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Vom Glück gezeichnet?

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10.02.2011
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Vom Glück gezeichnet?

Vom Glück gezeichnet?

„Ben?“, drang die süße Melodie einer weiblichen Stimme an mein Ohr und ich erwiderte die Forderung mit einem Brummen, was ihr signalisieren sollte, dass ich sie gehört hatte. Dann hob ich ein Augenlid gerade soweit, um zu erkennen, dass es gerade erst begonnen hatte zu dämmern. Es war demnach noch viel zu früh um tatsächlich von jemandem gerufen worden zu sein. Ich musste geträumt haben. Also zog ich mir die Decke wieder über den Kopf und versuchte noch mal einzuschlafen. Da erklang mein Name erneut. Diesmal lag eine gewisse Dringlichkeit darin, die mich zwang meine Augen nun doch gänzlich zu öffnen. Nachdem sie sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, erkannte ich, dass das Bett neben mir leer war.
„Tamy?“, entgegnete ich dem Ruf meiner Freundin und sie tauchte in der offenen Tür auf.
„Guten Morgen, Schlafmütze.“, lächelte sie mich an.
„Wieso bist du schon auf?“, fragte ich und stellte fest, dass sie zwar noch ihr Nachthemd trug, aber darunter bereits in ihre Jeans geschlüpft war.
„Hast du Bilbo gesehen?“, ignorierte sie meine Frage und stellte mir stattdessen eine andere und dazu noch eine recht seltsame.
„Bilbo?“ Verwirrt zog ich die Brauen in die Höhe und versuchte mich krampfhaft daran zu erinnern, wer das sein sollte.
„Er ist ein Schwein und heute Nacht irgendwie aus seiner Box entwischt“, klärte sie mich auf. Nicht, dass mir das in irgendeiner Weise weiter half.
„Seid wann haben wir ein Schwein?“
„Wir haben kein Schwein. Bilbo hat lediglich hier übernachtet“, stellte sie richtig und sah sich suchend in unserem Schlafzimmer nach möglichen Verstecken für das Tier um.
„Dann reist er heute wieder ab?“, wollte ich wissen.
„Wenn wir ihn finden, ja.“
„Und wie kommt es, dass ich...?“
„Du warst gestern so erledigt und hast schon geschlafen, als Kylie überraschend anrief und für Bilbo einen Schlafplatz suchte. Er ist der Hauptgewinn des Frühlingsfestes heute.“ Kylie war die beste Freundin von Tamy, sie arbeitete im Rathaus und versuchte jeden Tag aufs Neue dem Wahnsinn des Bürgermeisters Herr zu werden. Ich fragte mich, seit wann es nicht mehr modern war eine Reise zu verlosen.
„Komm, steh auf und hilf mir suchen, wir müssen ihn wohlbehalten zur Festwiese bringen.“, bat sie mich und flehte mich mit ihren rehbraunen Augen förmlich an, so dass es schwer war zu widersprechen.
„Bekomm ich dafür auch einen Preis?“, versuchte ich es dennoch. Ein Grinsen bildete sich unweigerlich auf meinem Gesicht und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das allein schon 100 Schweine wert war.
„Dass ihr Kerle immer erst eine Belohnung braucht, bevor ihr etwas tut.“
Mein Grinsen wurde breiter. Seufzend verdrehte sie die Augen und kam auf mich zu. Auf allen Vieren krabbelte sie über das Bett und baute sich über mir auf wie ein Löwe über seiner Beute. Geduldig wartete ich auf die Übergabe meines Gewinns und sie beugte sich quälend langsam zu mir herab, um ihn mir zu überreichen. Kurz bevor sich unsere Lippen berührten ertönte jedoch unter dem Bett ein tiefes Grunzen und anstelle eines Kusses bekam ich ein Knie in die Rippen, als Tamy sich quer über mich warf um auf der anderen Seite unter das Bett zu spähen.
„Da bist du ja, mein Kleiner!“, rief sie erfreut, kletterte von mir herunter und verschwand unter dem Bett. Kurz darauf zauberte sie das mit Abstand hässlichste Schwein darunter hervor, das ich je gesehen hatte. Hingegen meinen Erwartungen war es nämlich kein süßes rosa Ferkel, sondern ein kleines schwarzes Zwerghängebauchschwein, das mit seinen drei Haaren auf dem Kopf viel mehr an Gollum erinnerte als an einen Hobbit.

