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Vier Literaten und ein Todesfall

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10.10.2006
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Vier Literaten und ein Todesfall

„Zweifacher Nobelpreisträger“, korrigierte Wiese und klopfte seine Pfeife auf das Pult.
„Haben sich aber die vergangenen fünfundzwanzig Jahre aus dem aktiven Betrieb mehr oder weniger“, der Moderator macht einige vage Gesten und wackelte mit dem Oberkörper, „zurückgezogen.“
Wiese, dessen Schnauzer noch immer buschig, wild und braun über der Oberlippe prangte, schmauchte an der Pfeife und erklärte gemächlich: „Ich schreibe an meinen Memoiren. Wenn man ein so umfassendes Leben gelebt hat wie ich, Herr wie auch immer Sie heißen mögen, dann braucht man für seine Memoiren etwas länger als andere. Die historische Relevanz kann da gar nicht hoch genug eingeschätzt werden und verdient sorgfältigste Erarbeitung. Es ist unsere Pflicht, Zeugnis abzulegen, Zeugnis ablegen müssen wir für die uns nachfolgenden Kindeskinder und Kindeskindeskinder.“

„Vielen Dank, Herr Wiese. Herr Schwätzing, Sie gelten als Steven Spielberg der deutschen Literaturszene.“
Schwätzing winkte ab und polterte: „Ich bin nicht wie irgendwer, ich bin wie ich! Diese Vergleiche sind doch lächerlich, wie würde es Ihnen gefallen, wenn man Sie den Roger Willemsen für die Generation Ikea nennen würde.“
„Gut, dann fangen wir noch mal neu an. Herr Schwätzing, Sie gelten als Strandbuchautor. Ich will das mal erklären.“ Unruhe im Publikum. „Millionen Deutsche lesen im Jahr nur ein Buch während ihres Sommerurlaubs. Und das ist dann häufig eines, auf dem ihr Name steht.“
„Soll ich mich jetzt schämen, dass ich gelesen werde?“
„Nein, nein.“ Der Moderator hob die Hände zu einer Abwehrgeste. Wiese klopfte lautstark die Pfeife auf das Pult.
„Wissen Sie!“, sagte Schwätzing. „Das ist ja so hier in Deutschland. Neid, Neid, Neid! In den Staaten ist man da viel weiter, da hat man keine Trennung zwischen U und E wie bei uns.“
„Manche werfen Ihnen vor, dass Sie schon immer mit der Verfilmung im Hinterkopf schreiben.“
„Seins ist doch auch verfilmt worden“, Schwätzing nickte abfällig in Richtung Wieses, „irgendwann in den 40ern.“
„In den 60ern“, korrigierte der Moderator.
Wiese schaute staatstragend über seinen Schnurrbart in die Menge und nickte einige Male energisch zu niemandem im Besonderen.
„Und ihn fragen Sie nicht danach?“
„Vielen Dank, Herr Schwätzing für das einleitende Statement.“

„Frau Blauer“, fuhr der Moderator fort. „Sie haben jahrelang das feministische Magazin-“
„Also hören Sie mal. Was soll das denn?“, keifte Blauer.
„Sie gelten als Speerspitze des deutschen Feminismus, Frau Blauer.“
„Das ist so typisch für unsere Gesellschaft. Schublade auf, Frau rein, Schublade zu.“ Blauer verschränkte die Arme vor der Brust. „Außerdem ist Speerspitze ein typisch männlicher Begriff. Da wird die emanzipierte Frau doch sofort zu einer Amazone. Erregt Sie das, Herr Bassberger?“
„Also, also, Frau Blauer.“
„Das hab ich mir gedacht“, Frau Blauer rückte ihre Nickelbrille zu Recht, das Haar hatte sie weiß zu einem Dutt nach oben gesteckt. „Die ambivalente Impotenz des Mannes angesichts einer bestimmt auftretenden Frau. Darum geht es auch in meinem Roman „Die Kastration des Priapus“. Sollten Sie mal lesen, wenn Sie etwas Zeit von Keulenschwingen und Grunzen abzwicken können.“
Der Moderator drückte ein Karteikärtchen fest gegen seine Brust.
Schwätzing lehnte sich mit süffisantem Lächeln in seinem Stuhl zurück.
„Vielen Dank, Frau Blauer“, murmelte der Moderator.

