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Von Wölfen und Bären
Meine Ohren fühlten sich an wie betäubt, als wir den Club verließen. Lisa und ich hatten stundenlang getanzt und waren schweißnass. Wenn man so lange tanzen will, braucht man Verstärkung. Lisa hatte Koks dabei. Draußen vor dem Laden drehte ich mir eine Zigarette um mich zu entspannen.
“Warum drehst du eigentlich selber?” fragte sie.
“Weil´s billiger ist.”
“Kannst du mir auch eine drehen? Meine Zigaretten sind alle”
“Klar, mit oder ohne Filter?”
“Mit.”
Der Filter in meinem Mundwinkel drohte beim Sprechen herauszufallen.
Ich war immer noch so high, dass mir das Drehen Schwierigkeiten bereitete. Meine Hand war zittrig vom Koks und der halbe Tabak landete auf der Straße. Es war wieder Monatsende und die Kippen wurden immer dünner und dünner. Mein letzter Job hatte nicht viel Geld eingebracht.
Neben uns stand ein dicker Mann mit einer Bikerkutte. Ich drehte mich weg, damit er mein Gesicht nicht sehen konnte. Ich musste hier weg, der Kuttenmann durfte mich auf keinen Fall erkennen. Es war noch zu früh, sie würden noch nicht bereit sein.
“Ich hab Durst, kommst du noch mit zu Sally´s ein Bier kippen?”
Sie wollte mich heute Nacht unbedingt noch vögeln, also wäre sie mir überall hin gefolgt.
“Ja, kann man da rauchen?”
“Sally raucht selber Kette. Der Laden kommt ganz ohne Nebelmaschine aus.”
“Okay, dann kauf ich ein Wasser. Ich vertrockne sonst bald.”
Wir starteten also wankenden Schrittes zur Kneipe um die Ecke, damit Lisa ihr Wasser bekommt, trockene Frauen sind nichts für mich. Viel Geld hatte ich nicht mehr, vielleicht hatten die ja auch billiges Bier dort, dachte ich. Ich hatte den Abend über kaum etwas getrunken. Als ich mit den anderen zwei Blocks weiter in der Wohnung vorgeglüht hatte, hatten wir uns schon ordentlich voll gemacht. Ist dann billiger, als im Club ständig nachzukaufen.
Sally´s Kneipe machte einen guten Eindruck. Die flackernde Leuchtreklame über der Eingangstür flackerte und der Bürgersteig davor stank nach Kotze und Pisse. Ich blickte mich noch einmal um. Niemand zu sehen. Im Laden selber war es taghell und fast leer.
“Wie spät ist es eigentlich, Süße?”
Lisa sah auf ihr Handy. “Gleich halb 6, die machen wohl bald zu”
Mein Handy war bereits aus. Scheiß Akku. Hinter dem Tresen stand die Namensgeberin des Ladens. Ihr Gesicht war so faltig wie ein altes Hemd, ihre Augen eingefallen und das Haar dünn und grau. Ihre ganze Erscheinung sagte aus: Verschwindet!
“Ich schließe gleich. Beeilt euch besser” krächzte sie uns entgegen.
Wir bestellten ein Wasser für Lisa und ein Bier für mich und leerten unsere Hosentaschen. Einen Euro hatte ich über. Lisa wollte noch auf Toilette gehen und eine Line ziehen. Wir schlossen ab und jagten uns jeder eine Ladung durch die Nase um wieder drauf zu sein. Koks kommt gut mit Bier. Dann wurden wir scharf aufeinander und fickten in der engen Kabine. Sie saß auf mir und bewegte sich zuckend, wie in Trance vom Koks. Meine Knie polterten bei jeder ihrer Beckenbewegungen gegen die Klotür und jeder der den Waschraum der Toilette betreten hätte, würde sofort wissen was drinnen abging. Wir blieben aber ungestört und sie kam vor mir. Den Rest besorgte sie mir mit dem Mund.
“Geh schonmal vor, ich will mir noch den Mund ausspülen.”
“Okay, ich warte draußen.”
Sie wollte wohl den Geschmack von meinem Sperma nicht im Mund haben. Ich konnte es ihr nicht verübeln, denn es war Spargelzeit.
