Von den Toten zurück
Von den Toten zurück
An jenem trüben Tag im November, als Emily beerdigt wurde und die Gäste ihre Trauer kundtaten und anschließend erleichtert heimfuhren ? Beerdigungen sind etwas Entsetzliches, sagten einige, ganz besonders die an nebligen Novembertagen -, geschah etwas in Pauls Kopf. Mit den letzten Schaufeln nasser Erde, die von missmutig dreinschauenden Männern auf das Grab geschaufelt wurden, zersprang sein Geist zu einem irrsinnigen Zerrbild; es war, als öffnete sich im Vakuum seines Schädels ein blutroter Mund, der sein ganzes verzweifeltes Entsetzen hinausschrie und niemals damit aufhören würde. Ihm war klar, dass er ohne Emily nicht leben konnte und es auch nicht wollte. Wie denn auch? Sie hatten einander warm gehalten an kalten Tagen, Trost gespendet, wenn Tränen geflossen waren, und stets Freude verspürt, den geliebten Partner in der Nähe zu wissen. Paul zog es nie in Betracht, sie als Opfer widerlicher, sie zernagender Insekten in der kalten Erde zu lassen. Er war aber nicht so dumm, sich seinen Entschluss anmerken zu lassen. Was brächte es, überlegte er, würde er hier und jetzt in aller Öffentlichkeit seinen Protest hinausschreien? Man würde ihm Blicke zuwerfen und glauben, Trauer sei eine hässliche Krankheit, am Abend wäre er das Gesprächsthema in den Bars und Betten der Stadt, und irgendwann eine Karikatur, die belächelt wurde.
So kaufte er am nächsten Morgen in Bangor einige Bücher über die geheimnisvoll-ketzerischen Themen Tod, Totenbeschwörung und Wiederauferstehung. Paul las sie in atemloser Hast, sein Studium wurde lediglich von Schlafphasen unterbrochen, die einer Ohnmacht ähnelten. Er konnte sich nicht entsinnen, dass er während dieser Zeit außer wärmenden Tee Nahrung zu sich nahm. Es dauerte nicht sehr lange, bis er begriff, dass selbst der Tod nicht endgültig war. Er konnte auf göttliche Beihilfe hoffen, aber am sichersten erschien es ihm, wenn er die Wesen der Jenseitswelt herauf in diese Welt beschwor, die Kobolde und Hexen, und wenn es sein musste, auch den Teufel persönlich. Zum seinem größten Erstaunen gab es selbst darüber Bücher mit reißerischen Titeln, und ihm wurde klar, dass er die Welt nicht mehr verstand.
Von Beschwörungen zu lesen, war eine furchtbar komplizierte Angelegenheit, und mehr als einmal befürchtete er, seine Absicht müsse ihm misslingen. Die Warnungen in den Büchern machten ihm angst. Aber letztendlich war es eine Kleinigkeit, sein wahnsinniger Geist erfasste und umging alle Gefahren mit der spielerischen Leichtigkeit eines sich selbst überlassenden Kindes.
In der nächsten Nacht brach er in Millers Stall ein und stahl zwei Hähne, denen er, während er ihnen leise Entschuldigungen zumurmelte, den Kopf abschnitt und ihr Blut in einer Silberschale sammelte. Dann malte er mit Kreide einen großen Kreis auf den Boden, um den herum er neun Teelichter stellte und entzündete, und daneben zeichnete er ein Dreieck. In die Schale mit dem Tierblut gab er ein wenig Weihrauch und Styrax und, weil ihm Hähne zu minderwertig schienen, auch einige Tropfen seines eigenen Blutes, das er aus einer fix herbeigeführten, Besorgnis erregend ergiebigen Wunde am Handrücken schüttelte. Die Schale setzte er in das Dreieck und erhitzte sie mit einem weiteren Teelicht. Paul selber stellte sich in den schützenden Kreis und nahm mit einer erhabenen Geste eines der Bücher und zitierte die angegebene Beschwörungsformel und forderte Gylghaar, den Totengeist, auf, sich ihm zu zeigen. Das kochende Blut stank, aber es schien für das Jenseitswesen ein Geschenk zu sein, das es nicht ignorieren konnte.
Brausend näherte es sich bald und kam neben der Schale in dem gemalten Dreieck zum Stehen. Nach dem Verzehr des Blutes waren die Verhandlungen mit dem ziegenbärtigen, klumpfüßigen und höchstens einen Meter großen Gylghaar, von dem Paul eine Abbildung im Anhang des Beschwörungsbuches gesehen hatte, nicht besonders schwierig. Er erklärte sich bereit, Emily dem Reich des Todes zu entreißen, schwieg sich jedoch darüber aus, wie er das zu tun gedachte.
"Und was ist deine Forderung?", fragte Paul. Eine Kleinigkeit, hoffte er, wünsch dir eine Kleinigkeit: ein Buch mit Bannformeln, ein weiteres Blutopfer, das auf Kosten Millers ginge.
