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Vor und hinter Gittern

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19.10.2021
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Vor und hinter Gittern

Vor und hinter Gittern

5:34 Uhr und der Tag verspricht wie gefühlt jeder andere zu werden, seit dem ich im Gefängnis arbeite. Hauptsächlich befinde ich mich in der Untersuchungshaft. Für viele Menschen ein Unding sich freiwillig mit Mördern, Vergewaltigern und so weiter zu umgeben. Doch mir macht es Spaß.
Vor allem, da ich mich heute mit Lukas Deron im Dienst befinde. Ein eher hagerer Typ, in meinem alter, blass und mit roten leicht fettigen Haaren. Dennoch, ich mag ihn, da er mich meistens in Ruhe lässt und meine Entscheidungen nicht in Frage stellt.
Ich koche mir einen Kaffee, setze mich am Schreibtisch und überprüfe meine E-Mails. „Angriff auf Bedienstete, Angriff auf Bedienstete, Körperliche Auseinandersetzung, Bedrohung von Bediensteten, Beleidigung von Bediensteten“. Ohne überhaupt den Inhalt dieser E-Mail zu lesen lösche ich diese wieder. Manchmal wünsche ich mir, dass mich solche E-Mail überraschen würden und überlege, wie der erste Angriff auf mich damals war.
Herr Ham. Ein bulliger und großer Typ. Er ist damals überall in der JVA negativ aufgefallen und wurde wegen diversen Angriffe gegen Kollegen und Mitgefangenen in mein Hafthaus verlegt. Mein damaliger Spannmann auf der Abteilung, Herr Kleindt, und ich hatten Herr Ham einige zeitlang auch gut unter Kontrolle. Wir zeigten ihm, dass wir ihm nichts Böses wollten und nach viel Entgegenkommen war er dann auch in der Lage sich freundlich zu bedanken, oder auch Späßchen mit uns zu machen. Doch eines Morgens bei der Frühkostausgabe stürmte er ohne Vorwarnung aus seinem Haftraum heraus. Voller Wut schlug er mit einer Metalschüssel gegen eine Haftraumtür. „Er hat die ganze Nacht viel zu laut Musik Gehört!“ brüllte er und schlug weiterhin gegen die Tür. Bei dem Versuch Herr Ham durch beruhigendes Einreden zu besänftigen, kanalisierte er seine Wut auf uns. Herr Kleindt trat er in die Rippen, wodurch diese durch ein lautes Knacken brachen. Ich hingegen konnte ihn dank langjähriger Judokentnissen zu Boden bringen. Meine kaum nennenswerten Blessuren waren schnell verheilt, doch Herr Kleindt hab ich seit dem nicht mehr gesehen. Mein Bereichsleiter deutete eine Dienstunfähigkeit wegen seiner Psyche an, doch ich fand es respektlos weiter nachzuforschen.
Ein lautes Poltern an einer Tür reist mich aus meinen Gedanken. „Heute ist es besonders Schlimm“, nuschelt Deron und wirkt noch blasser als zuvor. Da unsere Dienstvorschriften es uns verbieten vor dem offiziellen Dienstbeginn die Türen alleine zu öffnen, krame ich aus meiner Hosentasche eine Packung Zigaretten „Gauloises“. „Wolltest du nicht aufhören?“ fragt mich Deron. Als ich antworte, ist meine Stimme so rau und mürrisch wie immer, obwohl ich dies nicht beabsichtige. „Ja, und jedesmal wenn ich einen Toten abhängen kann, hat er praktisch schon das Feuer für mich in der Hand“. Deron scheint durch meine Antwort sichtlich betroffen zu sein, aber das muss der Junge abhaben können. Leider.
Ich verlasse das Büro und gehe auf den Freistundenhof, um mir eine zu rauchen.
Die ersten Gefangenen stehen am Gitter und tun mir das Rauchen gleich. Einige von ihnen grüßen Freundlich, andere blickten eher düster oder verschlafen. Deron gesellt sich zu mir. Mit einiger Überwindung murmel ich:„Sorry, ich hab´s nicht so gemeint“. Ich schlage ihm freundschaftlich auf die Schulter und er scheint froh darüber zu wirken. Doch als das Nächste knallen an der Tür zu vernehmen ist, wirkt sein Gesicht bleich und erschrocken wie eh und je.
Ich versuche Deron ein aufmunterndes Lächeln zuzuwerfen. „Keine Sorge Kleiner, der beruhigt sich wieder und wenn nicht, kümmer ich mich darum“. Ich nehme einen letzen Zug meiner Zigarette und betrete wieder das Hafthaus. Herr Körns Wahnvorstellungen scheinen heute tatsächlich sehr schlimm zu sein. Ich vernehme das Zerbersten von Porzellan und panische Schreie „Ihr bekommt den Chip aus meinen Kopf niemals raus! Und ich weiß auch, dass ihr für die Stasi arbeitet. Mich bekommt ihr nie!“
