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Von den vielfältigen Leiden eines modernen Rauchers

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18.01.2004
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Von den vielfältigen Leiden eines modernen Rauchers

Einer der Gründe, warum ich nie in den Vereinigten Staaten leben könnte, ist die Raucherdiskriminierung. Zumal jetzt, wo Lucky Luke als letzter aufrechter Nikotin-Cowboy zum Graskauer geworden ist.

Dabei sehe ich durchaus ein, daß man als Raucher gewisse Höflichkeitsregeln zu beachten hat. Ich kann es ja selbst nicht ausstehen pausenlos eingenebelt zu werden. Aber jedes Mal, wenn ich mir eine Zigarette anzünden will, als Staatsfeind N° 1 betrachtet zu werden, geht mir dann doch zu weit. Was ist es da für eine Erleichterung die Grenze nach Kanada zu überschreiten, jenem Land, in dem ein kleines Häufchen tapferer Genussmenschen dem geballten Gesundheitswahn der US-Bürger die Überzeugung entgegensetzt, daß der Drink am Abend mit Zigarette einfach doppelt so gut ist.

Allerdings muß man als Raucher nicht nach Amerika fliegen, um zu merken, daß man sich mehr und mehr auf verlorenem Posten befindet. In Freiburg, der selbsternannten Ökohauptstadt Deutschlands, ist diese Form der freiwilligen Selbstvergiftung schon lange „out“ – wenn, dann nuckelt man höchstens mal an einem Joint. So kommt es, daß man stundenlang durch die Universität gehen kann, einst Hochburg kettenrauchender Weltverbesserer, ohne jemanden zu finden, den man anschnorren kann, oder, sollte das gelungen sein, weil der Betroffene sich gerade zur Abstinenz bekehren ließ und das letzte Päckchen verschenkt, ein Feuerzeug zu finden. Gibt es etwas Frustrierenderes, als sich im Besitz einer hart erkämpften Zigarette zu befinden und sie dann nicht anstecken zu können ?

Nur in der Chirurgie ist noch alles im Reinen – da wird die für das Putzen des Operationssaales nötige Pause weiterhin in Zigarettenlängen angegeben. Und dann gibt es natürlich noch das Büro meines Profs., ein letztes verqualmtes Refugium, das zu stürmen die Gesundheitsapostel nicht gewagt haben, im hauseigenen Jargon besser bekannt als „die Räucherkammer“. Ein Versuchslabor, das der Frage nachgeht wie lange der Mensch auch bei einem Luftsauerstoffanteil im Negativbereich noch konstruktiv denken kann. Manchmal kommt mir der Verdacht, daß Prof. Sievers und ich nur aufgrund unserer gemeinsamen Nikotinsucht gut miteinander auskommen – instinktiv wissen wir, daß wir als Angehörige einer aussterbenden Rasse zusammenhalten müssen.

Immer wieder werde ich vorwurfsvoll gefragt: „Du bist Ärztin und rauchst ?“
Darauf gibt es nur eine akzeptable Antwort: „Wenn ich von zwei schlechten Angewohnheiten eine aufgeben müsste, dann die Medizin.“ Was langfristig auch die meiner Gesundheit zuträglichere Entscheidung wäre.

Darüber hinaus erzieht das Rauchen. Raucher lernen zum Beispiel früh Prioritäten zu setzen. Als ich mich eines Tages mit Tina und Ellen im Hochschwarzwald verirrte und wir damit rechnen mussten, die Nacht im Freien zu verbringen, kontrollierte Tina als erstes wie viel Wasser wir übrig hatten – und Ellen und ich die verbleibenden Zigaretten. Wir kamen auf fünf, was weitere Diskussionen bezüglich des Procederes überflüssig machte. Eine Nacht lang mitten im Wald zu sitzen hätte uns nicht so viel ausgemacht – aber ohne Zigaretten ?