„Kommen wir nun zum letzten Teilnehmer an unserer heutigen Diskussionsrunde“, der Moderator strich mehrfach über die Karteikarte in seiner Hand. „Frau Nosbach. Sie haben ein bewegtes Leben geführt. Sie sind eine siebzehnjährige Deutschtürkin, sind mit zwölf Jahren von einem Mann entführt worden, der sie dann vier Jahre in seinem Keller gefangen hielt, sind bekennende Lesbe, Drogenabhängige, erfolgreiche Sänger- und Schauspielerin. Hab ich noch etwas vergessen?“
„Aids“, sagte Frau Nosbach. „Aber durch Spritze, nicht durch,“ Nosbach schlug die zarten Fäustchen zweimal aufeinander, „darauf leg ich wert.“
„In Ihrem Roman, der von der Kritik einhellig als Meister-“
Schwätzing stieß ein lautes „Ha!“ aus. Blauer nickte freundlich.
„Als Meisterwerk einer jungen Stimme aus Deutschland bezeichnet wird.“
„Scheiß Land, ist mir doch egal, was die schreiben“, sagte Nosbach und reckte die Nase keck in die Höhe.
Blauer legte ihr eine Hand mitfühlend auf die Schulter. „Soviel Zorn.“
„Finger weg, Nebelkrähe.“
Blauer schreckte zurück.
Das Publikum lachte und feixte; Wiese ruckte aus einem leichten Nickerchen hoch und klopfte die Pfeife zweimal auf das Pult.
„Vielen Dank, beginnen wir nun mit der Diskussion.“

