten Angst. Alle hatten Angst. Warum also die alten Wunden aufreißen?“ Ich nehme einen Zug, blase den Rauch aus und fahre unbeirrt fort.

Du beschreibst Gaspar als ziemlich besoffenen Kerl. Dafür artikuliert er sich noch recht gut. Mach ihn entweder weniger besoffen oder schlechter in der Artikulation.

Trinken sie! Trinken sie

'Sie' groß

Überall stehen seltsame metallene Kutschen. Pferde sind keine zu sehen. Männer in Uniform schlagen auf Menschen ein, es wird vereinzelt geschossen. Andere fallen ins Wasser. Ist es die Seine? Ich weiß es nicht. Die Uniformierten stoßen die Männer immer wieder zurück. Einige treiben bereits leblos im Fluss. Auf der Straße liegen zahllose Körper.

17.10.1961 - nehme ich an?

„Ich verlange Wiedergutmachung.“

Gebräuchlicher, auch im Deutschen, ist der Ausdruck 'Satisfaktion'.

Ich stemme mich aus dem Rollstuhl empor und greife nach meinen Krücken.

Frage mich, ob das logisch/üblich ist, Rollstuhl und Krücken gleichzeitig dabei zu haben. Aber ich weiß es nicht.

Fazit: Das Thema finde ich spannend, allerdings finde ich die Art, wie du haufenweise Informationen in den Dialog packst, etwas arg konstruiert. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich um zwei Trunkenbolde in einer Kneipe handelt.

Die Traumsequenz mit dem Verweis auf zukünftige, kreigerische Handlungen empfinde ich hingegen als gelungen. Das Ende ebenso.

LG,

HL

 

Entschuldige bitte @HerrLehrer, dass ich dir erst jetzt auf deinen Kommentar antworte. Ich habe leider momentan viel um die Ohren...
Zunächst danke dir, dass du meine Geschichte gelesen hast! Mir geht es ähnlich wie dir. Ich habe mir eigentlich fest vorgenommen, alle anderen Beiträge zu lesen und zu kommentieren. Leider bin ich da ziemlich hintendran. Aber in den nächsten Tagen sollte das hoffentlich klappen.

Nun zu deinem Kommentar:

Ein sehr eindeutiger Einstieg. Ich hoffe, er nimmt nicht zu viel vorweg.
Das stimmt. War der Versuch, einen möglichst spannenden Einstieg zu nehmen, ohne aber allzu viel vorwegzunehmen. Meinst du, das ist unpassend in diesem Fall?

Hier wollte ich erst sagen, dass das 'Nous' klein geschrieben werden sollte, da es ja hier nicht als Personalpronomen benutzt wird, aber ein kurzer Blick ins Internet zeigt, dass alles Zeilenanfänge großgeschrieben sind. Hmmm
Ehrlich gesagt bin ich da auch nicht schlauer. Ich meine nämlich auch, dass nous kleingeschrieben wird. Auf der Suche nach diesem Lied war das aber immer großgeschrieben. Hat vielleicht ja was mit der Liedanordnung zu tun?

Kurze Recherche im Internet und siehe da: Der Begriff Kitsch kommt erst ab 1860 auf. Demnach hätten wir es hier mit einem Anachronismus zu tun.
:) danke dir! Dann werde ich das besser mal ändern!

Du beschreibst Gaspar als ziemlich besoffenen Kerl. Dafür artikuliert er sich noch recht gut. Mach ihn entweder weniger besoffen oder schlechter in der Artikulation.
Ja, das passt nicht so richtig zusammen. Andererseits wollte ich schon auch darstellen, dass Alkohol bei den beiden eben eine gewisse Rolle spielt und ich kenne einige Typen, die sich nach großen Mengen Alkohol noch bedenklich gut artikulieren können... Aber ich gebe dir recht, dass das komisch und unpassend wirken könnte. Ich werde versuchen, das zu ändern.

17.10.1961 - nehme ich an?
Ja, genau. Habe ich selbst vor einigen Jahren das erste Mal von gehört und bin bis heute schockiert, dass das so wenig bekannt ist. Ich meine ein Staatsverbrechen diesen Ausmaßes in den 60er Jahren in Frankreich und kaum wer weiß darüber Bescheid? Hat mir zumindest ziemlich zu Denken gegeben.

Die Traumsequenz mit dem Verweis auf zukünftige, kreigerische Handlungen empfinde ich hingegen als gelungen. Das Ende ebenso.
Das freut mich! Danke auch, für deine restlichen Anmerkungen!

Viele Grüße
Habentus

 

Hey @Habentus ,

interessanter Text. Schade, dass er nicht mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Wenn dich die Zeit interessiert, würde ich dir sehr dringend "Waterloo" von Bernard Cornwall empfehlen. Darin bricht er die gesamte Weltpolitik, die Schlacht selbst und alles über jeden wichtigen Akteur und jede Einheit verständlich runter. Sehr interessant zu lesen. Sich damit vertraut zu machen und dem Text einen stärkeren französischen Touch zu geben, könnte sich auszahlen.

Erstmal Kleinkram:

„So tot wie man nur sein kann, seit diese verkommene Bande in unserem Land das Zepter übernommen hat. Schau dich doch mal um, siehst du etwa eine Zukunft für dich? Für uns? Nein, nein, mein Freund. Wir sind erledigt. Mausetot.

An manchen Stellen finde ich, drückst du mir Exposition zu sehr aufs Auge. Ich verstehe die Situation auch so; traurige, geschlagene Männer sitzen in einer Kneipe und betrinken sich. Hier schwingt ein Pathos mit, mit dem ich persönlich nicht viel anfangen kann. Vielleicht würde es sich lohnen, die Szene umzuschreiben; weniger Reden über Elend, mehr Elend zeigen.

La victoire en chantant
Nous ouvre la barrière.
La Liberté guide nos pas

Le Chant du Départ ist aufgeteilt auf verschiedene Strophen und den Chorus, der von jeweils unterschiedlichen Menschen gesungen wird. Was du stehen hast, wird laut Wiki von jemandem mit administrativer Funktion gesungen. Deine Männer aber sind Krieger, für die ist der Chorus, wenn ich es richtig verstanden habe. Vielleicht würde es sich lohnen, die Stelle zu ersetzen?
Außerdem glaube ich nicht, dass sie das in ihrer Kneipe laut singen. Jeder, der sich dazu bekennt, wird einen Kopf kürzer gemacht. Wenn, flüstern sie es vielleicht, wenn sie alleine sind.

Er hat eine Karaffe mit noch mehr billigem Wein mitgebracht.

Er bringt nicht direkt mehr Wein, sondern mehr Karaffen, in denen Wein ist. Würde es ändern: Er hat noch eine Karaffe mit Wein mitgebracht.

Weißt du noch, Gaspar, dass es Männer wie du und ich waren, die sich damals zu Hunderten in die Wälder stahlen und sich aus reiner Verzweiflung erschossen? Was für eine Frage, natürlich weißt du es noch.“
„Das ist meine Erinnerung an die gute alte Zeit. Als direkt neben mir ein Geschoss explodierte, mein Bein zerfetzte und mir das hier verpasste.“ Ich fahre mit einem Finger meine vernarbte Schläfe entlang.

Ich glaube, wenn die sich einander kennen und zusammen gedient haben, müssen sie sich das nicht gegenseitig vorbeten. Ich denke, es wäre klüger, wenn du den Gaspar zu einem Fremden machst, dem dein Hugo sich anvertraut; das nimmt zwar die Vertrautheit, aber die könnte ja auch durch das gemeinsame Schicksal wieder neu entstehen. Und so haben die beiden einen Grund, sich gegenseitig von ihren Erlebnissen zu berichten, weil sie sie noch nicht kennen.

August 1817.“ Ich deute auf die Zeitung vor uns.
„Manchmal seh

Wenn Hugo weiteredet, würde ich keinen Umbruch machen. Also: "... 1817.`Ich deute auf die Zeigung vor uns. 'Manchmal sehe ..."

Es sind schreckliche Dinge wie nicht von dieser Welt.

Nichts?

„Ja mein Freund, ich hoffe es. Ich hoffe es für uns alle.“

"Ich hoffe es für uns alle" ist mir to much. Den ersten Satz finde ich super, der reicht mir.