Deron schüttelt unverständlich den Kopf „Woher nimmt er diese Halluzinationen? Und wie kann man psychisch nur so am Arsch sein?“ „Wahnvorstellungen, keine Halluzinationen. Den Unterschied lernst du später auf der Vollzugsschule. Und da lernst du auch, dass so mancher Kollege auch nicht mehr die gesündeste Psyche hat“. Er mustert mich fragend, doch ich schaue ihn nur stillschweigend an. „Deron, bitte schließ doch schonmal die Gefangenen heraus, die heute für das Essenverteilen zuständig sind“. Seufzend nimmt sich Deron seine Liste und geht los.
Ich gehe zurück in das Büro und nehme mir die Medikamentenliste und fange an, die Schatullen zu sortieren. Mein PNG klingelt. Ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass die neuen PNGs, also Personennotrufgeräte, eine Telefonfunktionen haben. „Wozniak“ melde ich mich. „Kommt das gepolter aus deinem Hafthaus?“ kratzt die Stimme meines Bereichsleiter. „Erstmal guten Morgen Herr Salen“. „Hm ja, guten Morgen. Und?“ „Ja, kommt es, Herr Körn, wie immer“ sage ich staccatohaft. Ich höre von der anderen Seite ein genervtes Schnaufen. „Ihr Jungs packt es allein, oder? Ich habe keinen, den ich euch zur Hilfe schicken kann“. Ohne meine Antwort abzuwarten legt er auch schon auf.
Ich gehe zum Computer und drucke ein paar Mandals zum ausmalen aus. Deron, welcher grad in das Büro zurück kommt, schaut mich fragend an. „Warum druckst du Mandals aus?“ „Herr Körn“ gebe ich knapp als Antwort. „Warum druckst du für so einen Penner Mandals aus? Der hat es doch schonmal gar nicht verdient! Erst greift er mich an, dann zerlegt er seinen Haftraum und dann puderst du ihm den Arsch?“ Deron wirkt sichtlich ungehalten und sogar die Bleiche seines Gesicht nimmt einen sehr roten Ton an. „Deron“, stöhne ich „glaubst du wirklich, dass jemand mit einer Schizophrenie aus persönlichen Gründen angreift? Außerdem solltest du professionell genug mit der Lage umgehen können, um deine eigene Wut im Zaum zu halten“. Er scheint mit der Antwort nicht wirklich zufrieden zu sein. Ich kann es aber auch verstehen. Er arbeitet erst seit kurzem hier und das einzige Mal, als er mit Herr Körn Kontakt hatte war, als dieser ihn angriff.
„Deron, er scheint jetzt wieder ruhig zu sein. Komm mit, dann verstehst du es“.
Man merkt ihm sein Unbehagen an, dennoch willigt er mit einem kurzen Nicken ein. Ich stehe auf und bitte Deron die Tabletten mitzunehmen. Die Inhaftierten für die Kostverteilung sind auch bereits fertig vorbereitet. Haftraum 106. Um sicher zugehen, dass Herr Körn sich tatsächlich beruhigt hat, werfe ich einen Blick durch die Klappe seiner Haftraumtür. Er sitzt auf dem Bett und scheint seine Aufmerksamkeit auf seine Hände gerichtet zu haben. Ich stecke den Schlüssel ins Schloss und mit einem lauten widerwilligen Knacken öffnet sich die Tür. „Guten Morgen Herr Körn“ begrüßte ich ihn ungewohnt freundlich. „Herr Wozniak“. Herr Körns Stimme klingt heiser und gleicht mehr einem Flüstern. „Ich weiß nicht was… es ist schon wieder passiert. Es tut mir so Leid…“. Die Tränen in seinem Auge verraten mir, dass er es aufrichtig meint. „Herr Körn, alles gut“ versuche ich ihn aufzumuntern. „Wir verteilen das Essen und in der Zwischenzeit können Sie schonmal die Scherben beseitigen“. Ich deute auf den zerbrochenen Klodeckel. „Wie sieht es denn mit Ihrer Hand aus? Haben Sie sich verletzt?“ Herr Körn betrachtet die kleine Schnittwunde in seiner Handfläche. Er lächelt „Nein, nein, schon gut Herr Wozniak. Das ist nichts Schlimmes, aber vielen Dank“. Die Schnittverletzung scheint tatsächlich nur sehr oberflächlich zu sein, dennoch werde ich dem Sanitätsdienst später Bescheid geben, damit er sich das anschaut. „Herr Körn, ich habe Ihnen wieder Mandals mitgebracht, über die freuen Sie sich doch immer so“. Ein strahlen huscht über das Gesicht des kleinen Mannes, der vor mir steht. Deron, der sich eher versteckt hielt tritt nun langsam näher an das Geschehen ran. „Oh, Hallo Herr Beamter. Sie sind doch der freundliche Herr von letztens, oder?“ Deron sieht nun sichtlich verwundert aus. „Sie haben mich doch angegriffen“ stellt er mit erregter und zugleich verwirrter Stimme fest. Nun wieder sehr betroffen, sengt Herr Körn seinen Blick. „Das tut mir Leid, ich hoffe, dass das nicht mehr vor kommt“.
Ich verabschiede mich von Herr Körn und schließe die schwere Haftraumtür wieder. Das restliche Verteilen des Frühstücks war wie immer. Man kam kurz in ein paar nette Smalltalks, wurde mal freundlich, mal weniger freundlich gegrüßt, aber alles ohne besondere Vorkommnisse. Legentlich Herr Piotros macht seinen Unmut darüber bekannt, dass er mit der Methadon Abdosierung nicht zurecht kommt.