„Herr Wiese, Sie gelten als Großschriftsteller.“
Wiese nickte einige Male, machte aber keine Anstalten zu antworten.
„Sie haben sich in der Vergangenheit häufig mit einzigartiger Stimme zu Themen der tagesaktuellen Politik geäußert und dabei wiederholt die sozialdemokratische Partei unterstützt.“
„Ich erinnre nicht“, sagte Wiese und zog an seiner Pfeife.
„Regie, bitte den Einspieler.“
Auf einem Monitor flimmerte ein deutlich jüngerer Wiese, der die Pfeife kräftig gegen Rednerpulte stieß und ein Plakat mit der Aufschrift „Es-Pe-De“ nach oben hielt.
„Was halten Sie denn von den heutigen Entwicklungen in unserem Land, Herr Wiese?“
Wiese schaute verdutzt auf den Monitor.
„Es muss Sie doch schmerzen, dass ausgerechnet einer ihrer persönlichen Imtimfeinde nun als Kanzler der deutschen Einheit eine historisch so wichtige Rolle spielt.“
Bei dem Wort „historisch“ war ein Rucken durch Wiese gegangen wie ein Stromstoß.
Wiese hob einen Finger und holte tief Luft, als Nosbach im Bariton brüllte: „Einheit, Schweinheit!“
Der Moderator fuhr herum.
„Baut doch die Mauer wieder auf!“, schrie Nosbach. „Dann haben wir noch ein paar Staaten zwischen uns und den Kanacken! Das denkt ihr doch, oder?“
Vereinzelte Buuh-Rufe im Publikum. Schwätzing lachte.
„Herr Schwätzing, Sie äußern sich selten zu politischen Themen, nicht wahr?“
„Das überlass ich gerne kompetenteren Leuten“, sagte Schwätzing und nickte in Wieses Richtung, der wieder auf den Monitor starrte.
„Haben Sie die Befürchtung, dass sie von den Anhängern bestimmter Parteien dann nicht mehr gelesen und vor allem gekauft werden würden?“, fragte der Moderator.
„Also“, sagte Schwätzing und schüttelte lächelnd den Kopf. „Es ist ja falsch, dass ich so etwas tun würde. In meinem neuesten Roman ergreife ich doch deutlich Partei.“
„Und für wen?“
„Na, für unseren Planeten“, sagte Schwätzing. „Haben Sie es überhaupt gelesen?“
„Zu weiten Teilen“, sagte der Moderator und blickte sich hilfesuchend um. „Frau Blauer, wenn Sie vielleicht ...“
„Also ich muss erstmal betonen, dass der Feminismus doch ein Erfolg auf der ganzen Linie war, wenn wir solche Frauen“, Blauer nickte in Nosbachs Richtung, die keck die Nase hob, „ hier an dieser Tafel haben können.“
„Aber zur aktuellen Lage?“
„Also wir haben einen Schwulen als Außenminister und eine Frau als Kanzlerin. Grade wir Deutschen! Die anderen beißen sich doch in den Hintern. Die Französinnen zum Beispiel und erst die Italienerinnen. Da können Sie doch unmöglich mithalten mit ihren chauvinistischen Staatsoberhäuptern.“
„Sie wissen aber schon, dass wir eine konservative Regierung haben?“, fragte Schwätzing.
„Mit Ihnen red ich doch gar nicht, Sie Stelzbock“, fauchte Blauer in dessen Richtung.
„Bitte?“
„Schauen Sie sich doch mal ihre Romane an. Da stellen Sie Frauen doch als meinungslose Weibchen dar, die dem Helden den Aktenkoffer tragen, aber auch gleichzeitig Yogameisterinnen sind, damit sie die obskursten Verrenkungen durchführen können, um dem Mann zu Willen zu sein.“
Hohes Johlen im Publikum.
„Wenigstens haben Sie mein Buch gelesen“, sagte Schwätzing triumphierend.
Tieferes Johlen im Publikum.
Wieses Kopf ruckte nach links und rechts.
„Da leitet sehr gut zu unserem zweiten Themenblock über, der Sexualität in den Romanen, meine Damen und Herren“, sagte der Moderator.

„Frau Nosbach, Sie schildern in ihrem Roman ausführlich verschiedene, auch provokante Sexualpraktiken.“
„Mit Tieren!“, schrie Nosbach.
„Die auch und gerade unter dem Einfluss von Drogen stattfinden, ist das eine Aussage, dass die Sexualität in ihrer Lebenswirklichkeit so zerstört ist, dass sie abseits von Drogen nicht mehr stattfinden kann?“
Nosbach klimperte mit den Augen, sagte aber nichts.
„Sind das Nachwirkungen Ihres Martyriums in der Gefangenschaft des-?“
Nosbach klimperte erneut mit den Augen.
„Nun lassen Sie sie doch“, mischte sich Frau Blauer ein. „Sie sehen doch, dass sie nicht darüber reden möchte.“
Nosbach wandte ihr Gesicht ab.
„Verzeihung“, stammelte der Moderator.
Blauer legte eine Hand fürsorglich um die Schultern Nosbachs, die augenblicklich zu schluchzen begann.
„Also bitte“, murmelte Schwätzing.
„Ja“, sagte der Moderator dankbar. „Kommen wir doch zu Ihnen. Bei Ihnen wird auf jeder fünfzigsten Seite gevögelt, schreibt das Feuilleton der norddeutschen Zeitung. Ist das ein Liebe machen im Akkordtakt, wie dort behauptet wird, um das Publikum in einem gleichbleibenden Erregungszustand zu halten, Herr Schwätzing?“
„Nein“, antwortete Schwätzing. „Das hat damit nichts zu tun. Das gelegentliche Austauschen von Zärtlichkeiten dient einzig und allein dazu, die Beziehung der verschiedenen Figuren genauer darzustellen.“
„Aha“, sagte der Moderator.
„Nun hören Sie doch mal“, sagte Schwätzing. „Sexualität gehört nun mal zum Leben dazu und wer sich weigert, das Leben abzubilden, der betreibt Eskapismus.“
„Sehr richtig“, sagte Wiese und klopfte die Pfeife zweimal auf das Pult. „Eskapismus.“
„Herr Wiese?“
„Ja?“, fragte Wiese.
Schwätzing fuhr erneut auf: „Oder wollen Sie vielleicht von Elfen lesen und kleinen Hobbits und Zauberschülern oder von Sternenkreuzern?“
Dem Moderator brach kalt der Schweiß durch die Maske. „Nun dann kommen wir doch zu unserem letzten Themenblock der heutigen Sendung, der deutschen Sprache.“
Nosbach heulte wie ein Tier auf und schaute an die Studiodecke. Das Publikum schwieg betreten.