Nachdem Bilbo versorgt war und satt und glücklich in seiner Transportbox vor sich hin schnarchte, machten auch wir uns startklar. Frisch geduscht schlangen wir jeder eine Schale Müsli herunter, mit dem Vorhaben, genügend Platz zu lassen um später auf dem Fest die diversen Köstlichkeiten zu probieren, die dort feilgeboten wurden, und machten uns schließlich auf den Weg zur Festwiese. Diese befand sich am Rande der kleinen Stadt in der wir lebten und bot genügend Raum für derlei Veranstaltungen. Durch die heruntergelassenen Fenster unseres klapprigen Volvos wehte schon von Weitem die Musik der großen Showbühne herein, die um diese Zeit allerdings noch vom Band kam.
„Wow, dieses Jahr haben sie sogar eine Achterbahn aufgebaut.“, entfuhr es mir beim Anblick des riesigen Fahrgeschäfts inmitten einer Vielzahl weiterer Attraktionen, die Unmengen an Spaß versprachen.
„Du weißt, dass du jegliche Anstrengung oder Aufregung vermeiden sollst.“, mahnte Tamy und bedachte mich mit einem mitleidigen Blick, der mir zeigen sollte, dass sie wusste wie gern ich normal sein wollte. Doch darauf brauchte sie mich nicht hinweisen. Wie könnte ich je mein schwaches Herz vergessen, das mich schon seit beinah 21 Jahren zwang bedächtig wie ein 80jähriger durchs Leben zu gehen und alles zu vermeiden, was ein zu schnelles Schlagen mit sich brachte. Mal ganz von der langen Narbe auf meiner Brust abgesehen, die mich zusätzlich jeden Tag aufs Neue daran erinnerte, wie krank ich wirklich war und wie viel Glück ich dennoch bisher gehabt hatte. Manchmal konnte Liebe eben doch Berge versetzen oder in meinem Fall ein Herz am Schlagen halten, das laut den Ärzten normalerweise bereits vor ein paar Jahren damit aufhören sollte, da sich kein passender Spender gefunden hatte.
„Schon klar.“, erwiderte ich schließlich, woraufhin sie ihre Fingerspitzen küsste und damit sanft die Stelle meines Brustkorbs berührte, hinter der das kranke Organ lag.
An der Festwiese angekommen, parkte Tamy am vordersten Rand der mit rot-weiß-gestreiftem Absperrband umzäunten Parkfläche für die Besucher und stieg aus. Ich folgte ihr mit Bilbo, den ich von der Rückbank holte, und gemeinsam begaben wir uns hinein in das geschäftige Treiben, mit dem die letzten Vorbereitungen für die große Eröffnungsfeier am frühen Nachmittag einhergingen. An der Bühne trennten sich unsere Wege, da Tamy den Hauptgewinn zu seinem eigens für ihn eingerichteten Gehege bringen wollte, um es ihm dort gemütlich zu machen, bis er verlost wurde. Ich hingegen war der Tontechniker und hatte noch einiges an der Bühnenelektrik zu überprüfen, damit beim großen Auftritt verschiedener kleiner Livebands heute Abend alles glatt ging. Mit einem kurzen Kuss und einem flüchtigen „Bis später“ trennten wir uns.