Als Deron und ich zurück im Büro sind, beantworte ich ihm seine unausgesprochene Frage. „Herr Körn leidet unter einer Schizophrenie“. Vorschnell unterbricht mich Deron „Also ist er mal die eine Person, dann die andere“. „Nein“, fahre ich fort „Dies nennt man Multiple Persöhnlichkeitsstörung, beziehungsweise eine dissoziative Störung. Aber so oder so“ sage ich, setze mich auf meinen Stuhl und schaue Deron eindringlich in die Augen. „Egal was die Gefangenen haben. Viele haben Störungen oder sind unter so unvorstellbaren Verhältnissen groß geworden, dass dies nachhaltig ihr Leben beeinträchtigt. Unsere Rolle ist es zwar für Schutz und Sicherheit zu sorgen, ja, auch die Inhaftierten zu sanktionieren, doch nimm diese Arbeit hier nie zu persönlich“. Deron schaut mich skeptisch an und setzt zum widersprechen an. „Aber du machst es doch auch nicht. Wie oft ziehst du über Gefangene her, Vor allem über den letzten, den du tot aufgefunden hast?“.
Ich schmunzle. „Deron. Was du hier lernen muss ist bitter, aber irgendwo auch essenziell für unsere Arbeit“. Ich sinke ein wenig tiefer in meinem Bürostuhl und lege die Füße auf dem Tisch. „Es klingt vielleicht für viele unverständlich, doch schwarzer Galgenhumor ist absolut wichtig. Wenn du dem ganzen einen netteren Namen geben willst, dann nenn es Seelenreinigung. Es ist egal, ob du angegriffen wirst, bedroht oder ob du jemanden tot auffindest. Es geht früher oder später auf deine Psyche“. Derons Mine ändert sich zu einem interessierten Ausdruck. „Ich weiß nicht warum, aber im Knast gibt es ein stillschweigendes Gesetz“. Zu meinem Bedauern ist es wirklich so. „Wenn du in eine belastende Situation kommst, wird von dir erwartet, dass du funktionierst. Und auch danach, behalte deine Emotionen für dich, bis du zuhause bist“. Nun wirkt er etwas erschrocken, aber ihm fehlen wohl die passenden Worte. „Jeder der nicht in irgendeiner Form Seelenreinigung betreibt, scheidet früher oder später aus dem Dienst aus“.
Nach einigen Minuten des Schweigens und Nachdenkens meldet sich Deron wieder zu Wort. „Und was hat das jetzt mit den Gefangenen zu tun?“
„Deron, wenn du psychischkranke Menschen aus Furcht, Unsicherheit oder persönlichem fertig machst, dann bist du entweder Charakterschwach, oder für diesen Beruf ungeeignet. Diese Menschen können nichts dafür, also hilf ihnen. Und dann wirst du auch merken, dass das viel erfüllender ist, als jemanden fertig zu machen“.