„Frau Blauer, die Kritik-“
„Die Kritik einiger“, sagte Blauer entschlossen.
„Frau Blauer, die Kritik einiger wirft Ihnen vor, keine Prosasprache zu finden, die den durchaus bacchantischen Zügen Ihres Romans gerecht wird.“
Blauer stieß ein „Pff“ aus.
„Sondern man sagt-“
„Ja, genau. Mann sagt. Da haben Sie es doch. Die Sprache verrät den Sprecher.“
„Sehr richtig“, sagte Wiese und zog an seiner Pfeife.
„Sie verwenden die gleiche Journalistensprache, die Sie seit Jahren-“
„Also wirklich, das ist ein Vorwurf, den man keinem Mann machen würde. Nein, da ist diese Frau“, sagte Blauer und unterstrich die Aussage mit einigen schnellen Handbewegungen, „die in die letzte Bastion der Männlichkeit vordringen möchte. Und da müssen wir natürlich dagegenhalten.“
„Sehr richtig“, sagte Wiese.
„Gut“, sagte der Moderator ängstlich. „Frau Nosbach, Sie verwenden in Ihrem Roman durchaus einige Vulgärausdrücke.“
„Fotzensaft!“, schrie Nosbach auf. „Dem da!“ Sie zeigte auf Herrn Wiese. „Dem würd ich gern mal meinen Fotzensaft in den Schnurrbart reiben!“
Wiese klopfte zweimal energisch mit der Pfeife gegen das Pult.
Johlen im Publikum. Schwätzing warf die Hände über den Kopf.
Der Moderator winkte panisch in die Kamera.
„Meine Damen und Herren, die Tagesthemen beginnen heute eine Stunde früher.“

Amazon-Verkaufsränge, neun Monate nach besagtem Abend:

2012. „Mein Leben“ von Karl Wiese (Vorbestellung)
12. „Die Kastration des Priapus“ von Eva Blauer
3. „Der Tod der Literatur“ von Mirko Bassberger
2. „Die Horde“ von Walter Schwätzing
1. „Fotzensaft im Keller“ von Alexandra Nosbach-Schwätzing

 
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Hallo Jynx,

ein guter Text, der mit feiner Ironie daherkommt, ohne Zweifel.
Das ist für mich schon mal mit das Wichtigste.

Mich haben allerdings zwei Dinge gestört: zum einen der mir zu sehr holpernde Anfang mit der Vorstellungsrunde. Die Proportionen passen nicht zueinander und ich hatte den lesenden Eindruck, es sei nur deshalb vorgeschaltet, damit auch jeder verstehe, welche Autoren hier parodiert werden sollen.
Ja, das stimmt. Ich habe versucht den Text kurz zu halten und ihn nicht ausufern zu lassen. In der Vorstellungsrunde werden aber auch schon die ersten Punkte gesetzt, es ist da ja kein reines "Vorstellen", sondern die Figuren kriegen schon Reizpunkte zugewiesen.