Am schlimmsten ist für uns Süchtige das Fliegen. In einem Bericht im Radio hörte ich, daß einige Passagiere auf Nichtraucherlangstreckenflügen unter solchen Entzugserschei-nungen leiden, daß sie Sitznachbarn und Crewmitglieder anreifen. So weit ist es mit mir noch nicht gekommen, aber manchmal lag der Gedanke schon nahe. Zumal wenn sich die Lage nicht einmal nach der Landung verbessert.

Im Transitbereich des Bangkoker Flughafens zum Beispiel müssen sich alle Raucher in winzigen, sauerstofflosen Glaskästen zusammenfinden, um ihre Umwelt nicht zu belästigen. Das hat viele Vorteile. Zum einen ist es kostengünstig, denn wenn man die Türe öffnet, kann man sich das Anzünden der eigenen Zigarette sparen – das Nikotin-Luft-Ungleichgewicht ist mehr, als die geteerteste Lunge verträgt. Zum zweiten macht man eine Reihe neuer Bekanntschaften, während man sich im Nebel zu einem freien Platz vortastet. Ungefähr so habe ich mir immer einen Darkroom in einer Schwulenbar vorgestellt. Und wenn man in das nächste Flugzeug steigt, stinkt man so unerträglich, daß niemand den freien Sitz nebenan mit Beschlag belegt. Leid tut mir eigentlich nur das Reinigungspersonal, das das Aquarium in regelmäßigen Abständen (wahrscheinlich mit Gasmasken) betreten muß, um die Leichen derjenigen zu entsorgen, die es nicht mehr bis zum Ausgang geschafft haben.

Ein echter Schock war für mich allerdings der Mailänder Flughafen Malpensa. Ausgerechnet in Italien, der Heimat lässiger Raucher und gutgekleideter Bonvivants, dem Herkunftsland der Alitalia, deren Stewardessen sich gerne mal heimlich in der Bordküche eine anzünden und dort – wie ich dankenswerter Weise erleben durfte – auch Passagiere auf Entzug mit typisch italienischer Herzlichkeit willkommen heißen, ausgerechnet hier gibt es einen internationalen Flughafen mit striktem Rauchverbot. Keine verschämt in eine Ecke abgedrängten Aschenbecher, keine ausgewiesenen Quarantänezonen für qualmende Außenseiter, nur ein paar selenlose Schilder, die dem gemarterten Transkontinentalreisenden furchtbare Strafen androhen, sollte er schwach werden. Aber Gott sei Dank haben sich die Italiener noch nie um wie auch immer geartete Vorgaben gekümmert und so finden sich selbst hier noch einige aufrechte Streiter, die demonstrativ paffend ihre Bürgerrechte verteidigen. Meistens stehen sie dabei direkt unter einem der Verbotsschilder.

Bleibt die Frage – wie lange noch ? Wie lange werden wir Verfemten die Tatsache ignorieren können, daß die Gesellschaft uns nicht will ? Ich sehe es kommen: einige Charakterschwache werden dem Druck von außen nicht Stand halten und zu fanatischen Nikotinfeinden konvertieren, andere werden Opfer von Lungenkrebs und der Rest wandert in die arabische Welt ab, Paradies aller Raucher dieser Erde und letzte Hoffnung der tabakproduzierenden Länder. Und dann wird eine weitere jahrtausendealte, kulturprägende Rasse vom Antlitz unserer Erde verschwunden sein, der stolze, einst allgegenwärtige homo fumans europeensis. Friede seiner Asche !

 

Hallo Soraya,

nette Gedankenaneinanderreihung, in der ich allerdings das Ding mit der enorm hohen Tabaksteuer vermisse. Schließlich - welche Probleme würde es Väterchen Staat bringen, wenn alle Raucher ihr Laster aufgeben würden?!

Zwei Dinge allerdings habe ich zu bemäkeln:

Ich finde, Dein Text würde eher in die Rubrik "Alltag" oder "Gesellschaft" passen. Für "Humor" sind mir persönlich zuwenig Schmunzler drin.