Es sind Weiße. Royalisten, die auf der Suche nach Revolutionären und Bonapartisten durch die Straßen der Stadt ziehen.

"Es sind Weiße" reicht mMn. Der Satz danach ist Infodump, und ich denke, durch die Farbanspielung (wenn ich mich richtig entsinne, war weiß ja generell eine Farbe für den Adel und deshalb auch in der Flagge) und das nachfolgende Verhalten wird hier die Zugehöigkeit klar.

Meine Herren, warum so schweigsam?“ Langsam schreitet er durch den Raum.
„Mir wurde gesag

Auch hier, den Umbruch brauchst du nicht.

„Sind das die Überbleibsel der ach so glorreichen Grande Armée?

Die Grand Armée ist ja sehr, sehr groß. Ich bin kein Historiker; ich kann dir nicht sagen, was aus der Grand Armée geworden ist, nachdem sie Napoleon zum zweiten Mal verbannt haben. Ich würde anstatt der Grand Armée die Kneipe umschreiben zu einem Sammeltreffen für ehemalige Mitglieder der Garde impériale, Napoleons Vorzeigesoldaten. Das würde auch literarisch dir was bringen: Die Garde impériale war ne Armee innerhalb der Armee, die besten der besten und mit dem Ruf, unbesiegbar zu sein, zumindest bis Waterloo, da wurden sie augerieben und damit aufgelöst. Lies das aber nochmal nach, wie gesagt, bin kein Experte. Das könnte nochmal diese Verzweiflung, die die Soldaten in der Kneipe ertränken, verstärken. Aus Stolz und dem Gefühl, die Besten zu sein, sind verküppelte, trübsal blasende Männer geworden.

rinken sie! Trinken sie auf die gute alte Zeit

Sie zweimal groß.

Ich bin in einer Stadt. Ich glaube, es ist Paris. Jedenfalls sprechen die Menschen französisch miteinander.

Französisch sprechen sie ja überall, und ich bin mir sicher, Paris erkennt man. Würde es spezifizieren.

Ich kann die Menschen nicht verstehen und vermute, dass ich mich irgendwo in einem asiatischen Land befinde.

Ich weiß gerade gar nicht, ob Frankreich Kolonien ist Asien hatte. Ich meine, Großbritannien und die Niederlande wären da führend gewesen, aber meine Hand leg ich dafür nicht ins Feuer. Wenn aber doch, könnte man darauf vielleicht anspielen.

Was mir gefällt, ist das Elend, das du im Text rüberbringst; ausrangierte Soldaten, die jetzt nicht wissen, wohin mit sich selbst, und daher saufen. Ich glaube aber, du könntest noch eine Schüppe drauflegen. Weniger Pathos, mehr Details zu z.B. der persönlichen Historie durch authentische Gespräche zwischen Hugo und einem Fremden, der vielleicht auch in der Garde impérial gedient hat. Das waren ja ein paar tausend Menschen, die haben sich unmöglich alle persönlich gekannt.

Das Ende, hmm. Was soll ich davon mitnehmen? Hugo beschließt, seinen mysteriösen Träumen auf den Grund zu gehen und stirbt. Das ist ein Ende wie jedes andere. Für mich führt das aber nicht wirklich die Geschichte selbst zuende. Grob runtergebrochen geht es doch darum:

1) Die Verlierer sitzen in einer Kneipe und trinken
2) Die Gewinner kommen vorbei und hänseln
3) Verlierer fordert Gewinner zum Duell heraus und wird erschossen

Was spielen da seine Visionen rein? Er könnte auch genauso gut ohne erschossen werden. Da liegt für mich noch Potential, auf das du aufbauen kannst. Sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hallo @Meuvind vielen Dank für deinen ausführlichen und hilfreichen Kommentar! Da sind wirklich einige Dinge drin, die mir bei dem Text sicherlich weiterhelfen werden.

Der Reihe nach:

Wenn dich die Zeit interessiert, würde ich dir sehr dringend "Waterloo" von Bernard Cornwall empfehlen. Darin bricht er die gesamte Weltpolitik, die Schlacht selbst und alles über jeden wichtigen Akteur und jede Einheit verständlich runter. Sehr interessant zu lesen. Sich damit vertraut zu machen und dem Text einen stärkeren französischen Touch zu geben, könnte sich auszahlen.
Vielen Dank für den Tipp. Werde ich mir definitiv mal anschauen. Ob es reicht, diese Erkenntnisse noch rechtzeitig in den Text einzubauen, weiß ich zwar nicht, aber vielleicht ja für zukünftige Projekte. In dieser Zeit steckt ja Stoff für einige Geschichten!

An manchen Stellen finde ich, drückst du mir Exposition zu sehr aufs Auge. Ich verstehe die Situation auch so; traurige, geschlagene Männer sitzen in einer Kneipe und betrinken sich. Hier schwingt ein Pathos mit, mit dem ich persönlich nicht viel anfangen kann. Vielleicht würde es sich lohnen, die Szene umzuschreiben; weniger Reden über Elend, mehr Elend zeigen.
Da hast du mit Sicherheit einen Punkt und insgesamt würde ich dir auch recht geben. Nur bei dieser Szene dachte ich, dass es Sinn macht, den Lesern einen Wink zu geben, worum es geht. Auch weil das Setting ja jetzt kein so alltägliches ist. Aber im späteren Verlauf sollte ich mir vermutlich nochmal ansehen, wo ich eventuell dieses Erklärende etwas zurücknehmen kann.
Le Chant du Départ ist aufgeteilt auf verschiedene Strophen und den Chorus, der von jeweils unterschiedlichen Menschen gesungen wird. Was du stehen hast, wird laut Wiki von jemandem mit administrativer Funktion gesungen. Deine Männer aber sind Krieger, für die ist der Chorus, wenn ich es richtig verstanden habe. Vielleicht würde es sich lohnen, die Stelle zu ersetzen?
Außerdem glaube ich nicht, dass sie das in ihrer Kneipe laut singen. Jeder, der sich dazu bekennt, wird einen Kopf kürzer gemacht. Wenn, flüstern sie es vielleicht, wenn sie alleine sind.
Das ist ein wirklich guter Hinweis! Und es macht auch absolut Sinn, dass Hugo, Gaspar und die anderen eher den Teil über die einfachen Soldaten singen! Danke dafür :)
Mit dem Lied bin ich mir aber unsicher. Ich glaube nicht, dass dieses Lied wirklich verboten war und Übergriffe und Kämpfe zwischen Royalisten und Anhängern der Revolution (bzw. auch Anhängern von Napoleon) waren ja eh mehr oder weniger an der Tagesordnung. Ich glaube zudem, dass der König gar nicht soo durchsetzungsfähig war und seine Feinde wirklich konkret verfolgen lassen konnte. Ich glaube, er hat den marodierenden Weißen eher freie Hand gelassen. Anders wärs vermutlich gewesen, hätten die alten Soldaten ein Schmählied auf den König gesungen. Dafür hätte man sie sicherlich verurteilen können. Aber ein altes Soldatenlied (trotz der Geschichte des Liedes) reicht dafür vermutlich nicht aus. Aber ich gebe dir recht, vielleicht wäre es für die Stimmung und zur Zeichnung der Umstände besser, sie würden sowas nur hinter vorgehaltener Hand flüstern. Ich werds mir überlegen :)

Ich glaube, wenn die sich einander kennen und zusammen gedient haben, müssen sie sich das nicht gegenseitig vorbeten. Ich denke, es wäre klüger, wenn du den Gaspar zu einem Fremden machst, dem dein Hugo sich anvertraut; das nimmt zwar die Vertrautheit, aber die könnte ja auch durch das gemeinsame Schicksal wieder neu entstehen. Und so haben die beiden einen Grund, sich gegenseitig von ihren Erlebnissen zu berichten, weil sie sie noch nicht kennen.
Darauf hatte glaube ich auch schon ein anderer Kommentar hingewiesen. Ohnehin ist mir der Dialog schwergefallen und ist meiner Meinung nach noch etwas "bemüht". Ein Fremder würde aber nicht so gut passen, weil das ja eine alte Veteranenkneipe ist und die sich da ja alle mehr oder weniger gut kennen (und Fremden vermutlich auch einigermaßen misstrauisch gegenüber wären). Ich werde aber vermutlich den Dialog einfach ein wenig umarbeiten müssen.

