- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 9
Vielleicht
Denk nicht daran. Nichts ist mehr wichtig, wenn der Schlaf kommt. Träum dich einfach zu mir. Dann gehen wir in eine andere Welt, weit hinter den Träumen und hinter den Tränen und all den Dingen, die unter dem Morgengrauen verborgen sind.
Es ist ganz einfach, wenn man es kann. Denk an mich, wenn du einschläfst. Dann nehme ich dich mit, und die Sorgen und die vielen wuseligen Gedanken bleiben einfach zurück. Alles, was tagsüber mit Holzprügeln auf uns einschlägt, was Splitter in unsere Köpfe treibt, uns nicht loslässt, liegt auf dem Kopfkissen und rührt sich nicht.
Dann fliegen wir weit fort, einfach woandershin. Vielleicht ist dort ein dunkler Wald, möglicherweise heulen die Wölfe zum bleichen Mond. Aber sie können uns nichts tun, denn wir sind weit entfernte Geister.
Vielleicht fließt ein kleiner Bach über den Waldboden, und wir knien uns nieder und trinken von dem klaren Wasser. Dann sitzen wir nebeneinander und schauen zu den Sternen, kann sein, dass wir einen hohen Felsen gefunden haben, wo die Baumwipfel unter uns im Wind wehen.
Aber eventuell ist dir einer deiner düsteren Gedanken gefolgt. Und dann ist er Gestalt geworden in dieser Welt. Vielleicht heißt er Katla, so wie bei den Brüdern Löwenherz.
Aber ein Gedanke ist kein Traum, und dann könnten wir beide auf Katla reiten, wenn sie nicht mehr so schrecklich schreit, weil sie sich den Naturgesetzen dieser Welt unterwerfen muss, die wir beide mit jeder Sekunde neu schaffen.
Wahrscheinlich hat ihr Schrei uns Geister aber fortgetrieben, zu Wind gemacht und im Bach weit weg gespült. Und dann sind wir vielleicht in einem Palast, voll von blendender Schönheit und freundlichen Wesen, die wir noch nie gesehen haben. Sie könnten uns köstliche Getränke anbieten, und vielleicht werden wir trunken von so viel Pracht und vom Alkohol. Und dann könnte alles wieder zerbrechen und wir könnten wieder fortgewaschen werden.
Wahrscheinlich weißt du, dass es keine Welt ohne Makel gibt, und vielleicht hat dieses Wissen einen Einfluss auf den Traum. Aber er gehört auch mir. Und meine Hände können neu entstehen lassen, was unter dem Einfluss der Realität verdirbt.