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Vom guten und vom bösen Wurm
Ein Wurm, der niemandem eine Grube grub, sah eines morgens, wie ein Vogel einen Käfer mit sich riß. Dieser feixte dem Wurm entgegen: „Hähä, morgen bist Du dran!“ „Och nö“, dachte sich der Wurm, „dem häßlichen Flügelviech werde ich noch das Maul stopfen!“
Am nächsten Morgen stand der Wurm eine Stunde früher auf und begann, sich in den Mutterboden einzugraben. Er grub und grub, und trotzdem der Weg steinig und schwer wurde, grub und grub er weiter. Sein Weg mündete in einen Schacht, in den einige Bergleute hinabstiegen. „Frohes Schaffen, stramme Kerls, wie tief ist’s hier?“, grüßte der Wurm. „Schon recht tief“, kam da als Antwort. Der Vogel könnte lange suchen.
Und tatsächlich, das tat der Vogel auch. Er suchte und suchte, und trotzdem es ihn wurmte, daß er den Bedrohten nicht auflesen konnte, suchte und suchte er weiter. „Da ist doch der Wurm drin!“, schimpfte er, aber nein! Der Wurm war da nicht drin. Doch ans Rasten dachte der Vogel gar nicht erst, sodaß er Hungers starb. Sein sterblicher Rest wurde unserem langen Freund, der sich wieder mühevoll herausgewürmelt hatte, ein Abendbrot.
All das sprach sich natürlich herum und ein anderer Wurm, bei dem irgendetwas vorne und hinten nicht stimmte, dachte sich: „Hähä, ich kann jedem Vogel auf den Senkel gehen, und im rechten Moment ins dunkle Tief verschwinden!“ Gesagt, getan und als dann ein Vogel kam, um’s nicht auf sich sitzen zu lassen, ging er feige in den Bodenkampf. Er wühlte und wühlte, und trotzdem sein Stolz größer war als der Weg, wühlte und wühlte er weiter, daß auch er auf die Arbeiter stieß. „Recht große Strapaze, ihr Tölpels! Schuftet ihr, ich spotte drauf. In Erde Tief ist sämtlich Fährnis starr!“ Doch plötzlich brach aus dem Käfig eines Arbeiters ein Kanarienvogel und riß ihn aus der Wand und es wurde klar: Ein Wurm hat auch nur ein Ende.