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Von Hund und Katze

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19.08.2001
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Von Hund und Katze

"Hör zu, Hund" sagte die Katze, "laß uns Frieden schliessen, okay?". Der Hund knurrte und musterte jede Bewegung der Katze. Sie hatte angefangen zu schnurren und bewegte sich mit aufgerichtetem Schwanz in seine Richtung. Sie ließ sich, einen Sicherheitsabstand einhaltend, vor dem Hund nieder und drehte sich auf den Rücken, wohl darauf bedacht, jederzeit loszusprinten, falls der Hund einen Angriff starten sollte. "Ach komm schon! Vergeben und Vergessen, okay?". Der Hund überlegte.
"Hör zu, Katze. Von mir aus schließen wir Frieden. Aber halte dich diesmal gefälligst daran, klar?"
Die Katze sprang auf, trippelte zu ihm rüber und schmiegte sich, laut schnurrend, an sein dunkelbraunes Fell. "Natürlich, Hund!".

So verbrachten Hund und Katze die Tage in Frieden miteinander. Sie hatten den gleichen Schlafplatz, fraßen aus dem gleichen Napf, ja sie spielten sogar miteinander! Der Hund fragte sich mit jedem Tag mehr, wie er nur jemals wütend auf so ein liebevolles und schönes Geschöpf wie die Katze hatte sein können. Er beschützte die Katze, wo es nur ging und umsorgte sie voller Zuneigung.

Tage, Wochen, Monate vergingen. Der Hund hatte sich längst an seinen Gefährten gewöhnt, die Katze jedoch begann unruhig zu werden. Sie war träge geworden in der letzten Zeit. Nachdem sich der Hund um alles gekümmert hatte, war nicht viel geblieben, worum sie sich Sorgen machen mußte. Kein anderes Tier konnte ihr zu Nahe kommen, ohne die rasiermesserscharfen Fänge des Hundes zu spüren zu bekommen. Irgendwie vermißte sie das. Ihr fehlte das Gefühl gejagt zu werden, die Spannung, der Nervenkitzel. So konnte es auf keinen Fall weitergehen, die Katze beschloss, mit dem Hund darüber zu reden.

Sie schlich auf leisen Sohlen zu ihrem Schlafplatz. Der Hund hatte es sich bequem gemacht. Er sah kurz auf, als er spürte, daß sich die Katze näherte und rutschte leicht zur Seite um ihr Platz auf dem von ihm vorgewärmten Boden zu machen. Er wußte, daß sie das mochte. Die Katze blieb jedoch vor ihm stehen und begann sich zu putzen. Als sie fertig war, sah sie den Hund an. Er schien zu schlafen.

"Hund?" sagte die Katze leise.
"Mhm?" Er schlief nicht.
"Hör mal, ich hab mir da was überlegt." Der Hund öffnete ein Auge und beobachtete sie.
"Und zwar?"
"Wie soll ich sagen... das funktioniert irgendwie nicht."
"Was denn?" Der Hund richtete sich langsam auf und streckte sich.
"Na, das hier. Das haut nicht hin."
Der Hund sah sich um "Weiß nicht, was du meinst."
Die Katze wurde etwas ungehalten.
"Verdammt nochmal, Hund! Das mit uns beiden haut nicht hin! Merkst du das denn nicht?"
Der Hund schien überrascht "Findest du? Ich dachte, wir zwei hätten das ganz gut drauf."
In diesem Moment überkam die Katze ein unglaubliches Haßgefühl. Wie konnte dieser bescheuerte Köter zufrieden sein mit dieser Situation? Hatte er denn gar keinen Antrieb? Was waren Hunde nur für dumme, unterwürfige, erbärmliche Kreaturen.