"Es sind Weiße" reicht mMn. Der Satz danach ist Infodump, und ich denke, durch die Farbanspielung (wenn ich mich richtig entsinne, war weiß ja generell eine Farbe für den Adel und deshalb auch in der Flagge) und das nachfolgende Verhalten wird hier die Zugehöigkeit klar.
Das werde ich ändern. Ich hatte die Information zunächst drin gelassen, weil ich eben ein Setting gewählt habe, das ein wenig sperrig ist und auf den ersten Blick nicht unbedingt klar ist, wer mit Weißen gemeint ist. Vermutlich wird das aber im Gesamtzusammenhang deutlich.

Lies das aber nochmal nach, wie gesagt, bin kein Experte. Das könnte nochmal diese Verzweiflung, die die Soldaten in der Kneipe ertränken, verstärken. Aus Stolz und dem Gefühl, die Besten zu sein, sind verküppelte, trübsal blasende Männer geworden
Wertvoller Hinweis danke dir!

Das Ende, hmm. Was soll ich davon mitnehmen? Hugo beschließt, seinen mysteriösen Träumen auf den Grund zu gehen und stirbt. Das ist ein Ende wie jedes andere. Für mich führt das aber nicht wirklich die Geschichte selbst zuende. Grob runtergebrochen geht es doch darum:

1) Die Verlierer sitzen in einer Kneipe und trinken
2) Die Gewinner kommen vorbei und hänseln
3) Verlierer fordert Gewinner zum Duell heraus und wird erschossen

Tja, das Ende. Also er stirbt ja nicht einfach so, weil den Weißen gerade danach ist. Er entscheidet sich ja aktiv dafür. Und zwar weil er sich nicht sicher ist, ob die Dinge, die er sieht, Realität (eine schreckliche Zukunft mit Atombomben und Kriegsverbrechen tec.) oder nur Wahn sind. Der Streit bzw. die Beleidigung ist für ihn ja gar nicht so wichtig. Das sagt er ja auch vorher, dass er gar keine Leidenschaft mehr verspürt. So gesehen ist ihm die Beleidigung sogar recht, weil er dadurch einen Grund hat, ein Duell einfordern zu können). Es geht ihm nur darum, endliche Gewissheit über seine Vorahnungen zu haben.
Da er ja seinen Tod auch gesehen hat (Duell vor der Kneipe) will er Gewissheit haben. Er schreitet nach draußen und fordert den Anführer der Weißen zum Duell. Das hätte er ja nicht tun müssen (oder eben doch, weil sich die Zukunft nicht ändern lässt?) Zudem sagt er ja selbst, dass er einst der beste Schütze seiner Einheit war (er also gewisse Chancen auf den Sieg hat). Und dennoch verliert er. Am Ende, kurz vor seinem Tod, wird ihm dann endgültig klar, dass alles, was er gesehen hat, geschehen wird! Er war also nicht wahnsinnig. Für ihn das Schreckliste aller möglichen Enden.

Viele Grüße
Habentus

 

Hey @Habentus ,

Am Ende, kurz vor seinem Tod, wird ihm dann endgültig klar, dass alles, was er gesehen hat, geschehen wird! Er war also nicht wahnsinnig. Für ihn das Schreckliste aller möglichen Enden.

Das habe ich total überlesen. Finde ich eine mega interessanten Punkt. Dass er Atombomben und Zerstörung und Tod sieht und auf einmal "allwissend" ist, ist ein Punkt, den ich im Text überhaupt nicht begriffen habe. Meine Vorschläge:

1) Diese Fähigkeit des Vorraussehens mehr in das Alltägliche einbauen. Beispiel: Er sagt seinem Kumpel, dass Rotwein aus ist und sie nur noch den trockenen aus Bordeaux haben. Bumm, er hat Recht. Er errät beim Kartenspielen die Karten, die jeder Spieler auf der Hand hat. Sowas. Das verortet für mich klarer seine Fähigkeit.

2) Ich würde mich für einen anderen Tod entscheiden, keinen, für den er sich aktiv entschließt. Jetzt würde ich sagen: Gut, er hat den Adeligen als Krüppel zum Duell herausgefordert. Dass er stirbt hat für mich nix mit Schicksal, mehr mit einer schlichten Wahrscheinlichkeit gegen ihn zu tun. Ist eine dumme Sache. Wenn du ihm aber die Entscheidung über den Tod aus den Händen nimmst und ihm einen Tod gibst, der defintiv als "Schicksal" betrachtet werden kann, würde das in meinen Augen seine hellseherischen Fähigkeiten deutlich besser unterstreichen.

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hallo @Habentus,

mir hat deine Geschichte gefallen, ich war wirklich angetan. Allerdings sehe ich es anders als Rob, ich finde, dass die Dialoge zu langatmig und zu erklärend sind. Ich denke, dass du da noch Potential hast. Ich hätte mir gewünscht, dass du von mir als Leser mehr erwartest und mehr den "Code" zwischen den Männern betonst und es weniger auf mich als Leser zugeschnitten hättest. Ich gehe auf meinen Leseeindruck in den Kommentaren ein. Insgesamt eine Geschichte, die ich interessant finde und gerne gelesen habe:

Ich spüre, dass es bald soweit ist. Das Ende. Mein Ende.
Ein starker Einstieg, wie ich finde. Generell ist auch genau diese Idee, das, was mich durch den Text getragen hat. Wird er sterben? Was genau ist mit ihm?

Nun, eine leise Hoffnung bleibt ja immer.
Ich finde, dass das sprachlich nicht zum Text passt. Vor allem das "bleibt ja immer" klingt für mich zu locker. Mein Vorschlag, der nur verdeutlichen soll, in welche Richtung ich das meine: "Alles was bleibt, ist eine leise Hoffnung."

„Ich habe den heutigen Tag in meinen Träumen gesehen. Den 11. August, 1817. Es ist der Tag, an dem ich sterbe.“
Ich finde das wie bereits erwähnt einen interessanten Ausgangspunkt. Für mich hat das gut funktioniert.

Es ist, wie könnte es anders sein, le Chant du départ.
Unter anderem durch solche Sätze komme ich immer weiter in diese Welt hinein, die du gebaut hast. Es kann gar nicht anders sein, so funktioniert es in dieser Welt eben. Ja, das gefällt mir.

Die Sauferei, das Geschwätz und auch der Gesang. Es ist im Wesentlichen dasselbe wie jeden Tag. Über alldem steht unser verlorener Sieg. Unsere verlorene Zeit.
Sehr schön! Ich mochte das.

Es ist nur noch eine blutleere Verpflichtung, während ihr Hass von Glas zu Glas immer lodernder wird. Beinahe bewundernswert und ja, vielleicht beneide ich sie sogar darum.
Du zeigst hier schön den Charakter deines Protas, er ist anders, gehört nicht zur breiten Masse. So habe ich das verstanden.

Gaspars Zunge ist schwer und das Gesicht vom Alkohol gerötet. Seine Augen aber sind so wach wie eh und je.
Die kurzen Beschreibungen sind dir meiner Meinung nach gut gelungen, durch wenig Worte entsteht ein Bild. Ich finde, du kannst schreiben.

„Aber wir reden nie darüber, wie es wirklich war. Wie vollständig unsere Niederlage verlief. Über den Tag, als wir bepackt mit allerlei Beute aus den rauchenden Trümmern Moskaus schlichen. Als die ersten kalten Winde uns erahnen ließen, was da noch kommen sollte. Weißt du noch, Gaspar, dass es Männer wie du und ich waren, die sich damals zu Hunderten in die Wälder stahlen und sich aus reiner Verzweiflung erschossen?
Hier tue ich mich schwer. Das ist so viel erklärt, passt für mich nicht in deine Welt. Gewünscht hätte ich mir stark verdichtete Dialoge, aus denen der Inhalt, den du ja vermitteln möchtest, raus klingt. Ich mache mal einen Vorschlag, um dir zu zeigen, in welche Richtung ich das meine:

"Moskau. Die kalten Winde. Erinnerst du dich an die Wälder?
Gaspar schaute betreten vor sich auf den Tisch.
"Erschossen haben sie sich. Sie waren wie du und ich."