Erneutes Schweigen setzt ein und Deron und ich arbeiten ohne viel Gerede nebeneinander her. „Der Knast“ breche ich das Schweigen nach einiger Zeit „ist für psychisch kranke nicht förderlich. Weder für die Inhaftierten, noch für uns Beamte“. Ich greife in meine Tasche und hole einen Streifen Tabletten raus und nehme eine davon ein. Deron fängt an zu grinsen und versucht zu scherzen „Bist du jetzt auch psychisch krank?“ „Ja“, antworte ich und sein grinsen verschwindet abrupt. „Aber ich sehe es als nichts schlimmes an, eher im Gegenteil. Aber das erkläre ich dir ein anderes Mal.“

 

Hallo @RagnarLdbrck und willkommen im Forum :-)

Danke für deine Geschichte. Ich finde deine Sprache und deinen Schreibstil in Ordnung, leicht und flüssig zu lesen. Es sind ein paar Zeit-Fehler drin (Präsens/Präteritum), und relativ viele Rechtschreib- und Satzzeichen-Fehler, die sich mit der Rechtschreibprüfung von Word leicht beheben lassen.

Drei kurze Bemerkungen zum Text:

Mein Bereichsleiter deutete eine Dienstunfähigkeit wegen seiner Psyche an, doch ich fand es respektlos weiter nachzuforschen.
Wieso respektlos? Man kann sich doch dafür interessieren, wie es einem Kollegen geht.
staccatohaft
Ich denke, das Wort gib es nicht, auch wenn ich verstehe, was du meinst.
schwarzer Galgenhumor
Ich weiss nicht, is das nicht doppelt gemoppelt? Finde den Ausdruck nicht gut.


Ansonsten fehlt mir der Spannungsaufbau und die "Message" deiner Geschichte :-) Du beschreibst nur einen eventuellen Gefängnisalltag, aber warum?

Liebe Grüße, Philipp

 

Hey, erstmal vielen Dank für dein Feedback. Ich kann es gut gebrauchen, da es meine aller erste Gesichte ist.
Eine direkte Message befindet sich nicht in dem Text, aber mir persönlich ist es wichtig, dass Menschen, die im Gefängnis arbeiten oder auch die Gefangen, ein wenig mehr Aufmerksamkeit bekommen. Der Text basiert auf meinen eigenen Erfahrungen als Justizvollzugsbeamter

 

Erneutes Schweigen setzt ein und Deron und ich arbeiten ohne viel Gerede nebeneinander her. „Der Knast“ breche ich das Schweigen nach einiger Zeit „ist für psychisch kranke nicht förderlich. Weder für die Inhaftierten, noch für uns Beamte“. Ich greife in meine Tasche und hole einen Streifen Tabletten raus und nehme eine davon ein. Deron fängt an zu grinsen und versucht zu scherzen „Bist du jetzt auch psychisch krank?“ „Ja“, antworte ich und sein grinsen verschwindet abrupt. „Aber ich sehe es als nichts schlimmes an, eher im Gegenteil. Aber das erkläre ich dir ein anderes Mal.“

Wichtiges Thema. Ich habe einige Schreibworkshops in der JVA Siegburg mit den Inhaftierten durchgeführt. War eine gute Erfahrung. Da waren auch LLer und SVler dabei, schon krass. Einer saß seit 23 Jahren wegen besonderer Schwere der Schuld, er konnte und wollte mir nicht sagen, was er getan hatte. Ein absolut schreibbegabter Häftling war Mitte 50 und saß für zehn Jahre wegen Vergewaltigung, das hat mich ehrlich gesagt, sehr große Überwindung gekostet. Man kann diese Emotionen schwer beschreiben, wenn man sie nicht erlebt hat.