(Da jeder dieser Schreiberlinge stellvertretend für eine ganze Generation resp. Richtung in unserem Literaturbetrieb steht, finde ich es im Übrigen auch okay, sie so deutlich zu benennen.)
Ja, wobei die Figuren ja nicht 1:1 zu aktuellen Personen stehen. Der Text gibt sich da keine Mühe die Vorbilder groß zu verschleiern; bis auf die Frau Nosbach da hatte ich nicht "eine einzige" Person vor Augen, sondern eher eine Mischung aus zwei, drei, vier.


Dann kommt mir der Moderator viel zu blass weg. In welcher Literatursendung bleibt der moderierende Teil denn so farblos? Ich kenne keine, meistens sind es mehr oder wenig begnadete Literaturkritiker, die sowas machen. Und die haben durchweg alle einen eigenen Sound. :)
Ja, das war hier auch eher im Format einer Talkshow wie Hart, aber fair. Das wär dann noch ein weiterer Punkt, dass feuilletonistische Sendungen wie Das Literarische Quartett oder Das Philosophische Quartett einen Moderator haben, der ein weiterer Gast ist mit eigener Meinung.
Die Leute, die einem da als Moderator einfielen in dem Fall, also Thea Dorn ... die find ich ganz furchtbar; und Willemsen ist auch so ... das hätte halt die Geschichte dann in ne andere Richtung gelenkt; Iris Radisch kenn ich zuz wenig und das Personal des literarischen Quartetts sollte man in Frieden ruhen lassen (außerdem müsste man bei MRR dann immer den Sprachfehler bringen, was eher in eine Klamotte gehört); hier fungiert der Moderator eher wie ein Stichwortgeber als wie ein "Kombattant", das stimmt schon.

Mein größter Einwand allerdings ist ebenfalls inhaltlicher Natur: Ja, und? Irgendwie lässt der Text mich etwas schulterzuckend zurück. Was soll mir das bitte sagen? Außer den üblichen Platitüden schriftstellerischer Mediendarstellung finde ich da nichts wirklich Aufregendes. Alles liest sich etwas abgegriffen, banal und nicht sonderlich spannend. Selbst bei dem Ende fand ich alleine die unkommentierte Pointe mit dem Doppelname interessant. Bei mir bleibt ein Gefühl von: ja, gut geschrieben, aber inhaltlich genauso klischeeüberladen wie die Selbstdarstellung von Schriftstellern im Fernsehen.
Ja, das ist der Kritikpunkt, vor dem ich immer am meisten Angst habe, den kann ich nur so hinnehmen. Ich kann ihn auch verstehen. Ich finde es ist schon nicht nur "Platitüde", sondern es sind dann wenn schon nen ganzen Haufen Dinge. Der Minderwertigkeitskomplex Schwätzings, dass Blauer alles auf den Feminismus reduziert und damit für alles unangreifbar wird. Ich find da ist schon einiges drin.
Ich hab mich halt jetzt wieder drüber aufgeregt, nach der Bundestagswahl und hier passend zum neuen Bestseller Schwätzings und dem Promi-Buch-Hype der Woche (Eckhardt von Hirschhausen, ein B-Komiker als A-Literat ... alles klar).
Du hast sicher recht, das ist keine Satire, die dem Thema nun unbedingt etwas Neues abgewinnen kann.
Es ist schade, wenn sie dadurch hinter den Erwartungen zurückbleibt.


