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Von Afrikanerinnen und anderen Kuriositäten
Facebook ist doch ein schöner Ort. Ein Ort voller hipper Prankster, Fake-News-Journalisten, Sozio- und Psychopathen, Katzenliebhabern, Pädophilen, „Politikexperten“ und verzweifelten Heranwachsenden. Ich gehöre übrigens zur letzten Kategorie.
Jahrelang hab ich versucht, der Anziehungskraft des Facebook-Kultes zu widerstehen. Doch leider misslang es mir.
So geschah es das ich eines gelangweilten Abends vor meinem 2005er PC saß (wir schrieben übrigens an diesem Abend das Jahr 2016) und an ein weiteres hoffnungsloses Videospielprojekt arbeitete.
Während ich so da saß, kamen mir zwei Gedanken: 1. Wann begann mein Leben so traurig zu werden? Und 2. Wie schaffe ich es, dass meine Projekte mehr Aufmerksamkeit bekommen?
Ich hatte mich schon überall angemeldet, wo man sich anmelden kann. Ich war auf Twitter, auf Tumblr, auf Instagramm, bei Google+, auf Reddit, auf 4chan, auf SchülerVZ, ja sogar auf MySpace angemeldet. Aber nirgendwo fruchtete etwas. Nirgendwo erreichte die nötige Menge an Aufmerksamkeit. Was sollte ich bloß tun?
Es fiel mir schlagartig ein.
Es gab ein soziales Netzwerk, welches ich total ausgeklammert hatte. Welches über 500 Millionen Nutzer hatte. Facebook.
Zuerst sträubte ich mich, doch eh ich mich versah, hatte ich mein Handy in der Hand und war auf der Seite von Facebook. Und war erst mal ziemlich erstaunt, was die alles von mir wissen wollten.
Alter, Größe, Wohnort, Geburtsort, Haarfarbe, Hautfarbe, Augenfarbe, 1. Name, 2. Name, Nachname, Hobbys, Lieblingssachen, mit welchen von den 372 Geschlechtern möglichen Geschlechtern ich mich identifiziere, und so weiter und so fort.
Ich verbrachte 3 Stunden damit alle möglichen Formulare und Unterlagen auszufüllen, bevor ich dann endlich das Lande Facebook, wo die Schatten drohen, betreten durfte. Ich verschickte ein paar Anfragen an mir bekannte Freunde, schaute mir einige Fotos an und meldete mich zum Dienst in einigen Gruppen, die mir gefielen. Dann passierte einige Zeit lang erst mal nichts.
Zwei Tage später lag ich gerade auf meinem Bett und zockte mit einem Kumpel zusammen, als plötzlich mein Handy konstant zu vibrieren anfing. Ich bekam Freundschaftsanfragen und zwar in Massen. Das waren mindestens 300 Anfragen die Minute.
Ich schaute sie mir an und
bemerkte, dass ungefähr 99% aller Kontakte arabischer, afrikanischer, türkischer und indischer Herkunft waren. Naiv wie ich war (und bin), nahm ich natürlich alle Anfragen an und freute mich, wegen meiner Popularität.
Dies war ein wirklich fataler Fehler, wie sich später noch herausstellen wird. Ich werde nicht jedes kleine Detail erzählen was ich erlebt habe, da dies den Rahmen dieser Geschichte sprengen würde, aber ich gehe auf ein paar besondere Kuriositäten ein.
Da wäre zum einen der Deutsch-Türke, der nicht richtig deutsch schreiben konnte, der gefragt hat, ob ich seine Freundin („frundin“) sein möchte.
Oder der Pakistani, der mir ständig „God bless you“ schrieb.
Oder die Deutsche, die nur in Ein-Wort-Sätzen sprach und meine Nummer haben wollte.
Am Besten fand ich immer noch den Araber, der nach drei Wortwechslern nach Geld für seine Hilfsorganisation fragte („Only 80 $“), oder der Afrikaner, der sein Visa verloren hatte und jetzt etwas Bargeld für den Weg nach Hause brauchte.
Manchmal zweifle ich wirklich an der Menschheit … Aber das alles war nichts im Vergleich zu der einen Kuriosität, der ich später begegnete. Hier beginnt auch die eigentliche Geschichte.