Ich war so in meine Arbeit vertieft, dass ich gar nicht mitbekam was um mich herum geschah. Ich bemerkte kaum die Lieferwagen und Kleintransporter, die sich durch die aufgereihten Buden, Fahrgeschäfte und Kioske schlängelten, um noch fehlende Waren zu bringen. Auch den hektischen und teilweise leicht gereizten Zurufen der Arbeiter schenkte ich nur dahingehend Beachtung, dass ich mich kurz beglückwünschte allein arbeiten zu können. Erst als ein Geräusch ertönte, was sich so drastisch von dem üblichen geschäftigen Lärm unterschied, horchte ich auf. Es war der röhrende Klang eines aufheulenden Motors. Das gequälte Kratzen, als jemand versuchte mit Macht einen Gang einzulegen. Der Knall eines Auspuffs. Wieder das Kratzen. Dann durchdrehende Reifen und Splitt, der dadurch davon geschleudert wurde. Schließlich ein übler Aufprall, gefolgt von einem Knacken, das klang als würde es sich durch einen hohen Baum ziehen bis zur Spitze, kurz bevor er fällt. Nur das es hier auf dem brachliegenden Feld, das schon seit Jahren als Festwiese diente, keine gab. Abgesehen von dem gigantischen Schmuckstück von einem Maibaum. Unwillkürlich zog er meinen Blick an. Ich blinzelte in die Sonne, um ihn besser sehen zu können. Es verschlug mir fast den Atem, als ich erkannte wie schief er im Wind hing. Hektik und Panik brach unter den Lieferanten und Arbeitern aus. Alles stürmte zur Mitte des Platzes, wo sich der Unfall ereignet hatte. Für einen Moment überlegte ich sogar ihnen zu folgen, doch dann wurde mir klar, dass ich ihnen kaum eine Hilfe sein könnte und womöglich nur im Weg stehen würde. Stattdessen versuchte ich mir vorzustellen, was da gerade passiert sein musste. Womöglich ein defekter Laster, der sich nicht mehr steuern ließ, oder ein ungeübter junger Fahrer, der ihn nicht unter Kontrolle bringen konnte. Wie auch immer, es sah jedenfalls so aus als hätte es dem feierlich geschmückten Mast erheblichen Schaden zugefügt. Wenn sie es nicht schafften ihn zu stabilisieren, war es nur allzu wahrscheinlich, dass diese Sache in einem Desaster endete, wenn er tatsächlich umstürzte. Zumindest lagen in der Richtung, zu der er sich neigte, kaum noch Stände, hauptsächlich befanden sich dort die Gehege für die Tiere. Noch waren keine da, doch nach dem Mittag sollten Ponys eintreffen, auf denen die Kinder reiten konnten, und Ziegen, Hasen und Meerschweinchen für einen kleinen Streichelzoo.
Bei dem Gedanken an die Meerschweinchen wich mir plötzlich das Blut aus dem Gesicht und ich spürte regelrecht wie ich bleich wurde. Bilbo würde bis zu seinem großen Moment auch dort untergebracht sein. Und wo Bilbo war, da war vermutlich auch noch Tamy. Unweigerlich erhöhte sich durch das plötzlich ausgeschüttete Adrenalin meine Herzfrequenz auf ein für mich ungesundes Level, denn ich wusste, sie würde die Gefahr nicht kommen sehen, geschweige denn hören, hatte sie doch beim Arbeiten stets Musik auf den Ohren, sofern sie nicht gezwungen war mit anderen zu kommunizieren. Für einen Moment war ich wie versteinert. Die aufgebrachten Männer, die vergeblich versuchten den Maibaum zu stabilisieren, hatten keine Ahnung, dass sich noch eine Person in der Gefahrenzone befand, falls sie den Kampf gegen die Schwerkraft verloren, die unermüdlich an dem monströsen Mast zog, der immer mehr in Schräglage geriet. Ohne weiter über die möglichen Folgen nachzudenken, sprang ich von der Bühne und spurtete los. Die ungewohnte Anstrengung machte meinem Körper mehr zu schaffen als ich dachte, schon nach wenigen Metern bekam ich kaum noch Luft. Mir war klar, dass ich gerade mein Leben riskierte, doch aufgeben kam nicht in Frage. Ich musste zu ihr.
Das Blut rauschte mir in den Ohren und vor meinen Augen begann sich alles zu drehen. Ungefähr auf gleicher Höhe mit dem schief im Wind hängenden Maibaum geriet ich ins Straucheln und musste mich kurz am Stehtisch, einer nahe gelegenen Würstchenbude, festhalten. Der Besitzer, ein breitschultriger Mann mit Schnurrbart und Glatze, der gerade herumging und die Tische arrangierte und säuberte, kam auf mich zu.
„He, alles in Ordnung, Junge?“, fragte er und packte mich am Arm.
„Geht schon.“, japste ich und richtete mich wieder auf. Nun ging ein Krachen durch den Mast, das Holz begann zu splittern, als die Verankerung am Boden nachgab.
