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Von Vorurteilen und roten Lippen
Er hatte es schon kommen sehen. In ihrer Verkleidung, dieses Jahr im Dirndl, wird sie ihn über die Tanzfläche und quer durch den Klub an der Hand hinter sich herziehen und obwohl er weiß, dass er sie, so sehr er auch will, nicht haben kann, lässt er es mit sich machen.
Wieso sonst würde er es zulassen, wenn nicht dieses rundliche, süße und doch feminine Gesicht ihn zum träumen anregte.
Den Traum von einer Bilderbuchbeziehung, ohne Probleme und mit bedingungsloser Zuneigung, unbeachtet der kleinen und großen Ticks.
Sie hält an, nachdem wir uns knapp 20 Minuten durch den überfüllten Raum gekämpft haben.
Die Musik ist übertrieben laut und der Schweiß der 400 tanzenden Gäste tropft von der Decke runter auf dessen Produzenten.
-„Wollen wir eine Rauchen?“
Ich nicke und hole meine Schachtel raus.
Sie lächelt, zieht mich an sich ran und gibt mir einen Kuss auf die linke Wange.
Es bleibt ein comicfähiger Lippenstiftabdruck und ein charmant lächelnder jemand zurück, in dem gerade wieder Träume aufgewirbelt wurden und auch sie schaut mich mit Augen an die einem Tief in die Seele blicken können.
Dies ist wieder so ein Moment, wo ich mich frage ob bei ihr wohl doch ernsthaft was an mir liegt.
Ich entschied mich dafür, bei meiner alten Einschätzung zu bleiben und es beim Träumen zu belassen.
Diese Wahl bestätigte sich als richtig, nachdem sie, natürlich nach der genüsslich gerauchten Zigarette, blitzschnell verschwand.
Wahrscheinlich hatte sie ihren Freund gesehen.
Ihr 19 jähriger, blonder und großer Freund war zufällig auch ein guter Freund von mir, was die ganze „Sache“ zwischen mir und ihr noch etwas verschärfte.
Die beiden waren nun knapp 2 Jahre zusammen, was im allgemeinen Verdutzen erregt.
Sie hatte nicht gerade den besten Ruf.
Ein leicht zu kriegendes Mädchen, die schon öfters mit anderen rum gemacht haben soll.
Eine echte Schlampe halt.
Da fragt man sich was, den Freund dazu bewegt solange zu ihr zu halten.
Ob es aus Angst ist, weil er sie wirklich liebt, oder weil er Angst hat nach ihr niemanden mehr zu finden.
Ich jedenfalls war des Wahrheitsgehalts dieser Erzählungen nicht sicher.
Die salzige Luftfeuchtigkeit des Raumes, hatte jegliche Flüssigkeit aus meinen Rachen entfernt, so dass ich keine andere Wahl hatte als zur Theke zu gehen und mir ein Bier zu holen.
Übertrieben teuer.
Als ich endlich wieder draußen war, war es auch schon tief in der Nacht.
Ich zündete mir noch eine Zigarette an, zog tief ein, atmete aus.
-„Oh, Fuck. Was eine Frau“
Ich fuhr nach Hause. Wahrscheinlich werde ich sie erst nächstes Jahr wiedersehen.
Ich freu mich drauf.