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Von einem Wesen, das loszog, um verstanden zu werden

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09.11.2018
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Von einem Wesen, das loszog, um verstanden zu werden

Meine Geschichte handelt von einer Freundschaft.
Von einem, der nicht aufgab und schließlich eine unzertrennliche Freundschaft fand.

Ich möchte dir zu Beginn den Schmerz vorstellen.
Der Schmerz hatte ein kräftiges, ruhiges und aufmerksames Wesen.
Stets trug er einen kleinen Rucksack auf dem Rücken. Mit Dingen, die er auf seinen Lebensreisen eingesammelt hatte.
Diese Dinge waren Erinnerungen.
Manche waren schwer und dunkel, andere wiederum leicht und scharfkantig. Keine Erinnerung glich einer anderen.
Er wusste nicht, warum er sie eingepackt hatte und gewissenhaft mit sich trug, warum genau das seine Aufgabe war.
Er war sehr gewissenhaft - niemals verlor er etwas. Er hütete die vielen Erinnerungen sicher in seinem Rucksack.
Er spürte, dass sie von Bedeutung waren. Er spürte, dass es irgendwo jemanden gab, mit dem er ihr Rätsel lösen konnte. Er wusste, dass irgendwo jemand ist, der ihm die Erinnerungen schließlich abnehmen würde.

Denn der Rucksack wurde von Zeit zu Zeit immer schwerer. Er konnte er nur noch langsam vorwärts gehen und sein Weg wurde immer beschwerlicher.
Dennoch vertraute er und machte sich auf eine lange Suche.

Es war kein einfaches Unterfangen für den Schmerz zu kommunizieren. Er hörte lieber zu, als selbst zu sprechen. Oft fielen ihm nicht die richtigen Worte ein.
Manchmal sprach er auch eine völlig andere Sprache und keiner konnte ihn verstehen.
Er hatte es nicht leicht. Er fühlte sich oft fremd in der Welt und konnte seinen Platz nicht finden. Manchmal fragte er sich, ob es tatsächlich das richtige war, was er tat.

Von Zeit zu Zeit klopfte er an Türen und wollte den Bewohnern zeigen, was er eingesammelt hatte. Er wollte den Rucksack auspacken und die wertvollen Erinnerungen mit anderen teilen. Er wollte endlich jemanden finden, der keine Angst vor ihm und seinen Erinnerungen hatte. Er sehnte sich, nach jemandem, der ihm zuhörte - der ihn verstand!
Aber jedes mal, bevor er überhaupt den Rucksack geöffnet hatte, misstrauten ihm die anderen. Ja, viele hatten sogar Angst vor ihm und seiner Erscheinung.
Er hatte eine Kraft, die viele mit Macht verwechselten. Und Macht kann Angst einflößen. Weil sie ihn nicht verstanden, konnten sie auch nicht verstehen, warum er an ihre Tür klopfte. So kam der Schmerz nie dazu seinen Rucksack zu öffnen, um zu sehen, was wirklich darin lag.

Der Hunger wusste zum Beispiel oft nicht, was der Schmerz ihm sagen wollte.
Jedoch war der Hunger auch meist sehr wohlwollend und lebensstark. So hatte er sowohl seine Berechtigung. Allerdings ließ er sich oft von vorschnellen Eindrücken lenken und war ein wenig ängstlich.
Aus Angst also, der Schmerz könnte sich aufdrängen, nicht mehr verschwinden, ein ungebetener Gast sein, der überfordert und fordert, wurde der Hunger laut oder er verstummte.
Daraufhin wollte der Schmerz etwas sagen, aber der Hunger verstand ihn nicht und verschloss seine Türe. Und so nahm er seinen Rucksack wieder auf und ging traurig davon.

Ein anderes Mal begegnete er der Trunkenheit. Von ihr wusste der Schmerz, dass sie offen und redselig war. Es war allgemein bekannt, dass sie sich gerne unterhielt und wenig Furcht hatte.
Doch die Trunkenheit, gastfreundlich wie sie war, öffnete dem Schmerz die Tür und gab ihm sofort etwas zu trinken. Der Schmerz versuchte etwas zu sagen, aber die Trunkenheit ließ ihn nicht aussprechen. So trank der Schmerz, weil er sehr durstig war von seiner langen und beschwerlichen Reise, und fiel sofort in einen tiefen Schlaf.
Als er wieder erwachte, war die Trunkenheit weg. Und der Schmerz fühlte die volle Wucht der Zweifel über sein Dasein.
Das Erlebnis mit der Trunkenheit, prägte den Schmerz noch lange. Waren seine Zweifel zu groß, suchte er die Trunkenheit auf und fiel in diesen tiefen ruhigen Schlaf.

Von einer Begegnung möchte ich dir gerne noch erzählen. Als der Schmerz auf die Wut traf.
Die Wut war eines der wenigen Wesen, die Teile des Schmerzes verstanden.
Allerdings konnten sie zwar die Worte verstehen, aber nicht deren Inhalt. Und so verdrehten sie alles gesagte und verstanden ihn einfach nicht.
Und man muss sagen, dass die Wut zweifelsfrei ein stolzes Wesen war, das sich nur ungern unterlegen fühlte.
Aber sie war auch sehr empathisch und setzte sich für andere ein. So hatte sie sehr wohl ihre Berechtigung.
Allerdings tat sie sich sehr schwer - wie alle anderen Wesen - wenn sie nicht verstand.
Und da sie ein sehr temperamentvolles Wesen war, geriet die Wut jedes Mal, wenn sie auf den Schmerz traf, ganz außer sich und konnte sich nur schwer beruhigen.