„Oh mein Gott!“, entfuhr es dem Mann, während ich meiner Panik Ausdruck verlieh, indem ich lauthals nach Tamy schrie. Dann stürzte ich erneut los. Allerdings kam ich nicht weit, denn die muskelbepackten Arme des Betreibers hielten mich zurück.
„Lassen Sie mich los!“, brüllte ich ihn an und versuchte mich loszureißen, konnte aber nicht die nötige Kraft gegen seinen schraubstockartigen Griff aufbringen.
„Wenn dort noch jemand ist, kannst du ihm nicht mehr helfen, Junge!“, keifte er zurück und ich musste dabei zusehen, wie die letzten beiden Männer den Kampf mit dem Maibaum aufgaben und zur Seite sprangen, während dieser in einer riesigen Staubwolke zu Boden krachte.
Da die Bedrohung nun vorüber war, gab mich der Mann wieder frei und ich rannte los. Auf halbem Wege kam mir Bilbo entgegen, der mit einem aufgebrachten Quieken die Flucht ergriff. Nur mit Mühe erreichte ich den Zaun des Geheges, kletterte darüber und landete unbeholfen auf der Strohdecke des Pferchs. Ich versuchte die höllischen Schmerzen in meinem Brustkorb auszublenden, die das wilde total aus dem Takt geratene Klopfen meines Herzens verursachte, und sah mich um. Allmählich senkte sich der Staub und ich konnte einige Meter von mir entfernt die zusammengerollten zierlichen Umrisse von Tamy ausmachen. Kaum eine Handbreit neben ihr lag der riesige Tannenbaum, der die Spitze des Maibaums krönte.
Der Versuch mich aufzurappeln misslang, also kroch ich auf allen Vieren zu ihr, betend, dass ihr nichts passiert war und nur der Schock sie daran hinderte sich zu bewegen.
„Tamy?“, fragte ich vorsichtig und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. In dem Moment öffnete sie die Augen und Erleichterung machte sich in mir breit.
„Bist du verletzt?“
Sie richtete sich auf, warf einen Blick auf den umgestürzten Maibaum und schüttelte dann den Kopf. Ein Gefühl, als würde sich der erbarmungslose Griff einer eiskalten eisernen Hand immer fester um mein Herz legen, ließ mich kurz schmerzhaft das Gesicht verziehen. Erst da wurde ihr bewusst, dass ich gerade gegen einen Kollaps ankämpfte. Ich sah die Angst in ihren Augen, die sie um mich hatte, und zog sie in meine Arme, um sie zu beruhigen. Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte und drückte sie so fest es ging an mich, ohne ihr weh zu tun. Ihr Kopf ruhte an meiner Brust und ich sog den Duft ihrer Haare ein und versuchte gleichzeitig meinen Atemrhythmus ihrem anzupassen, um das stechende Hämmern in meinem Brustkorb zu zähmen.
„Dein Herz ...“, bemerkte Tamy mit zitternder Stimme und machte Anstalten sich aus meiner Umarmung zu winden, um mich anzusehen, doch ich ließ es nicht zu.
„Ist schon okay.“, winkte ich ab. Auf keinen Fall wollte ich, dass sie darüber nachdachte was mir unmittelbar bevor stand. Ich küsste sie aufs Haar und klammerte mich an sie, als mein Herz aussetzte. Im nächsten Moment umfing mich Stille. Alles war friedlich. Leicht. Ich dachte darüber nach, dass es für mich keinen besseren Ort geben könnte um zu sterben, als in den Armen meiner Liebsten. Und darüber, dass ich immerhin behaupten konnte glücklich gewesen zu sein, trotz alledem was ich durchmachen musste. Mein Griff erschlaffte. Ich bemerkte, wie mein Körper kraftlos zu Boden sank. Spürte die Tränen meiner Freundin auf meinem Gesicht, die sich nun über mich beugte. Schmeckte die salzigen Küsse ihrer bebenden Lippen, mit denen sie versuchte mich zurück zu holen. Ich bereitete mich darauf vor loszulassen. Da kehrte der Lärm des Lebens zurück. Wie tosende Wellen schlug er über mir zusammen und spülte mich zurück ins Licht und als ich die Augen öffnete erblickte ich das zarte Antlitz meines persönlichen Glücksbringers. Sie lächelte mich erleichtert an und ich gab dem Impuls der Freude nach, stützte mich auf den Ellenbogen und zog sie mit der anderen Hand zu mir heran, um die Lücke zwischen unseren Mündern erneut zu schließen. Während wir uns küssten, als hätten wir uns Jahre nicht gesehen, versammelten sich die ersten Helfer um den Maibaum, um den Schaden zu beheben. Doch dem Einzigen, dem ich kurz Beachtung schenkte, war Bilbo, denn er erinnerte mich daran, wie viel Schwein wir beide heute gehabt hatten.