Ist jetzt nicht besonders ausgeklügelt, aber ich hoffe, du weißt in welche Richtung ich mir das gewünscht hätte.

„Wie wir damals voller Angst unsere Musketen aufs Geratewohl ins Nirgendwo abfeuerten? Dorthin, wo wir den Feind vermuteten? Du erinnerst dich, ja? Ha, ich glaube nicht, dass damals auch nur eine einzige dieser Kugeln ihr angedachtes Ziel fand.“
Worauf willst du hinaus, Hugo? Verdammt, warum sollten wir über diese alten Geschichten reden?“, knurrt er.
„Du hast recht. Warum sollten wir darüber reden? Wenn wir es doch jede Nacht erleben? Jedes Mal, wenn wir die Augen schließen. Ist es nicht so? Siehst du es nicht immer wieder vor dir? Das brennende Moskau? Die Erfrorenen? Die Angst, spürst du sie nicht in jeder einzelnen Nacht seit damals? Darum saufen wir doch auch den ganzen Tag oder täusche ich mich etwa?“
Gleiches gilt auch hier für diese Dialogstellen. Mir ist das zu langatmig, wie oben schon erwähnt. Es ist für mich wie Tell, was du in einem Dialog untergebracht hast. Ich fand das etwas langweilig.

„Angenommen, ich würde dir sagen, dass ich seither mehr als nur unser kleines Abenteuer in Russland vor Augen habe. Angenommen, ich würde dir sagen, dass damals irgendetwas mit mir geschehen ist. Dass ich seit meiner Kopfverletzung Vieles im Schlaf sehe, was ich nicht verstehe. Und angenommen, ich würde dir sagen, dass es keine Träume sind. Keine sein können! Denn ich fühle, rieche und schmecke das, was ich sehe.“
Die Stelle hat mir wiederum gefallen. Da stecken Emotionen drin, da zeigst du, was deinen Prota beschäftigt. Ja, das hat für mich dann wieder funktioniert.

„Ich weiß es nicht. Manchmal werde ich Zeuge meines eigenen Todes. Klar und deutlich, immer am 11. August 1817.“
Schön, wie du die Grundidee noch einmal aufgreifst. Das frischt es bei mir als Leser auf und macht deinen Text interessant.

Einige tragen Pistolen. Stille schlägt ihnen entgegen. Es sind Weiße. Royalisten, die auf der Suche nach Revolutionären und Bonapartisten durch die Straßen der Stadt ziehen.
Hier, du kannst es! Knapp und prägnant. Die Weißen, ich stelle mir das vor. Dann die Erklärung danach. In der Art hätte ich mir auch deine Dialoge gewünscht.

Vermutlich kein echter Saphir. Eher ein Lapislazuli. Doch was weiß ich schon? Französischer Adel zweifellos.
Kreativ und organisch eingebaut, tipptop. :-)

„Mir wurde gesagt, dieser Ort hier sei eine berüchtigte bonapartistische Schenke? Ich muss sagen, ich bin enttäuscht! Frei hinaus, ich hätte mit deutlich mehr Schneid gerechnet. Schließlich platze ich hier einfach rein, trinke auf einen König, den hier niemand will, und tue dabei auch noch so, als ob ich nicht wüsste, wo ich bin! Und was passiert mir? Nichts! Meine Herren, was ist mit ihnen? Jeden revolutionären Eifer von einst verloren?“
„Es war mir ein Vergnügen, meine Herren. Eine wahre Freude sogar! Zu sehen, in welch erbärmlichen Zustand sich die letzten Anhänger des großen Napoleons befinden. Wir müssen uns wahrlich keine Sorgen mehr machen, noch einmal von Ihresgleichen belästigt zu werden. Ihre Zeit ist abgelaufen. Nutzen sie die wenigen Augenblicke, die ihnen noch bleiben. Trinken sie! Trinken sie auf die gute alte Zeit. Kann ja jeden Tag vorbei sein, nicht wahr? Ich empfehle mich.“
Hier wieder die langen Dialoge, da habe ich fast aufgehört zu lesen. Wie wäre es, wenn du auch hier diese "Code"- Sprache verwendest. Mir einigen, wenigen Worten deinen Protagonisten triggerst und ich als Leser kann es mir dann nach und nach erschließen, weshalb es ihn so erwischt hat.

in riesiger Pilz aus Feuer und Staub. Dann verändert sich das Licht. Eine Welle rollt heran und reißt alles mit sich. Menschen, Häuser, Bäume.
Mechanische Vögel? Mit unbeweglichen Flügeln? Die Leute beginnen zu rennen. Es wird geschrien und von irgendwoher höre ich ein lautes Heulen, das mir die Haare zu Berge stehen lässt. Dann bricht die Hölle los. Wieder Feuer. Feuer und Staub.
Ich habe hier direkt an die Zukunft gedacht und an hellseherische Fähigkeiten. Wirklich gut gemacht!

Ich trete schwankend aus der Tür und blinzele gegen die Sonne. Die Royalisten blicken mich verdutzt an.
Wenn ich es richtig verstehe sitzt er im Rollstuhl, aber er kann sehr wohl aufstehen und hat dafür Krücken:

Der Anführer der Weißen blickt zunächst auf meine Krücken, dann auf meinen Beinstumpf und betrachtet schließlich voller Geringschätzung mein Gesicht.
Gut geschrieben, hat die Wirkung auf mich, dass ich mir seine Arroganz bildlich vorstellen kann.

Dann ist es also wahr. Alles ist wahr. Was ich gesehen habe, ist nicht geschehen. Es wird geschehen. Unbeschreibliches Grauen erfüllt mich.
Guter Schluss, du implizierst hier, dass er die Zukunft sehen kann. Dass sein Grauen, nicht nur ihn persönlich trifft, sondern viele, viele Menschen in der Zukunft.


Insgesamt eine gute Geschichte, bis auf einige Dialoge. Ich denke, dass du gerade bei den Dialogen noch Verbesserungspotential hast. Was das Schreiben angeht, war ich von deinem Text positiv überrascht. Mir hat das gefallen.


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @Meuvind

Das habe ich total überlesen. Finde ich eine mega interessanten Punkt. Dass er Atombomben und Zerstörung und Tod sieht und auf einmal "allwissend" ist, ist ein Punkt, den ich im Text überhaupt nicht begriffen habe. Meine Vorschläge:
Ja, das war ein wenig die Grundidee. Er, als Kriegsversehrter, der aufgrund einer Kopfverletzung plötzlich in der Lage ist, die Zukunft zu sehen. Zu sehen, dass die Grausamkeiten nicht da enden, wo er gekämpft hat, sondern qualitativ noch eine ganze Schüppe drauf legen. Und darüber am Verzweifeln ist, ob das, was er sieht, echt oder eben Wahn ist. Daher dann der Versuch, diese Frage zu beantworten, indem er sein eigenes Ende überprüft (durch das Duell, das es ja nicht gebraucht hätte. Er hätte ja einfach sitzen bleiben können. Der Grund ist jedenfalls nicht die Kränkung, sondern ganz klar der Wunsch nach Gewissheit) Siehe da: Er hatte recht, sein eigenes Ende ist so eingetreten wie in seiner Vorahnung. Ergo stimmen wohl auch die anderen Dinge. Sein letzter Gedanke ist daher auch ein ganz furchtbarer Schrecken über diese Erkenntnis.

1) Diese Fähigkeit des Vorraussehens mehr in das Alltägliche einbauen. Beispiel: Er sagt seinem Kumpel, dass Rotwein aus ist und sie nur noch den trockenen aus Bordeaux haben. Bumm, er hat Recht. Er errät beim Kartenspielen die Karten, die jeder Spieler auf der Hand hat. Sowas. Das verortet für mich klarer seine Fähigkeit.
Das wollte ich eigentlich vermeiden. Das ganze Grundthema ist ja eigentlich der Krieg. Bzw. was Krieg und Gewalt macht bzw was das für eine Bedeutung für die Menschheit hat. Seine Vorahnungen gehen deshalb ja auch nicht um alltägliche Dinge, sondern einzig um die Verwerfungen und Schrecken von Gewalt und Krieg. Daher wäre es unpassend, wenn er jetzt einfach beim Kartenspielen gewinnen würde. Zudem ist er sich selbst ja total unsicher. Er weiß bis zum letzten Satz nicht, ob er schlicht verrückt geworden ist, oder ob hinter dem, was er sieht, etwas Tieferes steckt.