Neben der Toilettentür stand einer dieser einarmigen Banditen. 1€ Einsatz leuchtete abwechselnd in grün und rot blinkenden LED´s auf dem Display. Ich kramte in meiner Hosentasche und zog das Geldstück heraus. Ich rieb die Münze ein wenig am Automaten an und steckte sie in den Schlitz. Ich hatte das noch nie gemacht und wusste nicht wie man das Ding wieder anhält.
“Sally!” rief ich in Richtung Bar. “Sally, wie hält man das Ding wieder an?”
“Du musst den Hebel an der Seite ziehen, Grünschnabel” Sally polierte Biergläser und qualmte ihren Laden voll.
Ich zog an dem langen Hebel auf der Seite, doch nichts passierte.
“Hast du nicht gefrühstückt mien Deern? Zieh mal ordentlich”
Sallys stimme hörte sich an, als hätte sie schon immer einen Hang zum Alkohol und Tabak gehabt. Wenn man die Augen schloss hätte man sich einen bärtigen Mann vorgestellt. Vor so einer alten Schabracke wollte ich mir keine Blöße geben. Ich griff den Hebel erneut und legte mein ganzes Gewicht rein. Die drei Rädchen verlangsamten sich. Dreimal Ananas. Die Münzen fielen klirrend in die Gewinnschale unter dem Einwurfschlitz. 34€ und 40 Cents, die Nacht wurde besser und besser. Ich leerte mein Bier in einem Zug und steckte mir die Taschen voller Geld. Als Lisa von der Toilette kam, nahm ich ihre Hand und steckte sie in meine Hosentasche. Als ihre Finger das Kleingeld ertasteten blickte sie mich erstaunt an.
“Hast du jemanden überfallen?”
“Nein, ich hab an der Gambling Machine gewonnen. Lass uns was zu essen kaufen, magst du Burger?”
“Drüben neben der Tankstelle gibt´s gute Burger. Gutes Fleisch, gute Brötchen. Normalerweise kaufe ich da nicht, aber du bist ja jetzt reich.”
“Ich werde dich so richtig verwöhnen, Baby. Du darfst auch ein Menü nehmen.”
Sie steckte mir beim gehen die Zunge in den Hals vor Dankbarkeit.
Wir gingen an den Nutten und Transen vorbei die Straße hinab zum Burgerladen. Wir nahmen die Abkürzung durch die Seitenstraße die sich vor Allem durch ihre Enge auszeichnete. Passte irgendwie ganz gut zu den Bezahlmuschis hier in der Gegend. Aus den Fenstern in der Gasse schimmerte rotes Licht und es roch nach Sperma und Bodylotion.
Ein Mann kam uns entgegen, blieb ein paar Meter vor uns stehen und machte sich breit. Seine Gestalt füllte fast die gesamte Gasse aus. Es war der Mann mit der Kutte. Er sah aus wie ein Wolf mit seinen zotteligen grauen Haaren und langen Bart. Wie ein fetter Wolf. Das Licht von der Straße schimmerte in seinen Augen und ließen sie in der Dunkelheit bedrohlich funkeln. Lisa drückte sich an mich und ich konnte das Zittern ihres Körpers spüren.
“Lass uns umdrehen, bitte.” In ihrer Stimme lag ein ängstliches Flehen.
Doch als wir uns umdrehten, sahen wir einen weiteren Wolf, der uns den Rückweg abschnitt. Wölfe sind Rudeltiere.
“Wann kriegen wir unser Geld, Daniel?” Der Wolf vor uns machte seinen Eröffnungszug.
Ich hatte mich vorhin also nicht getäuscht. Der Biker hatte uns schon den ganzen Abend beschattet und nur auf den richtigen Moment gewartet.
“Ich brauche noch etwas Zeit um alles zu beschaffen Aygün, aber ich verspreche dir du bekommst Alles!” Ich hatte versucht mutig zu klingen, aber während des Sprechens überschlug sich meine Stimme mehrmals. Meine Kehle war trocken. Als ich mir ein Darlehen von Aygün holte, maßregelte er gerade einen Schuldner. Der Mann wurde von mehreren Rottweilern zerfleischt und starb einen grausamen Tod. Daher wusste ich was mir bevorstand. Normalerweise hätte ich mich nie mit denen eingelassen, aber ich brauchte das Geld dringend. Zu verlockend waren die Scheine, um sie nicht anzunehmen.
“Ich hab dir schon zweimal Aufschub gegeben du Schwanzlutscher. Mach die Taschen leer!”
Ich kramte alles hervor und hielt mein Leben in den Händen.