Aus Gylghaars schwarzem Teufelsgesicht mit den übergroßen Ohren und den gelben Augen drang schwefeliger Rauch hervor. "Dafür, dass ich deinen sehnlichsten Wunsch erfülle, verlange ich..."
"Ja?"
"Freiheit!"
"Freiheit?", fragte Paul ungläubig. Im Geiste sah er sich heftig den Kopf schütteln. "Aber das wäre mein Tod. Sobald ich die Formeln spreche, die dich vom Bann befreien..."
"Dir wird nichts geschehen", versprach der kleine Dämon. "Ich will in die Welt der Menschen, in die Welt des Tageslichts, nur nicht mehr zurück." Er rümpfte die Nase. "In den Schwefelklüften schlafe ich auf kalten Eingeweiden von Hyänen und Schweinen. Du weißt nicht, was dies bedeutet. Es ist..." Gylghaar hob die Schultern und verdrehte die Augen.
"Entwürdigend?", half Paul nach.
"So ist es." Gylghaars Maul klaffte zu einem hässlichen Lächeln auf. "Gibst du mir nun die Freiheit?"
"Nun..."
"Ich habe sie gefordert! Du musst sie mir geben!"
Zweifellos hatte der Dämon mit dieser Behauptung recht. Pakt war Pakt, das Buch in seiner Hand warnte davor, ihn zu brechen; Höllenqualen wären der Preis. Paul verzog das Gesicht, als er daran dachte, das Heim dieses Wesens kennen zu lernen.
"Also gut", seufzte er, "also gut." Er musste weiter nichts tun, als die Flammen der neun Teelichter auszublasen und die Linien des Kreises und des Dreiecks, die den Dämon bannten, zu verwischen. "Du bist frei, Dämon."
Jubilierend verflüchtigte Gylghaar sich zu einem nebligen Umriss seiner selbst und entfloh als Zwergenschatten durch die Ritzen des Haus.
In der übernächsten ruhelosen Nacht vernahm Paul ein leises Pochen an der Vordertür seines Hauses. Ein Gefühl aus hysterischer Freude und unkontrollierbarer Panik überkam ihn, als er die Tür öffnete und in Emilys blasses ruhiges Totengesicht schaute.
Erkannte sie ihn wieder, oder hatte sie nur zurückgefunden, weil ein Instinkt, gleich dem eines Tieres, sie zurück an den Futtertrog geleitet hatte? In ihren Augen war kein Anzeichen des Wiedererkennens. Sie schauten ihn an und doch durch ihn hindurch, aber ? zumindest das entdeckte er, und ein leises erleichtertes Stöhnen kam über seine Lippen -, es war nicht das Stieren einer hoffnungslos verblödeten Kreatur.
Das weiße Totenhemd, das sie trug, flatterte an ihrem Körper. Paul hoffte, dass niemand dieses verräterische Zeichen gesehen hatte.
"Komm herein", sagte er daher hastig und trat beiseite, aber Emily rührte sich nicht, als habe sie ihn nicht verstanden. Er musste sie am Ärmel ihrer hässlichen Kleidung fassen und mit sanfter Gewalt ins Haus geleiten.
"Ich freu mich so", sagte er leise und gab seiner heimgekommenen Frau nach einer innigen Umarmung einen Kuss, der nicht erwidert wurde. Die zerstörerischen Tage im Grab hatten bereits Spuren hinterlassen. Ihre Kleidung war an einigen Stellen zerrissen und größtenteils mit Friedhofserde beschmiert, lehmige Klumpen sah er auch in ihrem Haar, das er einst so gern zerwühlt und dessen Duft ihn so oft verführt hatte. Zwar nahm er den feinen Hauch von Fäulnis wahr, aber dieser Schaden war eher marginal und beunruhigte Paul nicht sehr. Schlimmer wäre gewesen, wenn Käfer und Spinnen ihren Körper erobert hätten. So war er voller Zuversicht, dass ein Bad in heißem Wasser und mit übertrieben viel Badeschaum den gröbsten Missstand beseitigen würde.
Er führte seine wiedererschienene Frau ins Badezimmer und drehte leise vor sich hinsummend beide Wasserhähne auf und gab betäubend nach Vanille riechenden Badeschaum hinzu. Dann entkleidete er Emily und rieb mit einem feuchten Handtuch den gröbsten Schmutz von ihr herunter und säuberte auch ihr Haar. Ein Schaudern durchfuhr ihn, als ihm klar wurde, dass dieser Körper, den er mehr liebte als seinen eigenen, viele Tage lang in völliger Finsternis und in kalter Erde gelegen hatte. Wie schrecklich, dachte er immer wieder, wie ein Tier verscharrt zu sein. Nun war Emily wieder bei ihm, und er wusste, dass er richtig gehandelt hatte.
Vorsichtig setzte er sie in die Badewanne und stellte das Wasser ab. Ein leise zischendes und in Regenbogenfarben schillerndes Gebirge aus Badeschaum reichte bis über den Wannenrand hinaus, so dass lediglich Emilys Kopf herausschaute.