Gut, er hat den Adeligen als Krüppel zum Duell herausgefordert. Dass er stirbt hat für mich nix mit Schicksal, mehr mit einer schlichten Wahrscheinlichkeit gegen ihn zu tun.
Da hast du recht! Wollte das ein wenig damit umgehen, dass er ja mal ein sehr guter Schütz war. Aber ja, ich sehe, was du meinst. Da muss ich mir nochmal Gedanken drüber machen.

Danke dir für deinen Kommentar!


Hallo @MRG vielen Dank für deinen Kommentar! Hat mich gefreut :)

mir hat deine Geschichte gefallen, ich war wirklich angetan.
Danke, das macht Mut!
Allerdings sehe ich es anders als Rob, ich finde, dass die Dialoge zu langatmig und zu erklärend sind.
Ja, kann ich verstehen. Habe ich nämlich auch meine Probleme mit. Bin am Überarbeiten. Aber, es fällt mir nicht leicht...

weniger auf mich als Leser zugeschnitten hättest.
Auch das kann ich nachvollziehen. Aber ich dachte mir, das Setting, Zeit und Thema ja sowieso schon sehr sperrig sind. Da wollte ich das ein wenig lesefreundicher machen.

Ich finde, dass das sprachlich nicht zum Text passt. Vor allem das "bleibt ja immer" klingt für mich zu locker. Mein Vorschlag, der nur verdeutlichen soll, in welche Richtung ich das meine: "Alles was bleibt, ist eine leise Hoffnung."
Ein paar ehrliche Worte von mir: Dies ganze Geschichte war ein Versuch, was Neues zu probieren. Ernsthaftigkeit, Perspektive, Grundstimmung etc. alles Neuland für mich. Und ich habe schon sehr bald bemerkt, dass mir das schwer fällt und tatsächlich auch weniger Spaß macht als meine anderen Texte. Habe mir dann aber gedacht, jetzt ziehs durch. Denke, es war die richtige Entscheidung, aber vielleicht war diese Stelle der Versuch, ein bisschen Lockerheit einzubauen...

Ich finde, du kannst schreiben.
Danke!

Hier tue ich mich schwer. Das ist so viel erklärt, passt für mich nicht in deine Welt. Gewünscht hätte ich mir stark verdichtete Dialoge, aus denen der Inhalt, den du ja vermitteln möchtest, raus klingt. Ich mache mal einen Vorschlag, um dir zu zeigen, in welche Richtung ich das meine:

"Moskau. Die kalten Winde. Erinnerst du dich an die Wälder?
Gaspar schaute betreten vor sich auf den Tisch.
"Erschossen haben sie sich. Sie waren wie du und ich."

Ja, mit deinem Beispiel kann ich definitiv was anfangen. Wie gesagt stimme ich dir zu, dass dieser Dialog der schwächste Teil der Geschichte ist. Setz ich mich definitiv nochmal dran.

Kreativ und organisch eingebaut, tipptop. :-)
:)

Hier wieder die langen Dialoge, da habe ich fast aufgehört zu lesen. Wie wäre es, wenn du auch hier diese "Code"- Sprache verwendest. Mir einigen, wenigen Worten deinen Protagonisten triggerst und ich als Leser kann es mir dann nach und nach erschließen, weshalb es ihn so erwischt hat.
Beim ersten Dialog zwischen Hugo und Gaspar kann ich verstehen, was du meinst. Diesen Monolog fand ich aber eigentlich ganz gelungen. Weil er (anders als das Gespräch zwischen Hugo und Gaspar) nicht gestelzt wirkt. Aber ich werds mir nochmal anschauen.

Guter Schluss, du implizierst hier, dass er die Zukunft sehen kann. Dass sein Grauen, nicht nur ihn persönlich trifft, sondern viele, viele Menschen in der Zukunft.
Danke @MRG für deine ANmerkungen. Helfen mir einerseits und geben mir andererseits auch Mut!

Viele Grüße
Habentus

 

Hallo @Habentus

ich habe Deine Geschichte gerne gelesen. Hat mich ein wenig an Desirée erinnert, das war eines meiner Lieblingsbücher in jüngeren Jahren. Der Text ist flüssig geschrieben, ich hab durchgehend Kopfkino. Der Einstieg erweckt sofort meine Neugierde, Du erzeugst Spannung. Das Ende ist tragisch, da hatte ich Gänsehaut. Die Challenge-Wörter hast Du sehr geschickt eingebaut.

Hier ein paar Anmerkungen:

Ich spüre, dass es bald soweit ist. Das Ende. Mein Ende. Und doch kann ich mir nicht sicher sein. Vielleicht habe ich einfach den Verstand verloren? Kann nicht mehr unterscheiden zwischen Wahn und Wirklichkeit? Nun, eine leise Hoffnung bleibt ja immer.

Dieser mysthische Einstieg hat mich gleich gepackt und die Neugierde geweckt.

Die Sauferei, das Geschwätz und auch der Gesang. Es ist im Wesentlichen dasselbe wie jeden Tag. Über alldem steht unser verlorener Sieg. Unsere verlorene Zeit. In aller Regelmäßigkeit werden Becher und Gläser aneinandergeschlagen und aus versoffenen Kehlen erklingen die immer gleichen Parolen.

Kann mir das alles sehr lebhaft vorstellen.

Aber wir reden nie darüber, wie es wirklich war. Wie vollständig unsere Niederlage verlief. Über den Tag, als wir bepackt mit allerlei Beute aus den rauchenden Trümmern Moskaus schlichen. Als die ersten kalten Winde uns erahnen ließen, was da noch kommen sollte. Weißt du noch, Gaspar, dass es Männer wie du und ich waren, die sich damals zu Hunderten in die Wälder stahlen und sich aus reiner Verzweiflung erschossen? Was für eine Frage, natürlich weißt du es noch.“
Gaspars Züge verhärten sich und er starrt mich an. Er hatte zweifellos mit dem üblichen seichten Säufergeschwätz gerechnet. Sein Kiefer mahlt. Ich beginne damit, mir eine Pfeife zu stopfen. Meine Hände zittern.

Während dem Lesen hab ich immer überlegt, ob Du im Dialog das Grauen so rüberbringen kannst, wie es war. Schwierig. Rückblenden würden sicherlich ein klareres Bild heraufbeschwören, aber der Dialog der beiden ist wichtig.

„Das ist meine Erinnerung an die gute alte Zeit. Als direkt neben mir ein Geschoss explodierte, mein Bein zerfetzte und mir das hier verpasste.“ Ich fahre mit einem Finger meine vernarbte Schläfe entlang.

Auch hier hab ich überlegt, dass im Dialog das Entsetzen nicht wirklich rüberkommt. Klar, es ist tragisch, was ihm wiederfahren ist, aber die Emotionen kommen nicht so richtig rüber.

Dass ich seit meiner Kopfverletzung Vieles im Schlaf sehe, was ich nicht verstehe. Und angenommen, ich würde dir sagen, dass es keine Träume sind. Keine sein können! Denn ich fühle, rieche und schmecke das, was ich sehe.“

Das finde ich richtig gruselig.

Der Mann grinst uns an, hält mühelos unserem vielfachen Blick stand.

unseren Blicken

ch bin in einer Stadt. Ich glaube, es ist Paris. Jedenfalls sprechen die Menschen französisch miteinander.

Mh. Das hat mich irritiert. Er ist doch Franzose. Entweder müsste er einen Pariser Dialekt erkennen oder sonst irgendeine Sehenswürdigkeit.

Männer in Uniform schlagen auf Menschen ein, es wird vereinzelt geschossen. Andere fallen ins Wasser. Ist es die Seine? Ich weiß es nicht. Die Uniformierten stoßen die Männer immer wieder zurück. Einige treiben bereits leblos im Fluss. Auf der Straße liegen zahllose Körper.

