Vom Wind getragen
Heute Nacht, da träumte ich von dir. Es war ein schöner Traum, der mir sehr gefallen hat und ich frage mich, ob du mich bewusst darin besucht hast oder ob es nur ein Zufall war, ein Treffen auf der Straße, ein flüchtiges Sich - Begegnen ohne späteres Wiedersehen.
Weißt du, in dem Traum, da war ich ein Kleeblatt, das auf einem rauen Stein gelegen hat, allein und vollkommen fremd an diesem Ort. Es war ein heißer Sommertag und die Sonne brannte unerbittlich auf mich nieder. Ich spürte, wie die Feuchtigkeit, das Leben aus mir wich, ein schmerzhaftes Zusammenziehen aller meiner Zellen. Ich stand kurz vor meinem Tode, glaube ich.
Und dann, ich hatte schon längst aufgegeben und mich abgefunden mit dem Schicksal, dann spürte ich Kühle über mein verblassendes Grün sanft streicheln und ich schöpfte wieder Hoffnung. Dieser Windhauch – der warst du. Du hattest die Macht, mich zu retten, du konntest mich forttragen, an einen Platz, an dem ich doch noch überleben könnte. Aber - wie solltest du denn nur erkennen, dass ich deine Hilfe brauchte? Du, die du so schnell durch alle Lande zogst und alle Welt nur ganz leicht streiftest?
Ich musste laut um Hilfe rufen und dann beten, du mögest doch die Worte eines kleinen unscheinbaren Kleeblattes hören. Und ich musste mich beeilen, denn ich spürte, du würdest bald schon wieder fort sein.
Also nahm ich all meine verbliebende Kraft zusammen, was mir noch mehr wehtat, weil es das letzte Wasser aus mir drängte, und ich schrie, und mein Schrei hörte sich für mich so leise an... du konntest es unmöglich gehört haben...
Ich verlor meine Zuversicht dann wieder, sagte stumm der Welt leb Wohl, wusste, nur noch ein paar kleine Momente, dann...
Und während ich so vor mich hinlitt, fühlte ich dich wiederkommen – ich konnte es kaum glauben! Hattest du mich denn tatsächlich noch gehört? Du hieltest dich nicht auf mit Antworten, du nahmst mich in deine unsichtbaren kühlen Arme, hobst mich hoch in die Wolken, die deine ewigen Begleiter sind, und feuchter Nebel drang in meine Poren.
Oh, wie gut das tat, nach der langen Zeit des Durstes! Und da – hörte ich dich etwa sprechen? Ja... du hast gelacht, gemeint, ich solle langsam trinken... ich kleines Kleeblatt, war ich denn jetzt wirklich gerettet, war mein Schmerz für immer vergangen? Ich fragte dich, wo du mich hinbringst, und wieder schenktest du mir Lachen. Wart es ab, hörte ich dich flüstern, deine Stimme, sie berührte mich so tief.
Ich weiß nicht mehr, wie lange ich dann noch mit dir geflogen bin, die Zeit mit dir schien endlos mir in dem Moment, doch endlos schön.
Nach meiner wunderbaren Rettung verblasst die Erinnerung an diesen Traum und ich vermisse nichts danach... nur die Liebe, die Geborgenheit und den Frieden... die Glücksmomente, die du mir gegeben hast, heute Nacht...