Paul setzte sich zu ihr auf den Rand und erzählte ihr, wie sehr er sie vermisst habe und wie leer die Tage seit ihrem Abschied gewesen waren, wie still und alptraumhaft. Er fragte sich, wie viel Emily von dem, was er ihr gestand, wohl verstehen mochte. Sie war nicht mehr so wie früher, die tote Emily hatte mit der lebenden nicht sonderlich viel gemein. Aber ? obschon ihre Augen gebrochen waren und nicht mehr vor Vergnügen funkelten wie früher und ihre Schweigsamkeit bedrückend wirkte ? es war Emily, und er liebte sie. Wäre sie nicht aus der Erde gekrochen, hätte er alles versucht, den umgekehrten Weg zu gehen.
Eine weiße Hand tauchte aus dem Wasser auf, und er griff nach ihr. Trotz der Hitze des Wassers war sie eisig kalt. Das Fleisch unter ihren Fingernägeln, sah er, war dunkel, die Nägel allesamt rissig und abgebrochen, als hätte sie viele Stunden lang am widerspenstigen Holz ihres Sarges gekratzt. Wieder rann ihm ein eisiger Schauer den Rücken entlang, denn er wusste, genauso war es auch gewesen. Beinah konnte er das beharrliche Geräusch des Scharrens vernehmen.
Obgleich Paul gehofft hatte, ein Bad würde den unverblümten Duft des Todes, der Emily anhaftete, zumindest ein wenig abschwächen, bemerkte er nun doch, dass kaum eine Milderung eingetreten war; daher sprühte er sie ausgiebig mit einem Deodorant ein, ein Ritual, das er künftig dreimal am Tag wiederholte.
Im Keller des Hauses hatte er seiner Frau bereits ein Zimmer eingerichtet, an dem sie, wie er hoffte, Gefallen finden würde. So sehr ihn diese Einschränkung auch schmerzte, so wusste er doch, dass er ihr nicht das ganze Haus zur Verfügung stellen durfte, da die Gefahr einer Entdeckung zu groß wäre. Er dachte mit Schaudern daran, wie übel ihm seine kleingeistigen Nachbarn den verübten Frevel der Wiedererweckung ? und den der Dämonenbefreiung ? wohl nehmen würden. Insgeheim spielte Paul mit dem Gedanken, in eine andere, größere Stadt zu ziehen, in der die Leute vielleicht aufgeschlossen genug waren, ihm seine Rolle als Außenseiter ungefragt zu überlassen.
Später, sagte er sich, später.
Paul fand schnell heraus, dass Emily keinen Appetit auf gekochte Speisen mehr hatte; solche Nahrung verschmähte sie völlig, obgleich Paul sich die größte Mühe gab. Was er ihr auch reichte, das Ritual war stets das gleiche: Emily warf einen misstrauischen Blick auf den Teller und ließ das Essen dann erkalten. Wonach sie wirklich verlangte, begriff er schließlich, als er überraschend ihr Zimmer betrat und Emily dabei ertappte, wie sie in diesem Moment eine Spinne aus dem Dunkel unter dem Bett hervorklaubte, die sie offenbar mit neuerlangten Sinnen dort erspürt hatte, und sie sich mit einem leisen Grunzen in den Mund steckte.
Ein Gefühl leichten Grausens überkam ihn, als er das Bild vor Augen hatte. Er entsann sich eines Kapitels aus einem der Bücher, welches sich mit der Natur der aus dem Totenreich zurückgekehrter Menschen beschäftigte. Sie waren anders, manchmal ganz und gar anders, es machte ihnen nichts aus, lebendes Fleisch zu sich zu nehmen, vielleicht empfanden sie gar Freude dabei, den Schwall heißen Blutes die Kehle runterrinnen zu fühlen.
Stirnrunzelnd akzeptierte Paul Emilys Wunsch nach blutigerer Nahrung, als er ihr in der Küche je hätte zubereiten können, und brach erneut in Millers Stall ein. Diesmal stahl er ein Huhn, das er zu Emilys Füßen warf. Zum erstenmal, seit sie wieder bei ihm war, zeigte sie Anzeichen einer echten Emotion. Mit einem Fauchen stürzte sie sich auf das panisch aufflatternde Tier, packte es und biss ihm den Kopf ab.
Paul übergab sich brüllend und wankte zurück, seinen angewiderten Blick konnte er jedoch nicht abwenden, weil der Schrecken seine ganze Faszination ausstrahlte und ihn zu bannen schien. Emily riss den noch zuckenden Kadaver des Huhns auf und zerrte mit zu neuem Leben erwachter Begeisterung an den hervorquellenden Eingeweiden, die sie sich mit der Abgebrühtheit einer Maschine in den Mund stopfte.