Du verstehst also, warum der Schmerz kein einfaches Dasein hatte, warum er sich oft allein fühlte.
Aber die Geschichte des Schmerzes ist eine Geschichte über eine Freundschaft.
Und so ging der Schmerz weiter und gab nicht auf.


Eines Tages stand er wieder vor einer Tür. Diese Tür war größer, schwerer und schöner, als alle Türen, an die er bisher geklopft hatte.
Der Schmerz hatte von diesem sehr versteckt lebenden zauberhaften Wesen schon gehört. Aber da die Geschichten, die ihm darüber erzählt wurden, so sonderbar klangen, glaubte er von Zeit zu Zeit nicht an dessen Existenz.
Und an diesem Tag hatte er die Tür gefunden. Dahinter wohnte
die Selbstliebe.
Als er dies erkannte, veränderte sich etwas in dem Schmerz. Der Rucksack fühlte sich auf einmal leicht an und er konnte sich endlich wieder aufrichten. Er spürt wie sein Körper kräftiger wurde und fest mit dem Boden unter ihm verbunden war.
Und da öffnete sich die Tür. ganz langsam glitt sie zur Seite.
Der Schmerz hört eine warme helle Stimme, er verstand das erste Mal jedes Wort und lauschte gespannt. Die Stimme fragte ihn: "Bist du, lieber Schmerz, wirklich und wahrhaftig bereit deinen Rucksack zu öffnen?"
Zitternd antwortete der Schmerz: "Ja, Selbstliebe, ich bin dem Hunger, der Trunkenheit, der Wut und vielen anderen begegnet. Aber niemals wurde mein Rucksack leichter, niemals verstand ich und niemals wurde ich verstanden. Ich spüre, dass wir uns beide ergänzen und voneinander lernen können. Lass mich eintreten und ich will dir zeigen, was ich dir mitgebracht habe!"
Darauf hin hieß die Selbstliebe den Schmerz willkommen.
Der Schmerz öffnete seinen Rucksack und nahm Erinnerung für Erinnerung heraus.
Zu beider Freude und Überraschung hatte die Selbstliebe zu jeder seiner Erinnerung ein Gegenstück in einer Truhe. Sie holte das passende Stück heraus und erzählte ihre Geschichte zu der Erinnerung. Und so verbanden sich seine Fundstücke mit ihren und wurden zu einer neuen vollendeten Erinnerung, die sie in ein wunderschönes Regal stellten und sich daran freuten.

Außerdem hatte die Selbstliebe die große Fähigkeit den Schmerz, sowie die Wut, die Trunkenheit den Hunger und alle anderen Wesen zu verstehen.
Als der sich ihr schließlich öffnete und von seiner beschwerlichen Reise, seinen Zweifeln und Ängste der vergangenen Zeit erzählte, fasst die Selbstliebe einen Entschluss.
Jedes Mal wenn der Schmerz auf eines der Wesen traf, kam sie dazu und vermittelte.
Fortan gab es keine Missverständnisse zwischen dem Schmerz und der Trunkenheit oder einem anderen Wesen. Die Selbstliebe berührte stets beide mit ihren warmen Händen und übersetzte.
So veränderte sich das Leben des Schmerzes. Er trug nie mehr als ein paar Erinnerungen in seinem Rucksack und wanderte stark und mutig umher. Er wusste nun, wo sein Platz war - nämlich überall - und warum es ihn gab. Er hatte keine Angst nicht mehr verstanden zu werden, weil er um die Freundschaft mit der Selbstliebe wusste und auf ihre Hilfe vertrauen konnte.

 

Hallo @Marialu,

Deine Geschichte läßt sich sehr leicht und angenehm lesen, der Erzählstil gefällt mir ziemlich gut.

Der Inhalt bzw. die Aussage ist in meinen Augen schwierig. Selbstliebe als vermeindliches Heilmittel und Sinnstifter des Schmerzes ist doch trügerisch und kann doch sehr gefährlich sein, oder nicht? Verstehe mich bitte nicht falsch, meine Meinung soll hier gar nicht Thema sein. Ich schreibe das nur, weil ich den Verdacht habe, daß Du vielleicht mit "Selbstliebe" etwas anderes meinst als ich und viele andere darunter verstehen und, daß dadurch Mißverständnisse auftreten könnten.

Ansonsten möchte ich anmerken, daß Du gerade am Anfang fast in jedem zweiten Satz mit dem Wörtchen "Er" beginnst. Ein wenig Abwechslung im Satzbau würde den Text ordentlich aufwerten. Solltest Du den Text noch dahingehend überarbeiten wollen, achte aber bitte darauf, die Einfachheit beizubehalten.

Ich hoffe, Du kannst damit was anfangen!

Viele Grüße,

Theodor

 

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