Zu deinem Text. Da wird leider nichts erzählt, das erscheint mir das Hauptproblem zu sein. Du sagst, es ist dein erster Text - dafür ist er gut, verstehe mich nicht falsch. Oft geht es nicht ums Schreiben an sich, sondern darum, wie man etwas erzählt. Dafür gibt es gewisses Handwerkszeugs, wie ein Schreiner eben auch seine Möbel baut. Spannung, Konflikt, Charaktere, Dialog. Du hast hier schon vieles gar nicht verkehrt gemacht. Es geht ja um eine Spiegelung von Gefangener und Wärter. Das würde ich noch etwas mehr ausspielen, nicht so zielgerichtet arbeiten, nicht gleich alles verraten. Jeder verliert im Gefängnis ist so ein wenig das Fazit. Was ich nicht verstehe: erwiesen psychisch Kranke befinden sich aber doch nicht im Regelvollzug, oder? Du verpackst hier gleich recht viel in deinen Text, ich würde mich da eher auf eine Sache konzentrieren. Vielleicht seinen ersten Angriff. Er erinnert sich an diesen Typen, und der taucht ein paar Jahre später in einem anderen Flügel wieder auf. So knallt das alles nacheinander in den Leser rein ohne wirklich Zeit zum Wirken zu lassen. Da würde ich mir mehr Fokus wünschen.

Bin gespannt, was da noch von dir kommt.

Gruss, Jimmy

 

Hey,
Erstmal um deine Frage zu beantworten:
Im Gefängnis sind sehr häufig psychischkranke Inhaftierte. Das liegt einerseits daran, dass Verurteile oft als Haftfähig eingestuft werden, andererseits, entwickeln sehr viele diese Störungen erst während der Inhaftierung.

Deine Tipps, werde ich definitiv beherzigen. Ich wollte aber, dass die Gesichte für den Anfang erstmal möglichst nah an meinen Erlebungen ist.
Der Typ, der mich damals angegriffen hat (alle Namen sind geändert), den hab ich nie wieder gesehen.

Dennoch, vielen lieben Dank für dein Feedback. Ich werde versuchen darauf zu achten.
Ich denke aber, dass die nächsten 1-2 Gesichten noch meine Erlebungen beschreiben werden, bevor ich fiktive Inhalte dazu schreibe :)

 

Hallo @RagnarLdbrck, alter Schwede :cool:,

willkommen hier im Forum. Ich mache hier gerne den Begrüßer / Erklärbär, vor allem, weil ich selbst noch nicht lange hier bin. Es gibt ein paar Umgangsformen und Gewohnheiten, die man kennen sollte.

- 1 - Das Forum lebt von Gegenseitigkeit. Es hat sich bewährt, auch andere Texte zu lesen, die Kommentare zu lesen und selbst Feedback zu geben. Das erhält das Forum lebendig und deine Chancen auf Feedback steigen sehr.

Nebeneffekt: Man lernt auch von den Texten der anderen.

- 2 - Textarbeit rentiert sich. Wir werden besser, wenn wir die Anmerkungen der anderen direkt hier im Text (aka Eingangspost) verarbeiten: Fehler korrigieren, Anregungen zumindest beantworten und entweder aufgreifen und den Text entsprechend verändern oder sich dagegen entscheiden. Die besten Erfahrungen hier sind für mich immer, wenn Texte sich verändern, besser werden, reifen. Das genieße ich sowohl bei eigenen als auch bei fremden Texten.

- 3 - Die Kritik kommt manchmal sehr hart ... aber nur daran lernen wir. Grundsätzlich sind die meisten Wortkrieger im Herzen lieb. 8)

Die Kritik zielt in der Regel auf eine bessere Lesbarkeit der Texte, Grammatik und manchmal auch Formatierung. Es lohnt sich, diese Dinge zumindest zu überlegen.

Wenn Kritik am "Spannungsbogen", Aufbau etc. kommt, liegt das in der Regel daran, dass wir die Grundregeln beim Schreiben vergessen haben: Wir müssen die Leser:innen mitnehmen. Spannung, Konflikte, Veränderung. Leser wollen emotional mit den Texten mitschwingen. Das braucht Übung. Die beste Sprache hilft nichts, wenn es keine Handlung gibt. Und ein bisschen wirkt Dein Text, als ob nichts "passiert".