Sie frisst, dachte Paul entsetzt und schaute ungläubig zu, wie weitere Batzen bluttriefenden und sehnigen Fleisches in ihren Schlund wanderten, ihr Gesicht war eine bizarre Maske aus Blut und Federn. Manchmal gab sie ein leises Knurren von sich, unentwegt bewegte sich ihr Kiefer. Am Boden weitete sich eine große Blutlache aus, in der Fleischreste und Hühnerfedern lagen. Obgleich er an solch profanen Gedanken im Moment kaum Gefallen fand, gratulierte er sich insgeheim zu der Entscheidung, dass er bei der Wahl der Zimmereinrichtung auf Teppiche und kostbare Polstermöbel verzichtet hatte, als hätte eine unhörbare Stimme ihm damals zugeflüstert, welch morbiden Geschmack die Toten haben konnten.
In den nächsten Tagen war er mehrmals unterwegs und suchte Hundezüchter auf. Er kaufte ihnen dann stets einen ganzen Wurf Welpen ab und sperrte die Tiere zunächst in ein Zimmer, das er Vorratskammer nannte. Pünktlich abends um acht Uhr warf er dann einen der Hunde in Emilys hungrige Fänge.
Sie starben ja schnell, sagte er sich, als müsse er sein Gewissen beruhigen, Emilys blutrünstiges Tötungsritual war sehr effizient und wenig schmerzhaft. Es dauerte immer nur wenige Sekunden, bis das panische Jaulen erstarb.
Da Emily jegliches zu Lebzeiten erworbenes Wissen verloren hatte, kaufte Paul ein Kinderwörterbuch und einige Malblöcke, und in den folgenden Tagen war er damit beschäftigt, ihr zumindest sprachliches Grundwissen zu lehren. Die Unterhaltungen mit ihr fehlten ihm sehr, er spürte, wie er durch die ständigen, recht unergiebigen Monologe schwermütig wurde. Er schenkte ihr auch eine große Uhr, die er über die Tür ihres Zimmers hing, und erklärte ihr die Funktionsweise der Zeiger.
Emily lernte langsam, aber Paul bewies sehr viel Geduld. Voller Liebe und unermüdlich korrigierte er ihre Fehler. Vielleicht hätte er das Zeug zu einem guten Lehrer gehabt, aber dann sagte er sich, dass Kindern nicht diese lähmende Ruhe gegeben war wie seiner Schülerin. Bald schon konnte sie Begriffe wie Haus und Hunger auseinanderhalten und einfache Sätze aussprechen, wenngleich sie dabei einen leichten Sprachfehler offenbarte, den Paul bezaubernd fand: Es schien, als beherrsche ihre Zunge das Spiel mit den Silben nicht mehr. Vieles kam nun zischelnd über ihre Lippen: Ssschatzi, sagte sie.
Über einen anderen Mangel konnte Paul nicht so achtlos hinwegsehen, denn eines, worum er sie bat, verstand sie nicht: Sie konnte nicht lächeln.
"Lächle", bat er immer wieder und schnitt wilde Grimassen und machte sich zum Narren, um ihr ein Vorbild zu sein, aber seine tote Frau starrte ihn nur verständnislos an, und ihr erschlafftes Gesicht zeigte keine Regung. "Schade", murmelte er, so oft er scheiterte.
Die Tage gingen dahin und waren erfüllt mit Lernen und langwierigen Erklärungen. Pünktlich abends um acht Uhr warf Paul einen winselnden Welpen in Emilys Zimmer und schloss die Tür sofort wieder. Die Vorstellung dessen, was während des Mahls geschah, rief ein tiefes Grauen in ihm hervor, und mit beinah abergläubischer Gründlichkeit vermied er es, der Schlachtung und dem Verzehr der Tiere beizuwohnen. Die Laute, die von der anderen Seite der Schwelle zu ihm durchdrangen, genügten ihm völlig. Manchmal erwachte er nachts und hörte das Schreien der Hunde, von denen er geträumt hatte ? wie menschlich es klang, dachte er, und wie verloren ?, und das Brechen ihrer Knochen, das unselige, nach Verdammnis klingende Knurren, welches Emily ausstieß, dann das Schlürfen und Schmatzen, als säße dort ein riesenhaftes Kind mit schlechten Manieren. Paul hasste die Acht-Uhr-Fütterungen im gleichen Maße, wie sie Emily erfreuten. Seine Augen brannten vor Zorn, wenn er Haut und Fell des Tieres und das achtlos auseinandergerissene und abgenagte Skelett beseitigte, überall war hingespritztes Blut und ein unauslöschlicher Gestank, der dem Raum anhaftete und einem Besucher wahrscheinlich schon beim Betreten des Hauses auffallen würde.