Punkt zwei ist, daß Dein Text eigentlich keine Geschichte ist, sondern eher s.o.

Du könntest aber versuchen, eine humorvolle Geschichte daraus zu bauen, indem Du einfach ein paar absurde persönliche Erfahrungen einfließen läßt. Welcher Raucher hat diese schließlich nicht in der heutigen Nichtraucherwelt?! ;)

Ein paar Schreibfehler sind mir noch aufgefallen. Leider habe ich jetzt nicht mehr die Zeit, sie herauszusuchen. Laß doch einfach mal ein Rechtschreibprogramm drüberlaufen.

Ich hoffe, meine Kritik ist nicht zu negativ ausgefallen!

VG

Petra

 

Moin Soraya,

Ich schließe mich meiner Vorrednerin einfach mal an. Der Text ist auf jeden Fall flüssig geschrieben und liest sich locker und schnell. Richtig lachen mußte ich zwar nicht, aber der Text war ganz amüsant (auch für mich als Nichtraucher).

Allerdings vermisse ich auch einen roten Faden, der die einzelnen Gedanken miteinander verbindet. Wenn du da noch eine Geschichte draus machen könntest, würde es mir sicher besser gefallen. Denkbar wäre vielleicht, daß deine Protagonistin von ihrem Prof zu einem Ärztekongreß nach Italien geschickt wird. So könntest du zB sein veräuchertes Büro, das Flugzeug und den Flughafen unter einen Hut bringen. In seiner jetzigen Form erinnert dein Text mich mehr an einen Zeitungsartikel, als eine Geschichte.

 

Hallo Soraya,

ich kann mich meinen Vorrednern nicht anschließen. Lass den Text so, wie er ist. ;) Man muss nicht aus allem und jedem eine Geschichte zimmern. Mir haben sie gefallen, Deine Gedankengänge einer Süchtigen. Mit viel (Wort)Witz erzählt, haben sie mir manchen Schmunzler entlockt.

Du hast einen schönen, klaren Stil, Du weißt, wie man eine Pointe aufbaut - und Du hast einen Plot. Was will man mehr? Die nächste Geschichte natürlich :)

Kleinkram:

der Heimat lässiger Raucher und gutgekleideter Bonvivants,...
Hier bin ich über den Bonvivant gestolpert, den ich eher in Paris denn in Mailand erwarte. Nimm doch die italienische Bezeichnung für Lebemann - und schon stimmts wieder.
nur ein paar selenlose Schilder,...
seelenlos

Schön fand das Bild des graskauenden Lucky Luke (auch wenn der eigentlich aus Belgien und nicht aus den USA kommt) und der versteckte Hinweis auf Asterix

jenem Land, in dem ein kleines Häufchen tapferer Genussmenschen...
Der ganze amerikanische Kontinent ist von Nichtrauchern besetzt. Der ganze amerikanische Kontinent? Nein, ein kleines Land im Norden leistet Widerstand :D Naja, vielleicht interpretiere ich jetzt einfach zu viel hinein :rolleyes:

Bevor ich mich weiter lächerlich mache, suche ich mir jetzt einen Grashalm.

Viele Grüße von einem Konvertierten :)
George

 

Ich finde dein text gut, und zudem hast du leider recht. Als ich an Flughafen in Orlando zwischenlanden musste, wurden wir auch in ein Glasskäfig eingesperrt. Ok.. Wir haben uns selber eingesperrt, um zu rauchen. Es ist nicht zu glauben was manche Menschen über sich ergehen lassen um an einer Nikotin Stange zu nuggeln. Aber nach 13 std Flug ist man zu allem bereit.

Auch in der Schweiz ist es heutzutage unmöglich nach einem anstrengenden Flug sich eine anzuzünden. Ich persönlich stelle mich bei der Koffer Abgabe immer in einer ecke, mit meinem Becher Wasser und rauche eine. Egal ob dort ein Nichtraucherzone ist oder nicht. Es ist unglaublich. Sobald ich mir dann eine angesteckt habe kommen immer mehr Leute und Gesellen sich zu mir. Bis dann schliesslich eine an uns gerichtete durchsage bittet, mit dem rauche aufzuhören, da es sich hier ja schliesslich um eine Nichtraucherzone handelt.