Die Katze richtete sich auf und machte einen Buckel.
"Hund, du bist das dämlichste Tier, das mir jemals über den Weg gelaufen ist!"
Der Hund zog die Augenbrauen zusammen und grummelte "Was soll denn das bitte heißen?"
"Na, was denkst du was es heißen soll, du bescheuerte Flohquaste?"
Das Nackenfell des Hundes sträubte sich, als er sich langsam aufrichtete. Er hatte begonnen zu knurren.
"Flohquaste? Was ist dein Problem, du Miststück?"
Das Fell der Katze stand nun ebenfalls in alle Richtungen weg. Sie versuchte einen größeren Buckel zu machen und drehte sich seitwärts um ihr Volumen zu vergößern.
"Du bist mein Problem, du Idiot! Ich hasse das Futter! Ich hasse es, daß du mich immer beschützen willst! Ich hasse es träge herumzuliegen! Und vor allem hasse ich dich!" Sie machte einen Satz vorwärts und zog dem Hund mit ihren Krallen eine blutige Spur über dessen Schnauze. Der Hund zuckte zusammen und jaulte laut auf. Blut sickerte aus den tiefen Kratzern. Der Hund warf der Katze einen tödlichem Blick zu.
"Du hast gerade dein Todesurteil unterschrieben!" grummelte er.
"Ach ja?" fragte die Katze trotzig. Ihr war keine bessere Antwort eingefallen.
"JA!" kläffte der Hund und sprintete los. Die Katze wirbelte herum und gab Vollgas.

Die zwei fegten aus dem Haus in den Garten. Die Katze spürte, wie wieder Leben in ihre Glieder schoß. Dieses Gefühl war toll! Endlich wieder lebendig! Der Hund jagte die Katze durch den Garten, ehe sie ihre Jagd auf dem Gehsteig fortsetzten. Er jagte sie die Straße hinuter, am Museum vorbei bis zum großen Spielplatz. Die zwei fegten am Supermarkt vorbei und fast hätte der Hund die Katze vor Kirche auf dem Hauptplatz erwischt. Die zwei verwüsteten einen Eisenwarenladen, als die Katze sich entschloß, einen Abstecher durch diesen zu machen. Die Leute wichen erschrocken zurück und dachten an Tollwut oder Schlimmeres. Die beiden rannten und liefen und hetzten. Ein paar Mal spürte die Katze den heissen Atem des Hundes ganz knapp hinter sich oder hörte sein Gebiß in erschreckender Nähe nach ihr schnappen. Aber er erwischte sie nicht. Und sie konnte ihn nicht abhängen. Also liefen sie weiter. Die Jagd dauerte ganze 24 Stunden.

Am nächsten Tag, zirka um die Zeit, in der sie gestern losgelegt hatten, liefen die beiden mit letzter Kraft in ihren Garten. Die Katze wirbelte herum und hob beschwichtigend die Pfoten. Der Hund bremste mit seinen Hinterpfoten und fiel sofort auf den Bauch. Die Katze rollte sich zu Seite. Beide atmeten schnell und flach und lagen nur einen Meter auseinander. Sie musterten sich gegenseitig. Der Hund war müde, wollte aber nicht aufgeben. Die Katze war ebenfalls müde und aufgeben wollte sie schon vor 20 Stunden, hatte dann aber doch nicht den Mut dazu.

Die beiden erholten sich eine Weile, sich gegenseitig mißtrauisch beäugend, jederzeit darauf gefaßt, wieder loszusprinten. Die Katze überlegte kurz. Ja, so konnte sie das wohl hinbekommen. Sie stand auf, hob den Schwanz senkrecht in die Höhe und begann zu schnurren.

"Hör zu, Hund" sagte die Katze, "laß uns Frieden schliessen, okay?".

[ 09.06.2002, 12:50: Beitrag editiert von: grOOvekill@ ]

 

Hi grOOvekill,

Da ich ein echter Hund und Katze Fan bin, habe ich mir heute Morgen deine Geschichte zu gemüte geführt.
Und ich muß sagen, ich fand sie klasse.
Eine wirklich schöne Story, die man sogar gut seinen Kindern vorlesen kann.
Irgendwie erinnerte sie mich sogar an die Beziehung zwischen Geschwistern. ;)

Also. schöne Geschichte, die ohne viel Tamtam auskommt.

Lob von mir

Rub.

 

Hallo groovekill,
ich finde Deine Geschichte sehr gut. Hab sie ausgedruckt und werde sie meiner Tochter vorlesen.
Ein paar Anmerkungen habe ich aber doch:

Er sah kurz auf, als er spürte, daß sich die Katze näherte und rutschte leicht zur Seite um ihr Platz auf dem von ihm vorgewärmten Boden zu machen. Er wußte, daß sie das mochte. Die Katze setzte sich vor ihm auf den Boden und begann sich zu putzen. Als sie fertig war, sah sie den Hund an.
Zweimal das Wort Boden.