Seit Emilys Tod hielt Paul Yield City für eine armselige seelenlose Stadt mit einem lächerlichen Namen, und auch die zweitausend Seelen, die in diesem Kaff lebten, hielt er für armselig. Das einzig Gute war, dass sie zeitig schlafen gingen. Daher wagte Paul es gelegentlich, spät in der Nacht auf den Pfaden jenseits des verhassten Ortes spazieren zu gehen. Yield City wurde von einem lichten Waldgebiet umgeben, durch das ein Adergeflecht schmaler Wege führte. Er hielt Emily dabei eng umschlungen und lebte von der Hoffnung, dass sie dieses verschwiegene Beisammensein so sehr genoss, wie er es tat. In klaren Nächten und wenn die Bäume vom Pfad, auf den sie gingen, zurückwichen, starrte er hinauf zum Firmament und erzählte ihr von seinen geheimnisvollen Entdeckungen. Früher war Emily sentimental genug gewesen, sich vom Anblick eines fernen Planeten und der Vorstellung seiner Beschaffenheit verzaubern zu lassen, und Paul glaubte, dass es immer noch so war. Er fühlte es in solchen Momenten. Und vielleicht, dachte er und spürte heiße Tränen in sich aufsteigen, war das, was er für Zwillingssterne hielt, das Funkeln von Emilys wunderschönen Augen.
Jeden Abend, an dem sie nicht lernten oder Paul über alte Zeiten redete, schauten sie fern, meist alte Serien wie Star Treck oder Magnum, da Emily sie immer gern gesehen hatte. Aber da sie kein Lächeln zustandebrachte, wusste er nicht, ob er ihr damit wirklich eine Freude bereitete. Zumindest hoffte er das.
Als damals Detective Mills zu ihm gekommen war und ihm sagte, dass Emily einen schweren Unfall mit ihrem Wagen gehabt hatte und sie elendig in einem dieser verdammten Sammelbecken für Regenwasser ertrunken sei, hatte Paul gedacht, die Welt würde auf ihrer Bahn erstarren. Er entsann sich an Gesichter von Menschen, die zu ihm kamen, an Tränen, die nicht seine eigenen waren, aber die Erinnerungen, die er von diesem Tag hatte, waren vage und irgendwie verwaschen. Nie wieder, hatte er gedacht, würde es jemals wieder so sein wie bisher. Und doch war es beinah wieder so wie früher. Sie waren zusammen, und nur das zählte.
Paul blickte seine Frau von der Seite her an, und sein Blick wurde melancholisch. Sie war immer noch verteufelt hübsch, sie war immer noch die Königin seiner Ideale, auch wenn ihr Gesicht ein schmutziges, glanzloses Grau angenommen hatte, und wenn sie ging, machte sie seltsam eckige Bewegungen, die so gar nicht ihrer einstigen Gewandtheit entsprachen. Und trotz der Tatsache, dass er dem düsteren, direkt aus dem Jenseits stammenden Blick ihrer Augen nicht sehr lange standhalten konnte, war Emily doch immer noch seine Frau ? eine verdammt hübsche Frau, wenn Paul das leichte Zucken aus der Lendengegend richtig deutete.
Der Drang seiner aufgestauten Hormone war im Laufe frustrierender Nächte stets größer und unbeherrschbarer geworden; morgens nach dem Erwachen spürte er heißes Fleisch im behaglichen Dunkel unter der Bettdecke zucken, und abends ließ es ihn nicht einschlafen. Immer öfter geschah es, dass sich in seinem Kopf Phantasieszenen abspielten, von denen er sich früher voller Abscheu abgewandt hätte ? nun jedoch sehnte er sie herbei. Er gab den Darstellerinnen, die sich vor ihm aufspreizten, geheimnisvolle Namen, und er genoss Weichheit und Geschmack ihrer Körper.
Es ist meine Frau, dachte er, sooft er Emily betrachtete. Tot oder nicht tot: Es konnte doch keine Sünde sein, sich an ihr zu vergehen. Oder?, fragte er im Stillen und nickte voller Zufriedenheit, als er keine Antwort erhielt. Ihre Brust war eine verführerische Wölbung unter dem Kleid, das er ihr kürzlich in Bangor gekauft hatte, dann ruhte sein Blick auf ihrer Hand, die ihn so oft bis zur kurzatmigen Ekstase gestreichelt hatte. Kein Zweifel, ihr Fleisch brachte das seine immer noch zum Kochen, sein sündiger Geist war mehr als bereit, er beschrie sein Recht auf Befriedigung.
Paul strich sich fahrig über die Stirn, als wolle er das Brausen der ihn aufstachelnden Phantomstimmen in seinem Kopf fortwischen, dann ging er in die Küche und öffnete eine Dose Bier, die er fast in einem Zug leer trank. Über der Tür tickte leise eine Uhr, aber als er zu ihr emporschaute, nahm er die Zeit kaum wahr. Er stellte die leere Dose achtlos auf den Küchentisch und griff nach einer neuen, und auch diese trank er leer, beinah ebenso schnell wie die vorherige. Als er ins nebenanliegende Zimmer zurückkehrte und in einen Spiegel blickte, sah er in seinem blassen Gesicht ein Grinsen, von dem er nicht wusste, dass er es zustandegebracht hatte. Er zuckte die Achseln.