Frechheit.

 

Moin!

Der Text als solcher ist tatsächlich nicht schlecht. Aber...

Für meinen Geschmack viel zu wenig geschichtig. Er ist eine hervorragende Kolumne zum Thema "Rauchen", aber als Erzähltext ist er mir zu sprunghaft, handlungslos und zu sehr auf Argumentation des Themas bedacht. Es gibt keine Entwicklung, keinen Konflikt, nicht einmal eine Charakterisierung der Prota (ausser, dass sie gerne raucht), sondern eher eine Ansammlung von Anekdoten und Ansichten.

btw: Das mit der Erziehung und der Nacht im Wald hab ich nicht kapiert? Sind sie dann doch zu Fuß heimgegangen, weil sie nix zu rauchen hatten? :confused:

Soll heißen: Sprachlich klasse, zwar wenig humorig, aber gut formuliert. Erzählerisch leider eher Brachland.

Gruß,
Horni

PS: Als Ex-Raucher kann ich auf solcherlei Leiden mittlerweile mit einem hämischen nelsonartigen "Ha-ha!" reagieren! :p

 

Nur eine Woche nicht online (mußte umziehen) und so viele Antwortschulden - tut mir wirklich leid.


@ Petra: über die Tabaksteuer kann ich nicht lästern, weil ich sie eigentlich richtig finde. Auch die Krankenkassenbeiträge für Raucher sollten eigentlich erhöht werden, aber das wäre wohl schwierig umzusetzen.

Ansonsten hast Du (und alle nachfolgenden) recht, es ist tatsächlich mehr eine Kolumne. Eigentlich hatte ich es anders geplant, aber dann floß es von sich selbst aus so hübsch dahin und es fällt mir sehr schwer fertige Texte im Nachhinein völlig neu zu gestalten. Das klappt dann meistens nicht mehr.

Oh je Rechtschreibung und Interpunktion - meine beiden grossen Schwächen. Dabei habe ich das sogar mal unterrichtet. Sehr peinlich. Werde mir mal ein neues Wordprogramm besorgen (arbeite noch mit dem 98er) und mich korrigieren lassen.


@ George - schön zu hören, daß ich nicht als einzige meine Bildung hauptsächlich aus Comics beziehe.
Aber kannst Du mir sagen, was das italienische Äquivalent für Bonvivant ist ? Ich habe jetzt wirklich darüber nachgedacht, aber es fällt mir nichts ein.

Ansonsten natürlich Danke für das Lob - da streckt mein Ego doch gleich wieder ein wenig die Brust raus.


@ Schweizer. Bin Samstag früh in Zürich. Treffpunkt Klöthen - laß uns für unsere Raucherrechte kämpfen. An welchem Papierkorb stehst Du ?


@ Horni: was heisst da kein Konflikt - komm Samstag früh nach Zürich Klöthen und Du erlebst den wahren Konflikt eines verzweifelten Rauchers. Nein, Du hast schon recht. Aber nicht rauchen zu dürfen ist für mich auch nicht gerade ein konfliktbeladenes Drama. ES MACHT MICH NUR EINFACH WAHNSINNIG !!!

Ansonsten - die Nacht im Wald ? Klar - irgendwo alleine in der Pampa hätte man ja durchgestanden. Aber ohne Zigaretten hätte furchtbares geschehen können. Da scheinen dann selbst 20 Kilometer über Stock und Stein in tiefster Dunkelheit recht annehmbar.

Und jetzt renne ich sofort in die Kälte, verstecke mich hinter der Eiche im Garten meines fundamentalistisch-nichtrauchenden Vaters und lebe mein Laster ! Jawoll !

Gruss
Soraya

 

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