Ich saß also wieder einmal eines Abends vor meinem PC, als mein Handy wieder vibrierte. Es war natürlich wieder eine Freundschaftsanfrage und natürlich nahm ich sie wieder an (zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine Lektion diesbezüglich noch nicht gelernt).
Kurz darauf vibrierte es wieder. Es war eine Messengernachricht, von…wir nennen sie jetzt einfach Lisa. Sie schrieb: „Hey, handsome.“. Darauf sprang ich natürlich auf und begann mit ihr zu chatten. Was sich etwas schwierig gestaltete, da sie englisch sprach und ich deutsch. Ich konnte mich auf Englisch, auf FünfteKlasse-Niveau, mit ihr unterhalten. Sie schlug ein anderes Chatprogramm vor und ich willigte ein.
Wir unterhielten uns dort weiter und sie schien Interessen an mir zu entwickeln. Ich auch, aber nur weil ich neugierig war, wo hin mich das führen wird. Unsere Gespräche drehten sich meist um das Wetter, unseren Tagesablauf und was wir gerade so tun. Mit anderen Worten: Geschwätz. Sie erzählte ständig von Liebe und was sie aus macht und was nicht tun sollte und was man alles tun sollte. So vergingen die Stunden. Mein Englisch schlug sich relativ wacker, durch die Macht des Google Übersetzers (Ich danke den „Großen Alten“ dafür) und ich konnte sie recht gut verstehen. Im Laufe der Zeit erfuhr ich, dass sie eine weiße, afrikanische Christin sei und an den lieben Herrn Gott glaubt.
Ich erfuhr auch, dass sie in Ghana wohnt, ihr Vater Amerikaner ist, ihre Mutter früher in den Goldminen arbeitete und sie Krankenschwesterzeug studiert. Klingt super, oder? Dachte ich auch. Doch mir kamen Zweifel.
Würde eine Fernbeziehung funktionieren?
Spielt sie nur mit mir?
Ist sie überhaupt eine echte Frau?
Würde die Sprachbarriere die Beziehung behindern?
Würde sie irgendwann merken, dass mein Englisch grottig ist?
Ich musste feststellen, dass meine Zweifel völlig unnötig waren, denn sie schrieb mir (in sehr guten Englisch) das ihre Mutter ins Krankenhaus und musste und dringend, dringend Medikamente brauchte.
Natürlich hatte sie kein Geld dafür und natürlich fragte sie mich, ob ich ihr etwas Geld „leihen“ könnte. Ich antwortete in höflichen und bestmöglichen Englisch: „I have no money.“
Dies schreckte sie nicht wirklich ab, denn sie erwiderte: „Then could you ask your mum, please? I need this medicine.“ Daraufhin ging ich ins Menü des Programmes und blockierte die junge Dame. Kurz darauf entfernte ich sie auch auf Facebook.
Tja, das war das Ende einer süßen, tragischen Liebesgeschichte.
Fast schon auf Shakespeare-Niveau.
Ich begann den Großteil meiner Freundschaftsliste zu „säubern“ und lernte eine wichtige, nein, sogar zwei wichtige Lektionen fürs Leben.
Erstens, Gespräche mit Anderssprachigen können deine Sprachfähigkeiten massiv verbessern, was dir im späteren Leben sehr hilfreich sein kann. Du könntest dadurch einen besseren Job bekommen, mehr Geld verdienen, eine tolle Familie kriegen, etc.
Kurz gesagt, wenn du deine Muttersprache und eine Fremdsprache sehr gut beherrschst, kommst du weit voran … Ich schweife ab.
Zurück zum Thema. Die zweite, wichtige Lektion ist, nehme niemals alle Freundschaftsanfragen auf Facebook an. Um es mit den Worten des legendären Forrest Gump zu sagen: „Facebook ist wie eine Pralinenschachtel, du weißt nie was drin ist.“ Man solle aber jetzt nicht glauben, ich habe Facebook danach den Rücken gekehrt. Denn das habe ich nicht. Warum? Ich glaube ein Auszug aus J.R.R Tolkiens „Herr der Ringe“ erklärt das am besten.
„Im Lande Facebook, wo die Schatten drohn.
Ein Netzwerk, sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden
Im Lande Facebook, wo die Schatten drohn.“
Ende