"Pscht!" machte er zu den Stimmen in seinem Kopf, weil sie ihm lästig wurden. Kurz überlegte er, ob er eine weitere Dose Bier trinken sollte, entschied sich jedoch dagegen; der wohlige Schauer des Alkohols, der so vieles leichter machte, war bereits stark genug. Er hatte nie viel vertragen, und heute erfreute ihn dieser Mangel an Ausdauer.
"Komm mit, mein Schatz", sagte er mit heiserer Stimme zu seiner Frau, die regungslos auf der Couch saß und ins Nichts starrte. Mittlerweile reagierte sie auf seine Worte, und sie stand auf und folgte ihm träge in ihr Zimmer, das er insgeheim Blutzimmer nannte. In einer Ecke des Raumes stand ihr Bett. Emily hatte gelernt, es sauber zu halten; die Laken waren stets blütenrein und nie mit Hundeblut bespritzt, und täglich besprühte Paul es mit einem betäubenden Parfüm.
"Zieh dich aus", sagte er ohne Umschweife und knöpfte sich mit kindischer Hast das Hemd auf. Emily schaute ihm desinteressiert zu.
"Ausziehen!", wiederholte Paul. Achtlos ließ er sein Hemd zu Boden fallen.
"Ausziehen", krächzte Emily. Ungeschickt zog sie ihr Kleid aus und legte es ordentlich gefaltet auf einen Stuhl, der neben dem Bett stand.
"So ist es recht", lobte er. Er selbst stand bereits völlig entkleidet vor ihr und betrachtete ihren Körper. Es fiel ihm leicht ? mit dem leichten Rausch und der Geilheit, die ihn hastig und unkontrolliert atmen ließ ? sie hübsch zu nennen. Vielleicht hätten andere Betrachter Zweifel an diesem Urteil gehegt und stattdessen behauptet, ihr Körper sähe ledrig-alt und faulig aus. Und die großen schwarzen Flecken des Zerfalls kritisiert, die an ihren Schenkeln schimmerten, nie verheilenden Blutergüssen gleich. Die leeren Säcke ihrer Brüste, die schlaff an ihrem Körper hingen, hätten einem Baby-Alptraum entspringen können, und ihr Geschlecht war zu einem kalten, grauen, toten Loch verödet. Das einstmals rosige Fleisch der Verheißung duldete keine Liebhaber mehr in sich.
Es schien, als würde Paul einen vernünftigen Moment lang den leisen Stimmen der kritisierenden Betrachter lauschen, doch dann wischte er sie mit einem unwilligen Laut beiseite. Er stand da und streichelte mit einer Hand sein steil aufragendes, vor Größe schmerzendes Glied ? es war unmöglich zu sagen, Sex mit seiner Frau gehörte sich nicht.
"Leg dich", sagte er, und weil es ihm nicht schnell genug ging, fasste er Emily an die Schultern und legte sie so auf das Bett, wie er sie haben wollte. Er verzog den Mund bei dem Gedanken, dass sie früher bei einer solch unwirschen Behandlung protestiert hätte. Als stumme Entschuldigung hauchte Paul ihr einen flüchtigen Kuss auf den Mund, dann kam er zwischen ihren Beinen zu liegen, die sich unter seiner Direktheit aufspreizten. Ein Stöhnen drang über seine Lippen.
Obgleich er wusste, dass er keine Rücksicht auf Emilys Körper oder Gefühle nehmen musste, tat er es doch, vielleicht aus Sentimentalität. Es war schwer, in sie einzudringen, da war nicht, wie früher, die willkommene Hitze in ihrem Schoß, kein begieriges Aufklaffen ihres Fleisches, das ihn tief und tiefer in die Spalte einsog. Paul stocherte eine Weile verdrossen und leise schimpfend herum und musste eine Hand zur Hilfe nehmen, bis es ihm schließlich gelang, einen Ansatzpunkt zu finden, den er verbissen bearbeitete, dann endlich konnte er tiefer in Emily eindringen. Er stöhnte erneut auf, diesmal vor Wonne und Schmerz, als sein erhitztes Fleisch Emilys kühlen, so völlig in Ruhe befindlichen Schoß erforschte. Gerade diese Leidenschaftslosigkeit war es, die Paul vor Entzücken begeisternde Laute ausstoßen ließ.
Er begann zu schwitzen, während er sich ruckartig und wenig zärtlich auf Emily bewegte, deren Blick starr und freudlos auf seinem Gesicht haftete. Ein wenig vermisste er ihre Anfeuerungen im Rhythmus seiner Bewegungen und ihre Arme, die ihn umschlangen, und ihre Beine, die das gleiche taten.