Ganz vereinfacht:
Knast -> Erinnerungen an einen Gewaltausbruch -> Knastalltag -> Kollegenknappheit -> Aktueller Gewaltausbruch -> Protagonist hat nichts gelernt, sich nicht verändert, es gab keinen wirklichen Konflikt -> also weiter im Knastalltag.

Ich hoffe, Du verstehst das nicht falsch. Ich finde deinen Stil gut. Du schreibst aus eigener Erfahrung ... das ist gut. Auch die Idee, der "Normalbevölkerung" einen Einblick in die spezielle Welt des Strafvollzuges zu geben, ist lobenswert und es steckt Potential drin. '

Es geht auch nicht darum, etwas dazu zu erfinden, sondern uns die Menschen zu zeigen. Nicht nur ihren nervigen und eventuell gefährlichen Alltag, sondern ihre Bedürfniss / Wünsche, ihre Konflikte (sie bekommen nicht, was sie wollen oder ähnliches) und ihre Lösungen. Lass uns mitfiebern.

Es könnte hilfreich sein, sich mit der Struktur von Geschichten zu beschäftigen, mit Genres (worüber schreibst Du wie?) und mit den Erwartungen von Lesern.

Es hilft zum Beispiel, wenn man zum Beispiel diese fünf Eingangsfragen für sich beantwortet, bevor man die Geschichte tatsächlich schreibt.

1. Um wen geht es? Was will die Hauptperson / wollen die Hauptpersonen und warum?

2. Für welches Genre schreibst Du? Welche Regeln gelten hier? Was erwarten die Leser?

3. Warum erzählst du diese Geschichte auf diese Art? Was versuchst du auszudrücken?

4. Wo spielt die Geschichte? Was ist der Handlungsbogen und das Setting?

5. Was passiert in der Handlung? Wo ist der Anfang, der Mittelteil und das Ende?
Gibt es einen "Höhepunkt"? Eine Auflösung? Erfolg? Scheitern?
Wie bleibst du selbst nach der Geschichte zurück? Wie lässt du deine Leser:innen zurück?

Es wird einfacher, eine fesselnde Geschichte zu schreiben, wenn du solche Fragen für dich beantworten kannst. Das sind keine allgemeingültigen Regeln, aber es schreibt sich leichter, wenn man auf diese (oder eine andere Art und Weise) versteht, was die Geschichte tragen wird.

Insgesamt fand ich vor allem das Setting und die Personen gut und habe deine Geschichte gerne gelesen und kommentiert.

Gruß,
Gerald

PS: Die Vollzugsbeamten, die ich in Psychotherapie hatte, litten übrigens eher unter dem System, den Vorgesetzten und Kollegen als unter der Aggression der Häftlinge. Das ist aber natürlich nicht repräsentativ.

 

Hey, vielen Dank für dein Feedback :)
Ich habe kein Problem mit harter Kritik. Wie gesagt ist dies meine aller erste Geschichte und nur so kann man lernen. Da hast du vollkommen recht :)
Ich werde auch versuchen deine Ratschläge zu beherzigen, vielen lieben Dank:)

 

Hallo @RagnarLdbrck ,

und danke für die Geschichte. Habe ich mit großem Interesse gelesen.

Dies und das ist ja schon von Anderen hier angemerkt worden (und wenn du den Text einmal durch ein gutes Rechtschreibprogramm schickst, wird er insgesamt zugänglicher).