Starke Bilder .

Dieselben seltsamen Kutschen.

Wie in Frankreich? Das hab ich nicht verstanden.

Was ich gesehen habe, ist nicht geschehen. Es wird geschehen. Unbeschreibliches Grauen erfüllt mich.

Da hatte ich Gänsehaut.

Ganz liebe Grüße und einen schönen Tag,
Silvita

 

Hallo @Silvita freut mich, dass dir meine Geschichte gefallen hat! Umso mehr, weil ich selbst ein wenig mit dem Text hadere...

Die Challenge-Wörter hast Du sehr geschickt eingebaut.
Danke :)

Während dem Lesen hab ich immer überlegt, ob Du im Dialog das Grauen so rüberbringen kannst, wie es war. Schwierig. Rückblenden würden sicherlich ein klareres Bild heraufbeschwören, aber der Dialog der beiden ist wichtig.
Ja, das geht mir ähnlich wie dir. Ich werde versuchen, die nächsten Tage den Text zu überarbeiten. Insbesondere der Dialog braucht definitiv noch Feinschliff bzw. überlege ich mir, die Stelle komplett umzubauen. Mal sehen. Danke aber für deinen Eindruck!

Mh. Das hat mich irritiert. Er ist doch Franzose. Entweder müsste er einen Pariser Dialekt erkennen oder sonst irgendeine Sehenswürdigkeit.
Nun prinzipiell wahrscheinlich schon. Allerdings sind das ja nur sehr kurze Augenblicke, die er in seinen Vorahnungen steckt. Außerdem ist da grad viele los. Menschen sterben, Chaos auf der Straße, Schreie, Angst usw. Da fand ich es unpassend, ihn nach einer Sehenswürdigkeit Ausschau halten zu lassen. Verstehe aber, was du meinst. Vielleicht fällt mir noch eine Lösung ein.

Wie in Frankreich? Das hab ich nicht verstanden.
Genau. Er kennt ja keine Autos. Sieht diese seltsamen Kutschen aber sowohl in seiner Vorahnung vom 17. Oktober 1961 als auch in Japan am 6. August 1945.

Da hatte ich Gänsehaut.
Das freut mich, denn das wollte ich beabsichtigen. Tatsächlich bin ich mit dem Ende auch selbst am zufriedensten, während der Mittelteil für mich noch deutlich ausbaufähig ist.

Vielen Dank dir und liebe Grüße
Habentus

 

Hallo @HerrLehrer und @MRG ich habe versucht eure Kritik bezüglich des Dialogs umzusetzen und habe diese Stelle überarbeitet, gekürzt und umgeschrieben. Ich habe insgesamt auch den Eindruck, dass es jetzt besser funktioniert. Danke für eure Hinweise!

Viele Grüße
Habentus

 

Hallo @Habentus,

ich finde, dass sich die überarbeiteten Dialoge besser lesen als in der vorherigen Version. :)
Ich hab dieses Beispiel mal rausgenommen:

„Das brennende Moskau, die Erfrorenen, diese elendige Angst, warum haben wir darüber eigentlich keine Lieder? Warum besingen wir nicht diejenigen von uns, die sich zu Hunderten in den dunklen Wäldern erschossen haben? Soll ich es dir sagen? Weil wir es vergessen wollen, weil wir...“
Kommt mir jetzt glaubwürdiger vor. Er benutzt die Worte so, als wäre es klar, worum es sich handelt. Das gefällt mir und auch die Fragen funktionieren. Sie klingen leicht aggressiv und voller Wut, ja das funktioniert jetzt für mich. Ich mag auch, dass er unterbrochen wird.

SeineMänner lachen mechanisch, doch wir schweigen. Ihr Anführer seufzt gespielt resigniert und schickt sich an zu gehen.
Kleinigkeit: "Seine Männer".

Ich mag, dass du dich anstrengst, um deine Texte zu verbessern. Da macht es besonders Spaß, Kommentare zu schreiben. :)


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @Habentus,

freut mich, dass dir meine Geschichte gefallen hat! Umso mehr, weil ich selbst ein wenig mit dem Text hadere...

Das ist schön.

Ja, das geht mir ähnlich wie dir. Ich werde versuchen, die nächsten Tage den Text zu überarbeiten. Insbesondere der Dialog braucht definitiv noch Feinschliff bzw. überlege ich mir, die Stelle komplett umzubauen. Mal sehen. Danke aber für deinen Eindruck!

Gern geschehen.
Ich habe Deine Überarbeitung gelesen und mir gefallen die Dialoge jetzt besser. Sie sind deutlich emotionaler. Das ist Dir gut gelungen.

Nun prinzipiell wahrscheinlich schon. Allerdings sind das ja nur sehr kurze Augenblicke, die er in seinen Vorahnungen steckt. Außerdem ist da grad viele los. Menschen sterben, Chaos auf der Straße, Schreie, Angst usw. Da fand ich es unpassend, ihn nach einer Sehenswürdigkeit Ausschau halten zu lassen. Verstehe aber, was du meinst. Vielleicht fällt mir noch eine Lösung ein.

Ja, da hast Du natürlich Recht.

Genau. Er kennt ja keine Autos. Sieht diese seltsamen Kutschen aber sowohl in seiner Vorahnung vom 17. Oktober 1961 als auch in Japan am 6. August 1945.

Ok. Danke! Da stand ich auf dem Schlauch :)

Das freut mich, denn das wollte ich beabsichtigen. Tatsächlich bin ich mit dem Ende auch selbst am zufriedensten, während der Mittelteil für mich noch deutlich ausbaufähig ist.

Das ist schön.
Und der Mittelteil ist jetzt auch besser. Hast Du gut gemacht. Ich mag Deine Geschichte!

Ganz liebe Grüße und ein sonniges Wochenende,
Silvita

 

Hej @Habentus ,

dieser Ausschnitt aus einem Teil der französischen Geschichte, eine Sequenz vom Leid der Überlebenden, sie dafür in eine Taverne zu setzen und dabei den Protagonisten seinen eigenen Tod zu sehen/träumen/forcieren und zu erleben, hat mich bewegt und ja, unterhalten, weil du einfallsreich schreibst.

Gedankenverloren fahre ich mit dem Finger meine vernarbte Schläfe entlang, befühle den Rollstuhl und das, was von meinem linken Bein übrig geblieben ist.
Ha! Da ist er also! Diese Geschichte wäre ohne ausgekommen, zumal ich so rasch eben einen herkömmlichen Stuhl aus Metall und Kunststoff vor Augen habe, weil es mir an Vorstellungsvermögen dafür fehlt, ihn in diese Zeit zu projizieren, was ja aber nicht dein Problem ist. :shy:
„Du bist doch verrückt, Hugo“, murmelt er.
„Ja mein Freund, ich hoffe es."
Das Ende einer anregenden Szene. Unterhaltend klingt immer so positiv. Muss beizeiten mal darüber nachdenken, dieses Empfinden in ein passendes Wort zu kleiden - muss jetzt nur im Galopp weiter.
Es sind Weiße.
Im Sinne von Schwarz? Oder waren die Uniformen weiß und die der anderen schwarz? Ich gehe einfach davon aus, habe keine Zeit zu gugeln. Belasse es bei der Kleidung für mein Vorstellungsvermögen. Hängt ja auch ein Lapislazuli daran, was dann ja auch etwas über den Protagonisten sagt, der offenbar gebildet ist, wenn er weiß, dass es Saphir ebenfalls eine ähnliche Färbung hat. ;)
Ich aber humpele den Bewaffneten hinterher. Ich brauche Gewissheit.
Ich bleibe dabei: es hätte keinen Rollstuhl gebraucht. :D

Hab vielen Dank für diese Szene. Mir bleibt nur, dir diesen Leseeindruck zu hinterlassen.