Die Katze wirbelte herum und gab Vollgas.
Ich finde „Vollgas“ paßt irgendwie nicht zum Stil.

als die Katze sich entschloß, einen Abstecher durch ihn hindurch zu machen.

Klingt irgendwie holprig.

Und am Ende finde ich 24 Stunden ein wenig doll. Zwei Stunden sind OK. Aber 24 schaffen nur genmanipulierte, bestrahlte Monsterviecher.
Sind ja alles nur Kleinigkeiten und Andere mögen das OK. Finden.
Mir hat die Geschichte trotzdem gefallen
Gruß Manfred

 

Danke für den Hinweis Dreimeier. Hast recht, ich habe die Passagen dementsprechend geändert.

Das mit den 24 Stunden finde ich schon ganz okay. Ist halt etwas übertrieben. Deswegen habe ich's ja auch in der Märchen-Section gepostet. Ich sage nur: Kater in Stiefeln, Riesen, Teufel mit drei goldenen Haaren und so...

:lol: :lol: :lol:

[ 09.06.2002, 12:54: Beitrag editiert von: grOOvekill@ ]

 

Nette Fabel über die Natur der Beziehung zwischen Hund und Katze.
Ist schon richtig im Fantasy-Forum, deshalb stören die 24 Stunden auch nicht so. Ich meine, wenn die Biester sprechen können, dann können sie wohl auch einen ganzen Tag lang laufen. ;)
Das Ende hab ich ab den 24 Stunden allerdings kommen sehen, aber trotzdem schafft der Schluss den Eindruck von Geschlossenheit.
Die von Dreimeier genannten Stellen fand ich allerdings auch etwas unpassend ("vollgas" passt do gar nicht zum übrigen Stil).
Diese Stelle fand ich auch insgesamt nicht so gut:

"Du hast gerade dein Todesurteil unterschrieben!" grummelte er.
"Ach ja?" fragte die Katze trotzig. Ihr war keine bessere Antwort eingefallen.
"JA!" kläffte der Hund und sprintete los. Die Katze wirbelte herum und gab Vollgas.
Da hätte ein etwas "eloquenterer" Dialog mehr Wirkung gezeigt. Aber so ist es auch okay.

Wenn das Geschehen der Story sich ewig fortsetzt, ist der dumme in dieser Story eindeutig der Hund, oder?
Was mein Bild von Hunden natürlich voll und ganz bestätigt. :lol:

 

Hallo Groovekill,

seltsam für mich ist deine Geschichte keine, die von Hund und Katze handelt auch wenn die beiden Hauptfiguren Hund und Katze sind. Für mich waren das Mann und Frau und sozusagen Szenen einer Beziehung.
Gegensätzliche Charaktere schließen sich zusammen, eigentlich weiß man von vorneherein, es kann gar nicht gut gehen, aber man tut es trotzdem. Eine Weile geht es gut. Dann bricht aus dem Einklang alles heraus. Binnen ganz kurzer Zeit ist plötzlich nichts mehr wie es mal war. Aus Frieden wird ohne Vorwarnung Zerstörung, Krieg.
Bis jeder der Gegner einsehen muß, dass es nichts einbringt, dass er am Ende alles verliert, dass Krieg schlimmer ist als Langeweile und Stumpfsinn.
Gut gemacht deine Geschichte, für mich also eher eine Parabel auf das Zusammenleben zwischen Menschen.
Ich wünschte du würdest eine noch eindringlichere Sprache verwenden. Dann wär die Geschichte genial.

Aber gefallen hat sie mir trotzdem gut.Und besonders gefallen hat mir, dass dein Schluß Lösungen offen läßt. Mein erfährt nicht, ob sie nun wieder in ihre gemeinsame lange Weile gehen werden oder ob sie sich danach trennen werden und nur zum Verschnaufen Waffenstillstand geschlossen haben.
Das läßt Raum zum Nachdenken.

Gruß lakita

 

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