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Virtuelle Macht
Die virtuelle Macht! Heutzutage kein Science-fiction Klischee mehr, sondern allgemein verbreitete Realität, in der (relativ) harmlosen Gestalt des Internets.
Es ist 17 Uhr, die Hausaufgaben sind erledigt und ich überlege, wie ich den verbleibenden Abend verbringen könnte. Als ich in Gedanken den Flur betrete fällt mein Blick auf die Treppe ins Obergeschoß, die zum Computerzimmer führt. Ein unsichtbares Band, mit mir verknüpft, zieht mich in diese Richtung. Stufe um Stufe steige ich die Treppe hinauf. Es ist wie ein Zwang, eine unsichtbare Macht, die ihre Fänge nach mir ausstreckt und mich umgarnt. Ich spüre keinen Widerwillen, denke keinen Gedanken des Verweigerns. Ich betätige den ON-Knopf des Computers und das vertraute Summen schwirrt in meinen Ohren. Ein Klick genügt und ich befinde mich in der unendlichen Weite des World-Wide-Web’s. Es übt eine immense Faszination auf mich aus. Das Gefühl einen Zugriff auf die ganze Welt zu haben ist überwältigend. Ich spüre den Funken von Macht, der sich in mir ausbreitet. Ich lasse mich treiben im Fluß des Unwirklichem, abenteuerlich, ziellos. Ich weiß nicht, wohin mich mein Weg durch dieses virtuelle Imperium führen wird, welche Gefahren dort draußen im Schatten lauern. Die Möglichkeit so viel Neues zu entdecken, lässt mich größer und abenteuerlustig werden. In halsbrecherischem Tempo foge ich den Datenachterbahnen; welch ein Höhenflug. Doch irgendwann kommt die Müdigkeit, ich spüre ein merkwürdiges Flimmern, meine Augen sehen die Wirklichkeit nur noch traumartig verschwommen. Genug! Wieder reicht nur ein Klick, um mich zurück in die reelle Welt zu befördern. Das Band hat sich gelöst, für heute. Die Macht hat sich zurückgezogen und die Fänge ruhen. Das Abenteuer ist vorbei. Ich gehe die Treppe hinunter und denke „Was für ein Tag“.