edit: Mir kam übrigens bei einem Fernsehbeitrag über Herrn Schwarm vor einigen Tagen der vage Verdacht, dass sein Erfolg als Sommerurlaubsautor vielleicht auch ganz massiv damit zusammenhängen könnte, dass der Mann mit, äh, mehr als 50? aussieht wie aus einer Armani-Werbung geklont. Medial also vollumfänglich nutzbar. :)
Ich find, er sieht ein bisschen aus wie Dieter Wedel ehrlich gesagt. Wenn sein Öko-Thriller in diesem Herbst rausgekommen wäre, mitten in der Wirtschaftskrise hätte er lang nicht den Erfolg gehabt wie in den Al-Gore-Die-Umwelt-stirbt-Tagen. Also wenn man solche Sätze liest von ihm:
Emmerich hatte von Anfang an eine politische Botschaft. Ich dagegen wollte mit dem "Schwarm" einen spannenden Thriller schreiben.
Da greift man sich schon an den Kopf. Weil beides genau dasselbe ist. Man lässt Wahrzeichen der Welt auf spektakulärste Weise untergehen, weil die Leute das halt sehen wollen, vermarktet das Ganze aber mit: "Ich will ja den Planeten retten" ... und die "Kunst" als Trägermedium wird in beiden Fällen instrumentalisiert und bleibt auf der Strecke. Ob ich den Eifelturm nun im aktuellesten Action-Trash (GI Joe - Die Rache der Kobra!) von Nanotermiten zerfressen lassen oder ihn von einer riesigen Flutwelle verschlingen lassen ... das ist doch Jacke wie Hose. :) Da ergreift man keine Partei für den Planeten, sondern fürs eigene Konto.

Er ist allerdings von den Gestalten im Literaturbetrieb sicher noch einer der charismatischsten und "normalsten", leider schreibt er furchtbar öde und hat diesen U-Minderwertigkeitskomplex, dass er jede Kritik an sich als Ausdruck einer high-brow-Kultur wertet, die antiquiert und doof ist ...

Danke dir für deine Kritik, ich kann sie gut nachvollziehen und ich denke, sie hilft mir auch
Quinn

 

Hallo Quinn,

ganz ehrlich, ich find das Teil ziemlich plump. Hätt nicht gedacht, dass ich das mal unter eine deiner Geschichten schreiben würde, aber das Teil hier ... Nö, da ist bis auf ein gewisser Witz nichts drin, was mich als Leser anzeckt.
Die klassische Schelte halt, aber dafür viel zu aufgeblasen. Man ordnet die Namen natürlich schnell gewissen Personen zu, aber das ändert nichts daran, dass sie blass und ,im besten Fall, etwas albern bleiben.
Liest sich für mich insgesamt so, als hättest du das in einem wütenden Moment runtergeschrieben.
Nicht mal die Dialoge sind knackig. Die haben mich sogar auf formaler Ebene ziemlich geärgert. Da wird ja oft das Wort abgeschnitten - aber du endest mit einem Punkt anstatt mit ... oder -

hier zum Bsp:

„Frau Blauer“, fuhr der Moderator fort. „Sie haben jahrelang das feministische Magazin.“
„Also hören Sie mal. Was soll das denn?“, keifte Blauer.

dadurch wird der EIndruck des Schnellschusses natürlich erhärtet. Sind auch einige Flüchtis drin, hauptsächlich bei der Verwendung der wörtlichen Rede.

Und dieses ständige sagte sagte sagte - soll damit der einlullende Charakter verstärkt werden?

Den Gag mit Wiese und seiner Pfeife hast du eindeutig überstrapaziert. Idee gut, aber zu inflationär.

Nee, das war nix für mich. Das kannst du viel besser!


grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

ganz ehrlich, ich find das Teil ziemlich plump. Hätt nicht gedacht, dass ich das mal unter eine deiner Geschichten schreiben würde, aber das Teil hier ... Nö, da ist bis auf ein gewisser Witz nichts drin, was mich als Leser anzeckt.
Jo, das ist ärgerlich. Ist ein schlechtes Gefühl, den Leser so zu enttäuschen.