Freundlicher Gruß. Kanji

 

Hallo @Kanji und vielen Dank für deinen netten Kommentar! Hat mich sehr gefreut!

hat mich bewegt und ja, unterhalten, weil du einfallsreich schreibst.
Dieses Lob nehme ich gerne an :)

Ha! Da ist er also! Diese Geschichte wäre ohne ausgekommen, zumal ich so rasch eben einen herkömmlichen Stuhl aus Metall und Kunststoff vor Augen habe, weil es mir an Vorstellungsvermögen dafür fehlt, ihn in diese Zeit zu projizieren, was ja aber nicht dein Problem ist.
Haha, ich verstehe, was du meinst! Aber zu meiner Verteidigung habe ich mich extra informiert, ab wann die ersten Rollstühle aufkamen. Und meine kurze Recherche hat ergeben, dass bereits im Jahr 1655 ein Nürnberger Uhrmacher einen Rollstuhl mit drei Rädern erfunden hatte ;)

Im Sinne von Schwarz?
Also die Farbe Weiß bezieht sich hier weder auf die Farbe der Haut noch auf die Farbe der Uniformen, sondern richtet sich sozusagen nach der politischen Orientierung. Nach der Französischen Revolution gab es immer wieder auch reaktionäre Gegenbewegungen (insbesondere im Süden des Landes), getragen vor allem vom französischen Adel bzw. klerikalen Kräften. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, glaube aber, dass die Farbe Weiß tatsächlich von der alten monarchistischen Landesfahne herrührt. Die Weißen sind in diesem Fall also Vertreter der alten Ordnung und Royalisten. Im russischen Bürgerkrieg standen sich dann später die Bolschewiki (die Roten) und zaristische Kräfte (die Weißen) gegenüber und das zieht sich im Laufe der Geschichte weiter durch.

Ich bleibe dabei: es hätte keinen Rollstuhl gebraucht. :D
Ich sehe es ja ein :) aber grundsätzlich abwegig ists ja auch nicht...

Hab vielen Dank für diese Szene. Mir bleibt nur, dir diesen Leseeindruck zu hinterlassen.

Freundlicher Gruß. Kanji

Vielen Dank dafür!
Liebe Grüße
Habentus

 

Hey @Habentus ,

ich steige direkt mit einzelnen Stellen ein und gebe dir am Ende einen Gesamteindruck.

den Wievielten

Das ist jetzt so etwas Unscheinbares. Aber ich mag, dass du nicht schreibst "welches Datum haben wir heute", sondern "den Wievielten". Das lässt mich vermuten, dass du nicht nach der erstbesten Formulierung greifst.

Ich habe den heutigen Tag in meinen Träumen gesehen. Den 11. August, 1817.

Dass er das Datum nennt und sein Kumpane danach auch noch, ist Tell, recht eindeutige Informationsvergabe. Du könntest überlegen, ob du das als Abschnittsüberschrift festlegst. Macht natürlich nur Sinn, wenn es dann auch strukturiert, du dann zum Beispiel noch die Uhrzeit dazuschreibst. Und dann beim nächsten Abschnitt eine andere.

Aber ich wär dir dankbar, würdset mir verdammt noch mal erklären, worauf du hinaus willst.

würdest

SeineMänner

Leerzeichen

Vermutlich kein echter Saphir. Eher ein Lapislazuli

hab mich gewundert, warum er sich da so verschätzt. Da besteht echt wenig Ähnlichkeit.

Ich stemme mich aus dem Rollstuhl

Ein Rollstuhl für einen Invaliden Anfang des 19ten Jh.? Hast du bestimmt recherchiert, oder? Konnte es mir nicht so ganz vorstellen.

Es ist surreal

Dieser Begriff ist, soweit ich weiß, noch gar nicht so lange in Mode. Ist ja auch erst im Zusammenhang mit dem Aufkommen der Psychologie zum Ende des 19ten Jh. gebräuchlich geworden.

Den 11. August, 1817

Wartburgfest. Du implementierst da ja verschiedene Bedeutungsebenen. Es jährt sich und damit auch der Schmerz. Aber das ist der Story auch übergestülpt. Das kommt nicht von den Figuren oder dem Setting, sondern vom Autor.

Ich war einst der beste Schütze meiner Einheit.

Das hättest du gut früher vorbereiten und wie einen roten Faden durchziehen können.

Also überzeugt bin ich von dem Text nicht. Sprachlich, finde ich, ist er zu vorsichtig und bemüht, alle möglichen Infos rüberzubringen, wovon vieles auch nicht nötig ist. Das Verhältnis von Exposition und Handlung stimmt für mich auch nicht. Die Exposition ist für mich zu lang und breit. Historisches ist super schwer zu schreiben. Das erfordert gute Recherche und viel Fingerspitzengefühl, wenn man will, dass es echt klingt. Ich finde aber auch die Dialoge zum Teil recht hölzern. Ich würde mich zur Überarbeitung nochmal mit dem Thema ShowdontTell beschäftigen und auch nicht ganz so vorsichtig arbeiten. Und als drittes vielleicht auch nochmal Details recherchieren oder schauen, wie andere über so eine Zeit schreiben.

Textarbeit ... aber auch nur mein Leseeindruck.
Gruß
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei freut mich, dass du meine Geschichte gelesen hast!

Dass er das Datum nennt und sein Kumpane danach auch noch, ist Tell, recht eindeutige Informationsvergabe. Du könntest überlegen, ob du das als Abschnittsüberschrift festlegst. Macht natürlich nur Sinn, wenn es dann auch strukturiert, du dann zum Beispiel noch die Uhrzeit dazuschreibst. Und dann beim nächsten Abschnitt eine andere.
Also grundsätzlich geht es gar nicht so sehr um dieses spezifische Datum. Da habe ich definitiv den falschen Eindruck erweckt. Klar, es geht schon um diesen einen Tag, denn an diesem Tag wird Hugo sterben. Aber es geht eben nicht prinzipiell um den 11. August. Das Datum ist austauschbar. Daher ist bei dir auch leider dieses Missverständnis aufgetaucht:
Wartburgfest. Du implementierst da ja verschiedene Bedeutungsebenen. Es jährt sich und damit auch der Schmerz. Aber das ist der Story auch übergestülpt. Das kommt nicht von den Figuren oder dem Setting, sondern vom Autor.
Das habe ich tatsächlich nicht beabsichtigt gehabt, denn sonnst hätte ich mir mehr Mühe gegeben, das in den Gesamtzusammenhang einzubauen. Aber danke für deinen Hinweis, denn dann muss ich das an dieser Stelle ändern.

hab mich gewundert, warum er sich da so verschätzt. Da besteht echt wenig Ähnlichkeit.
Nun, es sind immerhin beides blaue Steine und eine gewisse Ähnlichkeit besteht ja schon... Ich zum Beispiel habe gar keine Ahnung davon und könnte mir durchaus vorstellen, diese beiden zu verwechseln.

Ein Rollstuhl für einen Invaliden Anfang des 19ten Jh.? Hast du bestimmt recherchiert, oder? Konnte es mir nicht so ganz vorstellen.
In der Tat :) da bist du auch nicht der Erste, der das anspricht. Bereits im Jahre 1655 hat ein Nürnberger Uhrmacher einen ersten Rollstuhl mit drei Rädern erfunden.

Dieser Begriff ist, soweit ich weiß, noch gar nicht so lange in Mode. Ist ja auch erst im Zusammenhang mit dem Aufkommen der Psychologie zum Ende des 19ten Jh. gebräuchlich geworden.
Guter Hinweis! Prüfe ich nach.

Das hättest du gut früher vorbereiten und wie einen roten Faden durchziehen können.
Ehrlich gesagt finde ich, dass das keine wirklich relevante Info ist. Er ist ein Veteran und hat somit sicherlich eine gewisse Fähigkeit, mit Waffen zu hantieren. Aber ich wüsste nicht, warum ich gerade das mehr hätte ausbauen sollen.

vorsichtig und bemüht, alle möglichen Infos rüberzubringen, wovon vieles auch nicht nötig ist.
Ja, ich hadere auch mit dem Text und er gefällt mir noch nicht so ganz. Allerdings kann ich dir nicht ganz folgen, was du mit vorsichtig und zu vielen Infos meinst? Kannst du mir das konkretisieren? Denn ich habe schon versucht, nur Relevantes einzubauen.