Auch für mich kommt der Text etwas schwer ins Rollen, hat aber eine ganz klare Aussage: jemand, der in einer JVA arbeitet, versucht, seine Haltung dazu zu beschreiben. Es ist glaubwürdig und großzügig in der Art, wie du den Leser in verschiedenen Situationen dabei hast.
Insgesamt lernen wir ihn in zwei Stimmen kennen: einmal als Ich-Erzähler dem Leser gegenüber und auf der anderen Ebene im gesprochenenText als "Alter Hase" dem jüngeren Kollegen gegenüber. Dem jüngeren Kollegen gegenüber hört man die kernigen Sprüche (Toten abhängen), die Anrede "Kleiner" definiert den Status, dann wird sich hingesetzt und es wird dem jungen Kollegen das ungeschriebene Gesetz verklickert.
Die andere Ebene, außerhalb der wörtlichen Rede, ist ein bisschen komplexer, wird nicht völlig klar. Da wird die Erfahrung wachgerufen, den ersten Angriff körperlich und seelisch weitgehend unbeschadet überstanden zu haben, es gibt ehrliche Sympathie mit Häftlingen, Interesse an psychischen Krankheiten etc. Hinter diesem Versuch, sein Verhältnis zur JVA zu beschreiben, scheint mir eher eine Frage zu stehen als eine Aussage, und diese Frage interessiert mich. Mehr als die Antwort. Weiß nicht, ob das weiterhilft.
Ich selbst habe 14 Jahre lang Projekte in Maßregelvollzugsanstalten geleitet. Jetzt bin ich da ganz raus, aber die Arbeit hat mir oft Spaß gemacht - die Patienten waren weniger das Problem als die Institution, da muss ich @C. Gerald Gerdsen recht geben!
Sowohl habe ich selbst oft nicht gewußt, wohin mit alldem, als auch habe ich viel Hilflosigkeit, gut und schlecht überspielt, bei den Mitarbeitern erlebt. Und im Maßregelvollzug gibt es Supervision (also, nicht für mich, aber für die Anderen). Es arbeiten dort auch mehr Frauen, da ist der Umgangston ein bisschen gemischter. Knast ist sicher eine andere Nummer. Danke jedenfalls für den Einblick,
viele Grüße
Placidus
(P.S. Viel zu lang, aber wenn du mal reinschauen magst: unter dem Theatertext "Der letzte Ort" habe ich versucht, meine Erfahrungen aus dieser Zeit im Maßregelvollzug zu verarbeiten. Ist deutlich ärger aus der Form gelaufen als dein Text, und ist nicht mein erster!)

 

Hey, auch vielen Dank für dein Feedback!
Aus deinem Kommentar kann ich entnehmen, dass du dich perfekt in die Person hineinversetzen konntest, die ich beschrieben habe!
Deinen Kommentar unter "der letzte Ort" werd ich mir am Wochenende bestimmt mal durchlesen :)
Es gibt im Gefängnis sowohl Probleme, die durch Gefangene geprägt sind, aber auch durch die Instution an sich. Ich werde darauf in weiteren Texten sehr wahrscheinlich eingehen. Sprich Kollegen, die sich nicht so verhalten, wie sie sollten. Fehlende Rückendeckung und Unterstützung durch Vorgesetzten, aber auch weitere positive, als auch negative Erlebnisse mit Gefangenen :)

 

Hallo @RagnarLdbrck,

ich habe deinen Text mit großem Interesse gelesen. Er fühlt sich sehr authentisch beim Lesen an, sehr echt. Das liegt u.a. an die vielen Details, von denen du aus dem Gefängnisalltag berichtest. Das ist wirklich interessant und gut.

Ich finde es such gut, wie hier das Klischee vom bösen Wärter gebrochen wird. Dass er Mandalas für den Häftling ausdruckt ist wunderbar. Das erwartet man als Leser denke ich nicht und es ist sehr sympathisch, man ist sofort auf der Seite des Erzählers als Leser.

Ich möchte an dieser Stelle auch nichts über Aufbau, Spannung, usw. sagen. Ich finde deinen Einstieg sehr interessant und bin gespannt, was noch von dir kommt. Habe das gerne gelesen. Du hast da auf jeden Fall spannendes Material.

Einen Tipp gebe ich dir. Lies viel in deutscher Sprache, schnappe dir den ein oder anderen Roman und achten darauf, wie macht der Autor das, wie erzählt er. Das ist die beste Schule.

Aus Häftlingsicht gibt es ja einiges an Literatur, von Papillon bis Shore Stein Papier. Aber aus Haftwärtersicht gibt es weniger. Zumindest, was ich kenne.

Bin gespannt!

zigga

 

Vielen Lieben Dank auch für dein Feedback!
Ja ich hoffe, dass ich nach und nach ein wenig mit den Klischees aufräumen kann. Weder die Wärter, noch die Gefangenen sind gleich.
Der nächste Text, den ich grade für ein Projekt schreibe, hat weder was mit der Realität zu tun, noch mit dem Gefängnis, aber ich denke, dass ich diesen Text nutze, um vorherige Tipps zu beherzigen. Dannach geht es mit der Knastwelt weiter und ich hoffe, dass ich euch weiterhin einen interessanten Einblick bieten kann :)

 

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