 

Hallo Lalapeja,
herzlich willkommen hier!

Dein Einstieg gefällt mir. Eine Geschichte ohne in den Vordergrund gezwungene Romantik. Die ergibt sich schlicht aus der Handlung und den Dialogen.

Der Ich-Erzähler (Ben) ist für mich glaubhaft. Er hat Eigenarten. Besonders schön, auch wenn es zynisch klingt, seine (körperliche) Herzschwäche, die er am Ende ignoriert, um seiner anderen (Herz-)Schwäche, Tamy, zu Hilfe zu eilen.

Die sehr fein beobachtete und geschriebene Aufwachszene und der Dialog dazu, der nicht einfach als eine Abfolge von logischen Wortwechseln daher kommt, sondern herrliche Verwirrung stiftet, macht die Figuren lebendig.

Im mittleren Teil geht der Schwung etwas verloren. Du gerätst in Faseln und es mischt sich ein berichtartiger Stil in die Zeilen. Da könnte Einiges gekürzt werden.

Diese befand sich am Rande der kleinen Stadt in der wir lebten und bot genügend Raum für derlei Veranstaltungen.
Solche Infos sind überflüssig. Vorher steht bereits: Sie fahren zur Festwiese. Das genügt.

Mal ganz von der langen Narbe auf meiner Brust abgesehen, die mich zusätzlich jeden Tag aufs Neue daran erinnerte, wie krank ich wirklich war und wie viel Glück ich dennoch bisher gehabt hatte. Manchmal konnte Liebe eben doch Berge versetzen oder in meinem Fall ein Herz am Schlagen halten,
„Liebe hält sein Herz am Schlagen“. Das ist arg überspitzt. Das hat die Geschichte nicht nötig.
Die Narbe ist als Erinnerungsauslöser überflüssig. Dazu reicht seine Kurzatmigkeit und Tamy, die ihn besorgt auf sein Manko anspricht.

An der Festwiese angekommen, parkte Tamy am vordersten Rand der mit rot-weiß-gestreiftem Absperrband umzäunten Parkfläche für die Besucher und stieg aus. Ich folgte ihr mit Bilbo, den ich von der Rückbank holte, und gemeinsam begaben wir uns hinein in das geschäftige Treiben, mit dem die letzten Vorbereitungen für die große Eröffnungsfeier am frühen Nachmittag einhergingen. An der Bühne trennten sich unsere Wege, da Tamy den Hauptgewinn zu seinem eigens für ihn eingerichteten Gehege bringen wollte, um es ihm dort gemütlich zu machen, bis er verlost wurde. Ich hingegen war der Tontechniker und hatte noch einiges an der Bühnenelektrik zu überprüfen, damit beim großen Auftritt verschiedener kleiner Livebands heute Abend alles glatt ging. Mit einem kurzen Kuss und einem flüchtigen „Bis später“ trennten wir uns.
Auch da kann gekürzt werden. Beispiel: Tontechniker und Bühnenelektrik reicht. Die Live-Bands sind uninteressant. Kann man sich sogar selbst denken, da du vorher geschrieben hast: „Durch die heruntergelassenen Fenster unseres klapprigen Volvos wehte schon von Weitem die Musik der großen Showbühne herein, die um diese Zeit allerdings noch vom Band kam.“
Eröfnungsfeier, ja. Am frühen Nachmittag ist schon zu viel Info. Die lenkt vom wichtigen Geschehen und von den Figuren ab.
Ob Ben den Bilbo von der Rückbank oder vom Dachgepäckträger holt, ist auch unwichtig.
Solche Dinge ziehen den Text in die Länge und verleiten den Leser zum Ausstieg.

Der Besitzer, ein breitschultriger Mann mit Schnurrbart und Glatze, der gerade herumging und die Tische arrangierte und säuberte, kam auf mich zu.
„Breitschultriger Mann“ ist okay, dient dem Bild, das sich der Leser von der Szene macht. Aber was der Mann gemacht hat, bevor Ben sich an seinem Tisch festhielt, gehört nicht zur Handlung.

Das sind ein paar Beispiele gewesen. Geh einfach den Text Satz für Satz durch, und überlege, ob der Leser den zum Verständnis der Handlung, der Figuren oder der Geschichte unbedingt braucht.

Gruß

Asterix

 

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