Vom Baume des Glückes
Es lebte einmal ein Mann auf dieser Welt. Eines Tages - es war mitten in der Zeit des Herbstes - legte er sich rücklings unter einen Baum und betrachtete das Astwerk. Mit einem Male löste sich ein Blatt und schwebte sacht auf verschlungenen Bahnen ihm entgegen zum Boden hin, und er erlebte diesen Moment, da das Blatt an ihm vorüber flog, und ein Glücksempfinden, welches seinem Leben bisher fremd, berührte ihn und nahm ihn mit sich fort.
Fürderhin trachtete dieser Mann jenes Erlebnis zu bannen und rannte seinem vergangenen Glücke nach.
Er legte sich unter Bäume, fotografierte dort fallendes Laub, schuf Gemälde von Blättern, die im Schatten starker Eichen durch die Luft wirbeln, schrieb eine Glücks-Fibel, die empfahl, sein Heil unter herbstlichen Bäumen zu suchen, baute Altäre aus reinem Herbstblattwerk, scharte Jünger um sich, dem fallenden Blatte zu huldigen.
Doch das Glück mochte nicht wiederkehren, Herbst um Herbst verging und als er sich einmal wieder, schon hochbetagt, unter einen Baum legte, so nahte ein Sturm und beugte den Baum, dass dieser am Stamme brach und den Mann erschlug.