"Oh Emily", flüsterte er. Ein Duftgemisch stieg ihm unerwartet in die Nase und wälzte seinen Magen um, so dass er Husten musste: der Rosenduft des Parfüms und bittere Zersetzung. Paul wandte sein verschwitztes Gesicht ab, kurz ruhte sein Blick auf die Blutflecken am kahlen Boden. Der Anblick ließ etwas in ihm anklingen, aber er ging dem Gedanken nicht weiter nach. Seine Stöße wurden nun unkontrollierter, er spürte ein Zucken in seinen Schoß und hechelte mit weitaufgerissenen Augen und mit schmerzhaft zu Fäusten geballten Händen dem Höhepunkt entgegen. Emily zuckte stumm im Gleichtakt seiner Regungen unter ihm, ihr Kopf stieß immer dann, wenn Paul auf sie niederruckte, gegen das Kopfteil des Bettes und trommelte einen hypnotischen Code. Schließlich schrie Paul auf, als ein heißer Schauer sich in ihren Körper ergoss, wo er in der lieblosen Umgebung langsam erkalten würde.
Paul seufzte auf und wartete vergeblich auf die Erwiderung, wie Emily es stets gemacht hatten, um einander zu beweisen, wie sehr ihnen ihr Liebesspiel gefallen hatte. Erst jetzt, nachdem seine Sinne zögernd zur Ruhe kamen, spürte er, wie sehr er ins Schwitzen geraten war. Er presste sein heißes Gesicht voller Erschöpfung an Emilys kühlen Hals, und sie nahm seine Liebkosung gleichgültig entgegen. Ein Gefühl tiefen Glücks durchfuhr ihn, und er nannte sich lächelnd einen Narren, dass er solange mit der Eroberung gezaudert hatte. Zwar fehlten ihm die geflüsterten Geständnisse, ihr Lachen und Atmen und der warme Blick ihrer wunderschönen Augen, aber Emily war seine Frau, die er liebte, und sie gefiel ihm auch in ihrer neuen Rolle sehr gut. Er wusste, dass andere Leute den Verstand verloren hätten angesichts eines zu neuen Leben erwachten Partners. Gläubige wären entsetzt, wären sie hiervon Zeuge gewesen, Richter würden ihr gnadenloses Urteil fällen, Moralisten empört aufschreien.
Paul lachte leise auf, als er sich ihre Gesichter vorzustellen versuchte. Wie sähen sie wohl aus, wenn sie vom leibhaftigen Leben nach dem Tod wüssten? "Ich sollte es ihnen sagen", kicherte er, "und mich an ihren dämlichen Schweinegesichtern erfreuen." Er bedeckte Emilys Schulter mit sanften Küssen, während sein Glied in ihrem Schoß erschlaffte.
Ein Ächzen wurde unter ihm laut, und Paul bemerkte einen muffigen, nach altem Fleisch und geronnenem Blut riechenden Duft. Emilys kalte Hände lagen plötzlich an seiner Hüfte und wanderten dann zögerlich höher, schließlich hielten sie auf seinen Schultern inne. Ihre Griff wurde härter, liebloser. Dann spürte er eine feine Berührung an seinem Hals, und ihm wurde klar, dass es ihr Mund war, ihre Lippen und die Zunge, die über sein weiches Fleisch wanderten.
Die sanfte Liebkosung, die einen Schauer erzeugte, wandelte sich plötzlich zu einem unglaublichen Schmerz, der ihn verzehren wollte. Er schrie hell und spitz auf. Emily riss und zerrte knurrend an seinem Fleisch, er konnte hören, wie es aufplatzte, und eine kochende Flut seines Blutes schoss aus der Wunde heraus und troff auf das unbefleckte Bett und den Boden. Durch die Schemen der drohenden Bewusstlosigkeit sah Paul Emilys vor Wonne verzerrtes Gesicht und ein großes Stück zitterndes, blutdurchsetztes Fleisch in ihrem Mund. Sie kaute darauf herum und schlang es herunter. Ihre Augen blickten ihm starr ins Gesicht.
Gurgelnd sprang Paul auf, weg von ihr. Voller Panik stürzte er rücklings am Fußende vom Bett und schlug hart mit dem Kopf auf, in der Luft perlten die Tropfen seines davonwirbelnden Blutes, es hatte seine rechte Körperhälfte völlig besudelt und strömte weiter unnachlässig aus der Wunde, die einen Giganten niedergestreckt hätte, obwohl sie kaum schmerzte. Schwarze Schatten flimmerten vor seinen Augen. Schemenhaft konnte er seine Füße erkennen, die noch am Bett lagen.
Warum tut sie das?, fragte er sich. Warum bringt sie mich um?
Ihr Gesicht tauchte am Bettrand auf, zwischen seinen Unterschenkeln, und der Kiefer malmte geduldig den letzten Batzen Fleisch klein.
"Emily", ächzte Paul.
Für einen Moment hörte ihr Mund mit den kauenden Bewegungen auf, ihre erloschenen schwarzen Augen starrten auf ihn nieder: Knopfaugen, Wahnsinnsaugen.
Meine ungute Frau, dachte er sinnloserweise, während er fühlte, wie das Leben weiter pulsierend aus ihm herausspritzte. Von der Wunde ging eine schlimme Hitze aus, aber dennoch war ihm entsetzlich kalt.