Danke für deinen Eindruck und die vielen Hinweise!
Grüße Habentus

 

Hallo @Habentus

ein historischer Hintergrund, fein. Abgesehen davon, dass es schwierig ist, die Gedankenwelten von Figuren aus einer anderen Zeit zu beschreiben, und auch nur annähernd authentisch zu bleiben, mag ich es, an etwas zu erinnern, das lange vorbei ist. Hier zum Beispiel das Ende Napoleons und die Rückkehr der Bourbonen, die Restaurationszeit, anhand einiger Veteranen des Russlandfeldzuges.
Was der Text schön zeigt: wie funktionieren Traumata, posttraumatisch eben, das transportiert der Text gut.
Was mir gefehlt hat: was waren die Ziele der Revolution? Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Napoleon hat den Code Civil eingeführt, wahrscheinlich seine größte historische Leistung (was zählen schon Kriege), dadurch den Bürgern Rechtssicherheit verschafft, auch gegenüber privilegierten Ständen. Mit der Szene, die du beschreibst, hättest du demonstrieren können, wofür die Revolution stand, schließlich kommt ein adliger Offizier in die Kneipe. An der Stelle fehlt mir was.
Aber Potential hat die Geschichte auf jeden Fall.

„Ich habe den heutigen Tag in meinen Träumen gesehen. Den 11. August, 1817. Es ist der Tag, an dem ich sterbe.“ Gaspar stutzt, hört auf, mit seinen schaufelgroßen Pranken an seinem Becher herumzuspielen und glotzt mich an.
na ja, ich habe nie von einem Datum geträumt
Proste meinen zerschossenen Kameraden zu und trinke pflichtbewusst. Sehe ehrliche Verachtung und tiefe Enttäuschung in ihren Augen.
ist mir zu ungenau, was sieht er, wie sieht er die Verachtung
Dass ich seit meiner Kopfverletzung Vieles im Schlaf sehe, was ich nicht verstehe. Und angenommen, ich würde dir sagen, dass es keine Träume sind. Keine sein können! Denn ich fühle, rieche und schmecke das, was ich sehe.“
vieles
feine Handschuhe und eine auffällige Brosche mit einem bläulichen Stein. Vermutlich kein echter Saphir. Eher ein Lapislazuli. Doch was weiß ich schon? Französischer Adel zweifellos.
mm, woher kennt der die Namen der Edelsteine? Überhaupt wissen wir nichts über seine Bildung oder Herkunft
Ständig ruft er seinen Kameraden zu, wie sie sich aufstellen sollen. Sie alle lachen. Ein anderer sitzt grinsend auf einem riesigen stählernen Koloss mit einem seltsam hakenförmigen Symbol auf der Seite. Er scheint sich zu sonnen. Es ist surreal. Dann beginnen die Soldaten damit, die Tür der Scheune zu verbarrikadieren. Ich drehe mich um, laufe davon, vorbei an einem Baum. Dort hängt kopfüber ein Mann mit einem Schild um den Bauch.
okay, die Nazis treiben in Russland Leute zusammen, gibt halt noch einige andere Verbrechen in der Menschheitsgeschichte seither, warum dieses Szene?
so schnell es geht wieder unter den Stein zu kriechen, unter dem Sie hervorgekommen sind. Bin ja schließlich kein Unmensch.
sagt man das: unter den Stein kriechen?
Alles ist wahr. Was ich gesehen habe, ist nicht geschehen. Es wird geschehen. Unbeschreibliches Grauen erfüllt mich.
sehr pathetisch das Ende, könnte man ein bisschen was von rausnehmen


viele Grüße aus der Sonne
Isegrims

 

Hi @Habentus,

ich fange mit ein paar Flüchtigkeitsfehlern und einzelnen Eindrücken an:

Nun, ich muss dir leider sagen, dass du dich irrst, Hugo. Du bist schon längst tot“, dröhnend lacht er los.
Das finde ich gut: Einen Moment lang denkt man, achso, die sind alle schon tot, ist also eine Art Phantasie, Richtung Übernatürliches... Wird gleich wieder revidiert, aber das ist spannend, dass man kurz verwirrt ist.

„Ständig dasselbe Gefasel! Über die gute alte Zeit und irgendwelche hanebüchenen Heldengeschichten. Gaspar, ich kanns nicht mehr hören! Du weißt genauso gut wie ich, wie es wirklich war!
Diesen Part, diesen Dialog finde ich spannend. Du sprichst Punkte an, die in Geschichtsbüchern höchstens eine Randnotiz erhalten: das Elend, die Seiten des Krieges, die die persönlichen Schicksale betrifft. Dann seine Beichte, dass er lieber nicht gerettet hätte werden wollen, das ist hart, aber glaubwürdig.

Meine Herren, was ist mit ihnen?

SeineMänner lachen mechanisch,

Nutzen sie die wenigen Augenblicke, die ihnen noch bleiben.

Eine Mischung aus Scham, Wut und Erleichterung steht in seinen Augen.
Finde ich schwer, mir diese Mischung in einem einzigen Blick vorzustellen. Wenn du es etwas differenzierter schreiben würdest, wäre es vielleicht anders. Sowas wie "Wut und Scham steht in seinen Augen (sagt man das so, "stehen in den Augen"?), gleichzeitig erkenne ich eine gewisse Erleichterung."

Ich kenne ihren Namen nicht. Denn sie haben ja offenbar vergessen, sich uns vorzustellen. Ich aber heiße Hugo Feraut und fordere sie auf der Stelle zum Duell!“

„Wissen Sie, unter anderen Umständen würde ich ihnen ja raten,

Ich stemme mich aus dem Rollstuhl empor und greife nach meinen Krücken.
Fährt er echt im Rollstuhl rum und hat immer seine Krücken dabei? Ist ja irgendwie unpraktisch, oder? Warum kann er das Duell nicht im Rollstuhl machen? Spricht doch eigentlich nichts dagegen.

Den allerletzten Satz finde ich zu objektiv, das klingt nicht, als würde ihn wirklich Grauen erfüllen, klingt irgendwie nicht echt.

Dann kommt die Beschreibung der Träume. Im Prinzip finde ich die Idee cool, dass er Träume hat über diese Dinge (warum er sie hat, muss ich gar nicht unbedingt wissen), er nicht weiß, woher und warum, ob es real ist/wird oder nicht; dann die Bestätigung, dass er heute tatsächlich stirbt und die logische Schlussfolgerung, dass all seine Träume wahr sind.
Allerdings ist der Effekt nicht so groß - warum weiß ich nicht. Diese Schlussfolgerung wird ja in vier Sätzen abeghandelt. Irgendwie kam sie aber bei mir nicht natürlich, als hätte es klick gemacht und, ach krass, ja - alles wahr! Sondern es kommt erst mit der Bechreibung und dann denke ich, ah okay.
Die Beschreibung der Träume wirkt etwas angehängt, als wäre es ein kleiner Extra-Teil, der der Geschichte angehängt ist, nicht organisch eingearbeitet.

Früher dachte ich nicht, dass ich viel mit geschichtlichen Ereignissen anfangen kann. Allerdings musste ich dann feststellen, dass, wenn Geschichte in einer persönlichen Entwicklung, durch persönliche Erlebnissen dargestellt wird, es richtig spannend wird (zB Das achte Leben von Nino Haratischwili oder, richtig gut (über civil rights movement und Nazi-Deutschland): The street sweeper von Elliot Perlman). Deshalb finde ich deine Idee gut - über die Zeit weiß ich quasi nichts, da fehlt mir also auch ein bisschen der Zusammenhang, der Hintergrund. Allerdings fehlt mir noch irgendetwas, es bleibt für mich ein bisschen zu oberflächig, ich werde nicht reingesogen.
Kann sein, dass mir mehr persönlicher Tiefgang fehlt. Wie gesagt, die spannendsten Stellen sind für mich diejenigen, in denen er von seiner Erfahrung erzählt, wie er gerettet wurde und es lieber ungeschehen machen würde. Vielleicht wirkten die Träume weniger separat, wenn es sich irgendwie mit seinen persönlichen Erfahrungen verbinden würde, keine Ahnung, sicherlich schwierig. Vielleicht könntest du die Träume in den Dialog mit einweben...sie damit in seine Gedankengänge einbauen bzw. sie davon beeinflussen lassen, es etwas organischer wirken lassen.

Jedenfalls hab ich die Geschichte gern gelesen, sie hat mich zum Nachdenken gebracht.

Beste Grüße,
rainsen

 

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