Die klassische Schelte halt, aber dafür viel zu aufgeblasen. Man ordnet die Namen natürlich schnell gewissen Personen zu, aber das ändert nichts daran, dass sie blass und ,im besten Fall, etwas albern bleiben.
Schade. Ich fand's interessant, sowas mal zu machen.

Liest sich für mich insgesamt so, als hättest du das in einem wütenden Moment runtergeschrieben.
Nein, das war nicht so. Das war schon ein geplantes Ding.

Nicht mal die Dialoge sind knackig. Die haben mich sogar auf formaler Ebene ziemlich geärgert. Da wird ja oft das Wort abgeschnitten - aber du endest mit einem Punkt anstatt mit ... oder -
Ja, gut. Wenn's nur das wäre, das ist ja ne Sache von zwei Minuten, das zu ändern.

Und dieses ständige sagte sagte sagte - soll damit der einlullende Charakter verstärkt werden?
Das mach ich immer. Wenn der Text "gut" ist oder gefällt, dann liest man das sagte mit, nimmt es aber kaum wahr; wenn der Text mies ist, nervt es und stört.

Nee, das war nix für mich. Das kannst du viel besser!
Jau, weltenläufer, tur mir leid, dass der Text dir so gar nicht gefallen konnte. Ob ich das besser kann, ich hab ja noch keine Satire vorher geschrieben und fand die jetzt - wie ich zugeben muss - echt gut. Und ich saß da auch ne Weile dran, also "viel besser", da freut mich dein Vertrauen, aber puh. Nö. Wahrscheinlich nicht. :)

Danke dir für den Kommentar
Quinn

 

Hi Quinn!
Vielleicht zeige ich jetzt mein undifferenziertes Denken ;) aber mir hat deine Geschichte gefallen. Ich fand sie sehr unterhaltsam. Mir hat vorallem die Amazonliste am Ende gefallen. Ich fand die Idee gut.
Mag ja sein, dass Weltenläufer Recht hat und du das noch viel besser kannst, aber mir persönlich hat auch die Geschichte gefallen :).
Ich hoffe du nimmst mir meinen unhilfreichen Kommentar nicht übel.
Sonnige Grüße
Cathy

 

Hallo Catherine,

freut mich, dass zumindest dir die Geschichte gefallen konnte.

Danke dir für die Rückmeldung
Quinn

 

Hallo Quinn,

mir gefiel Deine Literaten-Geschichte sehr gut, habe mich gut unterhalten gefühlt. Schade, dass derartige Diskussionen im Fernsehen eher zum "abschnarchen" sind.

Eines ist mir aufgefallen:

dass die Sexualität in ihrer Lebenswirklich so zerstört ist,

Du meintest: Lebenswirklichkeit, nehme ich an.
Das würde zumindest Sinn ergeben.

Gerne gelesen und liebe Grüße
Giraffe :)

 

Hallo Giraffe,

ja Lebenswirklichkeit hab ich gemeint. :)
Schön, dass dir die Geschichte gefallen konnte; in der Realität geht das immer wesentlich gesitteter zu, stimmt.

Danke dir für den Kommentar
Quinn

 

Sicher ist die Dramaturgie dieser Geschichte überzeichnet, aber das gehört zur Satire, sonst wäre sie keine. Und dazu gehört auch, dass man mit Stereotypen arbeitet, was dir besonders beim Moderator (ich sah tatsächlich Willemsen vor mir) gut gelungen ist. Der will um jeden Preis eine gute Sendung machen und will deswegen niemand verletzen, sieht überall nur Positives, etc. Der große alte Mann (toll: zweifacher Nobelpreisträger!) ist zwar nur noch senil, aber trotzdem dürfte man ihn die Frage stellen, wie das so war, damals bei HJ, und bei Alice müsste man das Bundesverdienstkreuz erwähnen, und Frank unbedingt die Frage stellen, wie lange er so für Recherchen braucht. :D

Was ich damit sagen will: Du hast dich deinen Figuren vielleicht nicht genug genähert, es ist, als ob du schnell fertig werden wolltest. Ein spontaner Schnellschuss, würde ich sagen, vielleicht aus Verärgerung über eine ähnliche Sendung geboren, die das Fass des Unmuts zum Überlaufen brachte. Das mag ein Nachteil sein, aber längere Satiregeschichten bergen die Gefahr, sich in sich zu wiederholen, d.h. die immer gleichen Situationen und Reden der Prots zu produzieren, was leicht in die Langweile führte.