Emily deutete mit einer Hand auf einen Punkt außerhalb seines Wahrnehmungsbereiches und zischte: "Zzzzeit fürs Essen, Sssschatzi!"
Zeit fürs Essen: Das waren seine zur Litanei gewordenen Worte, wurde ihm da bewusst, jeden Abend pünktlich um acht Uhr. Er sah sich die Tür ihres Zimmers aufstoßen und einen kleinen winselnden Hund in ihre Fänge werfen. "Zeit fürs Essen, Schatzi!", sagte er stets. Vier Worte, die genau die Zeit zwischen Öffnen und Schließen der Tür ausfüllten.
Die Ironie, die ihm da bewusst wurde, brachte ihn nicht zum Lachen, dazu waren seine Muskeln und sein Herz bereits zu schwach. Ansatzweise verzogen sich seine Lippen im blutigen Gesicht, und seine weißen Zähne wurden sichtbar. Durch den pedantischen Drill, der keine Abweichung vorsah, war die Fütterungszeit so tief in Emilys toten Hirn verankert, dass sie nun keine andere Möglichkeit sah, als ihren Ernährer aufzufressen.
Wie verrückt, dachte er benommen, wie dumm.
Alle Selbstvorwürfe, die sich da drohend anbahnten, wurden davongespült von einer neuerlichen Schmerzwelle, die mit brutaler Wucht über Paul kam. Emilys Mund umschloss die drei mittleren Zehen seines rechten Fußes, und mit einem knirschenden Laut, der wie das Brechen eines trockenen Astes klang, zerbissen ihre Zähne, die durch den Tod gestählt schienen, Knochen, Sehnen und Fleisch und zerrten daran, bis sie den Happen für sich gewonnen hatten und ihn tiefer in den Schlund trieben. Sirenenartig erhob sich Pauls Schrei in dem Zimmer, aber niemand hörte ihn. Mit seinem gesunden Fuß trat er immer und immer wieder nach Emilys Kopf, der durch die Tritte herumruckte, aber sie empfand keinen Schmerz, er dafür um so mehr. Tränen der Qual rannen ihm übers Gesicht. Er kreischte sinnlose Dinge und wollte sein verletztes Bein wegzerren, aber Emily umklammerte es zu stark. Mühselig zerbiss sie seine Zehen, ein ständiges Knirschen drang aus ihrem Mund, manchmal auch leise Grunzlaute.
Paul wurde schwarz vor Augen, aber er glitt nicht ab in die Bewusstlosigkeit, sosehr er auch um dieses Geschenk kämpfte. Er schaute, hörte und fühlte. Er sah die Ruine seines Fußes in der unnachgiebigen Umklammerung ihrer Hand. Die beiden verbliebenden Zehen zuckten, als besäßen sie eigenes Leben. Bizarre Knochensplitter ragten aus der Wunde auf.
Oh Gott, lass mich sterben, dachte er. Aber Gott schien nicht zu hören.
"Sssschatzi", sagte Emily, und der spröde Klang ihrer Stimme durchstieß mühelos Pauls flackernde, vor Schmerz davonwirbelnde Sinne. Was er sah, als er die Augen auf sie richtete, ließ ihn aufseufzen: Ihr Gesicht war mit seinem Blut besudelt, aber ihr Mund lächelte.
Unzweifelhaft: Zwischen Blut und Totenblick lugte ? wie Sonnenstrahlen hinter Gewitterwolken ? ein Lächeln, und es war so unschuldig, wie sie es selbst zu Lebzeiten kaum zustandegebracht hatte.
Emily schob sich weiter vor und kroch über seine klammen, blutleeren Schenkel, die zwischen Bett und Boden in der Luft hingen. Einmal berührte sie das klaffende Loch an seinem Fuß, und Paul schrie auf und riss sein Bein zur Seite. Aber der Schmerz war nun nicht mehr unerträglich, er wurde abgemildert zu einem bohrenden Pochen. Unermüdlich arbeitete Emily sich voran.
Was sahen ihre Augen, fragte Paul sich in seinem letzten lichten Augenblick, das sie so sehr erfreute?
Näher und näher kam ihr vor Blut starrendes Gesicht. Ihr Totenlächeln wurde breiter, als würde sie diese neuerlangte Fähigkeit zu schätzen wissen.
"Nein", flüsterte Paul, als er ihre Absicht erkannte und wollte wegrobben, aber die Muskeln seines annähernd blutleeren Körper verweigerten ihren Dienst. Zudem lag Emily nun halb auf ihm und hielt ihn reglos am Boden.
Beinah behutsam und wie mit liebevoller Absicht nahm Pauls tote Frau sein haltlos schlaffes Glied in ihren Schlund.
"Nein", flüsterte Paul erneut. "Nein." Er spürte ihre raue Zunge über sein Fleisch schlecken. Müde schloss er die Augen und wartete auf das Zuschnappen ihrer Kiefer, auf den neuerlichen Schmerz, wartete auf das erlösende Ende.