“Deine Schlampe auch, legt alles auf den Boden” befahl Aygün.
“Baby, hol alles raus. Mit dem ist nicht gut Kirschenessen.”
“Du kennst den?”
“Hört auf zu Flüstern und holt eure verdammte Kohle raus.”
Wir taten was er sagte und legten alles auf den Boden. Aygün kam langsam auf uns zu und zog einen dunklen länglichen Gegenstand aus seiner Jackentasche. Eine Handbewegung von ihm, und der Gegenstand fuhr aus. Ein Totschläger. Mein Herz schlug schnell, und es fühlte sich an, als würde es das außerhalb meines Körpers tun. Ich kniff die Augen zusammen und musterte die Gasse hinter ihm. Der Wolf hinter uns blieb wo er war.
“Du enttäuscht mich wirklich sehr, Daniel. Ich dachte ich hätte dir bei unserem ersten Treffen gezeigt, dass man uns besser nicht warten lässt. Oder hast du einfach nur Sehnsucht zu sterben?” Während er sprach zog er seinen Totschläger am Gemäuer entlang.
Jetzt musste es gleich soweit sein.
“Geht ein paar Schritte zurück. Schön langsam.”
Wir bewegten uns langsam rückwärts um ein paar Meter zwischen uns und Aygün zu bekommen. Am Ende der Gasse vor uns hielten einige Motorräder an. Ein halbes Dutzend Männer stieg ab und gingen in unsere Richtung. Sie alle waren riesig und breit wie Grizzlybären. Das mussten sie sein. Aygün hatte sie nicht bemerkt doch er schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte und musterte mich.
“Mehr habt ihr Wichser nicht dabei? Ich warne dich Daniel, fick nicht mit mir.”
Der Wolf hinter uns war verschwunden. Die sind echt gründlich, dachte ich.
“Was ist los, hast du Angst von mir du Schwuchtel?” Lisa guckte mich erschrocken an als ich Aygün beleidigte. Ich drückte ihre Hand etwas fester, um ihr zu zeigen dass ich alles im Griff hatte.
“Jetzt wirst du wohl größenwahnsinnig.” Aygün ließ den Totschläger in seiner Hand kreisen und kam ein paar Schritte auf uns zu. Er fletschte die Zähne und sah aus als würde er sich darauf freuen, mir gleich so richtig das Fressbrett zu polieren.
In dem Moment hatten ihn die Männer hinter ihm eingeholt. Der Erste trat ihm in die Kniekehlen und Aygün krachte zu Boden. Dann fielen die anderen Bären über den Wolf her. Sie prügelten mit Baseballschlägern auf ihn ein und hielten sich nicht zurück. Er versuchte sich mit seinen Armen gegen die Homerunboys zu schützen und seine Arme brachen krachend unter dem Hartholz der Sportgeräte. Er schrie und fluchte, doch Gnade hatte er nicht zu erwarten. Die Bären schlugen mehrere Minuten auf ihn ein, selbst als er schon regungslos am Boden lag. Das Geräusch der Schläge veränderte sich von einem dumpfen Aufprall zu einem Schmatzen, als sein Fell mehr und mehr aufplatzte und vom Blut durchtränkt war. Einer der Bären hatte sich bisher nicht bewegt und sah nur zu. Jetzt kam er auf uns zu und überreichte mir mit einem Nicken einen fetten Umschlag.
“Können wir gehen?” fragte ich den schweigsamen Bären.
Er blickte mich ausdruckslos an, drehte sich um und drosch ebenfalls auf den am Boden liegenden Bikerkönig ein. Ich schnappte mir Lisa und verließ die Gasse so schnell wie möglich. Burgerhunger hatte keiner mehr von uns. Wir gingen schweigend zur Bahn und koksten auf der Bahnhofstoilette den Rest von ihrem Zeug weg. Danach fickten wir wieder und fuhren zu ihr. Zu mir nach Hause wollte ich nicht, wer weiß wer da wartet. Vielleicht kann ich nie wieder zu mir. Wer einen Pakt mit dem Teufel eingeht, muss bereit sein alles zurück zu lassen. Doch jetzt stellt sich die Frage, wer würde es mit den Bewohnern einer Bärenhöhle aufnehmen? Ich bin gefickt und zwar nicht auf die angenehme Art. Lisa schlief schon lange, ich rauchte und ging gedanklich das Tierreich durch. Ich musste wieder auf Großwildjagd gehen.