Deswegen bin ich unschlüssig, wie ich die Geschichte bewerten soll, daher: Wenn der Autor anders hieße, würde ich sie wahrscheinlich loben, bei dir, Quinn, erwarte ich insgeheim Besseres. :D

 

Hallo Dion,

Der große alte Mann (toll: zweifacher Nobelpreisträger!) ist zwar nur noch senil, aber trotzdem dürfte man ihn die Frage stellen, wie das so war, damals bei HJ, und bei Alice müsste man das Bundesverdienstkreuz erwähnen, und Frank unbedingt die Frage stellen, wie lange er so für Recherchen braucht. :D
Ja, das stimmt. Man hätte da noch einiges weiterfassen können, wichtig war für mich, dass auf keinen Fall jemand über sein Buch spricht, sondern nur um übergeordnete Themenkomplexe. :)

Was ich damit sagen will: Du hast dich deinen Figuren vielleicht nicht genug genähert, es ist, als ob du schnell fertig werden wolltest. Ein spontaner Schnellschuss, würde ich sagen, vielleicht aus Verärgerung über eine ähnliche Sendung geboren, die das Fass des Unmuts zum Überlaufen brachte.
Es war kein Schnellschuss, ich hab den Text länger mit mir rumgetragen. Wahrscheinlich liegt mir Satire einfach überhaupt nicht, ich seh zwar bei anderen Satiren, wenn sie sehr platt sind, aber kann wohl selbst auch nichts viel tieferes produzieren. :)
Vielleicht liegt es daran, dass die Mechanismen dieses Personenkultes und des Marketings ohnehin schon als so "absurd" wahrgenommen werden, dass eine leicht überzeichnete Darstellung dann gar nicht mehr zu interessieren vermag und man hätte das ganze drastischer gestalten müssen.

Deswegen bin ich unschlüssig, wie ich die Geschichte bewerten soll, daher: Wenn der Autor anders hieße, würde ich sie wahrscheinlich loben, bei dir, Quinn, erwarte ich insgeheim Besseres. :D
Ja, das ehrt mich ja auch, wenn du Besseres erwartest. Ich probier im Moment einiges aus und erkenn da auch für mich anhand der Reaktionen, was mir so gar nicht liegt. :)
Danke für deinen Beitrag, hat mich wieder ein Stück weiter gebracht
Quinn

 

Ja, das hab ich - leider - schon vorher gesehen; viel tragischer als das, finde ich ja, dass er über einen Wolfgang Petersen -Die Welt geht unter-Film sagt: Der hatte eine politische Botschaft, ich wollte mit dem Schwarm nur eine spannende Geschichte erzählen.
Aber er kommt - das wollte ich mit der Geschichte ja auch zeigen - in solchen Interviewsituationen immer noch am besten weg, weil er das gelernt hat, im Gegensatz zu den meisten anderen.

Gruß
Qinn

 

Man könnte der ganzen Sache ja auch was Positives abgewinnen:

wenn diese Autoren von einem Filmfernsehenauftritt zum nächsten tingeln, beschäftigt sind, Unterhosen, Windeln, Schrottautos, Versicherungen zu bewerben, sind sie Umweltaktivisten :D !
Denn sie können in dieser Zwischenzeit keine Bücher schreiben, es werde keine Horden von Lesern animiert, sich deswegen Bäume fällen zu lassen.

Kommt immer drauf an, wo man steht, wenn man guckt. :D

 

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